Hand, sein Herz fühlte den sanften Druck, den die ihrige ihm vielleicht ohne ihr Wissen gab; das einige fühlte ich auch, und dieses Gefühl hieß mich gehen. Zwey Tage sinds, daß wir hier ange- kommen. Sechs Pferde machten Auf- sehen im Schloßhofe, und die Bedienten liefen zusammen; mein Bruder warf sich vom Pferde und rief: ist die Gräfinn Douglaß mit der Lady aus den Bleyge- bürgen hier? -- Auf die Antwort Ja zog er mich am Arm mit einem eifrigen kommen Sie, Bruder, kommen Sie. Wen muß ich melden? -- rief ein Die- ner; Lord Rich, Lord Seymour rief mein Bruder hastig, und eilte dem Kerl nach, der kaum klopfen konnte, als wir schon in der Thüre waren. Die Gräfinn Douglaß saß der Thüre gegen über; Lady Sternheim aber mit dem Rücken gegen uns, und las der Dame etwas vor. Seymours Eindringen, und das eilende Rufen des Bedienten, wer wir wären, machte die Gräfinn stutzen und meine englische Freundinn den Kopf wen- den. Sie fuhr mit Schrecken zusam-
men
Hand, ſein Herz fuͤhlte den ſanften Druck, den die ihrige ihm vielleicht ohne ihr Wiſſen gab; das einige fuͤhlte ich auch, und dieſes Gefuͤhl hieß mich gehen. Zwey Tage ſinds, daß wir hier ange- kommen. Sechs Pferde machten Auf- ſehen im Schloßhofe, und die Bedienten liefen zuſammen; mein Bruder warf ſich vom Pferde und rief: iſt die Graͤfinn Douglaß mit der Lady aus den Bleyge- buͤrgen hier? — Auf die Antwort Ja zog er mich am Arm mit einem eifrigen kommen Sie, Bruder, kommen Sie. Wen muß ich melden? — rief ein Die- ner; Lord Rich, Lord Seymour rief mein Bruder haſtig, und eilte dem Kerl nach, der kaum klopfen konnte, als wir ſchon in der Thuͤre waren. Die Graͤfinn Douglaß ſaß der Thuͤre gegen uͤber; Lady Sternheim aber mit dem Ruͤcken gegen uns, und las der Dame etwas vor. Seymours Eindringen, und das eilende Rufen des Bedienten, wer wir waͤren, machte die Graͤfinn ſtutzen und meine engliſche Freundinn den Kopf wen- den. Sie fuhr mit Schrecken zuſam-
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Hand, ſein Herz fuͤhlte den ſanften
Druck, den die ihrige ihm vielleicht ohne
ihr Wiſſen gab; das einige fuͤhlte ich
auch, und dieſes Gefuͤhl hieß mich gehen.
Zwey Tage ſinds, daß wir hier ange-
kommen. Sechs Pferde machten Auf-
ſehen im Schloßhofe, und die Bedienten
liefen zuſammen; mein Bruder warf ſich
vom Pferde und rief: iſt die Graͤfinn
Douglaß mit der Lady aus den Bleyge-
buͤrgen hier? — Auf die Antwort Ja
zog er mich am Arm mit einem eifrigen
kommen Sie, Bruder, kommen Sie.
Wen muß ich melden? — rief ein Die-
ner; Lord Rich, Lord Seymour rief
mein Bruder haſtig, und eilte dem Kerl
nach, der kaum klopfen konnte, als wir
ſchon in der Thuͤre waren. Die Graͤfinn
Douglaß ſaß der Thuͤre gegen uͤber;
Lady Sternheim aber mit dem Ruͤcken
gegen uns, und las der Dame etwas
vor. Seymours Eindringen, und das
eilende Rufen des Bedienten, wer wir
waͤren, machte die Graͤfinn ſtutzen und
meine engliſche Freundinn den Kopf wen-
den. Sie fuhr mit Schrecken zuſam-
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/280>, abgerufen am 22.11.2024.
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