mit kurzgeschorenem Haar und in Männerkleidern umher- läuft. Fast unglaublich klingt die Forderung, die irgend eine Rechtlerin ganz ernsthaft aufstellt: Die Ehefrau soll von ihrem Manne regelrecht bezahlt werden. Als wenn all die Liebe und Mühe, all die Ausdauer und Sorgfalt einer guten Frau sich je in klingende Münze umsetzen ließe! Die Schamröte müßte einer Frau ins Gesicht steigen wenn sie sich dieses Bezahltwerden bis in die letzten Konsequenzen ausdenkt. Was will die Rechtlerin aus ihr machen? Halb eine Haushälterin, halb eine Dirne! Solche Menschen nennen sich Führerinnen der Frauen!
Das Hineindrängen der Frauen in alle Männer- berufe macht es den Männern immer schwerer, in jungen Jahren eine sichere Existenz zu finden und zu heiraten; auch dadurch ist die Eheschließungsziffer herabgegangen. Die Post- und Eisenbahnverwaltung machte vor einiger Zeit bekannt, daß sie 28 000 Frauen beschäftigt, (jetzt in der Kriegszeit sind es sicher noch viel mehr) und setzte hinzu, daß das nicht nur aus Sparsamkeitsgründen ge- schieht! Es sollten aber bei einer Sache von so unge- heurer sozialpolitischer Bedeutung überhaupt keine Spar- samkeitsgründe mitsprechen. 28 000 Frauen in Beamten- stellung bedeutet 56 000 Menschen, die nicht heiraten können! Das muß unter den Männern zu Erbitterungen führen, noch dazu da sie hundertmal erfahren, besonders in kaufmännischen Berufen, daß die Mädchen ihnen vor- gezogen werden, nicht weil sie besser, sondern weil sie billiger arbeiten. So entstand das Schlagwort der Emanzipierten vom Brotneid der Männer! Natürlich fürchten viele Männer für ihre Existenz; oder soll der
mit kurzgeschorenem Haar und in Männerkleidern umher- läuft. Fast unglaublich klingt die Forderung, die irgend eine Rechtlerin ganz ernsthaft aufstellt: Die Ehefrau soll von ihrem Manne regelrecht bezahlt werden. Als wenn all die Liebe und Mühe, all die Ausdauer und Sorgfalt einer guten Frau sich je in klingende Münze umsetzen ließe! Die Schamröte müßte einer Frau ins Gesicht steigen wenn sie sich dieses Bezahltwerden bis in die letzten Konsequenzen ausdenkt. Was will die Rechtlerin aus ihr machen? Halb eine Haushälterin, halb eine Dirne! Solche Menschen nennen sich Führerinnen der Frauen!
Das Hineindrängen der Frauen in alle Männer- berufe macht es den Männern immer schwerer, in jungen Jahren eine sichere Existenz zu finden und zu heiraten; auch dadurch ist die Eheschließungsziffer herabgegangen. Die Post- und Eisenbahnverwaltung machte vor einiger Zeit bekannt, daß sie 28 000 Frauen beschäftigt, (jetzt in der Kriegszeit sind es sicher noch viel mehr) und setzte hinzu, daß das nicht nur aus Sparsamkeitsgründen ge- schieht! Es sollten aber bei einer Sache von so unge- heurer sozialpolitischer Bedeutung überhaupt keine Spar- samkeitsgründe mitsprechen. 28 000 Frauen in Beamten- stellung bedeutet 56 000 Menschen, die nicht heiraten können! Das muß unter den Männern zu Erbitterungen führen, noch dazu da sie hundertmal erfahren, besonders in kaufmännischen Berufen, daß die Mädchen ihnen vor- gezogen werden, nicht weil sie besser, sondern weil sie billiger arbeiten. So entstand das Schlagwort der Emanzipierten vom Brotneid der Männer! Natürlich fürchten viele Männer für ihre Existenz; oder soll der
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mit kurzgeschorenem Haar und in Männerkleidern umher-
läuft. Fast unglaublich klingt die Forderung, die irgend
eine Rechtlerin ganz ernsthaft aufstellt: Die Ehefrau soll
von ihrem Manne regelrecht bezahlt werden. Als wenn
all die Liebe und Mühe, all die Ausdauer und Sorgfalt
einer guten Frau sich je in klingende Münze umsetzen
ließe! Die Schamröte müßte einer Frau ins Gesicht
steigen wenn sie sich dieses Bezahltwerden bis in die
letzten Konsequenzen ausdenkt. Was will die Rechtlerin
aus ihr machen? Halb eine Haushälterin, halb eine Dirne!
Solche Menschen nennen sich Führerinnen der Frauen!
Das Hineindrängen der Frauen in alle Männer-
berufe macht es den Männern immer schwerer, in jungen
Jahren eine sichere Existenz zu finden und zu heiraten;
auch dadurch ist die Eheschließungsziffer herabgegangen.
Die Post- und Eisenbahnverwaltung machte vor einiger
Zeit bekannt, daß sie 28 000 Frauen beschäftigt, (jetzt in
der Kriegszeit sind es sicher noch viel mehr) und setzte
hinzu, daß das nicht nur aus Sparsamkeitsgründen ge-
schieht! Es sollten aber bei einer Sache von so unge-
heurer sozialpolitischer Bedeutung überhaupt keine Spar-
samkeitsgründe mitsprechen. 28 000 Frauen in Beamten-
stellung bedeutet 56 000 Menschen, die nicht heiraten
können! Das muß unter den Männern zu Erbitterungen
führen, noch dazu da sie hundertmal erfahren, besonders
in kaufmännischen Berufen, daß die Mädchen ihnen vor-
gezogen werden, nicht weil sie besser, sondern weil sie
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(2017-04-13T13:51:38Z)
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Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition.
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Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 146. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/148>, abgerufen am 17.02.2025.
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