Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.V. 1. 2. des andern Briefes Johannis. [Spaltenumbruch]
die Lesung der heiligen Schrift, damit sie nurin ihrer Blindheit ihnen unaufgedecket blei- ben möge, untersaget. b. Ob gleich der Geschlechts-Name dieser Ma- trone nicht genennet worden, so hat der Brief doch durch den Boten bey mündlicher Anzei- gung an die rechte Person kommen können. Jhr Name war im Buche des Lebens ange- schrieben, als einer auserwehlten welcher Ehren-Name über alle andere gehet. c. War dieser Frauen ihr Geschlecht und äusser- licher Stand vornehm und geehrt, also daß sie davon den Namen kurias einer gebietenden Frau führet, so war gewiß ihr geistlicher Eh- ren-Stand noch viel höher und herrlicher. Wohl denen HErren und der Frauen, welche ihren Vorzug, den sie vor vielen andern Leuten, und sonderlich vor ihrem Gesinde in der Welt haben, durch ihre Wiedergeburt aus GOtt, und durch ihre Kindschaft bey GOTT hei- ligen. d. Es hat diese gottselige Matrone, die man in der Ewigkeit wol ohne Zweifel mit heiliger Vergnügung wird kennen lernen, noch heute zu tage durch GOttes-Gnade hin und wieder wohl geartete, oder nach Christo gesinnete Schwestern, die ein Licht, ein Saltz und ein Sauerteig unter den andern sind. O wie wäre es aber zu wünschen, daß ihrer meh- rere seyn und werden möchten. e. Die Erwehlung ist zwar ein solches Werck GOttes, welches GOtt allein be- kannt ist: es pflegen sich aber diejenigen, wel- che von GOtt, in Ansehung ihres von ihm vorhergesehenen Gnaden-Standes, auser- wehlet sind, dergestalt zu erweisen, daß man von ihnen die von Ewigkeit her geschehene Auserwehlung wohl schliessen kan: Daher denn auserwehlet auch so viel heist, als vortrefflich, rechtschaffen und bewäh- ret: als welches der Auserwehlten ihre Ei- genschafft ist, die da in der Ordnung der Er- neuerung ihren Beruff und Erwehlung ma- chen 2. Pet. 1, 10. f. Nichts erfreulicher kan Christlichen Eltern seyn, als wenn sie auch gottselige Kinder ha- ben, wie diese Matrone: Wie denn ihre Pflicht ist, dahin zu sehen, daß ihre Kinder zu GOtt geführet werden mögen. Es stehet aber nicht in ihrem eigenen Vermögen, es bey allen Kindern dahin zu bringen. Da denn manche Eltern disfals viele Ubung der Gedult finden. g. Haben Kinder Christliche und recht GOtt ergebene Eltern, oder auch nur einen von beyden, so haben sie solches gegen GOtt mit hertzlichem Danck zu erkennen, und zu erwegen, wie übel sie daran seyn würden, wofern sie von Gottlosen und ärgerlich le- benden ja gar von Jüdischen, Türckischen, oder Heidnischen Eltern geboren wären. Der würckliche Danck aber muß sonderlich darinn bestehen, daß sie ihrer Eltern Anfüh- rung und Exempel folgen, und solches mit ihrem Gebete ja nicht vergeblich bey sich seyn [Spaltenumbruch] lassen. Da sie denn der Erfüllung von der theuren Verheissung des Segens, sonderlich im geistlichen, können gewiß seyn. 3. Bey dem dritten Puncte ist zu erwegen: a. Das Wort Wahrheit, dessen sich der Apostel gleich im Anfange dreymal, und dar- auf noch zweymal bedienet, und welches mit zum Character seiner Schreib-Art gehöret, ist eines von den zur Christlichen Religion und zum Dienste GOttes gehörigen Haupt- Worten, welches bedeutet das rechtschaffe- ne Wesen, das sich sowol im Grunde, als in der Ordnung des Heils und also im lau- fe des gantzen Christenthums befindet, und in Lehr, und Leben, auch im Affect des Her- tzens, und daher auch in Worten und Wer- cken, auf lauter Treue, Aufrichtigkeit und Lauterkeit gehet, und aller Falschheit und Heu- cheley entgegen stehet. b. Einen in der Wahrheit lieben ist selbst in der Wahrheit stehen und dem andern nach deroselben Grunde von gantzem Hertzen auf- richtigst und also zugethan seyn, daß die Wahrheit auch die That bey sich hat, nach 1. Joh. 3, 18. c. Es muß diese Christliche Matrone mit ihren Kindern ihr Licht vortrefflich, ob wol in De- muth, haben leuchten lassen vor den Leuten, daß der Apostel ihr hat bezeugen können, daß sie auch von allen andern Gläubigen, welche in derselbigen Gegend gewesen sind, sey ge- liebet worden, und ihnen also muß bekannt gewesen seyn. d. Diese Gläubigen werden von der Erkennt- niß der Wahrheit benennet. Da denn die Wahrheit erkennen, ist dieselbe, wie sie in dem Grund und in der Ordnung des Heils bestehet, gläubig angenommen, und auch selbst, so fern sie practisch ist, in sich kräftig empfunden haben, und also aus eigner Erfahrung davon urtheilen können. e. Wahrheit, oder Erkenntniß der Wahr- heit, das ist, der Glaube, und die Liebe stehen alhier unauflöslich beysammen, wenn es heist, daß die, welche die Wahrheit er- kannt, die Christliche Matrone und ihre Kin- der geliebet haben. Es kan auch unmöglich eins ohne das andere seyn. f. Da die Wahrheit erkennen nach dem Johanneischen stilo so viel ist, als glauben, und solches dazu mit der Liebe unauflöslich verbunden ist; so siehet man daraus aufs neue, was wir an so vielen Orten des ersten Briefes gesehen haben, nemlich das kein glaub- und liebloser Mensch die Wahrheit recht erkenne, und für einen wahrhaftig von dem heiligen Geiste erleuchteten, könne gehal- ten werden. 4. Es haben auch die Worte des andern a. Der Apostel zeuget damit den Grund der Liebe an nebst der dazu bewegenden Ursache, welche war die gemeinschaftliche Wahr- heit. Und also liebte er diese Frau nicht um ihres vermuthlich vornehmen Geschlechts, sondern
V. 1. 2. des andern Briefes Johannis. [Spaltenumbruch]
die Leſung der heiligen Schrift, damit ſie nurin ihrer Blindheit ihnen unaufgedecket blei- ben moͤge, unterſaget. b. Ob gleich der Geſchlechts-Name dieſer Ma- trone nicht genennet worden, ſo hat der Brief doch durch den Boten bey muͤndlicher Anzei- gung an die rechte Perſon kommen koͤnnen. Jhr Name war im Buche des Lebens ange- ſchrieben, als einer auserwehlten welcher Ehren-Name uͤber alle andere gehet. c. War dieſer Frauen ihr Geſchlecht und aͤuſſer- licher Stand vornehm und geehrt, alſo daß ſie davon den Namen κυρίας einer gebietenden Frau fuͤhret, ſo war gewiß ihr geiſtlicher Eh- ren-Stand noch viel hoͤher und herrlicher. Wohl denen HErren und der Frauen, welche ihren Vorzug, den ſie vor vielen andern Leuten, und ſonderlich vor ihrem Geſinde in der Welt haben, durch ihre Wiedergeburt aus GOtt, und durch ihre Kindſchaft bey GOTT hei- ligen. d. Es hat dieſe gottſelige Matrone, die man in der Ewigkeit wol ohne Zweifel mit heiliger Vergnuͤgung wird kennen lernen, noch heute zu tage durch GOttes-Gnade hin und wieder wohl geartete, oder nach Chriſto geſinnete Schweſtern, die ein Licht, ein Saltz und ein Sauerteig unter den andern ſind. O wie waͤre es aber zu wuͤnſchen, daß ihrer meh- rere ſeyn und werden moͤchten. e. Die Erwehlung iſt zwar ein ſolches Werck GOttes, welches GOtt allein be- kannt iſt: es pflegen ſich aber diejenigen, wel- che von GOtt, in Anſehung ihres von ihm vorhergeſehenen Gnaden-Standes, auser- wehlet ſind, dergeſtalt zu erweiſen, daß man von ihnen die von Ewigkeit her geſchehene Auserwehlung wohl ſchlieſſen kan: Daher denn auserwehlet auch ſo viel heiſt, als vortrefflich, rechtſchaffen und bewaͤh- ret: als welches der Auserwehlten ihre Ei- genſchafft iſt, die da in der Ordnung der Er- neuerung ihren Beruff und Erwehlung ma- chen 2. Pet. 1, 10. f. Nichts erfreulicher kan Chriſtlichen Eltern ſeyn, als wenn ſie auch gottſelige Kinder ha- ben, wie dieſe Matrone: Wie denn ihre Pflicht iſt, dahin zu ſehen, daß ihre Kinder zu GOtt gefuͤhret werden moͤgen. Es ſtehet aber nicht in ihrem eigenen Vermoͤgen, es bey allen Kindern dahin zu bringen. Da denn manche Eltern disfals viele Ubung der Gedult finden. g. Haben Kinder Chriſtliche und recht GOtt ergebene Eltern, oder auch nur einen von beyden, ſo haben ſie ſolches gegen GOtt mit hertzlichem Danck zu erkennen, und zu erwegen, wie uͤbel ſie daran ſeyn wuͤrden, wofern ſie von Gottloſen und aͤrgerlich le- benden ja gar von Juͤdiſchen, Tuͤrckiſchen, oder Heidniſchen Eltern geboren waͤren. Der wuͤrckliche Danck aber muß ſonderlich darinn beſtehen, daß ſie ihrer Eltern Anfuͤh- rung und Exempel folgen, und ſolches mit ihrem Gebete ja nicht vergeblich bey ſich ſeyn [Spaltenumbruch] laſſen. Da ſie denn der Erfuͤllung von der theuren Verheiſſung des Segens, ſonderlich im geiſtlichen, koͤnnen gewiß ſeyn. 3. Bey dem dritten Puncte iſt zu erwegen: a. Das Wort Wahrheit, deſſen ſich der Apoſtel gleich im Anfange dreymal, und dar- auf noch zweymal bedienet, und welches mit zum Character ſeiner Schreib-Art gehoͤret, iſt eines von den zur Chriſtlichen Religion und zum Dienſte GOttes gehoͤrigen Haupt- Worten, welches bedeutet das rechtſchaffe- ne Weſen, das ſich ſowol im Grunde, als in der Ordnung des Heils und alſo im lau- fe des gantzen Chriſtenthums befindet, und in Lehr, und Leben, auch im Affect des Her- tzens, und daher auch in Worten und Wer- cken, auf lauter Treue, Aufrichtigkeit und Lauterkeit gehet, und aller Falſchheit und Heu- cheley entgegen ſtehet. b. Einen in der Wahrheit lieben iſt ſelbſt in der Wahrheit ſtehen und dem andern nach deroſelben Grunde von gantzem Hertzen auf- richtigſt und alſo zugethan ſeyn, daß die Wahrheit auch die That bey ſich hat, nach 1. Joh. 3, 18. c. Es muß dieſe Chriſtliche Matrone mit ihren Kindern ihr Licht vortrefflich, ob wol in De- muth, haben leuchten laſſen vor den Leuten, daß der Apoſtel ihr hat bezeugen koͤnnen, daß ſie auch von allen andern Glaͤubigen, welche in derſelbigen Gegend geweſen ſind, ſey ge- liebet worden, und ihnen alſo muß bekannt geweſen ſeyn. d. Dieſe Glaͤubigen werden von der Erkennt- niß der Wahrheit benennet. Da denn die Wahrheit erkennen, iſt dieſelbe, wie ſie in dem Grund und in der Ordnung des Heils beſtehet, glaͤubig angenommen, und auch ſelbſt, ſo fern ſie practiſch iſt, in ſich kraͤftig empfunden haben, und alſo aus eigner Erfahrung davon urtheilen koͤnnen. e. Wahrheit, oder Erkenntniß der Wahr- heit, das iſt, der Glaube, und die Liebe ſtehen alhier unaufloͤslich beyſammen, wenn es heiſt, daß die, welche die Wahrheit er- kannt, die Chriſtliche Matrone und ihre Kin- der geliebet haben. Es kan auch unmoͤglich eins ohne das andere ſeyn. f. Da die Wahrheit erkennen nach dem Johanneiſchen ſtilo ſo viel iſt, als glauben, und ſolches dazu mit der Liebe unaufloͤslich verbunden iſt; ſo ſiehet man daraus aufs neue, was wir an ſo vielen Orten des erſten Briefes geſehen haben, nemlich das kein glaub- und liebloſer Menſch die Wahrheit recht erkenne, und fuͤr einen wahrhaftig von dem heiligen Geiſte erleuchteten, koͤnne gehal- ten werden. 4. Es haben auch die Worte des andern a. Der Apoſtel zeuget damit den Grund der Liebe an nebſt der dazu bewegenden Urſache, welche war die gemeinſchaftliche Wahr- heit. Und alſo liebte er dieſe Frau nicht um ihres vermuthlich vornehmen Geſchlechts, ſondern
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V. 1. 2. des andern Briefes Johannis.
die Leſung der heiligen Schrift, damit ſie nur
in ihrer Blindheit ihnen unaufgedecket blei-
ben moͤge, unterſaget.
b. Ob gleich der Geſchlechts-Name dieſer Ma-
trone nicht genennet worden, ſo hat der Brief
doch durch den Boten bey muͤndlicher Anzei-
gung an die rechte Perſon kommen koͤnnen.
Jhr Name war im Buche des Lebens ange-
ſchrieben, als einer auserwehlten welcher
Ehren-Name uͤber alle andere gehet.
c. War dieſer Frauen ihr Geſchlecht und aͤuſſer-
licher Stand vornehm und geehrt, alſo daß ſie
davon den Namen κυρίας einer gebietenden
Frau fuͤhret, ſo war gewiß ihr geiſtlicher Eh-
ren-Stand noch viel hoͤher und herrlicher.
Wohl denen HErren und der Frauen, welche
ihren Vorzug, den ſie vor vielen andern Leuten,
und ſonderlich vor ihrem Geſinde in der Welt
haben, durch ihre Wiedergeburt aus GOtt,
und durch ihre Kindſchaft bey GOTT hei-
ligen.
d. Es hat dieſe gottſelige Matrone, die man in
der Ewigkeit wol ohne Zweifel mit heiliger
Vergnuͤgung wird kennen lernen, noch heute
zu tage durch GOttes-Gnade hin und wieder
wohl geartete, oder nach Chriſto geſinnete
Schweſtern, die ein Licht, ein Saltz und ein
Sauerteig unter den andern ſind. O wie
waͤre es aber zu wuͤnſchen, daß ihrer meh-
rere ſeyn und werden moͤchten.
e. Die Erwehlung iſt zwar ein ſolches
Werck GOttes, welches GOtt allein be-
kannt iſt: es pflegen ſich aber diejenigen, wel-
che von GOtt, in Anſehung ihres von ihm
vorhergeſehenen Gnaden-Standes, auser-
wehlet ſind, dergeſtalt zu erweiſen, daß man
von ihnen die von Ewigkeit her geſchehene
Auserwehlung wohl ſchlieſſen kan: Daher
denn auserwehlet auch ſo viel heiſt, als
vortrefflich, rechtſchaffen und bewaͤh-
ret: als welches der Auserwehlten ihre Ei-
genſchafft iſt, die da in der Ordnung der Er-
neuerung ihren Beruff und Erwehlung ma-
chen 2. Pet. 1, 10.
f. Nichts erfreulicher kan Chriſtlichen Eltern
ſeyn, als wenn ſie auch gottſelige Kinder ha-
ben, wie dieſe Matrone: Wie denn ihre
Pflicht iſt, dahin zu ſehen, daß ihre Kinder
zu GOtt gefuͤhret werden moͤgen. Es ſtehet
aber nicht in ihrem eigenen Vermoͤgen, es
bey allen Kindern dahin zu bringen. Da
denn manche Eltern disfals viele Ubung der
Gedult finden.
g. Haben Kinder Chriſtliche und recht GOtt
ergebene Eltern, oder auch nur einen von
beyden, ſo haben ſie ſolches gegen GOtt
mit hertzlichem Danck zu erkennen, und zu
erwegen, wie uͤbel ſie daran ſeyn wuͤrden,
wofern ſie von Gottloſen und aͤrgerlich le-
benden ja gar von Juͤdiſchen, Tuͤrckiſchen,
oder Heidniſchen Eltern geboren waͤren.
Der wuͤrckliche Danck aber muß ſonderlich
darinn beſtehen, daß ſie ihrer Eltern Anfuͤh-
rung und Exempel folgen, und ſolches mit
ihrem Gebete ja nicht vergeblich bey ſich ſeyn
laſſen. Da ſie denn der Erfuͤllung von der
theuren Verheiſſung des Segens, ſonderlich
im geiſtlichen, koͤnnen gewiß ſeyn.
3. Bey dem dritten Puncte iſt zu erwegen:
a. Das Wort Wahrheit, deſſen ſich der
Apoſtel gleich im Anfange dreymal, und dar-
auf noch zweymal bedienet, und welches mit
zum Character ſeiner Schreib-Art gehoͤret,
iſt eines von den zur Chriſtlichen Religion
und zum Dienſte GOttes gehoͤrigen Haupt-
Worten, welches bedeutet das rechtſchaffe-
ne Weſen, das ſich ſowol im Grunde, als
in der Ordnung des Heils und alſo im lau-
fe des gantzen Chriſtenthums befindet, und
in Lehr, und Leben, auch im Affect des Her-
tzens, und daher auch in Worten und Wer-
cken, auf lauter Treue, Aufrichtigkeit und
Lauterkeit gehet, und aller Falſchheit und Heu-
cheley entgegen ſtehet.
b. Einen in der Wahrheit lieben iſt ſelbſt in
der Wahrheit ſtehen und dem andern nach
deroſelben Grunde von gantzem Hertzen auf-
richtigſt und alſo zugethan ſeyn, daß die
Wahrheit auch die That bey ſich hat, nach
1. Joh. 3, 18.
c. Es muß dieſe Chriſtliche Matrone mit ihren
Kindern ihr Licht vortrefflich, ob wol in De-
muth, haben leuchten laſſen vor den Leuten,
daß der Apoſtel ihr hat bezeugen koͤnnen, daß
ſie auch von allen andern Glaͤubigen, welche
in derſelbigen Gegend geweſen ſind, ſey ge-
liebet worden, und ihnen alſo muß bekannt
geweſen ſeyn.
d. Dieſe Glaͤubigen werden von der Erkennt-
niß der Wahrheit benennet. Da
denn die Wahrheit erkennen, iſt dieſelbe,
wie ſie in dem Grund und in der Ordnung
des Heils beſtehet, glaͤubig angenommen,
und auch ſelbſt, ſo fern ſie practiſch iſt, in
ſich kraͤftig empfunden haben, und alſo aus
eigner Erfahrung davon urtheilen koͤnnen.
e. Wahrheit, oder Erkenntniß der Wahr-
heit, das iſt, der Glaube, und die Liebe
ſtehen alhier unaufloͤslich beyſammen, wenn
es heiſt, daß die, welche die Wahrheit er-
kannt, die Chriſtliche Matrone und ihre Kin-
der geliebet haben. Es kan auch unmoͤglich
eins ohne das andere ſeyn.
f. Da die Wahrheit erkennen nach dem
Johanneiſchen ſtilo ſo viel iſt, als glauben,
und ſolches dazu mit der Liebe unaufloͤslich
verbunden iſt; ſo ſiehet man daraus aufs
neue, was wir an ſo vielen Orten des erſten
Briefes geſehen haben, nemlich das kein
glaub- und liebloſer Menſch die Wahrheit
recht erkenne, und fuͤr einen wahrhaftig von
dem heiligen Geiſte erleuchteten, koͤnne gehal-
ten werden.
4. Es haben auch die Worte des andern
Verſes ihren Nachdruck.
a. Der Apoſtel zeuget damit den Grund der
Liebe an nebſt der dazu bewegenden Urſache,
welche war die gemeinſchaftliche Wahr-
heit. Und alſo liebte er dieſe Frau nicht um
ihres vermuthlich vornehmen Geſchlechts,
ſondern
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