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Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856.

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Sechstes Kapitel.
Entwicklungsgeschichte.

§. 155. Die Entwicklungsgeschichte des Schachspieles
hat die Aufgabe, zu zeigen, wie jenes Spiel allmählig seine
gegenwärtige Gestalt erhalten hat, namentlich also die Ver-
änderungen nachzuweisen, welche in der Einrichtung des Spie-
les, besonders in der Gangart der Figuren, zu besonderen
Zeiten getroffen worden sind. Die Untersuchungen können
auf diesem Gebiete sehr weitläufiger Art sein; hier wollen
wir nur die nothwendigsten Resultate der bisherigen For-
schung kurz andeuten. Dass das Schachspiel selbst seinen
Namen von der bedeutendsten Figur, dem König, erhalten
hat, unterliegt wohl heutzutage keinem Zweifel mehr. Denn
Schach oder Schah lautet der Name bei den Persern, von
denen die übrigen Nationen das Spiel überkommen haben.

§. 156. Der Name wie der Gang dieser Hauptfigur des
Spieles ist auch bei allen Nationen und zu allen Zeiten der-
selbe gewesen. Doch kennen die früheren Zeiten das Pri-
vileg der Rochade noch nicht, und die ersten Schriftsteller
lassen dafür einmal den König einen Sprung in das dritte
Feld thun, z. B. von e 1 auf g 1, g 2, f 3 u. s. w. ziehen.
Auch nach den heutigen Regeln in Hindostan ist dem Könige
gleichfalls jener Sprung gestattet und zwar so lange ihm noch
kein Schach geboten ist. Das eigenthümliche Privileg der
Rochade findet sich in seiner gegenwärtigen Natur zuerst in
dem zu Paris verfassten Werke des Gioachino Greco, des
Calabresen mit Beinamen, vom Jahre 1615. Vor ihm ro-
chirte man frei, d. h. König und Thurm konnten beim Um-
wechseln ihrer Plätze auf beliebige Felder gestellt werden.
Bei solcher freien Rochade darf also z. B. der König auf
h 1, der Thurm auf e 1, oder der König auf h 1 und der
Thurm auf f 1 u. s. w. gestellt werden; nur müssen die
Figuren innerhalb ihrer Standfelder umgetauscht werden.
Noch heutzutage findet sich diese freie Rochade in Italien;
im übrigen Europa aber ist zuerst durch jenen genannten
Schriftsteller die sogenannte beschränkte Rochade, d. h. die
gegenwärtige eingeführt.

Sechstes Kapitel.
Entwicklungsgeschichte.

§. 155. Die Entwicklungsgeschichte des Schachspieles
hat die Aufgabe, zu zeigen, wie jenes Spiel allmählig seine
gegenwärtige Gestalt erhalten hat, namentlich also die Ver-
änderungen nachzuweisen, welche in der Einrichtung des Spie-
les, besonders in der Gangart der Figuren, zu besonderen
Zeiten getroffen worden sind. Die Untersuchungen können
auf diesem Gebiete sehr weitläufiger Art sein; hier wollen
wir nur die nothwendigsten Resultate der bisherigen For-
schung kurz andeuten. Dass das Schachspiel selbst seinen
Namen von der bedeutendsten Figur, dem König, erhalten
hat, unterliegt wohl heutzutage keinem Zweifel mehr. Denn
Schach oder Schah lautet der Name bei den Persern, von
denen die übrigen Nationen das Spiel überkommen haben.

§. 156. Der Name wie der Gang dieser Hauptfigur des
Spieles ist auch bei allen Nationen und zu allen Zeiten der-
selbe gewesen. Doch kennen die früheren Zeiten das Pri-
vileg der Rochade noch nicht, und die ersten Schriftsteller
lassen dafür einmal den König einen Sprung in das dritte
Feld thun, z. B. von e 1 auf g 1, g 2, f 3 u. s. w. ziehen.
Auch nach den heutigen Regeln in Hindostan ist dem Könige
gleichfalls jener Sprung gestattet und zwar so lange ihm noch
kein Schach geboten ist. Das eigenthümliche Privileg der
Rochade findet sich in seiner gegenwärtigen Natur zuerst in
dem zu Paris verfassten Werke des Gioachino Greco, des
Calabresen mit Beinamen, vom Jahre 1615. Vor ihm ro-
chirte man frei, d. h. König und Thurm konnten beim Um-
wechseln ihrer Plätze auf beliebige Felder gestellt werden.
Bei solcher freien Rochade darf also z. B. der König auf
h 1, der Thurm auf e 1, oder der König auf h 1 und der
Thurm auf f 1 u. s. w. gestellt werden; nur müssen die
Figuren innerhalb ihrer Standfelder umgetauscht werden.
Noch heutzutage findet sich diese freie Rochade in Italien;
im übrigen Europa aber ist zuerst durch jenen genannten
Schriftsteller die sogenannte beschränkte Rochade, d. h. die
gegenwärtige eingeführt.

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[102/0114] Sechstes Kapitel. Entwicklungsgeschichte. §. 155. Die Entwicklungsgeschichte des Schachspieles hat die Aufgabe, zu zeigen, wie jenes Spiel allmählig seine gegenwärtige Gestalt erhalten hat, namentlich also die Ver- änderungen nachzuweisen, welche in der Einrichtung des Spie- les, besonders in der Gangart der Figuren, zu besonderen Zeiten getroffen worden sind. Die Untersuchungen können auf diesem Gebiete sehr weitläufiger Art sein; hier wollen wir nur die nothwendigsten Resultate der bisherigen For- schung kurz andeuten. Dass das Schachspiel selbst seinen Namen von der bedeutendsten Figur, dem König, erhalten hat, unterliegt wohl heutzutage keinem Zweifel mehr. Denn Schach oder Schah lautet der Name bei den Persern, von denen die übrigen Nationen das Spiel überkommen haben. §. 156. Der Name wie der Gang dieser Hauptfigur des Spieles ist auch bei allen Nationen und zu allen Zeiten der- selbe gewesen. Doch kennen die früheren Zeiten das Pri- vileg der Rochade noch nicht, und die ersten Schriftsteller lassen dafür einmal den König einen Sprung in das dritte Feld thun, z. B. von e 1 auf g 1, g 2, f 3 u. s. w. ziehen. Auch nach den heutigen Regeln in Hindostan ist dem Könige gleichfalls jener Sprung gestattet und zwar so lange ihm noch kein Schach geboten ist. Das eigenthümliche Privileg der Rochade findet sich in seiner gegenwärtigen Natur zuerst in dem zu Paris verfassten Werke des Gioachino Greco, des Calabresen mit Beinamen, vom Jahre 1615. Vor ihm ro- chirte man frei, d. h. König und Thurm konnten beim Um- wechseln ihrer Plätze auf beliebige Felder gestellt werden. Bei solcher freien Rochade darf also z. B. der König auf h 1, der Thurm auf e 1, oder der König auf h 1 und der Thurm auf f 1 u. s. w. gestellt werden; nur müssen die Figuren innerhalb ihrer Standfelder umgetauscht werden. Noch heutzutage findet sich diese freie Rochade in Italien; im übrigen Europa aber ist zuerst durch jenen genannten Schriftsteller die sogenannte beschränkte Rochade, d. h. die gegenwärtige eingeführt.

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Zitationshilfe: Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/114>, abgerufen am 24.11.2024.