Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.vergangenen Zeiten war nicht beneidenswert, sie sollte vergangenen Zeiten war nicht beneidenswert, sie sollte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0128" n="126"/> vergangenen Zeiten war nicht beneidenswert, sie sollte<lb/> überall beistehen, immer einspringen, anderen zu ihrem<lb/> Glück behilflich sein, ohne eigenes Familienglück zu ge-<lb/> nießen. Dabei wurde sie von Schwestern und Brüdern,<lb/> Nichten und Neffen, Vettern und Basen geachtet und<lb/> geliebt, sie war eben auch eine „unentbehrliche“ Frau.<lb/> Dieser Typus Frau ist verschwunden. Dafür haben wir<lb/> das alternde Geschäftsmädchen, die Lehrerin, sie sind<lb/> wirtschaftlich unabhängig voll ihrer Familie, aber losge-<lb/> löst zugleich, immer mit sich selbst beschäftigt, durch ihre<lb/> Arbeit so in Anspruch genommen, daß keine Zeit für<lb/> andere bleibt. Jhr Leben ist vielleicht nicht so schwer<lb/> wie früher, aber reicher ist es nicht geworden, und dem<lb/> Kulturwerk der Frau, dem Hause, tragen <hi rendition="#g">sie</hi> keinen<lb/> Baustein mehr zu. Zu der Frage, ob denn nun die<lb/> neue Arbeit der Frau soviel Werte für Leben, Kultur und<lb/> Fortschritt der Menschheit schafft, daß der Schaden, den<lb/> das Haus erleidet, ausgeglichen wird, sagt der oben er-<lb/> wähnte Berliner Hochschullehrer Simmel: „Jndem die<lb/> Frauen zu den Lebens- und Leistungsformen der Männer<lb/> übergehen wollten, handelte es sich für sie um den per-<lb/> sönlichen Anteil an schon bestehenden, ihnen nur bisher<lb/> versagten Kulturgütern – mochten diese ihnen nun neues<lb/> Glück, neue Pflichten oder neue Persönlichkeitsbildung<lb/> gewähren sollen; immer nur für <hi rendition="#g">einzelne</hi> Menschen,<lb/> und mochten es noch soviele Millionen der Gegenwart<lb/> wie der Zukunft sein wird hier gerungen, nicht um<lb/> etwas, das an sich über alles Einzelne und Persönliche<lb/> hinausginge. Ein Wievielmal der Werte steht in Frage,<lb/> nicht das Schaffen von objektiv neuen.“ Das ist ein<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [126/0128]
vergangenen Zeiten war nicht beneidenswert, sie sollte
überall beistehen, immer einspringen, anderen zu ihrem
Glück behilflich sein, ohne eigenes Familienglück zu ge-
nießen. Dabei wurde sie von Schwestern und Brüdern,
Nichten und Neffen, Vettern und Basen geachtet und
geliebt, sie war eben auch eine „unentbehrliche“ Frau.
Dieser Typus Frau ist verschwunden. Dafür haben wir
das alternde Geschäftsmädchen, die Lehrerin, sie sind
wirtschaftlich unabhängig voll ihrer Familie, aber losge-
löst zugleich, immer mit sich selbst beschäftigt, durch ihre
Arbeit so in Anspruch genommen, daß keine Zeit für
andere bleibt. Jhr Leben ist vielleicht nicht so schwer
wie früher, aber reicher ist es nicht geworden, und dem
Kulturwerk der Frau, dem Hause, tragen sie keinen
Baustein mehr zu. Zu der Frage, ob denn nun die
neue Arbeit der Frau soviel Werte für Leben, Kultur und
Fortschritt der Menschheit schafft, daß der Schaden, den
das Haus erleidet, ausgeglichen wird, sagt der oben er-
wähnte Berliner Hochschullehrer Simmel: „Jndem die
Frauen zu den Lebens- und Leistungsformen der Männer
übergehen wollten, handelte es sich für sie um den per-
sönlichen Anteil an schon bestehenden, ihnen nur bisher
versagten Kulturgütern – mochten diese ihnen nun neues
Glück, neue Pflichten oder neue Persönlichkeitsbildung
gewähren sollen; immer nur für einzelne Menschen,
und mochten es noch soviele Millionen der Gegenwart
wie der Zukunft sein wird hier gerungen, nicht um
etwas, das an sich über alles Einzelne und Persönliche
hinausginge. Ein Wievielmal der Werte steht in Frage,
nicht das Schaffen von objektiv neuen.“ Das ist ein
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(2017-04-13T13:51:38Z)
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