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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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scheinen, weil er ein Landfest vorstellen
wollte. Der junge Graf F* sein Nepote
wurde in der Liste ein Bauer und ich be-
kam die Kleidung eines Alpen Mädchens;
lichtblau und schwarz; die Form davon
brachte meine Leibesgestalt in das vor-
theilhafteste Ansehen, ohne im geringsten
gesucht oder gezwungen zu scheinen. Das
feine ganz nachlässig aufgesetzte Stroh-
hütgen und meine simpel geflochtnen Haare
machten meinem Gesicht Ehre. Sie wis-
sen, daß mir viele Liebe für die Einfalt
und die ungekünstelten Tugenden des
Landvolks eingeflößt worden ist. Diese
Neigung erneuerte sich durch den An-
blick meiner Kleidung. Mein edel ein-
fältiger Putz rührte mich; er war meinem
die Ruhe und die Natur liebenden Herzen
noch angemeßner als meiner Figur, wie-
wohl auch diese damals, in meinen Au-
gen, im schönsten Lichte stund. Als ich
völlig angezogen den letzten Blick in den
Spiegel warf und vergnügt mit meinent
ländlichen Ansehen war, machte ich den
Wunsch, daß, wenn ich auch diese Klei-

dung

ſcheinen, weil er ein Landfeſt vorſtellen
wollte. Der junge Graf F* ſein Nepote
wurde in der Liſte ein Bauer und ich be-
kam die Kleidung eines Alpen Maͤdchens;
lichtblau und ſchwarz; die Form davon
brachte meine Leibesgeſtalt in das vor-
theilhafteſte Anſehen, ohne im geringſten
geſucht oder gezwungen zu ſcheinen. Das
feine ganz nachlaͤſſig aufgeſetzte Stroh-
huͤtgen und meine ſimpel geflochtnen Haare
machten meinem Geſicht Ehre. Sie wiſ-
ſen, daß mir viele Liebe fuͤr die Einfalt
und die ungekuͤnſtelten Tugenden des
Landvolks eingefloͤßt worden iſt. Dieſe
Neigung erneuerte ſich durch den An-
blick meiner Kleidung. Mein edel ein-
faͤltiger Putz ruͤhrte mich; er war meinem
die Ruhe und die Natur liebenden Herzen
noch angemeßner als meiner Figur, wie-
wohl auch dieſe damals, in meinen Au-
gen, im ſchoͤnſten Lichte ſtund. Als ich
voͤllig angezogen den letzten Blick in den
Spiegel warf und vergnuͤgt mit meinent
laͤndlichen Anſehen war, machte ich den
Wunſch, daß, wenn ich auch dieſe Klei-

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[260/0286] ſcheinen, weil er ein Landfeſt vorſtellen wollte. Der junge Graf F* ſein Nepote wurde in der Liſte ein Bauer und ich be- kam die Kleidung eines Alpen Maͤdchens; lichtblau und ſchwarz; die Form davon brachte meine Leibesgeſtalt in das vor- theilhafteſte Anſehen, ohne im geringſten geſucht oder gezwungen zu ſcheinen. Das feine ganz nachlaͤſſig aufgeſetzte Stroh- huͤtgen und meine ſimpel geflochtnen Haare machten meinem Geſicht Ehre. Sie wiſ- ſen, daß mir viele Liebe fuͤr die Einfalt und die ungekuͤnſtelten Tugenden des Landvolks eingefloͤßt worden iſt. Dieſe Neigung erneuerte ſich durch den An- blick meiner Kleidung. Mein edel ein- faͤltiger Putz ruͤhrte mich; er war meinem die Ruhe und die Natur liebenden Herzen noch angemeßner als meiner Figur, wie- wohl auch dieſe damals, in meinen Au- gen, im ſchoͤnſten Lichte ſtund. Als ich voͤllig angezogen den letzten Blick in den Spiegel warf und vergnuͤgt mit meinent laͤndlichen Anſehen war, machte ich den Wunſch, daß, wenn ich auch dieſe Klei- dung

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/286>, abgerufen am 25.11.2024.