thränenden Augen drückte er zugleich die Hand der Gräfinn an seine Brust. Jch hatte mich indessen gefaßt, um etwas von unserem Ueberfall zu erklären. Einige Minuten waren wir alle stille. Jch nahm die Hand der Lady Sternheim; Können Sie, fragte ich, ohne Schaden Jhrer Ruhe und Gesundheit von Jhrem Ver- folger reden hören? Er ist am Ende seines Lebens, und die größte Sorge seiner Seele windet sich unauf hörlich, um das Andenken Jhrer Tugend und seiner Unge- rechtigkeit gegen Sie; Sein Kummer über Jhren vermeynten Tod ist unaus- sprechlich; er hat mich und Lord Sey- mour zu sich gebeten, und uns schwören lassen, in die Bleygebürge zu reisen, um Jhre Leiche da aufzuheben, und mit allen Zeugnissen Jhrer Tugend und seiner Reue in Dumfries beyzusetzen. -- Jch will nicht sagen, wie traurig dieses Amt uns war. Nachdem wir so lange Zeit ver- gebens nach Jhnen gesucht hatten, soll- ten wir Sie todt wieder sehen! -- Mein armer Bruder und -- (ich konnte mich nicht verhindern dazu zu setzen) Jhr armer
Freund
thraͤnenden Augen druͤckte er zugleich die Hand der Graͤfinn an ſeine Bruſt. Jch hatte mich indeſſen gefaßt, um etwas von unſerem Ueberfall zu erklaͤren. Einige Minuten waren wir alle ſtille. Jch nahm die Hand der Lady Sternheim; Koͤnnen Sie, fragte ich, ohne Schaden Jhrer Ruhe und Geſundheit von Jhrem Ver- folger reden hoͤren? Er iſt am Ende ſeines Lebens, und die groͤßte Sorge ſeiner Seele windet ſich unauf hoͤrlich, um das Andenken Jhrer Tugend und ſeiner Unge- rechtigkeit gegen Sie; Sein Kummer uͤber Jhren vermeynten Tod iſt unaus- ſprechlich; er hat mich und Lord Sey- mour zu ſich gebeten, und uns ſchwoͤren laſſen, in die Bleygebuͤrge zu reiſen, um Jhre Leiche da aufzuheben, und mit allen Zeugniſſen Jhrer Tugend und ſeiner Reue in Dumfries beyzuſetzen. — Jch will nicht ſagen, wie traurig dieſes Amt uns war. Nachdem wir ſo lange Zeit ver- gebens nach Jhnen geſucht hatten, ſoll- ten wir Sie todt wieder ſehen! — Mein armer Bruder und — (ich konnte mich nicht verhindern dazu zu ſetzen) Jhr armer
Freund
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thraͤnenden Augen druͤckte er zugleich die
Hand der Graͤfinn an ſeine Bruſt. Jch
hatte mich indeſſen gefaßt, um etwas von
unſerem Ueberfall zu erklaͤren. Einige
Minuten waren wir alle ſtille. Jch nahm
die Hand der Lady Sternheim; Koͤnnen
Sie, fragte ich, ohne Schaden Jhrer
Ruhe und Geſundheit von Jhrem Ver-
folger reden hoͤren? Er iſt am Ende ſeines
Lebens, und die groͤßte Sorge ſeiner
Seele windet ſich unauf hoͤrlich, um das
Andenken Jhrer Tugend und ſeiner Unge-
rechtigkeit gegen Sie; Sein Kummer
uͤber Jhren vermeynten Tod iſt unaus-
ſprechlich; er hat mich und Lord Sey-
mour zu ſich gebeten, und uns ſchwoͤren
laſſen, in die Bleygebuͤrge zu reiſen, um
Jhre Leiche da aufzuheben, und mit allen
Zeugniſſen Jhrer Tugend und ſeiner Reue
in Dumfries beyzuſetzen. — Jch will
nicht ſagen, wie traurig dieſes Amt uns
war. Nachdem wir ſo lange Zeit ver-
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ten wir Sie todt wieder ſehen! — Mein
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/284>, abgerufen am 25.11.2024.
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