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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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V. 9. 10. des dritten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch] Verleugnung ihrer selbst im Seegen führe-
ten.
c. Nun hat sich zwar die Affectation dieses Vor-
zugs mit Zueignung einer besondern Macht
und ansehnlicher Vorrechte erstlich im vier-
ten Seculo recht hervorgethan, sonderlich zu
Rom: aber der Grund wurde dazu schon in
den beyden vorhergebenden Seculis geleget;
da doch aber diejenigen, welche zu den also
distinguirten bischöflichen Aemtern gelange-
ten, mehrern theils noch rechtschaffne Män-
ner waren, welche sich ihres ihnen schon aus
Gewohnheit zugestandenen Vorzugs nicht
mißbrauchten.
d. Wohin es aber mit der Zeit kommen würde,
das hat sich schon vor dem Ausgange des er-
sten Seculi am Diotrephe gezeiget, der da
heißt philoproteuon, einer der die Ober-Stelle
und mit derselben eine besondere Auctorität
und Macht, welche auf eine Herrschaft ge-
gangen ist, aus Stoltz nach seinem eigenen
Sinne sich zugeeignet und auch wircklich ge-
brauchet hat. Welche Unart, da sie sich an
einigen Lehrern der Jüdischen Kirche befun-
den, beschrieben wird, von Assaph Ps. 73, 3.
u. f. und bestrafet von Christo Matth. 23, 6.
Zu welchem hohen Grad des ungöttlichen
Wesens und des groben Antichristenthums
diese fleischliche Erhebung bey dem Anfange
des siebenden Seculi in dem Römischen Bi-
schofe Bonifacio III. gekommen sey, und wie
sie hernach noch immer mehr zugenommen
habe, das ist aus den Kirchen-Geschichten
bekannt.

5. Es thut sich aber der stoltze und widrige
Sinn des Diotrephis zuvorderst darinn her-
vor, daß er auch die apostolische Auctorität
Johannnis aus den Augen setzete, und dasje-
nige, was er in dem Briefe zur Warnung ü-
berschrieben hatte, nicht annahm, sondern
recht haben und alles besser wissen wolte. Wel-
ches nicht annehmen noch dazu mit ungütigem
Urtheil und offenbarer Widersetzung ist ver-
knüpfet gewesen; wie es die nachfolgenden
Worte anzeigen.

6. Und solchergestalt kam es bey ihm zu sol-
chen Wercken, womit er die Kirche zerrüttet
und vieles Aergerniß angerichtet hat. Da er
es denn auch wol nicht an mancherley andern
groben Ausbrüchen des fleischlichen Sinnes
wird haben ermangeln lassen. Und daß bey
einer solchen üblen Gestalt seines Gemüths auch
die Christliche Lehre nicht wird unverfälschet
geblieben seyn, das ist leichtlich zu erachten: sin-
temal bey jener die wahre Salbung nicht statt
gesunden hat, und dafür die fleischlichen Affe-
ct
en zur Meisterschaft die Oberhand gehabt
haben.

7. Da nun, weß das Hertz voll ist, der
Mund übergehet Matth. 12, 34. so hat er sich
nicht gescheuet, sich auch so gar an dem Apostel
mit gehäßigen Worten zu vergreisen und ihn zu
verläumden; und zwar vermuthlich alsdenn
sonderlich, wenn sich die rechtschaffnen Seelen
auf seinen Brief und auf sein Exempel berufen
[Spaltenumbruch] und ihm zur Beschämung solches entgegen ge-
setzet haben. Es hieß wohl von ihm, wie As-
saph Ps. 73, 6. u. f. spricht: Jhr Trotzen muß
köstlich Ding seyn und ihr Frevel muß
wohlgethan heissen. Jhre Person brü-
stet sich, wie ein fetter Wanst: sie thun,
was sie nur gedencken. Sie vernichten al-
les und reden übel davon, und reden und
lästern hoch her. Was sie reden, das muß
vom Himmel herab geredet seyn; was sie
sagen, das muß gelten auf Erden.
u. f.

8. Hierzu kam die grosse Lieblosigkeit ge-
gen die Fremden. Denn da theils einige from-
me Exulanten, theils einige Evangelisten, die
anderwärtig, wo es nöthig war, das Evange-
lium verkündiget hatten, zu der Gemeine Dio-
trephis
gekommen waren, um sich darinn ge-
meinschaftlich zu erbauen, so hat er sie nicht an-
genommen; das ist, er hat an ihnen ohne Grund
diß und das ausgesetzet, sie nicht für Ortho-
dox,
sondern, nach seinem ketzermacherischen
Sinne, für Schwärmer und Ketzer gehalten.

9. Und dieses ist ihm noch nicht genug ge-
wesen, sondern er hat auch denen, welche solche
unschuldige Leute in ihre Gemeinschaft aufge-
nommen, solches verwehret, ja sie gar, als an-
gesteckte und unwürdige Glieder, aus der Ge-
meine gestossen, und damit auch für Ketzer er-
kläret. Satis pro auctoritate! so solten die
Schafe diesem argen Kirchen-Wolfe das Was-
ser trübe gemachet haben! Ach wie viele Brüder
hat Diotrephes hinterlassen! und zwar nicht
allein im Pabstthum, da es ihm viele noch weit
zuvor thun, sondern auch in der Evangelischen
Kirche, da sie es ihm gleich thun, und mit dem
nichtigen Vorwand der gesuchten Chre GOttes
den Namen der geretteten Orthodoxie, oder
reinen Lehre, mißbrauchen. Die Exempel sind
leider bekannt genug, sonderlich von den letztern
40. Jahren her.

10. Es bezeuget aber Johannes dabey, daß
dieses Verfahren an dem Diotrephe nicht sol-
te unbestrafet bleiben. Dahin gehen die Wor-
te, wenn er spricht: Darum, wenn ich komme,
will ich ihn erinnern seiner Wercke, die er
thut.
u. f.

a. Johannes hat sich vorgesetzet gehabt, dem
grossen Aergerniß durch seine Gegenwart ab-
zuhelfen, nachdem sein Brief so wenig ge-
fruchtet hatte. Und da er im andern Briefe
der auserwehlten Frauen auch die Hoffnung
von seiner Zukunft machet, so kan sie sich viel-
leicht an eben demselben Orte, oder doch in
der Gegend, befunden haben.
b. Das Erinnern ist nach Art der verborum
memoriae,
der auf das Gedächtniß gehen-
den Worte, mit einem grossen Nachdrucke
des Affects zu verstehen. Denn GOTT
hatte den Aposteln eine solche Auctorität bey-
geleget, welche wol eine Ehrfurcht erwecken
konnte; sintemal sie im Stande waren, nach
dem Willen GOttes ihren Worten und
Censuren auch auf einige wunderthätige Art
zum Schrecken das rechte Gewicht zu geben:
Wie wir an Petro Ap. Ges. 5, 1. u. f. und an
Paulo
C c c c c 3
V. 9. 10. des dritten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch] Verleugnung ihrer ſelbſt im Seegen fuͤhre-
ten.
c. Nun hat ſich zwar die Affectation dieſes Voꝛ-
zugs mit Zueignung einer beſondern Macht
und anſehnlicher Vorrechte erſtlich im vier-
ten Seculo recht hervorgethan, ſonderlich zu
Rom: aber der Grund wurde dazu ſchon in
den beyden vorhergebenden Seculis geleget;
da doch aber diejenigen, welche zu den alſo
diſtinguirten biſchoͤflichen Aemtern gelange-
ten, mehrern theils noch rechtſchaffne Maͤn-
ner waren, welche ſich ihres ihnen ſchon aus
Gewohnheit zugeſtandenen Vorzugs nicht
mißbrauchten.
d. Wohin es aber mit der Zeit kommen wuͤrde,
das hat ſich ſchon vor dem Ausgange des er-
ſten Seculi am Diotrephe gezeiget, der da
heißt φιλοπρωτέυων, einer der die Ober-Stelle
und mit derſelben eine beſondere Auctoritaͤt
und Macht, welche auf eine Herrſchaft ge-
gangen iſt, aus Stoltz nach ſeinem eigenen
Sinne ſich zugeeignet und auch wircklich ge-
brauchet hat. Welche Unart, da ſie ſich an
einigen Lehrern der Juͤdiſchen Kirche befun-
den, beſchrieben wird, von Aſſaph Pſ. 73, 3.
u. f. und beſtrafet von Chriſto Matth. 23, 6.
Zu welchem hohen Grad des ungoͤttlichen
Weſens und des groben Antichriſtenthums
dieſe fleiſchliche Erhebung bey dem Anfange
des ſiebenden Seculi in dem Roͤmiſchen Bi-
ſchofe Bonifacio III. gekommen ſey, und wie
ſie hernach noch immer mehr zugenommen
habe, das iſt aus den Kirchen-Geſchichten
bekannt.

5. Es thut ſich aber der ſtoltze und widrige
Sinn des Diotrephis zuvorderſt darinn her-
vor, daß er auch die apoſtoliſche Auctoritaͤt
Johannnis aus den Augen ſetzete, und dasje-
nige, was er in dem Briefe zur Warnung uͤ-
berſchrieben hatte, nicht annahm, ſondern
recht haben und alles beſſer wiſſen wolte. Wel-
ches nicht annehmen noch dazu mit unguͤtigem
Urtheil und offenbarer Widerſetzung iſt ver-
knuͤpfet geweſen; wie es die nachfolgenden
Worte anzeigen.

6. Und ſolchergeſtalt kam es bey ihm zu ſol-
chen Wercken, womit er die Kirche zerruͤttet
und vieles Aergerniß angerichtet hat. Da er
es denn auch wol nicht an mancherley andern
groben Ausbruͤchen des fleiſchlichen Sinnes
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einer ſolchen uͤblen Geſtalt ſeines Gemuͤths auch
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temal bey jener die wahre Salbung nicht ſtatt
geſunden hat, und dafuͤr die fleiſchlichen Affe-
ct
en zur Meiſterſchaft die Oberhand gehabt
haben.

7. Da nun, weß das Hertz voll iſt, der
Mund uͤbergehet Matth. 12, 34. ſo hat er ſich
nicht geſcheuet, ſich auch ſo gar an dem Apoſtel
mit gehaͤßigen Worten zu vergreiſen und ihn zu
verlaͤumden; und zwar vermuthlich alsdenn
ſonderlich, wenn ſich die rechtſchaffnen Seelen
auf ſeinen Brief und auf ſein Exempel berufen
[Spaltenumbruch] und ihm zur Beſchaͤmung ſolches entgegen ge-
ſetzet haben. Es hieß wohl von ihm, wie Aſ-
ſaph Pſ. 73, 6. u. f. ſpricht: Jhr Trotzen muß
koͤſtlich Ding ſeyn und ihr Frevel muß
wohlgethan heiſſen. Jhre Perſon bruͤ-
ſtet ſich, wie ein fetter Wanſt: ſie thun,
was ſie nur gedencken. Sie vernichten al-
les und reden uͤbel davon, und reden und
laͤſtern hoch her. Was ſie reden, das muß
vom Himmel herab geredet ſeyn; was ſie
ſagen, das muß gelten auf Erden.
u. f.

8. Hierzu kam die groſſe Liebloſigkeit ge-
gen die Fremden. Denn da theils einige from-
me Exulanten, theils einige Evangeliſten, die
anderwaͤrtig, wo es noͤthig war, das Evange-
lium verkuͤndiget hatten, zu der Gemeine Dio-
trephis
gekommen waren, um ſich darinn ge-
meinſchaftlich zu erbauen, ſo hat er ſie nicht an-
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diß und das ausgeſetzet, ſie nicht fuͤr Ortho-
dox,
ſondern, nach ſeinem ketzermacheriſchen
Sinne, fuͤr Schwaͤrmer und Ketzer gehalten.

9. Und dieſes iſt ihm noch nicht genug ge-
weſen, ſondern er hat auch denen, welche ſolche
unſchuldige Leute in ihre Gemeinſchaft aufge-
nommen, ſolches verwehret, ja ſie gar, als an-
geſteckte und unwuͤrdige Glieder, aus der Ge-
meine geſtoſſen, und damit auch fuͤr Ketzer er-
klaͤret. Satis pro auctoritate! ſo ſolten die
Schafe dieſem argen Kirchen-Wolfe das Waſ-
ſer truͤbe gemachet haben! Ach wie viele Bruͤder
hat Diotrephes hinterlaſſen! und zwar nicht
allein im Pabſtthum, da es ihm viele noch weit
zuvor thun, ſondern auch in der Evangeliſchen
Kirche, da ſie es ihm gleich thun, und mit dem
nichtigen Vorwand der geſuchten Chre GOttes
den Namen der geretteten Orthodoxie, oder
reinen Lehre, mißbrauchen. Die Exempel ſind
leider bekannt genug, ſonderlich von den letztern
40. Jahren her.

10. Es bezeuget aber Johannes dabey, daß
dieſes Verfahren an dem Diotrephe nicht ſol-
te unbeſtrafet bleiben. Dahin gehen die Wor-
te, wenn er ſpricht: Darum, wenn ich komme,
will ich ihn erinnern ſeiner Wercke, die er
thut.
u. f.

a. Johannes hat ſich vorgeſetzet gehabt, dem
groſſen Aergerniß durch ſeine Gegenwart ab-
zuhelfen, nachdem ſein Brief ſo wenig ge-
fruchtet hatte. Und da er im andern Briefe
der auserwehlten Frauen auch die Hoffnung
von ſeiner Zukunft machet, ſo kan ſie ſich viel-
leicht an eben demſelben Orte, oder doch in
der Gegend, befunden haben.
b. Das Erinnern iſt nach Art der verborum
memoriæ,
der auf das Gedaͤchtniß gehen-
den Worte, mit einem groſſen Nachdrucke
des Affects zu verſtehen. Denn GOTT
hatte den Apoſteln eine ſolche Auctoritaͤt bey-
geleget, welche wol eine Ehrfurcht erwecken
konnte; ſintemal ſie im Stande waren, nach
dem Willen GOttes ihren Worten und
Cenſuren auch auf einige wunderthaͤtige Art
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[759/0759] V. 9. 10. des dritten Briefes Johannis. Verleugnung ihrer ſelbſt im Seegen fuͤhre- ten. c. Nun hat ſich zwar die Affectation dieſes Voꝛ- zugs mit Zueignung einer beſondern Macht und anſehnlicher Vorrechte erſtlich im vier- ten Seculo recht hervorgethan, ſonderlich zu Rom: aber der Grund wurde dazu ſchon in den beyden vorhergebenden Seculis geleget; da doch aber diejenigen, welche zu den alſo diſtinguirten biſchoͤflichen Aemtern gelange- ten, mehrern theils noch rechtſchaffne Maͤn- ner waren, welche ſich ihres ihnen ſchon aus Gewohnheit zugeſtandenen Vorzugs nicht mißbrauchten. d. Wohin es aber mit der Zeit kommen wuͤrde, das hat ſich ſchon vor dem Ausgange des er- ſten Seculi am Diotrephe gezeiget, der da heißt φιλοπρωτέυων, einer der die Ober-Stelle und mit derſelben eine beſondere Auctoritaͤt und Macht, welche auf eine Herrſchaft ge- gangen iſt, aus Stoltz nach ſeinem eigenen Sinne ſich zugeeignet und auch wircklich ge- brauchet hat. Welche Unart, da ſie ſich an einigen Lehrern der Juͤdiſchen Kirche befun- den, beſchrieben wird, von Aſſaph Pſ. 73, 3. u. f. und beſtrafet von Chriſto Matth. 23, 6. Zu welchem hohen Grad des ungoͤttlichen Weſens und des groben Antichriſtenthums dieſe fleiſchliche Erhebung bey dem Anfange des ſiebenden Seculi in dem Roͤmiſchen Bi- ſchofe Bonifacio III. gekommen ſey, und wie ſie hernach noch immer mehr zugenommen habe, das iſt aus den Kirchen-Geſchichten bekannt. 5. Es thut ſich aber der ſtoltze und widrige Sinn des Diotrephis zuvorderſt darinn her- vor, daß er auch die apoſtoliſche Auctoritaͤt Johannnis aus den Augen ſetzete, und dasje- nige, was er in dem Briefe zur Warnung uͤ- berſchrieben hatte, nicht annahm, ſondern recht haben und alles beſſer wiſſen wolte. Wel- ches nicht annehmen noch dazu mit unguͤtigem Urtheil und offenbarer Widerſetzung iſt ver- knuͤpfet geweſen; wie es die nachfolgenden Worte anzeigen. 6. Und ſolchergeſtalt kam es bey ihm zu ſol- chen Wercken, womit er die Kirche zerruͤttet und vieles Aergerniß angerichtet hat. Da er es denn auch wol nicht an mancherley andern groben Ausbruͤchen des fleiſchlichen Sinnes wird haben ermangeln laſſen. Und daß bey einer ſolchen uͤblen Geſtalt ſeines Gemuͤths auch die Chriſtliche Lehre nicht wird unverfaͤlſchet geblieben ſeyn, das iſt leichtlich zu erachten: ſin- temal bey jener die wahre Salbung nicht ſtatt geſunden hat, und dafuͤr die fleiſchlichen Affe- cten zur Meiſterſchaft die Oberhand gehabt haben. 7. Da nun, weß das Hertz voll iſt, der Mund uͤbergehet Matth. 12, 34. ſo hat er ſich nicht geſcheuet, ſich auch ſo gar an dem Apoſtel mit gehaͤßigen Worten zu vergreiſen und ihn zu verlaͤumden; und zwar vermuthlich alsdenn ſonderlich, wenn ſich die rechtſchaffnen Seelen auf ſeinen Brief und auf ſein Exempel berufen und ihm zur Beſchaͤmung ſolches entgegen ge- ſetzet haben. Es hieß wohl von ihm, wie Aſ- ſaph Pſ. 73, 6. u. f. ſpricht: Jhr Trotzen muß koͤſtlich Ding ſeyn und ihr Frevel muß wohlgethan heiſſen. Jhre Perſon bruͤ- ſtet ſich, wie ein fetter Wanſt: ſie thun, was ſie nur gedencken. Sie vernichten al- les und reden uͤbel davon, und reden und laͤſtern hoch her. Was ſie reden, das muß vom Himmel herab geredet ſeyn; was ſie ſagen, das muß gelten auf Erden. u. f. 8. Hierzu kam die groſſe Liebloſigkeit ge- gen die Fremden. Denn da theils einige from- me Exulanten, theils einige Evangeliſten, die anderwaͤrtig, wo es noͤthig war, das Evange- lium verkuͤndiget hatten, zu der Gemeine Dio- trephis gekommen waren, um ſich darinn ge- meinſchaftlich zu erbauen, ſo hat er ſie nicht an- genommen; das iſt, er hat an ihnen ohne Grund diß und das ausgeſetzet, ſie nicht fuͤr Ortho- dox, ſondern, nach ſeinem ketzermacheriſchen Sinne, fuͤr Schwaͤrmer und Ketzer gehalten. 9. Und dieſes iſt ihm noch nicht genug ge- weſen, ſondern er hat auch denen, welche ſolche unſchuldige Leute in ihre Gemeinſchaft aufge- nommen, ſolches verwehret, ja ſie gar, als an- geſteckte und unwuͤrdige Glieder, aus der Ge- meine geſtoſſen, und damit auch fuͤr Ketzer er- klaͤret. Satis pro auctoritate! ſo ſolten die Schafe dieſem argen Kirchen-Wolfe das Waſ- ſer truͤbe gemachet haben! Ach wie viele Bruͤder hat Diotrephes hinterlaſſen! und zwar nicht allein im Pabſtthum, da es ihm viele noch weit zuvor thun, ſondern auch in der Evangeliſchen Kirche, da ſie es ihm gleich thun, und mit dem nichtigen Vorwand der geſuchten Chre GOttes den Namen der geretteten Orthodoxie, oder reinen Lehre, mißbrauchen. Die Exempel ſind leider bekannt genug, ſonderlich von den letztern 40. Jahren her. 10. Es bezeuget aber Johannes dabey, daß dieſes Verfahren an dem Diotrephe nicht ſol- te unbeſtrafet bleiben. Dahin gehen die Wor- te, wenn er ſpricht: Darum, wenn ich komme, will ich ihn erinnern ſeiner Wercke, die er thut. u. f. a. Johannes hat ſich vorgeſetzet gehabt, dem groſſen Aergerniß durch ſeine Gegenwart ab- zuhelfen, nachdem ſein Brief ſo wenig ge- fruchtet hatte. Und da er im andern Briefe der auserwehlten Frauen auch die Hoffnung von ſeiner Zukunft machet, ſo kan ſie ſich viel- leicht an eben demſelben Orte, oder doch in der Gegend, befunden haben. b. Das Erinnern iſt nach Art der verborum memoriæ, der auf das Gedaͤchtniß gehen- den Worte, mit einem groſſen Nachdrucke des Affects zu verſtehen. Denn GOTT hatte den Apoſteln eine ſolche Auctoritaͤt bey- geleget, welche wol eine Ehrfurcht erwecken konnte; ſintemal ſie im Stande waren, nach dem Willen GOttes ihren Worten und Cenſuren auch auf einige wunderthaͤtige Art zum Schrecken das rechte Gewicht zu geben: Wie wir an Petro Ap. Geſ. 5, 1. u. f. und an Paulo C c c c c 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 759. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/759>, abgerufen am 27.11.2024.