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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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die Frau und Kinder nach Hause bringen
sollte.

Jch dachte, mein Kerl oder ich müßte
ein Narr seyn, und widersprach ihm al-
les; aber er fluchte mir die Wahrheit
feiner Geschichte; und ich fand, daß das
Mädchen den wunderlichsten Charakter
hat. Was T* wird sie roth und ver-
wirrt, wenn sie etwas Gutes thun will;
was hatte sie uns zu belügen, sie kenne
diese Frau; besorgte sie, wir möchten An-
theil an ihrer Großmuth nehmen?

Aber diese Entdeckung, das Ungefehr,
werde ich mir zu Nutze machen; ich will
die Familie aufsuchen, und ihr Gutes
thun, wie Engländer es gewohnt sind,
und dieses, ohne mich merken zu lassen,
daß ich etwas von ihr weiß. Aber ge-
wiß werde ich keinen Schritt machen, den
sie nicht sehen soll. Durch diese Wohl-
thätigkeit werde ich mich ihrem Charakter
nähern, und da man sich allezeit mit ei-
ner gewissen zärtlichen Neigung an die
Gegenstände seines Mitleidens und seiner
Freygebigkeit heftet; so muß in ihr noth-

wendi-
O 4

die Frau und Kinder nach Hauſe bringen
ſollte.

Jch dachte, mein Kerl oder ich muͤßte
ein Narr ſeyn, und widerſprach ihm al-
les; aber er fluchte mir die Wahrheit
feiner Geſchichte; und ich fand, daß das
Maͤdchen den wunderlichſten Charakter
hat. Was T* wird ſie roth und ver-
wirrt, wenn ſie etwas Gutes thun will;
was hatte ſie uns zu beluͤgen, ſie kenne
dieſe Frau; beſorgte ſie, wir moͤchten An-
theil an ihrer Großmuth nehmen?

Aber dieſe Entdeckung, das Ungefehr,
werde ich mir zu Nutze machen; ich will
die Familie aufſuchen, und ihr Gutes
thun, wie Englaͤnder es gewohnt ſind,
und dieſes, ohne mich merken zu laſſen,
daß ich etwas von ihr weiß. Aber ge-
wiß werde ich keinen Schritt machen, den
ſie nicht ſehen ſoll. Durch dieſe Wohl-
thaͤtigkeit werde ich mich ihrem Charakter
naͤhern, und da man ſich allezeit mit ei-
ner gewiſſen zaͤrtlichen Neigung an die
Gegenſtaͤnde ſeines Mitleidens und ſeiner
Freygebigkeit heftet; ſo muß in ihr noth-

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[215/0241] die Frau und Kinder nach Hauſe bringen ſollte. Jch dachte, mein Kerl oder ich muͤßte ein Narr ſeyn, und widerſprach ihm al- les; aber er fluchte mir die Wahrheit feiner Geſchichte; und ich fand, daß das Maͤdchen den wunderlichſten Charakter hat. Was T* wird ſie roth und ver- wirrt, wenn ſie etwas Gutes thun will; was hatte ſie uns zu beluͤgen, ſie kenne dieſe Frau; beſorgte ſie, wir moͤchten An- theil an ihrer Großmuth nehmen? Aber dieſe Entdeckung, das Ungefehr, werde ich mir zu Nutze machen; ich will die Familie aufſuchen, und ihr Gutes thun, wie Englaͤnder es gewohnt ſind, und dieſes, ohne mich merken zu laſſen, daß ich etwas von ihr weiß. Aber ge- wiß werde ich keinen Schritt machen, den ſie nicht ſehen ſoll. Durch dieſe Wohl- thaͤtigkeit werde ich mich ihrem Charakter naͤhern, und da man ſich allezeit mit ei- ner gewiſſen zaͤrtlichen Neigung an die Gegenſtaͤnde ſeines Mitleidens und ſeiner Freygebigkeit heftet; ſo muß in ihr noth- wendi- O 4

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/241>, abgerufen am 25.11.2024.