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Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916.

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gemündet in das Meer selbstverständlicher Pflichterfüllung
und todesmutiger Opferbereitschaft!

Vielleicht hätte unser Volk 50 Jahre später diese
Kraftquellen nicht mehr fließen sehen, denn es sind bei
uns seit Jahrzehnten Elemente an der Arbeit, die zer-
setzend in das deutsche Familienleben eingreifen. Unter
diesen Kräften ist die wirksamste, so verderblich wirkende
Macht - wenn auch zum Teil unbewußt und ungewollt
- die radikale Frauenemanzipation. Sie entfremdet
wie nichts anderes die Frau dem Hause, beraubt sie ihres
natürlichen Wirkungskreises, ihrer Gesundheit, ihres Lebens-
glückes und nimmt ihr die Möglichkeit, in der Stille
ihren Anlagen entsprechend zur echt weiblichen Persönlich-
keit heranzureifen! Niemand ist in dem Wirbeltanz des
modernen Lebens so schwer geschädigt worden wie die Mädchen
und Frauen, die oft ohne zwingende Notwendigkeit aus
dem Hause, ihrem Lebenselement gerissen wurden, sei es,
um Geld zu verdienen, sei es, um sich auszuleben und
unabhängig zu machen. Früher noch als der Jüngling
widmet sich heute das junge Mädchen einem Berufe; in
einem Alter, in dem sein Körper der Pflege und Schonung
bedarf, wird es aufs schwerste überlastet. Man hört die
frauenrechtlerischen Schlagworte von der notwendigen
Selbständigkeit aller Frauen, von dem Recht der Frauen
auf Gleichheit mit den Männern in allen Beziehungen
des öffentlichen Lebens - aber man sieht nicht, wieviele
von ihnen bereits am Wege liegen geblieben sind, wieviele
von ihnen körperlich und seelisch untauglich wurden, Mütter
unseres Volkes zu sein. Es muß dieser Bewegung, die
vielleicht die größte Gefahr für den Fortbestand unseres

7*

gemündet in das Meer selbstverständlicher Pflichterfüllung
und todesmutiger Opferbereitschaft!

Vielleicht hätte unser Volk 50 Jahre später diese
Kraftquellen nicht mehr fließen sehen, denn es sind bei
uns seit Jahrzehnten Elemente an der Arbeit, die zer-
setzend in das deutsche Familienleben eingreifen. Unter
diesen Kräften ist die wirksamste, so verderblich wirkende
Macht – wenn auch zum Teil unbewußt und ungewollt
– die radikale Frauenemanzipation. Sie entfremdet
wie nichts anderes die Frau dem Hause, beraubt sie ihres
natürlichen Wirkungskreises, ihrer Gesundheit, ihres Lebens-
glückes und nimmt ihr die Möglichkeit, in der Stille
ihren Anlagen entsprechend zur echt weiblichen Persönlich-
keit heranzureifen! Niemand ist in dem Wirbeltanz des
modernen Lebens so schwer geschädigt worden wie die Mädchen
und Frauen, die oft ohne zwingende Notwendigkeit aus
dem Hause, ihrem Lebenselement gerissen wurden, sei es,
um Geld zu verdienen, sei es, um sich auszuleben und
unabhängig zu machen. Früher noch als der Jüngling
widmet sich heute das junge Mädchen einem Berufe; in
einem Alter, in dem sein Körper der Pflege und Schonung
bedarf, wird es aufs schwerste überlastet. Man hört die
frauenrechtlerischen Schlagworte von der notwendigen
Selbständigkeit aller Frauen, von dem Recht der Frauen
auf Gleichheit mit den Männern in allen Beziehungen
des öffentlichen Lebens – aber man sieht nicht, wieviele
von ihnen bereits am Wege liegen geblieben sind, wieviele
von ihnen körperlich und seelisch untauglich wurden, Mütter
unseres Volkes zu sein. Es muß dieser Bewegung, die
vielleicht die größte Gefahr für den Fortbestand unseres

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[103/0105] gemündet in das Meer selbstverständlicher Pflichterfüllung und todesmutiger Opferbereitschaft! Vielleicht hätte unser Volk 50 Jahre später diese Kraftquellen nicht mehr fließen sehen, denn es sind bei uns seit Jahrzehnten Elemente an der Arbeit, die zer- setzend in das deutsche Familienleben eingreifen. Unter diesen Kräften ist die wirksamste, so verderblich wirkende Macht – wenn auch zum Teil unbewußt und ungewollt – die radikale Frauenemanzipation. Sie entfremdet wie nichts anderes die Frau dem Hause, beraubt sie ihres natürlichen Wirkungskreises, ihrer Gesundheit, ihres Lebens- glückes und nimmt ihr die Möglichkeit, in der Stille ihren Anlagen entsprechend zur echt weiblichen Persönlich- keit heranzureifen! Niemand ist in dem Wirbeltanz des modernen Lebens so schwer geschädigt worden wie die Mädchen und Frauen, die oft ohne zwingende Notwendigkeit aus dem Hause, ihrem Lebenselement gerissen wurden, sei es, um Geld zu verdienen, sei es, um sich auszuleben und unabhängig zu machen. Früher noch als der Jüngling widmet sich heute das junge Mädchen einem Berufe; in einem Alter, in dem sein Körper der Pflege und Schonung bedarf, wird es aufs schwerste überlastet. Man hört die frauenrechtlerischen Schlagworte von der notwendigen Selbständigkeit aller Frauen, von dem Recht der Frauen auf Gleichheit mit den Männern in allen Beziehungen des öffentlichen Lebens – aber man sieht nicht, wieviele von ihnen bereits am Wege liegen geblieben sind, wieviele von ihnen körperlich und seelisch untauglich wurden, Mütter unseres Volkes zu sein. Es muß dieser Bewegung, die vielleicht die größte Gefahr für den Fortbestand unseres 7*

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Zitationshilfe: Langemann, Ludwig; Hummel, Helene: Frauenstimmrecht und Frauenemanzipation. Berlin, 1916, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/langemann_frauenstimmrecht_1916/105>, abgerufen am 11.05.2024.