Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Reisen durch die allerentferntesten Gegen-
den des Weltkreises, seine übrigen Tage
in Anbauung eines Theils seiner mütter-
lichen Erde zuzubringen, machte mir ihn
vorzüglich angenehm; dieses erfreute mich;
aber seine Liebe ist der Ueberfluß davon,
der mich belästigt und in Verlegenheit setzt.
Er hat sich bey der Lady um mich erkun-
diget; ihre Antwort hat seinen Eifer
nicht vermehrt, aber anhaltender ge-
macht; und ein einziges Wort von mir
gegen die Lady, brachte ihn zu dem Ent-
schluß seine Griechinn zu verheurathen, und
mit ihrem Manne nach London zu schicken.
Sie können nicht glauben, wie schwer
meinem Herzen dieses vermeynte Opfer
wiegt, da er, wegen leerer Hoffnungen des
künftigen Vergnügens meiner Gesellschaft,
die Ermunterung von ihm entfernt; wel-
che der Besitz des reizenden Mädchens ihm
gegeben hätte. Sein Secretär liebte sie,
sagte er, schon lang, und das Mädchen
ihn auch; beyde hätten ihn auf den Knien
für ihre Vereinigung gedankt. Er fühlt
aber das Leere, so ihre Abreise in seinem

Herzen

Reiſen durch die allerentfernteſten Gegen-
den des Weltkreiſes, ſeine uͤbrigen Tage
in Anbauung eines Theils ſeiner muͤtter-
lichen Erde zuzubringen, machte mir ihn
vorzuͤglich angenehm; dieſes erfreute mich;
aber ſeine Liebe iſt der Ueberfluß davon,
der mich belaͤſtigt und in Verlegenheit ſetzt.
Er hat ſich bey der Lady um mich erkun-
diget; ihre Antwort hat ſeinen Eifer
nicht vermehrt, aber anhaltender ge-
macht; und ein einziges Wort von mir
gegen die Lady, brachte ihn zu dem Ent-
ſchluß ſeine Griechinn zu verheurathen, und
mit ihrem Manne nach London zu ſchicken.
Sie koͤnnen nicht glauben, wie ſchwer
meinem Herzen dieſes vermeynte Opfer
wiegt, da er, wegen leerer Hoffnungen des
kuͤnftigen Vergnuͤgens meiner Geſellſchaft,
die Ermunterung von ihm entfernt; wel-
che der Beſitz des reizenden Maͤdchens ihm
gegeben haͤtte. Sein Secretaͤr liebte ſie,
ſagte er, ſchon lang, und das Maͤdchen
ihn auch; beyde haͤtten ihn auf den Knien
fuͤr ihre Vereinigung gedankt. Er fuͤhlt
aber das Leere, ſo ihre Abreiſe in ſeinem

Herzen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0186" n="180"/>
Rei&#x017F;en durch die allerentfernte&#x017F;ten Gegen-<lb/>
den des Weltkrei&#x017F;es, &#x017F;eine u&#x0364;brigen Tage<lb/>
in Anbauung eines Theils &#x017F;einer mu&#x0364;tter-<lb/>
lichen Erde zuzubringen, machte mir ihn<lb/>
vorzu&#x0364;glich angenehm; die&#x017F;es erfreute mich;<lb/>
aber &#x017F;eine Liebe i&#x017F;t der Ueberfluß davon,<lb/>
der mich bela&#x0364;&#x017F;tigt und in Verlegenheit &#x017F;etzt.<lb/>
Er hat &#x017F;ich bey der Lady um mich erkun-<lb/>
diget; ihre Antwort hat &#x017F;einen Eifer<lb/>
nicht vermehrt, aber anhaltender ge-<lb/>
macht; und ein einziges Wort von mir<lb/>
gegen die Lady, brachte ihn zu dem Ent-<lb/>
&#x017F;chluß &#x017F;eine Griechinn zu verheurathen, und<lb/>
mit ihrem Manne nach London zu &#x017F;chicken.<lb/>
Sie ko&#x0364;nnen nicht glauben, wie &#x017F;chwer<lb/>
meinem Herzen die&#x017F;es vermeynte Opfer<lb/>
wiegt, da er, wegen leerer Hoffnungen des<lb/>
ku&#x0364;nftigen Vergnu&#x0364;gens meiner Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft,<lb/>
die Ermunterung von ihm entfernt; wel-<lb/>
che der Be&#x017F;itz des reizenden Ma&#x0364;dchens ihm<lb/>
gegeben ha&#x0364;tte. Sein Secreta&#x0364;r liebte &#x017F;ie,<lb/>
&#x017F;agte er, &#x017F;chon lang, und das Ma&#x0364;dchen<lb/>
ihn auch; beyde ha&#x0364;tten ihn auf den Knien<lb/>
fu&#x0364;r ihre Vereinigung gedankt. Er fu&#x0364;hlt<lb/>
aber das Leere, &#x017F;o ihre Abrei&#x017F;e in &#x017F;einem<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Herzen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0186] Reiſen durch die allerentfernteſten Gegen- den des Weltkreiſes, ſeine uͤbrigen Tage in Anbauung eines Theils ſeiner muͤtter- lichen Erde zuzubringen, machte mir ihn vorzuͤglich angenehm; dieſes erfreute mich; aber ſeine Liebe iſt der Ueberfluß davon, der mich belaͤſtigt und in Verlegenheit ſetzt. Er hat ſich bey der Lady um mich erkun- diget; ihre Antwort hat ſeinen Eifer nicht vermehrt, aber anhaltender ge- macht; und ein einziges Wort von mir gegen die Lady, brachte ihn zu dem Ent- ſchluß ſeine Griechinn zu verheurathen, und mit ihrem Manne nach London zu ſchicken. Sie koͤnnen nicht glauben, wie ſchwer meinem Herzen dieſes vermeynte Opfer wiegt, da er, wegen leerer Hoffnungen des kuͤnftigen Vergnuͤgens meiner Geſellſchaft, die Ermunterung von ihm entfernt; wel- che der Beſitz des reizenden Maͤdchens ihm gegeben haͤtte. Sein Secretaͤr liebte ſie, ſagte er, ſchon lang, und das Maͤdchen ihn auch; beyde haͤtten ihn auf den Knien fuͤr ihre Vereinigung gedankt. Er fuͤhlt aber das Leere, ſo ihre Abreiſe in ſeinem Herzen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/186
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/186>, abgerufen am 03.05.2024.