Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.C. 1. v. 14. 15. an den Timotheum. [Spaltenumbruch]
delt, und Paulum in der Unwissenheit zu seinemGrimm aufgebracht haben. V. 14. Es ist aber desto reichlicher gewesen, Anmerckungen. 1. War bey Paulo die Sünde mächtig 2. Es können sich alle Bußfertige Pauli 3. Es ist eine nachdrückliche Redens-Art, 4. Es wird aber des Glaubens und der Lie- 5. Glaube und Liebe gehören allezeit zu- 6. Beyde sind in Christo, darinn sie ru- V. 15. Das ist ie gewißlich wahr (pisos o lo- Anmerckungen. 1. Der Verbindung nach, welchen dieser 2. Die Worte pistos o logos, es ist ein 3. Nicht weniger Nachdruck haben die fol- 4. Apodokhe, die Aufnahme geschiehet 5. Es soll aber die Aufnahme rechter Art, nah- M
C. 1. v. 14. 15. an den Timotheum. [Spaltenumbruch]
delt, und Paulum in der Unwiſſenheit zu ſeinemGrimm aufgebracht haben. V. 14. Es iſt aber deſto reichlicher geweſen, Anmerckungen. 1. War bey Paulo die Suͤnde maͤchtig 2. Es koͤnnen ſich alle Bußfertige Pauli 3. Es iſt eine nachdruͤckliche Redens-Art, 4. Es wird aber des Glaubens und der Lie- 5. Glaube und Liebe gehoͤren allezeit zu- 6. Beyde ſind in Chriſto, darinn ſie ru- V. 15. Das iſt ie gewißlich wahr (πιςός ὁ λό- Anmerckungen. 1. Der Verbindung nach, welchen dieſer 2. Die Worte πιστὸς ὁ λόγος, es iſt ein 3. Nicht weniger Nachdruck haben die fol- 4. Ἀϖοδοχή, die Aufnahme geſchiehet 5. Es ſoll aber die Aufnahme rechter Art, nah- M
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C. 1. v. 14. 15. an den Timotheum.
delt, und Paulum in der Unwiſſenheit zu ſeinem
Grimm aufgebracht haben.
V. 14.
Es iſt aber deſto reichlicher geweſen,
(zur Bekehrung und Vergebung der Suͤnden,
auch zur Schenckung der herrlichen Gnaden-
Gaben,) die Gnade unſers HErrn (des
Dreyeinigen GOttes, und ſonderlich des Soh-
nes GOttes, der mich auf dem Wege nach
Damaſcus ergriffen Ap. Geſch. 9.) ſamt dem
Glauben und der Liebe (welche durch die
Gnade in mir angezuͤndet worden,) die in
Chriſto JEſu iſt, (als in ihrem rechten Cen-
tro und Element, darinnen ſie ruhet, und die
Seligkeit ſuchet und findet.)
Anmerckungen.
1. War bey Paulo die Suͤnde maͤchtig
worden, ſo war die Gnade bey ihm noch maͤch-
tiger worden, nach Roͤm. 5, 20. wie ſie ihn denn
nicht allein bekehret, ſondern auch vor andern
Apoſteln zu der meiſten Arbeit mit Gaben zum
Segen ausgeruͤſtet hatte. 1 Cor. 15, 9. 10.
2. Es koͤnnen ſich alle Bußfertige Pauli
Exempel zu ihrem groſſen Troſte vorſtellen; ſon-
derlich ſolche, welche ſich vor vielen andern
Suͤndern mit einer ſehr groſſen Suͤnden-Schuld
beladen finden; denn iſt die Suͤnde bey ihnen
uͤberflieſſend, ſo koͤnnen ſie ſich dieſes Paulini-
ſche und goͤttliche ὑπερεπλεόνασε, die noch mehr
uͤberflieſſende Gnade in Chriſto zu ihrer Suͤnden
Vergebung glaͤubig vorſtellen.
3. Es iſt eine nachdruͤckliche Redens-Art,
wenn es heißt, daß die Gnade mit dem
Glauben und der Liebe uͤbergefloſſen,
oder ſich ſo reichlich gegen Paulum erwieſen
habe; denn dadurch wird angezeiget, daß die
Gnade ihre Kraft zur Anzuͤndung des Glaubens,
und im Glauben zum kraͤftigen Ein- und Aus-
fluß der Liebe gar maͤchtig erwieſen habe.
4. Es wird aber des Glaubens und der Lie-
be deßwegen ſonderlich gedacht, weil ſie das Ge-
gentheil ſind von dem zuvor gedachten blinden
Unglauben und von der groſſen Feindſeligkeit
wider Chriſtum und die Chriſten: daher man
denn ferner ſiehet, daß man durch GOttes Gna-
de am meiſten bemuͤhet ſeyn muͤſſe, davon nach
der Bekehrung das Gegentheil an ſich zur Er-
bauung anderer zu erweiſen, darinnen man vor-
her andere am meiſten geaͤrgert hat.
5. Glaube und Liebe gehoͤren allezeit zu-
ſammen; wie ſie denn alle beyde die Gnade zu
ihrer Mutter haben, und der Glaube, gleich-
ſam als die erſtgeborne Tochter, wie eine Mut-
ter der Liebe iſt.
6. Beyde ſind in Chriſto, darinn ſie ru-
hen und darinn und aus dem ſie wachſen und
zunehmen.
V. 15.
Das iſt ie gewißlich wahr (πιςός ὁ λό-
γος, ein ſicheres und veſtes Wort, darauf man
wol ſeinen Glauben und ſeine Seligkeit bauen
kan) und ein werthes Wort) λόγος πάσης
ἀποδοχῆς ἄξιος, ein Wort, welches aller wil-
ligen Aufnahme werth iſt,) daß Chriſtus JE-
ſus kommen iſt in die Welt (vom Vater ge-
ſandt, und Menſch worden) die Suͤnder ſelig zu
machen, (ſie mit ſeinem Gehorſam, auch Leiden
und Sterben, zu erloͤſen, und ihnen ſolche Er-
loͤſung in der Ordnung wahrer Bekehrung, nach
meinem Exempel zur wuͤrcklichen Seligkeit an-
gedeyen zu laſſen,) unter welchen ich (gedach-
ter Verfolgung wegen v. 13.) der Fuͤrnehmſte
bin, (wiewol ich doch durch GOttes Gnade be-
kehret worden.)
Anmerckungen.
1. Der Verbindung nach, welchen dieſer
Vers mit dem vorhergehenden hat, iſt zu mer-
cken, daß der Apoſtel von ſeinem eigenen Exem-
pel, wie ihm durch Chriſtum Barmhertzigkeit
wiederfahren ſey, auf die allgemeine Regel
koͤmmt, nach welcher er Chriſtum, als einen
allgemeinen Heyland aller Suͤnder, vorſtellet;
dabey aber wieder auf ſein eigenes Exempel zu-
ruͤck gehet. Eigene Erfahrung bringet in der
Theologie die beſte Gewißheit zur Applica-
tion.
2. Die Worte πιστὸς ὁ λόγος, es iſt ein
ſicheres, gewiſſes, glaubwuͤrdiges Wort, und
glaubwuͤrdige Sache, darauf ſich Πίστις der
Glaube, gruͤnden kan, gebrauchet der Apoſtel
auch ſonſt, nemlich c. 3, 1. c. 4, 9. 2 Tim. 2, 11.
Tit. 3, 7. Sonſten ſetzet er das Wort ϖιςὸς,
auch bey dem Worte Θεὸς, GOTT, 1 Cor. 1, 9.
c. 10, 13. 2 Cor. 1, 18. 1 Theſſ. 5, 24. 2 Theſſ. 3, 3.
da GOtt und ſein Wort iſt πιστὸς, ſicher und
gewiß, ſo hat Πίστις, unſer Glaube einen gar
ſichern gedoppelten Grund.
3. Nicht weniger Nachdruck haben die fol-
gende Worte: καὶ πάσης άποδοχῆς ἄξιος, und
aller Aufnahme werth; da man denn, wenn
man die Woͤrter πιστὸς und ἄξιος zuſammen
ſetzet, hat das ſchoͤne Wort ἀξιοπιςος, glaub-
wuͤrdig, welches ſich ſehr wohl auf GOtt und
ſein Wort ſchicket.
4. Ἀϖοδοχή, die Aufnahme geſchiehet
durch den Glauben, ſintemal dieſes des Glau-
bens rechte Eigenſchaft iſt, daß er von GOTT
nimmt und empfaͤhet, Joh. 1. v. 11. 12. und
durch die Liebe widergiebet; ie mehr er nun
nimmt, ie mehr hat er zu geben.
5. Es ſoll aber die Aufnahme rechter Art,
das iſt, voͤllig und willig ſeyn, welches mit
dem Worte Πάσης angezeiget wird. Voͤllig,
daß man im Worte GOttes nicht ein Stuͤcke
vor dem andern wehle; wie die unartigen Kin-
der thun bey der Mahlzeit, da ſie nicht alles,
was ihnen von geſunden Speiſen vorgeſetzet
wird, gerne eſſen, ſondern nur dieſes und
jenes auswehlen. Und da die Aufnehmung von
der gantzen Seele geſchehen muß, ſo iſt es nicht
genug, GOttes Woꝛt nur mit dem Verſtande zur
Erkenntniß aufnehmen, ſondern es gehoͤret ſon-
derlich auch die Willens-Kraft dazu: als in wel-
cher man daſſelbe recht ſchmecket und ſeiner heil-
ſamen Wirckung nach erfaͤhret und empfindet.
Dieſe ϖᾶσαν ἀποδοχήν nennet der Apoſtel, ih-
rer Erfahrung nach πᾶσαν ἄισϑησιν, allen Ge-
ſchmack Phil. 1, 9. Willig iſt denn dieſe Auf-
nah-
M
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