Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Erklärung des ersten Briefes Pauli Cap. 1. v. 10. 11. [Spaltenumbruch]
mit mehrern handelt, auch Cap. 10. anzeiget, wiedaß die ungläubigen Jüden wegen der aus dem Gesetze gesuchten eignen Gerechtigkeit und Selig- keit zu der Evangelischen Glaubens-Gerechtigkeit nicht gelangen können. 4. Was die vielen Namen der ruchlose- 5. Von den übrigen 8 Gattungen grober 6. Unter den übrigen von Paulo nicht aus- 7. Wenn der Apostel die Lehre von der ge- V. 11. Nach dem herrlichen Evangelio, des Anmerckungen. 1. Zuvorderst ist alhie der Zusammenhang 2. Das Evangelium heißt tes doxes, ein lich
Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli Cap. 1. v. 10. 11. [Spaltenumbruch]
mit mehrern handelt, auch Cap. 10. anzeiget, wiedaß die unglaͤubigen Juͤden wegen der aus dem Geſetze geſuchten eignen Gerechtigkeit und Selig- keit zu der Evangeliſchen Glaubens-Gerechtigkeit nicht gelangen koͤnnen. 4. Was die vielen Namen der ruchloſe- 5. Von den uͤbrigen 8 Gattungen grober 6. Unter den uͤbrigen von Paulo nicht aus- 7. Wenn der Apoſtel die Lehre von der ge- V. 11. Nach dem herrlichen Evangelio, des Anmerckungen. 1. Zuvorderſt iſt alhie der Zuſammenhang 2. Das Evangelium heißt τῆς δόξης, ein lich
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Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli Cap. 1. v. 10. 11.
mit mehrern handelt, auch Cap. 10. anzeiget, wie
daß die unglaͤubigen Juͤden wegen der aus dem
Geſetze geſuchten eignen Gerechtigkeit und Selig-
keit zu der Evangeliſchen Glaubens-Gerechtigkeit
nicht gelangen koͤnnen.
4. Was die vielen Namen der ruchloſe-
ſten Suͤnder betrift, ſo iſt davon zu mercken, daß
die ſechs erſten den Stand der herrſchenden Suͤn-
de uͤberhaupt vorſtellen und anzeigen, wie ungoͤtt-
lich er innerlich ſey, und auch aͤuſſerlich ausbreche
in grobe Schande und Laſter; darauf ſonderlich
das Wort ἁμαρτωλὸς gehet. Und da ſie paar-
weiſe ſtehen, ſo ſind ſie alſo geſetzet, daß in einem
ieden paar das erſte Wort durch das letztere er-
laͤutert wird. Denn da er erſtlich den ἄνομον,
der ohne Geſetz ſeyn will genennet, ſo erklaͤret er
die Beſchaffenheit eines ſolchen durch das Wort
ἀνυπότακτος, welcher iſt, der ſich keiner Ordnung
unterwerfen will, ſondern ſich derſelben widerſe-
tzet, alſo daß er anzeiget, daß ein ἄνομος auch ein
ἀντίνομος ſey; wie denn ſchon der fleiſchliche
Sinn an ſich eine Feindſchaft wider GOtt iſt,
Roͤm. 8, 7. Und wer da iſt ἀσεϐὴς, ohne alle
Furcht GOttes, der pfleget auch wol zu werden
ϑεοστυγὴς ein rechter Feind GOttes Roͤm. 1, 30.
und alſo daher ἁμαρτωλὸς, ein recht frecher und
verruchter Suͤnder. Welcher denn wie er inner-
lich iſt ἀνόσιος, unheilig und ohne alle Religion;
alſo erweiſet er ſich auch daher aͤuſſerlich als βέϐη-
λὸν, einen recht leichtſinnigen frechen Menſchen,
der auch ein Veraͤchter iſt alles deſſen, was goͤtt-
lich iſt. Hebr. 12, 16. ſtehet es vom Eſau. Und
Jud. v. 15. ſtehen die ἁμαρτωλὸι und ασεβει῀ς auch
zuſammen. Von den ἁμαρτωλοῖς, oder gro-
ben Suͤndern, ſehe man Matth. 9, 9. 11. 13. 11, 19.
26, 45. Luc. 15, 1. 2. 18, 13. Joh. 9, 16. 24. 25. 31.
Roͤm. 3, 7. 5, 8.
5. Von den uͤbrigen 8 Gattungen grober
Suͤnder iſt zu mercken, daß ſie wider das vierte
fuͤnfte ſechſte ſiebente und achte Gebot der andern
Tafel des Geſetzes ſtreiten: da doch aber der
Meineid in Anſehung des dabey ſchaͤndlich ge-
mißbrauchten Namens GOttes ſonderlich auch
mit wider das andere Gebot der erſten Tafel
lauft. Aus allen dieſen und dergleichen Laſtern
und Verbrechen aber ſiehet man, wie gar ſehr die
menſchliche Natur durch die Suͤnde verderbet iſt,
und wohin der Menſch verfallen kan, wenn er das
von GOtt geoffenbarte, ja auch ſelbſt das natuͤr-
liche Licht mißbrauchet.
6. Unter den uͤbrigen von Paulo nicht aus-
druͤcklich benannten Suͤnden iſt der Unglaube
nicht zu vergeſſen, als die Haupt-Suͤnde und die
Qvell aller uͤbrigen, damit man ſonderlich wider
das erſte Gebot ſtreitet. Betrachtet man nun
den Unglauben noch dazu nach der Oeconomie
des Evangelii, ſo iſt die Schuld, die man damit
vor GOtt auf ſich ladet, ſo viel groͤſſer. Man
ſehe davon ſonderlich Joh. 3, 18. 36. 16, 8. 9.
Marc. 16, 16. 2 Theſſ. 1, 8.
7. Wenn der Apoſtel die Lehre von der ge-
offenbareten Chriſtlichen Religion heylſam nen-
net, und im griechiſchen ſie eine geſunde heiſſet;
ſo iſt die Redens-Art hergenommen von den
Kraͤutern und Speiſen, welche man wegen ihrer
guten Beſchaffenheit und wegen der Kraft und
Wirckung, die ſie in dem menſchlichen Coͤrper
zur Geſundheit geben, geſunde Kraͤuter und
Speiſen nennet. Wie denn auch ſonſt nicht un-
gewoͤhnlich iſt, daß das goͤttliche Wort, ſonder-
lich des Evangelii, damit verglichen wird. Man
ſehe unter andern Pſ. 19, 11. Joh. 4, 14. u. f. 6, 48.
u. f. 1 Cor. 3, 2. 1 Pet. 2, 2. 3. Hebr. 5, 12. u. f. das
Wort geſund findet man auch ſonſt von dem
Worte GOttes 1 Tim. 6, 3. 2 Tim. 1, 13. 4, 3.
Tit. 1, 9. 2, 1. Gleichwie hingegen eine irrige
und ſchaͤdliche Lehre gar fuͤglich mit ungeſunden
und ſchaͤdlichen Kraͤutern und uͤbrigen Speiſen
kan verglichen werden; Paulus auch unten Cap.
6, 4. von der falſchen Lehre die Redens-Art ge-
brauchet: νοσει῀ν περὶ ζητήσεις, ſeuchtig oder
kranck ſeyn in Fragen.
V. 11.
Nach dem herrlichen Evangelio, des
ſeligen GOttes, welches mir (als eine theure
Beylage) vertrauet iſt.
Anmerckungen.
1. Zuvorderſt iſt alhie der Zuſammenhang
dieſes Verſes mit den vorhergehenden zu mercken.
Man hat alhie entweder eine Parentheſin zu ſetzẽ,
welche ſich anhebet nach dem Worte κε῀ιται v. 9.
und ſich endet mit dem 10 Vers, daß die vorherge-
hende und folgende Worte alſo an einander haͤn-
gen: und weiß ſolches daß dem Gerechten
kein Geſetz gegeben ſey (ſondern u. ſ. w.)
nach dem herrlichen Evangelio GOttes,
oder laut des Evangelii, als welches ſie von dem
Joche des Geſetzes frey ſpricht. Oder, welches
noch fuͤglicher iſt, es ſind die Worte des eilften
Verſes mit den letztern Worten des 10 Verſes,
alſo zu verbinden: ſo etwas mehr der heyl-
ſamen Lehre zuwider iſt, nach dem herr-
lichen Evangelio u. ſ. w. auf welche Art er-
klaͤret wird, daß ſich die heylſame Lehre im Evan-
gelio findet. Da denn das Evangelium, wie
oͤfter, genommen wird vom gantzen Rathe
GOttes, dazu auch das Geſetz mit gehoͤret.
Setzet man, durch eine Ellipſin, den Articu-
lum τῇ, daß er ſich auf das Wort διδασκαλία
beziehe, im Sinne dazwiſchen, τῆ κατᾲ τὸ ὲυ-
αγγέλιον, ſo iſt die Conſtruction ſo viel
deutlicher.
2. Das Evangelium heißt τῆς δόξης, ein
Evangelium, eine froͤliche Botſchaft der Herrlich-
keit, zuvorderſt an ſich ſelbſt; und denn auch in
Vergleichung mit dem Geſetze. An ſich ſelbſt iſt
es eine Predigt von der Herrlichkeit; als welches
uns die Herrlichkeit GOttes in Chriſto offenba-
ret 2 Cor. 4, 6. in Chriſto, von welchem es Joh.
1, 14. heißt: Wir ſahen ſeine Herrlichkeit,
als eine Herrlichkeit des eingebornen Soh-
nes vom Vater, voller Gnade und Wahr-
heit. Es iſt eine Herrlichkeit, in welche wir
ſtufenweiſe verklaͤret werden von einer Klarheit
und Herrlichkeit zur andern 2 Cor. 3, 18. alſo daß
Chriſtus ſelbſt in uns verklaͤret und das herrliche
Ebenbild GOttes, deſſen wir ermangeln Roͤm.
3, 13. in uns wider angerichtet werde. Joh. 16, 14.
Da wir denn in Chriſto werden ἔνδοξοι, gar herr-
lich
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