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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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weit von dem liebenswürdigen Deutschen
weg, dessen feines und mit unendlichen
Kenntnissen bereichertes Genie in unserer
aus so verschiednen Charaktern zusammen
gesetzten Gesellschaft, moralische Schat-
tierfarben zu seinen reizenden Ge-
mählden der Menschen sammelte.

Er sagte mir dieses, als ich seine Herab-
lassung zu manchen nichtsbedeutenden Ge-
sprächen lobte.

Mit Entzückung lernte ich in ihm das
Bild der ächten Freundschaft kennen, da
er mir von einem hochachtungswürdigen
Manne erzählte, "der von dem ehemali-
"gen Besitzer dieses Hauses erzogen wor-
"den, und als ein lebender Beweis der
"unzähligen Fähigkeiten unsers Geistes
"anzuführen sey, weil er die Wissenschaft
"des feinsten Staatsmannes mit aller Ge-
"lehrsamkeit des Philosophen, des Physi-
"kers und des schönen Geistes verbände,
"alle Werke der Kunst gründlich beurthei-
"len könnte, die Staatsökonomie und
"Landwirthschaft in allen ihren Theilen
"verstehe, verschiedene Sprachen gut rede

"und
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weit von dem liebenswuͤrdigen Deutſchen
weg, deſſen feines und mit unendlichen
Kenntniſſen bereichertes Genie in unſerer
aus ſo verſchiednen Charaktern zuſammen
geſetzten Geſellſchaft, moraliſche Schat-
tierfarben zu ſeinen reizenden Ge-
maͤhlden der Menſchen ſammelte.

Er ſagte mir dieſes, als ich ſeine Herab-
laſſung zu manchen nichtsbedeutenden Ge-
ſpraͤchen lobte.

Mit Entzuͤckung lernte ich in ihm das
Bild der aͤchten Freundſchaft kennen, da
er mir von einem hochachtungswuͤrdigen
Manne erzaͤhlte, „der von dem ehemali-
„gen Beſitzer dieſes Hauſes erzogen wor-
„den, und als ein lebender Beweis der
„unzaͤhligen Faͤhigkeiten unſers Geiſtes
„anzufuͤhren ſey, weil er die Wiſſenſchaft
„des feinſten Staatsmannes mit aller Ge-
„lehrſamkeit des Philoſophen, des Phyſi-
„kers und des ſchoͤnen Geiſtes verbaͤnde,
„alle Werke der Kunſt gruͤndlich beurthei-
„len koͤnnte, die Staatsoͤkonomie und
„Landwirthſchaft in allen ihren Theilen
„verſtehe, verſchiedene Sprachen gut rede

„und
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[231/0257] weit von dem liebenswuͤrdigen Deutſchen weg, deſſen feines und mit unendlichen Kenntniſſen bereichertes Genie in unſerer aus ſo verſchiednen Charaktern zuſammen geſetzten Geſellſchaft, moraliſche Schat- tierfarben zu ſeinen reizenden Ge- maͤhlden der Menſchen ſammelte. Er ſagte mir dieſes, als ich ſeine Herab- laſſung zu manchen nichtsbedeutenden Ge- ſpraͤchen lobte. Mit Entzuͤckung lernte ich in ihm das Bild der aͤchten Freundſchaft kennen, da er mir von einem hochachtungswuͤrdigen Manne erzaͤhlte, „der von dem ehemali- „gen Beſitzer dieſes Hauſes erzogen wor- „den, und als ein lebender Beweis der „unzaͤhligen Faͤhigkeiten unſers Geiſtes „anzufuͤhren ſey, weil er die Wiſſenſchaft „des feinſten Staatsmannes mit aller Ge- „lehrſamkeit des Philoſophen, des Phyſi- „kers und des ſchoͤnen Geiſtes verbaͤnde, „alle Werke der Kunſt gruͤndlich beurthei- „len koͤnnte, die Staatsoͤkonomie und „Landwirthſchaft in allen ihren Theilen „verſtehe, verſchiedene Sprachen gut rede „und P 4

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/257>, abgerufen am 25.11.2024.