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Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

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mächtigten sie sich mit kühnem Griff dieser Gebiete, ver-
zapften mit ungeheurem Kräfteaufwand als neue Weisheit,
was gut vorgebildeten Hausfrauen längst bekannt
war, oder gaben Ratschläge zur Sparsamkeit, die praktisch
nicht durchführbar waren. So schreibt Frau Kommerzien-
rat Heyl über die Verwendung der Abfälle "Meinen
die Hausfrauen es ehrlich, so werden sie die Teller beim
Abwaschen erst für Hundefutter und Schweine abbürsten.
Nach dem Abbürsten stippt man das Geschirr in einem
Eimer heißen Wassers ab und gießt dieses durch einen
Trichter, der mit einem im Wasser angefeuchteten Lösch-
papier ausgelegt ist, welches das Fett festhält, während
das Wasser durchläuft. Man kann den Trichter solange
begießen, bis er mit Fett voll ist und dann das Fett
herausheben, als Seifenzutat verwenden oder verkaufen."
Vielleicht kann die Frau Kommerzienrat einen besonderen
Bedienten für diese zeitraubende Arbeit anstellen; irgend
welchen praktischen Erfolg wird sie allerdings nicht ab-
werfen.

Einige von den Damen können sich aber auch jetzt
noch nicht von ihrer Geringschätzung der Hausfrauenaus-
bildung trennen und behaupten, daß in den tüchtigen
Hausfrauen dem Staat sogar eine Gefahr erwachsen könne.
So schreibt Dr. Gertrud Bäumer: "Die Küchentüchtigkeit
genügt nicht, im Gegenteil: Sie kann zur Waffe volks-
wirtschaftlicher Unvernunft werden. Beispiel: Die gute
Hausfrau, die sich auf viele Küchenrezepte versteht und
durch ihre Triumphe am häuslichen Backherd den Bundes-
ratsverordnungen ein Schnippchen schlägt." Es ist nicht
zu leugnen, daß von den Hausfrauen besonders in den

mächtigten sie sich mit kühnem Griff dieser Gebiete, ver-
zapften mit ungeheurem Kräfteaufwand als neue Weisheit,
was gut vorgebildeten Hausfrauen längst bekannt
war, oder gaben Ratschläge zur Sparsamkeit, die praktisch
nicht durchführbar waren. So schreibt Frau Kommerzien-
rat Heyl über die Verwendung der Abfälle „Meinen
die Hausfrauen es ehrlich, so werden sie die Teller beim
Abwaschen erst für Hundefutter und Schweine abbürsten.
Nach dem Abbürsten stippt man das Geschirr in einem
Eimer heißen Wassers ab und gießt dieses durch einen
Trichter, der mit einem im Wasser angefeuchteten Lösch-
papier ausgelegt ist, welches das Fett festhält, während
das Wasser durchläuft. Man kann den Trichter solange
begießen, bis er mit Fett voll ist und dann das Fett
herausheben, als Seifenzutat verwenden oder verkaufen.“
Vielleicht kann die Frau Kommerzienrat einen besonderen
Bedienten für diese zeitraubende Arbeit anstellen; irgend
welchen praktischen Erfolg wird sie allerdings nicht ab-
werfen.

Einige von den Damen können sich aber auch jetzt
noch nicht von ihrer Geringschätzung der Hausfrauenaus-
bildung trennen und behaupten, daß in den tüchtigen
Hausfrauen dem Staat sogar eine Gefahr erwachsen könne.
So schreibt Dr. Gertrud Bäumer: „Die Küchentüchtigkeit
genügt nicht, im Gegenteil: Sie kann zur Waffe volks-
wirtschaftlicher Unvernunft werden. Beispiel: Die gute
Hausfrau, die sich auf viele Küchenrezepte versteht und
durch ihre Triumphe am häuslichen Backherd den Bundes-
ratsverordnungen ein Schnippchen schlägt.“ Es ist nicht
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[106/0108] mächtigten sie sich mit kühnem Griff dieser Gebiete, ver- zapften mit ungeheurem Kräfteaufwand als neue Weisheit, was gut vorgebildeten Hausfrauen längst bekannt war, oder gaben Ratschläge zur Sparsamkeit, die praktisch nicht durchführbar waren. So schreibt Frau Kommerzien- rat Heyl über die Verwendung der Abfälle „Meinen die Hausfrauen es ehrlich, so werden sie die Teller beim Abwaschen erst für Hundefutter und Schweine abbürsten. Nach dem Abbürsten stippt man das Geschirr in einem Eimer heißen Wassers ab und gießt dieses durch einen Trichter, der mit einem im Wasser angefeuchteten Lösch- papier ausgelegt ist, welches das Fett festhält, während das Wasser durchläuft. Man kann den Trichter solange begießen, bis er mit Fett voll ist und dann das Fett herausheben, als Seifenzutat verwenden oder verkaufen.“ Vielleicht kann die Frau Kommerzienrat einen besonderen Bedienten für diese zeitraubende Arbeit anstellen; irgend welchen praktischen Erfolg wird sie allerdings nicht ab- werfen. Einige von den Damen können sich aber auch jetzt noch nicht von ihrer Geringschätzung der Hausfrauenaus- bildung trennen und behaupten, daß in den tüchtigen Hausfrauen dem Staat sogar eine Gefahr erwachsen könne. So schreibt Dr. Gertrud Bäumer: „Die Küchentüchtigkeit genügt nicht, im Gegenteil: Sie kann zur Waffe volks- wirtschaftlicher Unvernunft werden. Beispiel: Die gute Hausfrau, die sich auf viele Küchenrezepte versteht und durch ihre Triumphe am häuslichen Backherd den Bundes- ratsverordnungen ein Schnippchen schlägt.“ Es ist nicht zu leugnen, daß von den Hausfrauen besonders in den

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Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/108>, abgerufen am 27.11.2024.