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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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ihm einflößte, zweymal gemacht hat. Et-
liche Tage kämpfte ich mit mir, aber da
ich den vierten Abend einen Besuch in dem
trostlosen Hause machte, die Aeltern froh
über meine Gaben, das Haus aber noch
leer von Nothdürftigkeiten und mit sechs
theils großen theils kleinen Kindern besetzt
sahe, o da hieß ich meine Empfindlichkeit
für meine Ruhe und Jdeen derjenigen wei-
chen, welche mich zum Besten dieser Kin-
der einnahm; sollte die Delicatesse meiner
Eigenliebe nicht der Pflicht der Hülfe mei-
nes nothleidenden Nächsten Platz machen,
und der Widerwille, den mir die aufglim-
mende Liebe des Fürsten erreget, sollte
dieser das Bild der Freude verdrängen,
welche durch die Erhaltung eines Amts
und Einkommens in diese Familie kommen
würde. Jch war der Achtung gewiß, die er
für denselben hätte; und was dergleichen
mehr war. Man hatte mich der Hülfe
versichert; mein Herz wußte, daß mir die
Liebe des Fürsten ohne meine Einwilligung
nicht schädlich seyn konnte; ich führte also
gleich den andern Tag meinen Entschluß

aus,
S 5

ihm einfloͤßte, zweymal gemacht hat. Et-
liche Tage kaͤmpfte ich mit mir, aber da
ich den vierten Abend einen Beſuch in dem
troſtloſen Hauſe machte, die Aeltern froh
uͤber meine Gaben, das Haus aber noch
leer von Nothduͤrftigkeiten und mit ſechs
theils großen theils kleinen Kindern beſetzt
ſahe, o da hieß ich meine Empfindlichkeit
fuͤr meine Ruhe und Jdeen derjenigen wei-
chen, welche mich zum Beſten dieſer Kin-
der einnahm; ſollte die Delicateſſe meiner
Eigenliebe nicht der Pflicht der Huͤlfe mei-
nes nothleidenden Naͤchſten Platz machen,
und der Widerwille, den mir die aufglim-
mende Liebe des Fuͤrſten erreget, ſollte
dieſer das Bild der Freude verdraͤngen,
welche durch die Erhaltung eines Amts
und Einkommens in dieſe Familie kommen
wuͤrde. Jch war der Achtung gewiß, die er
fuͤr denſelben haͤtte; und was dergleichen
mehr war. Man hatte mich der Huͤlfe
verſichert; mein Herz wußte, daß mir die
Liebe des Fuͤrſten ohne meine Einwilligung
nicht ſchaͤdlich ſeyn konnte; ich fuͤhrte alſo
gleich den andern Tag meinen Entſchluß

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S 5
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[281/0307] ihm einfloͤßte, zweymal gemacht hat. Et- liche Tage kaͤmpfte ich mit mir, aber da ich den vierten Abend einen Beſuch in dem troſtloſen Hauſe machte, die Aeltern froh uͤber meine Gaben, das Haus aber noch leer von Nothduͤrftigkeiten und mit ſechs theils großen theils kleinen Kindern beſetzt ſahe, o da hieß ich meine Empfindlichkeit fuͤr meine Ruhe und Jdeen derjenigen wei- chen, welche mich zum Beſten dieſer Kin- der einnahm; ſollte die Delicateſſe meiner Eigenliebe nicht der Pflicht der Huͤlfe mei- nes nothleidenden Naͤchſten Platz machen, und der Widerwille, den mir die aufglim- mende Liebe des Fuͤrſten erreget, ſollte dieſer das Bild der Freude verdraͤngen, welche durch die Erhaltung eines Amts und Einkommens in dieſe Familie kommen wuͤrde. Jch war der Achtung gewiß, die er fuͤr denſelben haͤtte; und was dergleichen mehr war. Man hatte mich der Huͤlfe verſichert; mein Herz wußte, daß mir die Liebe des Fuͤrſten ohne meine Einwilligung nicht ſchaͤdlich ſeyn konnte; ich fuͤhrte alſo gleich den andern Tag meinen Entſchluß aus, S 5

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/307>, abgerufen am 22.11.2024.