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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771.

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von Ekel für allgemeinem Lob in mir
fühle.

Diesen Nachmittag habe ich etliche Da-
men und Cavaliere gesehen, denen meine
Tante ihre Ankunft hatte wissen lassen,
indem sie die Unterlassung ihres eignen
Besuchs mit dem Vorwand einer großen
Müdigkeit von der Reise entschuldigte.
Wiewohl die wahre Ursache nichts anders
war, als daß die Hof- und Stadtkleider
noch nicht fertig sind, in welchen ich mei-
ne Erscheinung machen soll. Vielleicht
stutzen Sie über das Wort Erscheinung,
aber es wurde heute von einem witzigen
Kopf in der That sehr richtig gebraucht,
wiewohl er es nur auf mein Kleid und
meine erste Reise in die Stadt anwandte.
Sie wissen, Emilia, daß mein theurer
Papa mich immer in den Kleidern meiner
Mama sehen wollte, und daß ich sie auch
am liebsten trug. Diese sind hier alle
aus der Mode, und ich konnte nach dem
Ausspruch meiner Tante (der ich dieses
Stück von Herrschaft über meinen Ge-
schmack gerne einräume) kein anderes als

das

von Ekel fuͤr allgemeinem Lob in mir
fuͤhle.

Dieſen Nachmittag habe ich etliche Da-
men und Cavaliere geſehen, denen meine
Tante ihre Ankunft hatte wiſſen laſſen,
indem ſie die Unterlaſſung ihres eignen
Beſuchs mit dem Vorwand einer großen
Muͤdigkeit von der Reiſe entſchuldigte.
Wiewohl die wahre Urſache nichts anders
war, als daß die Hof- und Stadtkleider
noch nicht fertig ſind, in welchen ich mei-
ne Erſcheinung machen ſoll. Vielleicht
ſtutzen Sie uͤber das Wort Erſcheinung,
aber es wurde heute von einem witzigen
Kopf in der That ſehr richtig gebraucht,
wiewohl er es nur auf mein Kleid und
meine erſte Reiſe in die Stadt anwandte.
Sie wiſſen, Emilia, daß mein theurer
Papa mich immer in den Kleidern meiner
Mama ſehen wollte, und daß ich ſie auch
am liebſten trug. Dieſe ſind hier alle
aus der Mode, und ich konnte nach dem
Ausſpruch meiner Tante (der ich dieſes
Stuͤck von Herrſchaft uͤber meinen Ge-
ſchmack gerne einraͤume) kein anderes als

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[90/0116] von Ekel fuͤr allgemeinem Lob in mir fuͤhle. Dieſen Nachmittag habe ich etliche Da- men und Cavaliere geſehen, denen meine Tante ihre Ankunft hatte wiſſen laſſen, indem ſie die Unterlaſſung ihres eignen Beſuchs mit dem Vorwand einer großen Muͤdigkeit von der Reiſe entſchuldigte. Wiewohl die wahre Urſache nichts anders war, als daß die Hof- und Stadtkleider noch nicht fertig ſind, in welchen ich mei- ne Erſcheinung machen ſoll. Vielleicht ſtutzen Sie uͤber das Wort Erſcheinung, aber es wurde heute von einem witzigen Kopf in der That ſehr richtig gebraucht, wiewohl er es nur auf mein Kleid und meine erſte Reiſe in die Stadt anwandte. Sie wiſſen, Emilia, daß mein theurer Papa mich immer in den Kleidern meiner Mama ſehen wollte, und daß ich ſie auch am liebſten trug. Dieſe ſind hier alle aus der Mode, und ich konnte nach dem Ausſpruch meiner Tante (der ich dieſes Stuͤck von Herrſchaft uͤber meinen Ge- ſchmack gerne einraͤume) kein anderes als das

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Zitationshilfe: [La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 1. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte01_1771/116>, abgerufen am 21.11.2024.