Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.männlichen. Eine durch geistige Arbeit hervorgerufene Die Gründe, die die Frauenrechtlerinnen geltend machten, *) Guyan, Erziehung und Vererbung.
männlichen. Eine durch geistige Arbeit hervorgerufene Die Gründe, die die Frauenrechtlerinnen geltend machten, *) Guyan, Erziehung und Vererbung.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0113" n="111"/> männlichen. Eine durch geistige Arbeit hervorgerufene<lb/> Gleichgewichtsstörung wird also bei der Frau viel stärker<lb/> sein als bei dem Manne, und für die Nachkommenschaft<lb/> sind die Folgen einer solchen Gleichgewichtsstörung weit<lb/> ernster, wenn es sich um die Frau, als wenn es sich um<lb/> den Mann handelt. Denn die Gesundheit der Mutter ist<lb/> für das Kind viel wichtiger als die des Vaters. Die Mutter<lb/> Goethe's hätte, obwohl hervorragend begabt, doch nie den<lb/> Faust schreiben können. Wenn sie aber durch ein Über-<lb/> maß geistiger Tätigkeit ihre Zeugungskräfte auch nur um<lb/> wenig geschwächt hätte, so würde sie nie einen Faustdichter<lb/> zum Sohn gehabt haben.<note place="foot" n="*)">Guyan, Erziehung und Vererbung.</note></p><lb/> <p>Die Gründe, die die Frauenrechtlerinnen geltend machten,<lb/> um die Einrichtung der Studienanstalten und die Zu-<lb/> lassung zur Universität durchzusetzen, sind sehr mannigfaltig;<lb/> einmal waren es solche idealer Natur. Die Entwicklung<lb/> der Frau zu einer höher gewerteten Persönlichkeit, zu einem<lb/> dem Manne ebenbürtigen Kameraden, zu einer den Söhnen<lb/> im Wissen nahestehenden Freundin wurden bei der Ziel-<lb/> setzung in den Vordergrund gerückt. Als reale Gründe<lb/> für die Forderung der höheren Mädchenbildung spielten<lb/> aber die Berufsfrage und die Frage nach dem Staats-<lb/> bürgerrecht der Frau eine wichtige Rolle, auf die wir später<lb/> zurückkommen werden. Die Behauptung, daß der gebildete<lb/> Mann in seiner unwissenden Frau sehr bald ein lästiges<lb/> Hemmnis sieht, sich von ihr abwendet und sie geringschätzig<lb/> behandelt, trifft nur selten zu. Meistens werden in<lb/> solchen Verhältnissen nicht die wissenschaftlichen Mängel<lb/> der Frau schuld sein, sondern ihre Unbegabtheit und<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0113]
männlichen. Eine durch geistige Arbeit hervorgerufene
Gleichgewichtsstörung wird also bei der Frau viel stärker
sein als bei dem Manne, und für die Nachkommenschaft
sind die Folgen einer solchen Gleichgewichtsstörung weit
ernster, wenn es sich um die Frau, als wenn es sich um
den Mann handelt. Denn die Gesundheit der Mutter ist
für das Kind viel wichtiger als die des Vaters. Die Mutter
Goethe's hätte, obwohl hervorragend begabt, doch nie den
Faust schreiben können. Wenn sie aber durch ein Über-
maß geistiger Tätigkeit ihre Zeugungskräfte auch nur um
wenig geschwächt hätte, so würde sie nie einen Faustdichter
zum Sohn gehabt haben. *)
Die Gründe, die die Frauenrechtlerinnen geltend machten,
um die Einrichtung der Studienanstalten und die Zu-
lassung zur Universität durchzusetzen, sind sehr mannigfaltig;
einmal waren es solche idealer Natur. Die Entwicklung
der Frau zu einer höher gewerteten Persönlichkeit, zu einem
dem Manne ebenbürtigen Kameraden, zu einer den Söhnen
im Wissen nahestehenden Freundin wurden bei der Ziel-
setzung in den Vordergrund gerückt. Als reale Gründe
für die Forderung der höheren Mädchenbildung spielten
aber die Berufsfrage und die Frage nach dem Staats-
bürgerrecht der Frau eine wichtige Rolle, auf die wir später
zurückkommen werden. Die Behauptung, daß der gebildete
Mann in seiner unwissenden Frau sehr bald ein lästiges
Hemmnis sieht, sich von ihr abwendet und sie geringschätzig
behandelt, trifft nur selten zu. Meistens werden in
solchen Verhältnissen nicht die wissenschaftlichen Mängel
der Frau schuld sein, sondern ihre Unbegabtheit und
*) Guyan, Erziehung und Vererbung.
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