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Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

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auf Ehe und Mutterschaft nicht genügend vorbereitet. Es
ist völlig unverständlich, wie der Staat die für sein
eigenes Bestehen unendlich wichtige Frauenarbeit, Kinder
zu pflegen und zu erziehen, so vielen ungelernten Ar-
beiterinnen überlassen kann!

Manch eine unglückliche Ehe hätte verhindert werden
können, manch eine mit ihrem Los unzufriedene Frau
könnte froh und glücklich sein, wenn ihre Ausbildung,
auf die sie in unserem Vaterlande doch ein Recht hat,
so gelenkt worden wäre, daß ihr schweres Amt als Frau
und Mutter eben auch starke Schultern gefunden hätte.
Woher haben wir denn oft die verlodderten Verhältnisse
in unseren jungen Arbeiterfamilien? Doch einfach daher,
weil die Frau bei allem guten Willen der Aufgabe nicht
gewachsen ist. Tagein, tagaus hat sie Schrauben gedreht,
oder Papier von der Maschine genommen oder Geschäfts-
briefe kopiert - nun soll sie plötzlich einen Haushalt
führen, kochen, das Heim gemütlich machen, später Kinder
pflegen und erziehen und oft mit einem Einkommen,
das nicht doppelt so groß ist, wie früher ihr eigenes,
möglichst viel Gutes für ihre Familie schaffen. Da ver-
liert gar manche den Mut, wird nachlässig und unzufrieden,
der Mann läuft ins Wirtshaus, und der Jammer ist da.
Darum muß jedes deutsche Mädchen, wie jeder deutsche
Mann für den Heeresdienst, gründlich in allen Zweigen
der Hauswirtschaft und Kinderpflege ausgebildet sein.
Dazu wären spezifisch weibliche Schulen notwendig, aber
das würde einem Lieblingswunsch der deutschen Frauen-
rechtlerinnen entgegenstehen, nämlich der Forderung der
Gemeinschaftserziehung der Geschlechter.

auf Ehe und Mutterschaft nicht genügend vorbereitet. Es
ist völlig unverständlich, wie der Staat die für sein
eigenes Bestehen unendlich wichtige Frauenarbeit, Kinder
zu pflegen und zu erziehen, so vielen ungelernten Ar-
beiterinnen überlassen kann!

Manch eine unglückliche Ehe hätte verhindert werden
können, manch eine mit ihrem Los unzufriedene Frau
könnte froh und glücklich sein, wenn ihre Ausbildung,
auf die sie in unserem Vaterlande doch ein Recht hat,
so gelenkt worden wäre, daß ihr schweres Amt als Frau
und Mutter eben auch starke Schultern gefunden hätte.
Woher haben wir denn oft die verlodderten Verhältnisse
in unseren jungen Arbeiterfamilien? Doch einfach daher,
weil die Frau bei allem guten Willen der Aufgabe nicht
gewachsen ist. Tagein, tagaus hat sie Schrauben gedreht,
oder Papier von der Maschine genommen oder Geschäfts-
briefe kopiert – nun soll sie plötzlich einen Haushalt
führen, kochen, das Heim gemütlich machen, später Kinder
pflegen und erziehen und oft mit einem Einkommen,
das nicht doppelt so groß ist, wie früher ihr eigenes,
möglichst viel Gutes für ihre Familie schaffen. Da ver-
liert gar manche den Mut, wird nachlässig und unzufrieden,
der Mann läuft ins Wirtshaus, und der Jammer ist da.
Darum muß jedes deutsche Mädchen, wie jeder deutsche
Mann für den Heeresdienst, gründlich in allen Zweigen
der Hauswirtschaft und Kinderpflege ausgebildet sein.
Dazu wären spezifisch weibliche Schulen notwendig, aber
das würde einem Lieblingswunsch der deutschen Frauen-
rechtlerinnen entgegenstehen, nämlich der Forderung der
Gemeinschaftserziehung der Geschlechter.

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[118/0120] auf Ehe und Mutterschaft nicht genügend vorbereitet. Es ist völlig unverständlich, wie der Staat die für sein eigenes Bestehen unendlich wichtige Frauenarbeit, Kinder zu pflegen und zu erziehen, so vielen ungelernten Ar- beiterinnen überlassen kann! Manch eine unglückliche Ehe hätte verhindert werden können, manch eine mit ihrem Los unzufriedene Frau könnte froh und glücklich sein, wenn ihre Ausbildung, auf die sie in unserem Vaterlande doch ein Recht hat, so gelenkt worden wäre, daß ihr schweres Amt als Frau und Mutter eben auch starke Schultern gefunden hätte. Woher haben wir denn oft die verlodderten Verhältnisse in unseren jungen Arbeiterfamilien? Doch einfach daher, weil die Frau bei allem guten Willen der Aufgabe nicht gewachsen ist. Tagein, tagaus hat sie Schrauben gedreht, oder Papier von der Maschine genommen oder Geschäfts- briefe kopiert – nun soll sie plötzlich einen Haushalt führen, kochen, das Heim gemütlich machen, später Kinder pflegen und erziehen und oft mit einem Einkommen, das nicht doppelt so groß ist, wie früher ihr eigenes, möglichst viel Gutes für ihre Familie schaffen. Da ver- liert gar manche den Mut, wird nachlässig und unzufrieden, der Mann läuft ins Wirtshaus, und der Jammer ist da. Darum muß jedes deutsche Mädchen, wie jeder deutsche Mann für den Heeresdienst, gründlich in allen Zweigen der Hauswirtschaft und Kinderpflege ausgebildet sein. Dazu wären spezifisch weibliche Schulen notwendig, aber das würde einem Lieblingswunsch der deutschen Frauen- rechtlerinnen entgegenstehen, nämlich der Forderung der Gemeinschaftserziehung der Geschlechter.

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Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/120>, abgerufen am 23.11.2024.