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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 5. v. 20.
[Spaltenumbruch] dert, so führet er uns unter andern darauf in
seiner geheimen Schule, wenn er spricht:
Lernet von mir: denn ich hin sanftmüthig
und von Hertzen demüthig.
Matth. 11, 28.

4. Die Worte: daß wir erkennen den
Wahrhaftigen,
sind also zu verstehen:

a. Der Wahrhaftige ist alhier GOtt der Va-
ter;
sintemal darauf seines Sohnes gedacht
wird. Es handelt der Apostel alhier nicht von
dem Geheimniß der heiligen Dreyeinigkeit, wie
v. 7. sondern von dem Geheimniß des Vaters
und des Sohnes Col. 2, 2.
b. Der Vater heißt alhier der Wahrhaftige,
nemlich GOtt, wie Joh. 17, 3. zuvorderst
nach seinem Wesen, im Gegensatze auf die
falschen Götzen, welche nichts, non-entia,
Undinge sind Jes. 41, 29. Jer. 10, 14. 1 Cor.
8, 4. welchen Gegensatz auch alhier der Apo-
stel ausdrücklich machet, wenn er v. 21. saget:
Kindlein, hütet euch vor den Abgöttern:
und denn auch nach seinen Wirckungen, da
lauter Wahrheit und rechtschaffnes Wesen
von ihm kömmt, und das lügenhafte Sün-
den-Wesen des Satans von ihm durch Chri-
stum zerstöret wird Joh. 8, 44. 1 Joh. 3, 8.
c. Das erkennen ist ein solches, welches aus
der Salbung des Heiligen Geistes kömmt,
und eine Frucht, theils auch eine Eigenschaft
ist des von Christo den Wiedergebornen ge-
gebenen Sinnes: und folglich ist es so viel,
als an den wahrhaftigen glauben und ihn im
Glauben lieben. Oben c. 2, 13. 14. eignet
der Apostel die Erkenntniß des wahrhaftigen,
den er daselbst den Vater nennet, den Kindern
und Vätern in Christo zu.

5. Von den folgenden Worten: und sind
in den Wahrhaftigen, in seinem Sohn Chri-
sto,
ist zu mercken:

a. Weil nur ein einiger wahrer GOtt ist Joh.
17, 3. und der Sohn eine wirckliche von dem
Vater und dem Heilige Geiste unterschiedene
Person ist, so ist er denn auch der wahrhafti-
ge GOTT: der auch sonst die Wahrheit
selbst ist und sich also nennet Joh. 14, 6. von
dem, als dem wahrhaftigen und treuen
Zeugen
Off. 1, 5. c. 3, 7. 14. alles rechtschaffne
Wesen kömmt Eph. 4, 21. dem auch seine
Feinde selbst das Zeugniß geben und sagen
mußten: Meister, wir wissen, daß du
wahrhaftig bist, und lehrest den Weg
GOttes recht.
Matth. 22, 16.
b. Jn dem wahrhaftigen seyn, stehet im Ge-
gensatze von dem, da es vorher von der Welt
heißt, daß sie gantz im argen lieget; und es
heißt soviel, als an den Sohn GOttes glauben,
ihn in der heiligen Taufe angezogen haben, mit
ihm vereiniget seyn und in seiner heiligen Ge-
meinschaft stehen. Womit also das Wort er-
kennen
erläutert wird. Jst man aber in Chri-
sto, so ist man auch mit ihm vereiniget: Wie
denn der Apostel in diesem Briefe uns schon
mehrmal auf solches seyn und bleiben GOttes
in uns und wir in ihm geführet hat. Siehe c. 1,
3. c. 2, 5. 6. c. 3, 24. c. 4, 12. 15. 16.
c. Das in dem wahrhaftigen seyn ist zwar
[Spaltenumbruch] auch, dem mehrern Wachsthum auch, eine
Frucht der Sinnes-Gebung, dahin diese mit
gerichtet ist: alhier aber dependiret das sind,
in den Worten sind in dem wahrhaftigen,
nicht von dem Wörtlein ina, sondern es stehet
in gleicher Construction mit dem Satze: er
hat uns einen Sinn gegeben, und wir
sind in dem wahrhaftigen:
daher es im
Griechischen nicht heißt omen, sondern esmen.

6. Die letztern Worte dieses Verses sind,
die wichtigsten. Da wir denn zuvorderst zu er-
weisen haben, daß das pronomen demon-
strativum,
und relativum ou`~tos, dieser, auf den
Sohn GOttes gehe. Welches daher klar ist:

a. Weil des Sohnes GOttes unmittelbar vor-
her gedacht wird, und das Wort also am aller-
füglichsten auf ihn gehen kan: - - Sohne
JEsu Christo, dieser.
Man findet zwar
einige wenige Oerter, da das Pronomen auf
das weiter vorher gesetzte gehet: allein da er-
fordert es der Verstand nicht anders, und kan
es von dem unmittelbar vorher stehenden nicht
gesaget werden. Alhier aber ist in diesem Ver-
stande so gar nichts unfügliches, daß wir viel-
mehr eben dieses in so vielen andern Orten der
heiligen Schrift, auch des neuen Testaments
finden, da der Sohn GOttes, wie er der wah-
re wesentliche GOtt ist, also auch ausdrücklich
GOtt genennet wird; und zwar wie alhier mit
dem Beysatze des Worts o alethinos, der Wahr-
haftige, also auch mit andern dergleichen sehr
nachdrücklichen Beysätzen, als Röm. 9, 5.
GOTT über alles, hochgelobet in Ewig-
keit.
Tit. 2, 13. Der grosse GOtt, dem die
sichtbare Erscheinung zum Gerichte zugeschrie-
ben wird. u. s. w.
b. Weil, wenn das Wort ou`~tos, dieser, mit
den folgenden: ist der wahrhaftige GOtt,
nicht auf den Sohn, sondern auf den Vater ge-
zogen wird, eine unfügliche tautologia, womit ei-
nerley zweymal gesaget wird, entstehet. Denn
daß der Vater sey der wahrhaftige, nem-
lich GOtt, welchen zu erkennen den Gläubi-
gen der Sohn einen Sinn gegeben habe, das
war schon vorhergesaget, und dürfte also nicht
wiederhohlet werden. Es bedienet sich zwar der
Apostel wol sonst der Wiederhohlungen: al-
lein alhier war sie so viel unnöthiger, soviel we-
niger sie sich zu den Worten des gantzen Con-
textes schicket, und soviel füglicher der Ver-
stand ist, wenn das Wort mit den folgenden
von CHristo angenommen wird.
c. Weil derjenige alhier heißt der wahrhaftige
GOtt, der auch heißt das ewige Leben, als
welche Worte der Apostel mit den vorherge-
henden aufs genaueste verbindet. Nun aber
finden wir diese Worte das ewige Leben, in
diesem Briefe ausdrücklich von dem Sohne
GOttes c. 1, 1. 2. auch c. 5. 11. 12. 13. Und eben
dieses zeuget der Evangelist im Anfange des
Evangelii von ihm, daß das Leben, nemlich
das ewige, in ihm und er also selbst das Leben
sey, und daher als das Leben sey das Licht der
Welt geworden. Wie er denn auch sich selbst
das Leben nennet Joh. 11, 25. c. 14, 6. Hingegen
aber
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 5. v. 20.
[Spaltenumbruch] dert, ſo fuͤhret er uns unter andern darauf in
ſeiner geheimen Schule, wenn er ſpricht:
Lernet von mir: deñ ich hin ſanftmuͤthig
und von Hertzen demuͤthig.
Matth. 11, 28.

4. Die Worte: daß wir erkennen den
Wahrhaftigen,
ſind alſo zu verſtehen:

a. Der Wahrhaftige iſt alhier GOtt der Va-
ter;
ſintemal darauf ſeines Sohnes gedacht
wird. Es handelt der Apoſtel alhier nicht von
dem Geheimniß der heiligen Dreyeinigkeit, wie
v. 7. ſondern von dem Geheimniß des Vaters
und des Sohnes Col. 2, 2.
b. Der Vater heißt alhier der Wahrhaftige,
nemlich GOtt, wie Joh. 17, 3. zuvorderſt
nach ſeinem Weſen, im Gegenſatze auf die
falſchen Goͤtzen, welche nichts, non-entia,
Undinge ſind Jeſ. 41, 29. Jer. 10, 14. 1 Cor.
8, 4. welchen Gegenſatz auch alhier der Apo-
ſtel ausdruͤcklich machet, wenn er v. 21. ſaget:
Kindlein, huͤtet euch vor den Abgoͤttern:
und denn auch nach ſeinen Wirckungen, da
lauter Wahrheit und rechtſchaffnes Weſen
von ihm koͤmmt, und das luͤgenhafte Suͤn-
den-Weſen des Satans von ihm durch Chri-
ſtum zerſtoͤret wird Joh. 8, 44. 1 Joh. 3, 8.
c. Das erkennen iſt ein ſolches, welches aus
der Salbung des Heiligen Geiſtes koͤmmt,
und eine Frucht, theils auch eine Eigenſchaft
iſt des von Chriſto den Wiedergebornen ge-
gebenen Sinnes: und folglich iſt es ſo viel,
als an den wahrhaftigen glauben und ihn im
Glauben lieben. Oben c. 2, 13. 14. eignet
der Apoſtel die Erkenntniß des wahrhaftigen,
den er daſelbſt den Vater nennet, den Kindern
und Vaͤtern in Chriſto zu.

5. Von den folgenden Worten: und ſind
in den Wahrhaftigen, in ſeinem Sohn Chri-
ſto,
iſt zu mercken:

a. Weil nur ein einiger wahrer GOtt iſt Joh.
17, 3. und der Sohn eine wirckliche von dem
Vater und dem Heilige Geiſte unterſchiedene
Perſon iſt, ſo iſt er denn auch der wahrhafti-
ge GOTT: der auch ſonſt die Wahrheit
ſelbſt iſt und ſich alſo nennet Joh. 14, 6. von
dem, als dem wahrhaftigen und treuen
Zeugen
Off. 1, 5. c. 3, 7. 14. alles rechtſchaffne
Weſen koͤmmt Eph. 4, 21. dem auch ſeine
Feinde ſelbſt das Zeugniß geben und ſagen
mußten: Meiſter, wir wiſſen, daß du
wahrhaftig biſt, und lehreſt den Weg
GOttes recht.
Matth. 22, 16.
b. Jn dem wahrhaftigen ſeyn, ſtehet im Ge-
genſatze von dem, da es vorher von der Welt
heißt, daß ſie gantz im argen lieget; und es
heißt ſoviel, als an den Sohn GOttes glauben,
ihn in der heiligen Taufe angezogen haben, mit
ihm vereiniget ſeyn und in ſeiner heiligen Ge-
meinſchaft ſtehen. Womit alſo das Wort er-
kennen
erlaͤutert wird. Jſt man aber in Chri-
ſto, ſo iſt man auch mit ihm vereiniget: Wie
denn der Apoſtel in dieſem Briefe uns ſchon
mehrmal auf ſolches ſeyn und bleiben GOttes
in uns und wir in ihm gefuͤhret hat. Siehe c. 1,
3. c. 2, 5. 6. c. 3, 24. c. 4, 12. 15. 16.
c. Das in dem wahrhaftigen ſeyn iſt zwar
[Spaltenumbruch] auch, dem mehrern Wachsthum auch, eine
Frucht der Sinnes-Gebung, dahin dieſe mit
gerichtet iſt: alhier aber dependiret das ſind,
in den Worten ſind in dem wahrhaftigen,
nicht von dem Woͤrtlein ἵνα, ſondern es ſtehet
in gleicher Conſtruction mit dem Satze: er
hat uns einen Sinn gegeben, und wir
ſind in dem wahrhaftigen:
daher es im
Griechiſchen nicht heißt ὦμεν, ſondern ἐσμὲν.

6. Die letztern Worte dieſes Verſes ſind,
die wichtigſten. Da wir denn zuvorderſt zu er-
weiſen haben, daß das pronomen demon-
ſtrativum,
und relativum ου῟τος, dieſer, auf den
Sohn GOttes gehe. Welches daher klar iſt:

a. Weil des Sohnes GOttes unmittelbar vor-
her gedacht wird, und das Wort alſo am aller-
fuͤglichſten auf ihn gehen kan: ‒ ‒ Sohne
JEſu Chriſto, dieſer.
Man findet zwar
einige wenige Oerter, da das Pronomen auf
das weiter vorher geſetzte gehet: allein da er-
fordert es der Verſtand nicht anders, und kan
es von dem unmittelbar vorher ſtehenden nicht
geſaget werden. Alhier aber iſt in dieſem Ver-
ſtande ſo gar nichts unfuͤgliches, daß wir viel-
mehr eben dieſes in ſo vielen andern Orten der
heiligen Schrift, auch des neuen Teſtaments
finden, da der Sohn GOttes, wie er der wah-
re weſentliche GOtt iſt, alſo auch ausdruͤcklich
GOtt genennet wird; und zwar wie alhier mit
dem Beyſatze des Worts ὁ ἀληϑινὸς, der Wahr-
haftige, alſo auch mit andern dergleichen ſehr
nachdruͤcklichen Beyſaͤtzen, als Roͤm. 9, 5.
GOTT uͤber alles, hochgelobet in Ewig-
keit.
Tit. 2, 13. Der groſſe GOtt, dem die
ſichtbare Erſcheinung zum Gerichte zugeſchrie-
ben wird. u. ſ. w.
b. Weil, wenn das Wort ου῟τος, dieſer, mit
den folgenden: iſt der wahrhaftige GOtt,
nicht auf den Sohn, ſondern auf den Vater ge-
zogen wird, eine unfuͤgliche ταυτολογία, womit ei-
nerley zweymal geſaget wird, entſtehet. Denn
daß der Vater ſey der wahrhaftige, nem-
lich GOtt, welchen zu erkennen den Glaͤubi-
gen der Sohn einen Sinn gegeben habe, das
war ſchon vorhergeſaget, und duͤrfte alſo nicht
wiederhohlet werden. Es bedienet ſich zwar der
Apoſtel wol ſonſt der Wiederhohlungen: al-
lein alhier war ſie ſo viel unnoͤthiger, ſoviel we-
niger ſie ſich zu den Worten des gantzen Con-
textes ſchicket, und ſoviel fuͤglicher der Ver-
ſtand iſt, wenn das Wort mit den folgenden
von CHriſto angenommen wird.
c. Weil derjenige alhier heißt der wahrhaftige
GOtt, der auch heißt das ewige Leben, als
welche Worte der Apoſtel mit den vorherge-
henden aufs genaueſte verbindet. Nun aber
finden wir dieſe Worte das ewige Leben, in
dieſem Briefe ausdruͤcklich von dem Sohne
GOttes c. 1, 1. 2. auch c. 5. 11. 12. 13. Und eben
dieſes zeuget der Evangeliſt im Anfange des
Evangelii von ihm, daß das Leben, nemlich
das ewige, in ihm und er alſo ſelbſt das Leben
ſey, und daher als das Leben ſey das Licht der
Welt geworden. Wie er denn auch ſich ſelbſt
das Leben nennet Joh. 11, 25. c. 14, 6. Hingegen
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[738/0738] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 5. v. 20. dert, ſo fuͤhret er uns unter andern darauf in ſeiner geheimen Schule, wenn er ſpricht: Lernet von mir: deñ ich hin ſanftmuͤthig und von Hertzen demuͤthig. Matth. 11, 28. 4. Die Worte: daß wir erkennen den Wahrhaftigen, ſind alſo zu verſtehen: a. Der Wahrhaftige iſt alhier GOtt der Va- ter; ſintemal darauf ſeines Sohnes gedacht wird. Es handelt der Apoſtel alhier nicht von dem Geheimniß der heiligen Dreyeinigkeit, wie v. 7. ſondern von dem Geheimniß des Vaters und des Sohnes Col. 2, 2. b. Der Vater heißt alhier der Wahrhaftige, nemlich GOtt, wie Joh. 17, 3. zuvorderſt nach ſeinem Weſen, im Gegenſatze auf die falſchen Goͤtzen, welche nichts, non-entia, Undinge ſind Jeſ. 41, 29. Jer. 10, 14. 1 Cor. 8, 4. welchen Gegenſatz auch alhier der Apo- ſtel ausdruͤcklich machet, wenn er v. 21. ſaget: Kindlein, huͤtet euch vor den Abgoͤttern: und denn auch nach ſeinen Wirckungen, da lauter Wahrheit und rechtſchaffnes Weſen von ihm koͤmmt, und das luͤgenhafte Suͤn- den-Weſen des Satans von ihm durch Chri- ſtum zerſtoͤret wird Joh. 8, 44. 1 Joh. 3, 8. c. Das erkennen iſt ein ſolches, welches aus der Salbung des Heiligen Geiſtes koͤmmt, und eine Frucht, theils auch eine Eigenſchaft iſt des von Chriſto den Wiedergebornen ge- gebenen Sinnes: und folglich iſt es ſo viel, als an den wahrhaftigen glauben und ihn im Glauben lieben. Oben c. 2, 13. 14. eignet der Apoſtel die Erkenntniß des wahrhaftigen, den er daſelbſt den Vater nennet, den Kindern und Vaͤtern in Chriſto zu. 5. Von den folgenden Worten: und ſind in den Wahrhaftigen, in ſeinem Sohn Chri- ſto, iſt zu mercken: a. Weil nur ein einiger wahrer GOtt iſt Joh. 17, 3. und der Sohn eine wirckliche von dem Vater und dem Heilige Geiſte unterſchiedene Perſon iſt, ſo iſt er denn auch der wahrhafti- ge GOTT: der auch ſonſt die Wahrheit ſelbſt iſt und ſich alſo nennet Joh. 14, 6. von dem, als dem wahrhaftigen und treuen Zeugen Off. 1, 5. c. 3, 7. 14. alles rechtſchaffne Weſen koͤmmt Eph. 4, 21. dem auch ſeine Feinde ſelbſt das Zeugniß geben und ſagen mußten: Meiſter, wir wiſſen, daß du wahrhaftig biſt, und lehreſt den Weg GOttes recht. Matth. 22, 16. b. Jn dem wahrhaftigen ſeyn, ſtehet im Ge- genſatze von dem, da es vorher von der Welt heißt, daß ſie gantz im argen lieget; und es heißt ſoviel, als an den Sohn GOttes glauben, ihn in der heiligen Taufe angezogen haben, mit ihm vereiniget ſeyn und in ſeiner heiligen Ge- meinſchaft ſtehen. Womit alſo das Wort er- kennen erlaͤutert wird. Jſt man aber in Chri- ſto, ſo iſt man auch mit ihm vereiniget: Wie denn der Apoſtel in dieſem Briefe uns ſchon mehrmal auf ſolches ſeyn und bleiben GOttes in uns und wir in ihm gefuͤhret hat. Siehe c. 1, 3. c. 2, 5. 6. c. 3, 24. c. 4, 12. 15. 16. c. Das in dem wahrhaftigen ſeyn iſt zwar auch, dem mehrern Wachsthum auch, eine Frucht der Sinnes-Gebung, dahin dieſe mit gerichtet iſt: alhier aber dependiret das ſind, in den Worten ſind in dem wahrhaftigen, nicht von dem Woͤrtlein ἵνα, ſondern es ſtehet in gleicher Conſtruction mit dem Satze: er hat uns einen Sinn gegeben, und wir ſind in dem wahrhaftigen: daher es im Griechiſchen nicht heißt ὦμεν, ſondern ἐσμὲν. 6. Die letztern Worte dieſes Verſes ſind, die wichtigſten. Da wir denn zuvorderſt zu er- weiſen haben, daß das pronomen demon- ſtrativum, und relativum ου῟τος, dieſer, auf den Sohn GOttes gehe. Welches daher klar iſt: a. Weil des Sohnes GOttes unmittelbar vor- her gedacht wird, und das Wort alſo am aller- fuͤglichſten auf ihn gehen kan: ‒ ‒ Sohne JEſu Chriſto, dieſer. Man findet zwar einige wenige Oerter, da das Pronomen auf das weiter vorher geſetzte gehet: allein da er- fordert es der Verſtand nicht anders, und kan es von dem unmittelbar vorher ſtehenden nicht geſaget werden. Alhier aber iſt in dieſem Ver- ſtande ſo gar nichts unfuͤgliches, daß wir viel- mehr eben dieſes in ſo vielen andern Orten der heiligen Schrift, auch des neuen Teſtaments finden, da der Sohn GOttes, wie er der wah- re weſentliche GOtt iſt, alſo auch ausdruͤcklich GOtt genennet wird; und zwar wie alhier mit dem Beyſatze des Worts ὁ ἀληϑινὸς, der Wahr- haftige, alſo auch mit andern dergleichen ſehr nachdruͤcklichen Beyſaͤtzen, als Roͤm. 9, 5. GOTT uͤber alles, hochgelobet in Ewig- keit. Tit. 2, 13. Der groſſe GOtt, dem die ſichtbare Erſcheinung zum Gerichte zugeſchrie- ben wird. u. ſ. w. b. Weil, wenn das Wort ου῟τος, dieſer, mit den folgenden: iſt der wahrhaftige GOtt, nicht auf den Sohn, ſondern auf den Vater ge- zogen wird, eine unfuͤgliche ταυτολογία, womit ei- nerley zweymal geſaget wird, entſtehet. Denn daß der Vater ſey der wahrhaftige, nem- lich GOtt, welchen zu erkennen den Glaͤubi- gen der Sohn einen Sinn gegeben habe, das war ſchon vorhergeſaget, und duͤrfte alſo nicht wiederhohlet werden. Es bedienet ſich zwar der Apoſtel wol ſonſt der Wiederhohlungen: al- lein alhier war ſie ſo viel unnoͤthiger, ſoviel we- niger ſie ſich zu den Worten des gantzen Con- textes ſchicket, und ſoviel fuͤglicher der Ver- ſtand iſt, wenn das Wort mit den folgenden von CHriſto angenommen wird. c. Weil derjenige alhier heißt der wahrhaftige GOtt, der auch heißt das ewige Leben, als welche Worte der Apoſtel mit den vorherge- henden aufs genaueſte verbindet. Nun aber finden wir dieſe Worte das ewige Leben, in dieſem Briefe ausdruͤcklich von dem Sohne GOttes c. 1, 1. 2. auch c. 5. 11. 12. 13. Und eben dieſes zeuget der Evangeliſt im Anfange des Evangelii von ihm, daß das Leben, nemlich das ewige, in ihm und er alſo ſelbſt das Leben ſey, und daher als das Leben ſey das Licht der Welt geworden. Wie er denn auch ſich ſelbſt das Leben nennet Joh. 11, 25. c. 14, 6. Hingegen aber

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 738. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/738>, abgerufen am 27.11.2024.