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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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und gleich zu meiner Frau Mutter nach
Seymour-House gieng, dem Uebel mei-
nes Körpers und meiner Seele nachzu-
hängen. Jch fragte endlich nach Derby,
itzo Lord N., man sagte mir, daß er auf
seinem Landhause zu Windsor krank liege.
Jch wollte seine und meine Genesung
abwarten; aber etliche Tage nach meiner
Frage um ihn, ließ er mich zu sich bit-
ten. Jch war nicht wohl, und schlug
es ab. Einige Tage hernach reisete ich
zu meinem Bruder Rich, den ich freund-
schaftlich eben so finster fand als ich es
selbst war. Die brüderliche Vertraulich-
keit wurde ohnehin schon durch die funf-
zehn Jahre gehindert, die er älter ist als
ich, und seine trockne Stille munterte mich
nicht auf, eine Erleichterung bey ihm zu
suchen. Wir brachten vierzehn Tage
hin, ohne von was anders als unsern
Reisen, und auch dieses nur abgebrochen,
zu reden; bis wir endlich in einer Mi-
nute zur offenherzigen Sprache kamen,
da ein Kammerdiener von Lord N. einen
Brief an mich brachte, worinn er mich

bat,

und gleich zu meiner Frau Mutter nach
Seymour-Houſe gieng, dem Uebel mei-
nes Koͤrpers und meiner Seele nachzu-
haͤngen. Jch fragte endlich nach Derby,
itzo Lord N., man ſagte mir, daß er auf
ſeinem Landhauſe zu Windſor krank liege.
Jch wollte ſeine und meine Geneſung
abwarten; aber etliche Tage nach meiner
Frage um ihn, ließ er mich zu ſich bit-
ten. Jch war nicht wohl, und ſchlug
es ab. Einige Tage hernach reiſete ich
zu meinem Bruder Rich, den ich freund-
ſchaftlich eben ſo finſter fand als ich es
ſelbſt war. Die bruͤderliche Vertraulich-
keit wurde ohnehin ſchon durch die funf-
zehn Jahre gehindert, die er aͤlter iſt als
ich, und ſeine trockne Stille munterte mich
nicht auf, eine Erleichterung bey ihm zu
ſuchen. Wir brachten vierzehn Tage
hin, ohne von was anders als unſern
Reiſen, und auch dieſes nur abgebrochen,
zu reden; bis wir endlich in einer Mi-
nute zur offenherzigen Sprache kamen,
da ein Kammerdiener von Lord N. einen
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[248/0254] und gleich zu meiner Frau Mutter nach Seymour-Houſe gieng, dem Uebel mei- nes Koͤrpers und meiner Seele nachzu- haͤngen. Jch fragte endlich nach Derby, itzo Lord N., man ſagte mir, daß er auf ſeinem Landhauſe zu Windſor krank liege. Jch wollte ſeine und meine Geneſung abwarten; aber etliche Tage nach meiner Frage um ihn, ließ er mich zu ſich bit- ten. Jch war nicht wohl, und ſchlug es ab. Einige Tage hernach reiſete ich zu meinem Bruder Rich, den ich freund- ſchaftlich eben ſo finſter fand als ich es ſelbſt war. Die bruͤderliche Vertraulich- keit wurde ohnehin ſchon durch die funf- zehn Jahre gehindert, die er aͤlter iſt als ich, und ſeine trockne Stille munterte mich nicht auf, eine Erleichterung bey ihm zu ſuchen. Wir brachten vierzehn Tage hin, ohne von was anders als unſern Reiſen, und auch dieſes nur abgebrochen, zu reden; bis wir endlich in einer Mi- nute zur offenherzigen Sprache kamen, da ein Kammerdiener von Lord N. einen Brief an mich brachte, worinn er mich bat,

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/254>, abgerufen am 25.11.2024.