Müssen wir in unserm Hausgeräthe den Mangel vieles Schönen und Gemäch- lichen ertragen, so wollen wir in dem höchsten Grade der Reinlichkeit den Er- satz des Kostbaren suchen, und uns ge- wöhnen, wie der weise Araber, froh zu seyn, daß wir zu unserm Glück den Ue- ber[fl]uß nicht nöthig haben. Und wie edel können einst die Töchter des Herrn Raths die Würde ihres Hauses zieren, wenn die Zimmer mit schönen Zeichnun- gen, die Stühle und Ruhebänke mit Ta- petenarbeit von ihren geschickten Händen bekleidet seyn werden! Sollten Sie nach dieser edelmüthigen Ergebenheit in ihr Schicksal, durch den Anblick des Rei- chen, in eine traurige Vergleichung zwi- schen ihren und seinen Umständen verfal- len so halten Sie sich nicht bloß an die Jdee des Vergnügens, das der Reiche in seiner Pracht und Wollust genießt, sondern wen- den Sie Jhre Gedanken auf den Nutzen, den Kaufleute, Künstler und Hand- arbeiter davon haben; denn bey dem ersten Gedanken fühlen Sie nichts als Schmer-
zen
Muͤſſen wir in unſerm Hausgeraͤthe den Mangel vieles Schoͤnen und Gemaͤch- lichen ertragen, ſo wollen wir in dem hoͤchſten Grade der Reinlichkeit den Er- ſatz des Koſtbaren ſuchen, und uns ge- woͤhnen, wie der weiſe Araber, froh zu ſeyn, daß wir zu unſerm Gluͤck den Ue- ber[fl]uß nicht noͤthig haben. Und wie edel koͤnnen einſt die Toͤchter des Herrn Raths die Wuͤrde ihres Hauſes zieren, wenn die Zimmer mit ſchoͤnen Zeichnun- gen, die Stuͤhle und Ruhebaͤnke mit Ta- petenarbeit von ihren geſchickten Haͤnden bekleidet ſeyn werden! Sollten Sie nach dieſer edelmuͤthigen Ergebenheit in ihr Schickſal, durch den Anblick des Rei- chen, in eine traurige Vergleichung zwi- ſchen ihren und ſeinen Umſtaͤnden verfal- len ſo halten Sie ſich nicht bloß an die Jdee des Vergnuͤgens, das der Reiche in ſeiner Pracht und Wolluſt genießt, ſondern wen- den Sie Jhre Gedanken auf den Nutzen, den Kaufleute, Kuͤnſtler und Hand- arbeiter davon haben; denn bey dem erſten Gedanken fuͤhlen Sie nichts als Schmer-
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Muͤſſen wir in unſerm Hausgeraͤthe
den Mangel vieles Schoͤnen und Gemaͤch-
lichen ertragen, ſo wollen wir in dem
hoͤchſten Grade der Reinlichkeit den Er-
ſatz des Koſtbaren ſuchen, und uns ge-
woͤhnen, wie der weiſe Araber, froh zu
ſeyn, daß wir zu unſerm Gluͤck den Ue-
berfluß nicht noͤthig haben. Und wie
edel koͤnnen einſt die Toͤchter des Herrn
Raths die Wuͤrde ihres Hauſes zieren,
wenn die Zimmer mit ſchoͤnen Zeichnun-
gen, die Stuͤhle und Ruhebaͤnke mit Ta-
petenarbeit von ihren geſchickten Haͤnden
bekleidet ſeyn werden! Sollten Sie nach
dieſer edelmuͤthigen Ergebenheit in ihr
Schickſal, durch den Anblick des Rei-
chen, in eine traurige Vergleichung zwi-
ſchen ihren und ſeinen Umſtaͤnden verfal-
len ſo halten Sie ſich nicht bloß an die Jdee
des Vergnuͤgens, das der Reiche in ſeiner
Pracht und Wolluſt genießt, ſondern wen-
den Sie Jhre Gedanken auf den Nutzen,
den Kaufleute, Kuͤnſtler und Hand-
arbeiter davon haben; denn bey dem erſten
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/325>, abgerufen am 22.11.2024.
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