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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 3. v. 20-24. des ersten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch] mit dem Glauben aufs allergenaueste: Wie
sie denn auch ihrem Wesen nach in einem so gar
genauen Bande stehen, daß natürlicher Weise
nichts genauers seyn kan. Denn ohne Glau-
ben ist die Liebe unächt und nur ein Werck der
verderbten Natur: und ohne Liebe ist der Glau-
be eine leere Einbildung, oder todt an sich selbst,
wie Jacobus c. 2, 17. spricht: sie ist ein non
ens,
Unding. Welches man aber nicht al-
so zu verstehen hat, als wenn die Liebe die eigent-
liche Form des Glaubens sey, sondern also, daß
die wesentliche Form, oder Natur, des Glau-
bens die Kraft der Liebe schon mit in sich habe,
und daher die Wirckungen der Liebe dergestalt
aus sich gebäret, daß, wo diese sich nicht zeigen,
ein gantz unfehlbares Kennzeichen von der Er-
mangelung des Glaubens sey.
b. Zu dieser Verbindung gehöret dem Glauben,
als der Mutter, der Qvelle und dem Baum ein
gewisser Vorzug vor der Liebe, als der Toch-
ter, dem Bache, der Frucht.
c. Hiezu kömmt auch dieser Unterscheid unter dem
Glauben und der Liebe, daß es der Glaube ei-
gentlich mit dem Evangelio zu thun hat, die Lie-
be mit dem Gesetze. Und folglich nimmt der
Glaube, und die Liebe gibt; jener die Wohl-
thaten,
diese die Pflichten. Wer demnach
durch die Liebe viel geben will, der muß durch
den Glauben viel nehmen. Und solchergestalt
bestehet das gantze Christenthum im Gemein-
schaftlichen nehmen und geben: Da denn
das Nehmen, aufdaß man zu geben habe, alle-
mal vorangehen und das Haupt-Werck seyn
und bleiben muß. Daß aber bey Meldung
der Liebe gegen den Nechsten alhier auch die
Liebe gegen GOtt mit eingeschlossen werde, er-
kennet ein ieder leichtlich von sich selbst.
V. 24.

Und' wer seine Gebote (vom Glauben
und von der Liebe) hält, der bleibet in ihm,
und er in ihm. Und daran erkennen wir,
daß er in uns bleibet, an dem Geist, den
er uns gegeben hat.

Anmerckungen.

1. Der Zweck des Apostels mit diesen
Worten, wie auch mit dem grössesten Theil des
gantzen Briefes, ist, die Gläubigen von ihrer seli-
gen Gemeinschaft mit GOTT zu versichern und
sie dadurch zur Beharrung in der dabey einge-
schärften Heyls-Ordnung zu ermuntern. Sol-
chem Zwecke nach gibt er ihnen mit diesen Wor-
ten ein gedoppeltes Kennzeichen von solcher ihrer
Vereinigung mit GOTT; das eine an dem,
darinn sie ihre Pflicht gegen GOtt erweisen, nem-
lich in der Haltung seiner Gebote; das ande-
re an dem, was sie von GOtt empfahen, nem-
lich an seinem Geiste.

2. Von dem ersten Stücke, und dabey von
der Gemeinschaft mit GOtt ist folgendes zu mer-
cken:

a. Gleichwie die Vereinigung der beyden Natu-
ren in CHristo bey der Person Christi das grös-
feste Geheimniß ist: also ist auch auf Seiten
[Spaltenumbruch] seiner Glieder ihre Vereinigung mit GOTT
so geheimnißvoll, daß sie den Gläubigen selbst
bey dem würcklichen Genuß unbegreiflich ist.
Ja sie wird ihnen auch wegen ihrer noch so
grossen Unvollkommenheit oft gar zweifelhaf-
tig gemachet: darum sie der Apostel durch ge-
wisse Kennzeichen davon zu überzeugen suchet.
b. Es ist die Vereinigung GOttes und der Gläu-
bigen sehr genau und innig. Welches der
Apostel anzeiget mit den Worten: der blei-
bet in ihm, und er in ihm.
Da denn von
dem, daß GOtt in uns bleibet, das, daß wir in
ihm bleiben, dependiret: gleichwie hingegen,
wo wir uns selbst von ihm loßreissen, wir davon
die Schuld tragen, daß er auch nicht in uns
bleibet.
c. Johannes hat wol mit diesen Worten sonder-
lich gesehen auf die Worte Christi Joh. 14, 23.
Wer mich liebt, der wird mein Wort
halten, und mein Vater wird ihn lie-
ben, und wir werden zu ihm kommen,
und Wohnung bey ihm machen.
Siehe
oben in diesem Briefe c. 1, 3. c. 5. 6. 24.

3. Bey dem andern Stücke, und dabey, was
von dem uns gegebnen Geiste gesaget wird,
ist folgendes zu betrachten:

a. Wir finden in diesem Texte ein klares Zeug-
niß von der heiligen Dreyeinigkeit. Denn
nachdem v. 23. des Vaters und des Sohnes
ist gedacht worden, so kömmt hier die ausdrück-
liche Meldung des Heiligen Geistes dazu.
b. Gleichwie das Wort Sohn uns bey dem gött-
lichen Wesen eigentlich auf die Person Christi
führet: also ist auch das Wort Geist ein sol-
ches, das uns weiset auf das unbegreifliche Aus-
gehen der dritten Person von der ersten und
andern nach Joh. 15, 26. c. 20, 22. Röm. 8,
9, 11. gleichwie er der Heilige heisset von dem
Wercke der Heiligung.
c. Daß sich der Heilige Geist senden und ge-
ben
läßt, das gehöret zu seinem Amte, nach
welchem er CHristum verkläret, und also das
vom Sohn erworbene und vom Vater ge-
schenckte Heyl zur rechten Application brin-
get. Joh. 16, 14. Auf welche Art denn die gan-
tze Hochgelobte Dreyeinigkeit im Wercke un-
serer Seligkeit mit der allergenauesten Uber-
einstimmung geschäftig ist.
d. Dieses Geben war gesehehen in der Bekeh-
rung und bisher also fort gesetzet worden, daß
sich die himmlische Gabe bey den Gläubigen
in der Wirckung immer mehr geäussert hatte.
Paulus nennet dieses Geben ein reichliches
Außgiessen Tit. 3, 6. Wie es denn auch bey
vielen mit besondern und ausserordentlichen
Wunder-Kräften verknüpfet war.
e. Dieses Geben GOttes erfordert auf Seiten
der Gläubigen ein Nehmen, es war auch da-
mit verknüpfet. Wie denn daher auch Jo-
hannes von dieser Gabe, welche er die Salbung
nennet, c. 2, 20, 27. spricht: Jhr habt die
Salbung empfangen von dem, der da
heilig ist.
f. Dieser gegebne und empfangene Geist, als der
Geist der Kindschaft; durch welchen die Gläu-
bigen
Cap. 3. v. 20-24. des erſten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch] mit dem Glauben aufs allergenaueſte: Wie
ſie denn auch ihrem Weſen nach in einem ſo gar
genauen Bande ſtehen, daß natuͤrlicher Weiſe
nichts genauers ſeyn kan. Denn ohne Glau-
ben iſt die Liebe unaͤcht und nur ein Werck der
verderbten Natur: und ohne Liebe iſt der Glau-
be eine leere Einbildung, oder todt an ſich ſelbſt,
wie Jacobus c. 2, 17. ſpricht: ſie iſt ein non
ens,
Unding. Welches man aber nicht al-
ſo zu verſtehen hat, als wenn die Liebe die eigent-
liche Form des Glaubens ſey, ſondern alſo, daß
die weſentliche Form, oder Natur, des Glau-
bens die Kraft der Liebe ſchon mit in ſich habe,
und daher die Wirckungen der Liebe dergeſtalt
aus ſich gebaͤret, daß, wo dieſe ſich nicht zeigen,
ein gantz unfehlbares Kennzeichen von der Er-
mangelung des Glaubens ſey.
b. Zu dieſer Verbindung gehoͤret dem Glauben,
als der Mutter, der Qvelle und dem Baum ein
gewiſſer Vorzug vor der Liebe, als der Toch-
ter, dem Bache, der Frucht.
c. Hiezu koͤmmt auch dieſer Unterſcheid unteꝛ dem
Glauben und der Liebe, daß es der Glaube ei-
gentlich mit dem Evangelio zu thun hat, die Lie-
be mit dem Geſetze. Und folglich nimmt der
Glaube, und die Liebe gibt; jener die Wohl-
thaten,
dieſe die Pflichten. Wer demnach
durch die Liebe viel geben will, der muß durch
den Glauben viel nehmen. Und ſolchergeſtalt
beſtehet das gantze Chriſtenthum im Gemein-
ſchaftlichen nehmen und geben: Da denn
das Nehmen, aufdaß man zu geben habe, alle-
mal vorangehen und das Haupt-Werck ſeyn
und bleiben muß. Daß aber bey Meldung
der Liebe gegen den Nechſten alhier auch die
Liebe gegen GOtt mit eingeſchloſſen werde, er-
kennet ein ieder leichtlich von ſich ſelbſt.
V. 24.

Und’ wer ſeine Gebote (vom Glauben
und von der Liebe) haͤlt, der bleibet in ihm,
und er in ihm. Und daran erkennen wir,
daß er in uns bleibet, an dem Geiſt, den
er uns gegeben hat.

Anmerckungen.

1. Der Zweck des Apoſtels mit dieſen
Worten, wie auch mit dem groͤſſeſten Theil des
gantzen Briefes, iſt, die Glaͤubigen von ihrer ſeli-
gen Gemeinſchaft mit GOTT zu verſichern und
ſie dadurch zur Beharrung in der dabey einge-
ſchaͤrften Heyls-Ordnung zu ermuntern. Sol-
chem Zwecke nach gibt er ihnen mit dieſen Wor-
ten ein gedoppeltes Kennzeichen von ſolcher ihrer
Vereinigung mit GOTT; das eine an dem,
darinn ſie ihre Pflicht gegen GOtt erweiſen, nem-
lich in der Haltung ſeiner Gebote; das ande-
re an dem, was ſie von GOtt empfahen, nem-
lich an ſeinem Geiſte.

2. Von dem erſten Stuͤcke, und dabey von
der Gemeinſchaft mit GOtt iſt folgendes zu mer-
cken:

a. Gleichwie die Vereinigung der beyden Natu-
ren in CHriſto bey der Perſon Chriſti das groͤſ-
feſte Geheimniß iſt: alſo iſt auch auf Seiten
[Spaltenumbruch] ſeiner Glieder ihre Vereinigung mit GOTT
ſo geheimnißvoll, daß ſie den Glaͤubigen ſelbſt
bey dem wuͤrcklichen Genuß unbegreiflich iſt.
Ja ſie wird ihnen auch wegen ihrer noch ſo
groſſen Unvollkommenheit oft gar zweifelhaf-
tig gemachet: darum ſie der Apoſtel durch ge-
wiſſe Kennzeichen davon zu uͤberzeugen ſuchet.
b. Es iſt die Vereinigung GOttes und der Glaͤu-
bigen ſehr genau und innig. Welches der
Apoſtel anzeiget mit den Worten: der blei-
bet in ihm, und er in ihm.
Da denn von
dem, daß GOtt in uns bleibet, das, daß wir in
ihm bleiben, dependiret: gleichwie hingegen,
wo wir uns ſelbſt von ihm loßreiſſen, wir davon
die Schuld tragen, daß er auch nicht in uns
bleibet.
c. Johannes hat wol mit dieſen Worten ſonder-
lich geſehen auf die Worte Chriſti Joh. 14, 23.
Wer mich liebt, der wird mein Wort
halten, und mein Vater wird ihn lie-
ben, und wir werden zu ihm kommen,
und Wohnung bey ihm machen.
Siehe
oben in dieſem Briefe c. 1, 3. c. 5. 6. 24.

3. Bey dem andern Stuͤcke, und dabey, was
von dem uns gegebnen Geiſte geſaget wird,
iſt folgendes zu betrachten:

a. Wir finden in dieſem Texte ein klares Zeug-
niß von der heiligen Dreyeinigkeit. Denn
nachdem v. 23. des Vaters und des Sohnes
iſt gedacht worden, ſo koͤmmt hier die ausdruͤck-
liche Meldung des Heiligen Geiſtes dazu.
b. Gleichwie das Wort Sohn uns bey dem goͤtt-
lichen Weſen eigentlich auf die Perſon Chriſti
fuͤhret: alſo iſt auch das Wort Geiſt ein ſol-
ches, das uns weiſet auf das unbegreifliche Aus-
gehen der dritten Perſon von der erſten und
andern nach Joh. 15, 26. c. 20, 22. Roͤm. 8,
9, 11. gleichwie er der Heilige heiſſet von dem
Wercke der Heiligung.
c. Daß ſich der Heilige Geiſt ſenden und ge-
ben
laͤßt, das gehoͤret zu ſeinem Amte, nach
welchem er CHriſtum verklaͤret, und alſo das
vom Sohn erworbene und vom Vater ge-
ſchenckte Heyl zur rechten Application brin-
get. Joh. 16, 14. Auf welche Art denn die gan-
tze Hochgelobte Dreyeinigkeit im Wercke un-
ſerer Seligkeit mit der allergenaueſten Uber-
einſtimmung geſchaͤftig iſt.
d. Dieſes Geben war geſehehen in der Bekeh-
rung und bisher alſo fort geſetzet worden, daß
ſich die himmliſche Gabe bey den Glaͤubigen
in der Wirckung immer mehr geaͤuſſert hatte.
Paulus nennet dieſes Geben ein reichliches
Außgieſſen Tit. 3, 6. Wie es denn auch bey
vielen mit beſondern und auſſerordentlichen
Wunder-Kraͤften verknuͤpfet war.
e. Dieſes Geben GOttes erfordert auf Seiten
der Glaͤubigen ein Nehmen, es war auch da-
mit verknuͤpfet. Wie denn daher auch Jo-
hannes von dieſer Gabe, welche er die Salbung
nennet, c. 2, 20, 27. ſpricht: Jhr habt die
Salbung empfangen von dem, der da
heilig iſt.
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[705/0705] Cap. 3. v. 20-24. des erſten Briefes Johannis. mit dem Glauben aufs allergenaueſte: Wie ſie denn auch ihrem Weſen nach in einem ſo gar genauen Bande ſtehen, daß natuͤrlicher Weiſe nichts genauers ſeyn kan. Denn ohne Glau- ben iſt die Liebe unaͤcht und nur ein Werck der verderbten Natur: und ohne Liebe iſt der Glau- be eine leere Einbildung, oder todt an ſich ſelbſt, wie Jacobus c. 2, 17. ſpricht: ſie iſt ein non ens, Unding. Welches man aber nicht al- ſo zu verſtehen hat, als wenn die Liebe die eigent- liche Form des Glaubens ſey, ſondern alſo, daß die weſentliche Form, oder Natur, des Glau- bens die Kraft der Liebe ſchon mit in ſich habe, und daher die Wirckungen der Liebe dergeſtalt aus ſich gebaͤret, daß, wo dieſe ſich nicht zeigen, ein gantz unfehlbares Kennzeichen von der Er- mangelung des Glaubens ſey. b. Zu dieſer Verbindung gehoͤret dem Glauben, als der Mutter, der Qvelle und dem Baum ein gewiſſer Vorzug vor der Liebe, als der Toch- ter, dem Bache, der Frucht. c. Hiezu koͤmmt auch dieſer Unterſcheid unteꝛ dem Glauben und der Liebe, daß es der Glaube ei- gentlich mit dem Evangelio zu thun hat, die Lie- be mit dem Geſetze. Und folglich nimmt der Glaube, und die Liebe gibt; jener die Wohl- thaten, dieſe die Pflichten. Wer demnach durch die Liebe viel geben will, der muß durch den Glauben viel nehmen. Und ſolchergeſtalt beſtehet das gantze Chriſtenthum im Gemein- ſchaftlichen nehmen und geben: Da denn das Nehmen, aufdaß man zu geben habe, alle- mal vorangehen und das Haupt-Werck ſeyn und bleiben muß. Daß aber bey Meldung der Liebe gegen den Nechſten alhier auch die Liebe gegen GOtt mit eingeſchloſſen werde, er- kennet ein ieder leichtlich von ſich ſelbſt. V. 24. Und’ wer ſeine Gebote (vom Glauben und von der Liebe) haͤlt, der bleibet in ihm, und er in ihm. Und daran erkennen wir, daß er in uns bleibet, an dem Geiſt, den er uns gegeben hat. Anmerckungen. 1. Der Zweck des Apoſtels mit dieſen Worten, wie auch mit dem groͤſſeſten Theil des gantzen Briefes, iſt, die Glaͤubigen von ihrer ſeli- gen Gemeinſchaft mit GOTT zu verſichern und ſie dadurch zur Beharrung in der dabey einge- ſchaͤrften Heyls-Ordnung zu ermuntern. Sol- chem Zwecke nach gibt er ihnen mit dieſen Wor- ten ein gedoppeltes Kennzeichen von ſolcher ihrer Vereinigung mit GOTT; das eine an dem, darinn ſie ihre Pflicht gegen GOtt erweiſen, nem- lich in der Haltung ſeiner Gebote; das ande- re an dem, was ſie von GOtt empfahen, nem- lich an ſeinem Geiſte. 2. Von dem erſten Stuͤcke, und dabey von der Gemeinſchaft mit GOtt iſt folgendes zu mer- cken: a. Gleichwie die Vereinigung der beyden Natu- ren in CHriſto bey der Perſon Chriſti das groͤſ- feſte Geheimniß iſt: alſo iſt auch auf Seiten ſeiner Glieder ihre Vereinigung mit GOTT ſo geheimnißvoll, daß ſie den Glaͤubigen ſelbſt bey dem wuͤrcklichen Genuß unbegreiflich iſt. Ja ſie wird ihnen auch wegen ihrer noch ſo groſſen Unvollkommenheit oft gar zweifelhaf- tig gemachet: darum ſie der Apoſtel durch ge- wiſſe Kennzeichen davon zu uͤberzeugen ſuchet. b. Es iſt die Vereinigung GOttes und der Glaͤu- bigen ſehr genau und innig. Welches der Apoſtel anzeiget mit den Worten: der blei- bet in ihm, und er in ihm. Da denn von dem, daß GOtt in uns bleibet, das, daß wir in ihm bleiben, dependiret: gleichwie hingegen, wo wir uns ſelbſt von ihm loßreiſſen, wir davon die Schuld tragen, daß er auch nicht in uns bleibet. c. Johannes hat wol mit dieſen Worten ſonder- lich geſehen auf die Worte Chriſti Joh. 14, 23. Wer mich liebt, der wird mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lie- ben, und wir werden zu ihm kommen, und Wohnung bey ihm machen. Siehe oben in dieſem Briefe c. 1, 3. c. 5. 6. 24. 3. Bey dem andern Stuͤcke, und dabey, was von dem uns gegebnen Geiſte geſaget wird, iſt folgendes zu betrachten: a. Wir finden in dieſem Texte ein klares Zeug- niß von der heiligen Dreyeinigkeit. Denn nachdem v. 23. des Vaters und des Sohnes iſt gedacht worden, ſo koͤmmt hier die ausdruͤck- liche Meldung des Heiligen Geiſtes dazu. b. Gleichwie das Wort Sohn uns bey dem goͤtt- lichen Weſen eigentlich auf die Perſon Chriſti fuͤhret: alſo iſt auch das Wort Geiſt ein ſol- ches, das uns weiſet auf das unbegreifliche Aus- gehen der dritten Perſon von der erſten und andern nach Joh. 15, 26. c. 20, 22. Roͤm. 8, 9, 11. gleichwie er der Heilige heiſſet von dem Wercke der Heiligung. c. Daß ſich der Heilige Geiſt ſenden und ge- ben laͤßt, das gehoͤret zu ſeinem Amte, nach welchem er CHriſtum verklaͤret, und alſo das vom Sohn erworbene und vom Vater ge- ſchenckte Heyl zur rechten Application brin- get. Joh. 16, 14. Auf welche Art denn die gan- tze Hochgelobte Dreyeinigkeit im Wercke un- ſerer Seligkeit mit der allergenaueſten Uber- einſtimmung geſchaͤftig iſt. d. Dieſes Geben war geſehehen in der Bekeh- rung und bisher alſo fort geſetzet worden, daß ſich die himmliſche Gabe bey den Glaͤubigen in der Wirckung immer mehr geaͤuſſert hatte. Paulus nennet dieſes Geben ein reichliches Außgieſſen Tit. 3, 6. Wie es denn auch bey vielen mit beſondern und auſſerordentlichen Wunder-Kraͤften verknuͤpfet war. e. Dieſes Geben GOttes erfordert auf Seiten der Glaͤubigen ein Nehmen, es war auch da- mit verknuͤpfet. Wie denn daher auch Jo- hannes von dieſer Gabe, welche er die Salbung nennet, c. 2, 20, 27. ſpricht: Jhr habt die Salbung empfangen von dem, der da heilig iſt. f. Dieſer gegebne und empfangene Geiſt, als der Geiſt der Kindſchaft; durch welchen die Glaͤu- bigen

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 705. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/705>, abgerufen am 30.05.2024.