Sie soll zur linken Hand vermählt wor- den seyn. Elende lächerliche Larve, eine verstellte Tugend vor Schande sicher zu stellen! -- Alle schmeichelten ihr; Sie, mein Freund, kennen mich genug, um zu wissen, ob ich es that. Jch werde nicht an den Hof gehen bis ich ruhiger bin; niemals liebte ich das Hofleben ganz, nun verabscheue ich es! Die Reisen mei- nes Oncles will ich aushalten; aber mei- ne Frau Mutter soll nicht fodern, daß ich Hofdienste nehme, oder mich verheyrathe; das Fräulein von Sternheim hat mich beydem auf ewig entsagen gemacht. Derby, der ruchlose Derby, verachtet sie auch, aber er hilft sie betäuben; denn er erzeigt ihr mehr Ehrerbietung als sonst; -- Der Bösewicht!
Fräulein von Sternheim an Emilia.
Kommen Sie, meine Emilia, Sie sollen auch einmal eine aufgeweckte Erzählung
von
Sie ſoll zur linken Hand vermaͤhlt wor- den ſeyn. Elende laͤcherliche Larve, eine verſtellte Tugend vor Schande ſicher zu ſtellen! — Alle ſchmeichelten ihr; Sie, mein Freund, kennen mich genug, um zu wiſſen, ob ich es that. Jch werde nicht an den Hof gehen bis ich ruhiger bin; niemals liebte ich das Hofleben ganz, nun verabſcheue ich es! Die Reiſen mei- nes Oncles will ich aushalten; aber mei- ne Frau Mutter ſoll nicht fodern, daß ich Hofdienſte nehme, oder mich verheyrathe; das Fraͤulein von Sternheim hat mich beydem auf ewig entſagen gemacht. Derby, der ruchloſe Derby, verachtet ſie auch, aber er hilft ſie betaͤuben; denn er erzeigt ihr mehr Ehrerbietung als ſonſt; — Der Boͤſewicht!
Fraͤulein von Sternheim an Emilia.
Kommen Sie, meine Emilia, Sie ſollen auch einmal eine aufgeweckte Erzaͤhlung
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Sie ſoll zur linken Hand vermaͤhlt wor-
den ſeyn. Elende laͤcherliche Larve,
eine verſtellte Tugend vor Schande
ſicher zu ſtellen! — Alle ſchmeichelten ihr;
Sie, mein Freund, kennen mich genug,
um zu wiſſen, ob ich es that. Jch werde
nicht an den Hof gehen bis ich ruhiger
bin; niemals liebte ich das Hofleben ganz,
nun verabſcheue ich es! Die Reiſen mei-
nes Oncles will ich aushalten; aber mei-
ne Frau Mutter ſoll nicht fodern, daß ich
Hofdienſte nehme, oder mich verheyrathe;
das Fraͤulein von Sternheim hat mich
beydem auf ewig entſagen gemacht.
Derby, der ruchloſe Derby, verachtet ſie
auch, aber er hilft ſie betaͤuben; denn
er erzeigt ihr mehr Ehrerbietung als
ſonſt; — Der Boͤſewicht!
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/284>, abgerufen am 22.11.2024.
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