Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

"von einer Person vom Stande ist das,
"von einer Dame und einem Cavalier weg-
"zulaufen, um -- ich weis nicht wie ich
"sagen soll -- eine Frau zu sprechen, die
"sehr schlecht aussieht, und die vielleicht
"am besten die Art angeben könnte; wie
"dieses Herz zu gewinnen ist, ohne daß
"die vielen Anstalten und Vorkehrungen
"nöthig wären, die man mit ihr macht --

Jch sagte wenig darauf, doch so viel,
um sie in Athem zu halten, weiter
zu reden. Die Genealogie des Fräu-
leins Sternheim wurde also vorgenom-
men, ihr Vater und ihre Mutter ver-
läumdet, und die Tochter lächerlich ge-
macht; mehr habe ich nicht behalten, der
Kopf war mir warm. Die Sternheim
blieb ziemlich lange weg. Endlich kam
sie mit einem gerührten, doch zufriednen
Gesichte, etwas verweinten Augen und ru-
higem Lächeln gegen uns, und mit einem
Ton der Stimme, so weich, so voll Liebe,
daß ich noch toller als vorher wurde, und
gar nicht mehr wußte, was ich denken sollte.

Das
O 3

„von einer Perſon vom Stande iſt das,
„von einer Dame und einem Cavalier weg-
„zulaufen, um — ich weis nicht wie ich
„ſagen ſoll — eine Frau zu ſprechen, die
„ſehr ſchlecht ausſieht, und die vielleicht
„am beſten die Art angeben koͤnnte; wie
„dieſes Herz zu gewinnen iſt, ohne daß
„die vielen Anſtalten und Vorkehrungen
„noͤthig waͤren, die man mit ihr macht —

Jch ſagte wenig darauf, doch ſo viel,
um ſie in Athem zu halten, weiter
zu reden. Die Genealogie des Fraͤu-
leins Sternheim wurde alſo vorgenom-
men, ihr Vater und ihre Mutter ver-
laͤumdet, und die Tochter laͤcherlich ge-
macht; mehr habe ich nicht behalten, der
Kopf war mir warm. Die Sternheim
blieb ziemlich lange weg. Endlich kam
ſie mit einem geruͤhrten, doch zufriednen
Geſichte, etwas verweinten Augen und ru-
higem Laͤcheln gegen uns, und mit einem
Ton der Stimme, ſo weich, ſo voll Liebe,
daß ich noch toller als vorher wurde, und
gar nicht mehr wußte, was ich denken ſollte.

Das
O 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0239" n="213"/>
&#x201E;von einer Per&#x017F;on vom Stande i&#x017F;t das,<lb/>
&#x201E;von einer Dame und einem Cavalier weg-<lb/>
&#x201E;zulaufen, um &#x2014; ich weis nicht wie ich<lb/>
&#x201E;&#x017F;agen &#x017F;oll &#x2014; eine Frau zu &#x017F;prechen, die<lb/>
&#x201E;&#x017F;ehr &#x017F;chlecht aus&#x017F;ieht, und die vielleicht<lb/>
&#x201E;am be&#x017F;ten die Art angeben ko&#x0364;nnte; wie<lb/>
&#x201E;die&#x017F;es Herz zu gewinnen i&#x017F;t, ohne daß<lb/>
&#x201E;die vielen An&#x017F;talten und Vorkehrungen<lb/>
&#x201E;no&#x0364;thig wa&#x0364;ren, die man mit ihr macht &#x2014;</p><lb/>
          <p>Jch &#x017F;agte wenig darauf, doch &#x017F;o viel,<lb/>
um &#x017F;ie in Athem zu halten, weiter<lb/>
zu reden. Die Genealogie des Fra&#x0364;u-<lb/>
leins Sternheim wurde al&#x017F;o vorgenom-<lb/>
men, ihr Vater und ihre Mutter ver-<lb/>
la&#x0364;umdet, und die Tochter la&#x0364;cherlich ge-<lb/>
macht; mehr habe ich nicht behalten, der<lb/>
Kopf war mir warm. Die Sternheim<lb/>
blieb ziemlich lange weg. Endlich kam<lb/>
&#x017F;ie mit einem geru&#x0364;hrten, doch zufriednen<lb/>
Ge&#x017F;ichte, etwas verweinten Augen und ru-<lb/>
higem La&#x0364;cheln gegen uns, und mit einem<lb/>
Ton der Stimme, &#x017F;o weich, &#x017F;o voll Liebe,<lb/>
daß ich noch toller als vorher wurde, und<lb/>
gar nicht mehr wußte, was ich denken &#x017F;ollte.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">O 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Das</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[213/0239] „von einer Perſon vom Stande iſt das, „von einer Dame und einem Cavalier weg- „zulaufen, um — ich weis nicht wie ich „ſagen ſoll — eine Frau zu ſprechen, die „ſehr ſchlecht ausſieht, und die vielleicht „am beſten die Art angeben koͤnnte; wie „dieſes Herz zu gewinnen iſt, ohne daß „die vielen Anſtalten und Vorkehrungen „noͤthig waͤren, die man mit ihr macht — Jch ſagte wenig darauf, doch ſo viel, um ſie in Athem zu halten, weiter zu reden. Die Genealogie des Fraͤu- leins Sternheim wurde alſo vorgenom- men, ihr Vater und ihre Mutter ver- laͤumdet, und die Tochter laͤcherlich ge- macht; mehr habe ich nicht behalten, der Kopf war mir warm. Die Sternheim blieb ziemlich lange weg. Endlich kam ſie mit einem geruͤhrten, doch zufriednen Geſichte, etwas verweinten Augen und ru- higem Laͤcheln gegen uns, und mit einem Ton der Stimme, ſo weich, ſo voll Liebe, daß ich noch toller als vorher wurde, und gar nicht mehr wußte, was ich denken ſollte. Das O 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/239
Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/239>, abgerufen am 18.12.2024.