tung verdiente. Jch hatte auch keine, und dennoch dauerte meine Leidenschaft in ihrer ganzen Stärke fort. Jtzt hingegen verachte, verfluche ich diese Sternheim und ihr Bild. Jhre Reize und meine Liebe liegen noch in dem Grunde meiner Seele; aber ich hasse beyde, und mich selbst, daß ich zu schwach bin, sie zu vernichten.
Mein Oncle redete mir im nach Hau- se fahren zu, wie ein Mann dessen Leiden- schaften schon lange gesättigt sind, und der, wenn er als Minister zu Vergnügung des Ehrgeizes seines Fürsten tausend Schlachtopfer für nichts achtet, natürli- cher Weise die Aufopferung der Tugend eines Mädchens zu Befriedigung der Lei- denschaft eines Großen für eine sehr we- nig bedeutende Kleinigkeit ansehen muß. O wäre sie ein gemeines Mädchen mit Papageyen-Schönheit und Papageyen- Verstand gewesen, so könnte ich es ansehen, wie Er! Aber die edelste Seele, und Kenntnisse zu besitzen; an die Verehrung der ganzen Welt An- spruch zu haben, und sich hinzuwerfen!
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tung verdiente. Jch hatte auch keine, und dennoch dauerte meine Leidenſchaft in ihrer ganzen Staͤrke fort. Jtzt hingegen verachte, verfluche ich dieſe Sternheim und ihr Bild. Jhre Reize und meine Liebe liegen noch in dem Grunde meiner Seele; aber ich haſſe beyde, und mich ſelbſt, daß ich zu ſchwach bin, ſie zu vernichten.
Mein Oncle redete mir im nach Hau- ſe fahren zu, wie ein Mann deſſen Leiden- ſchaften ſchon lange geſaͤttigt ſind, und der, wenn er als Miniſter zu Vergnuͤgung des Ehrgeizes ſeines Fuͤrſten tauſend Schlachtopfer fuͤr nichts achtet, natuͤrli- cher Weiſe die Aufopferung der Tugend eines Maͤdchens zu Befriedigung der Lei- denſchaft eines Großen fuͤr eine ſehr we- nig bedeutende Kleinigkeit anſehen muß. O waͤre ſie ein gemeines Maͤdchen mit Papageyen-Schoͤnheit und Papageyen- Verſtand geweſen, ſo koͤnnte ich es anſehen, wie Er! Aber die edelſte Seele, und Kenntniſſe zu beſitzen; an die Verehrung der ganzen Welt An- ſpruch zu haben, und ſich hinzuwerfen!
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tung verdiente. Jch hatte auch keine,
und dennoch dauerte meine Leidenſchaft in
ihrer ganzen Staͤrke fort. Jtzt hingegen
verachte, verfluche ich dieſe Sternheim und
ihr Bild. Jhre Reize und meine Liebe
liegen noch in dem Grunde meiner Seele;
aber ich haſſe beyde, und mich ſelbſt,
daß ich zu ſchwach bin, ſie zu vernichten.
Mein Oncle redete mir im nach Hau-
ſe fahren zu, wie ein Mann deſſen Leiden-
ſchaften ſchon lange geſaͤttigt ſind, und
der, wenn er als Miniſter zu Vergnuͤgung
des Ehrgeizes ſeines Fuͤrſten tauſend
Schlachtopfer fuͤr nichts achtet, natuͤrli-
cher Weiſe die Aufopferung der Tugend
eines Maͤdchens zu Befriedigung der Lei-
denſchaft eines Großen fuͤr eine ſehr we-
nig bedeutende Kleinigkeit anſehen muß.
O waͤre ſie ein gemeines Maͤdchen mit
Papageyen-Schoͤnheit und Papageyen-
Verſtand geweſen, ſo koͤnnte ich es
anſehen, wie Er! Aber die edelſte
Seele, und Kenntniſſe zu beſitzen; an
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/283>, abgerufen am 25.11.2024.
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