schmacks und Witzes, durch die Kenntniß des Vollkommnen in den Künsten zu dan- ken. Jhr Luxus, ihre lermende ermüden- de Ergötzungen haben mir die edle Einfalt und die ruhigen Freuden meines Stamm- hauses angenehmer gemacht; der Mangel an Freuden, den sie mich erdulden ließ, hat mich den Werth meiner Emilie höher schätzen gelehrt; und ob ich schon gefühlt habe, daß die Liebe Ansprüche auf mein Herz hat, so freut mich doch, daß es al- lein durch den Sohn der himmlischen Venus verwundet werden kann, und daß die Tugend ihre Rechte umgestört darinn erhalten hat. Denn gewiß wird meine Zärtlichkeit niemals einen Gegenstand wählen, der sie verdrängen wird.
Schönheit und Witz haben keine Ge- walt über mein Herz, ungeachtet ich den Werth von beyden kenne, eine feurige Lei- denschaft und zärtliche Reden auch nicht; am wenigsten aber die Lobeserhebungen meiner persönlichen Annehmlichkeiten; denn da sehe ich in meinem Liebhaber
nichts
ſchmacks und Witzes, durch die Kenntniß des Vollkommnen in den Kuͤnſten zu dan- ken. Jhr Luxus, ihre lermende ermuͤden- de Ergoͤtzungen haben mir die edle Einfalt und die ruhigen Freuden meines Stamm- hauſes angenehmer gemacht; der Mangel an Freuden, den ſie mich erdulden ließ, hat mich den Werth meiner Emilie hoͤher ſchaͤtzen gelehrt; und ob ich ſchon gefuͤhlt habe, daß die Liebe Anſpruͤche auf mein Herz hat, ſo freut mich doch, daß es al- lein durch den Sohn der himmliſchen Venus verwundet werden kann, und daß die Tugend ihre Rechte umgeſtoͤrt darinn erhalten hat. Denn gewiß wird meine Zaͤrtlichkeit niemals einen Gegenſtand waͤhlen, der ſie verdraͤngen wird.
Schoͤnheit und Witz haben keine Ge- walt uͤber mein Herz, ungeachtet ich den Werth von beyden kenne, eine feurige Lei- denſchaft und zaͤrtliche Reden auch nicht; am wenigſten aber die Lobeserhebungen meiner perſoͤnlichen Annehmlichkeiten; denn da ſehe ich in meinem Liebhaber
nichts
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ſchmacks und Witzes, durch die Kenntniß
des Vollkommnen in den Kuͤnſten zu dan-
ken. Jhr Luxus, ihre lermende ermuͤden-
de Ergoͤtzungen haben mir die edle Einfalt
und die ruhigen Freuden meines Stamm-
hauſes angenehmer gemacht; der Mangel
an Freuden, den ſie mich erdulden ließ,
hat mich den Werth meiner Emilie hoͤher
ſchaͤtzen gelehrt; und ob ich ſchon gefuͤhlt
habe, daß die Liebe Anſpruͤche auf mein
Herz hat, ſo freut mich doch, daß es al-
lein durch den Sohn der himmliſchen
Venus verwundet werden kann, und daß
die Tugend ihre Rechte umgeſtoͤrt darinn
erhalten hat. Denn gewiß wird meine
Zaͤrtlichkeit niemals einen Gegenſtand
waͤhlen, der ſie verdraͤngen wird.
Schoͤnheit und Witz haben keine Ge-
walt uͤber mein Herz, ungeachtet ich den
Werth von beyden kenne, eine feurige Lei-
denſchaft und zaͤrtliche Reden auch nicht;
am wenigſten aber die Lobeserhebungen
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denn da ſehe ich in meinem Liebhaber
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 335. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/361>, abgerufen am 24.11.2024.
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