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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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abhängig war, und besorgte daher bey
der geringsten Bewegung gar in einen
Keller zu fallen, wo ich nicht ohne Ver-
zweiflung meinen Geist aufgegeben hätte.
Mein Jammer und die Empfindungen, die
ich davon hatte, ist nicht zu beschreiben;
die ganze Nacht lag ich da; es regnete
stark; das Wasser floß unter der Thüre
herein auf mich zu, so daß ich ganz naß
und starr wurde, und von meinem Un-
glück gänzlich darnieder geschlagen, mir
den Tod wünschte. Jch bekam, wie
mich däucht, innerliche Zückungen. So
viel weiß ich noch; als ich mich wieder
besinnen konnte, war ich auf meinem
Bette, um welches meine armen furcht-
samen Wirthe stunden, und wehklagten.
Meine Waise hatte meine Hand und
ächzte ängstlich; ich fühlte mich sehr übel,
und bat die Leute, mir den Geistlichen
des Grafen von Hopton zu holen, weil
ich sterben würde. Mit aufgehobenen
Händen bat ich sie; der Sohn gieng fort,
und die Aeltern erzählten mir, daß sie
mir nicht hätten helfen dürfen, bis Sir

John

abhaͤngig war, und beſorgte daher bey
der geringſten Bewegung gar in einen
Keller zu fallen, wo ich nicht ohne Ver-
zweiflung meinen Geiſt aufgegeben haͤtte.
Mein Jammer und die Empfindungen, die
ich davon hatte, iſt nicht zu beſchreiben;
die ganze Nacht lag ich da; es regnete
ſtark; das Waſſer floß unter der Thuͤre
herein auf mich zu, ſo daß ich ganz naß
und ſtarr wurde, und von meinem Un-
gluͤck gaͤnzlich darnieder geſchlagen, mir
den Tod wuͤnſchte. Jch bekam, wie
mich daͤucht, innerliche Zuͤckungen. So
viel weiß ich noch; als ich mich wieder
beſinnen konnte, war ich auf meinem
Bette, um welches meine armen furcht-
ſamen Wirthe ſtunden, und wehklagten.
Meine Waiſe hatte meine Hand und
aͤchzte aͤngſtlich; ich fuͤhlte mich ſehr uͤbel,
und bat die Leute, mir den Geiſtlichen
des Grafen von Hopton zu holen, weil
ich ſterben wuͤrde. Mit aufgehobenen
Haͤnden bat ich ſie; der Sohn gieng fort,
und die Aeltern erzaͤhlten mir, daß ſie
mir nicht haͤtten helfen duͤrfen, bis Sir

John
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[239/0245] abhaͤngig war, und beſorgte daher bey der geringſten Bewegung gar in einen Keller zu fallen, wo ich nicht ohne Ver- zweiflung meinen Geiſt aufgegeben haͤtte. Mein Jammer und die Empfindungen, die ich davon hatte, iſt nicht zu beſchreiben; die ganze Nacht lag ich da; es regnete ſtark; das Waſſer floß unter der Thuͤre herein auf mich zu, ſo daß ich ganz naß und ſtarr wurde, und von meinem Un- gluͤck gaͤnzlich darnieder geſchlagen, mir den Tod wuͤnſchte. Jch bekam, wie mich daͤucht, innerliche Zuͤckungen. So viel weiß ich noch; als ich mich wieder beſinnen konnte, war ich auf meinem Bette, um welches meine armen furcht- ſamen Wirthe ſtunden, und wehklagten. Meine Waiſe hatte meine Hand und aͤchzte aͤngſtlich; ich fuͤhlte mich ſehr uͤbel, und bat die Leute, mir den Geiſtlichen des Grafen von Hopton zu holen, weil ich ſterben wuͤrde. Mit aufgehobenen Haͤnden bat ich ſie; der Sohn gieng fort, und die Aeltern erzaͤhlten mir, daß ſie mir nicht haͤtten helfen duͤrfen, bis Sir John

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/245>, abgerufen am 27.04.2024.