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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 2. v. 27. 28. des ersten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch] dasjenige, was zur Salbung des Heiligen
Geistes gehöret, für fanatisch hält, und für
Schwärmerey ausschreyet, und hingegen nur
an dem blossen Buchstaben der heiligen
Schrift und dero blos buchstäblichen aus eig-
nen Kräften gefosseten Verstande also hän-
get, daß man ohne alle geistliche Kraft blei-
bet, und sich doch für einen Gottesgelahrten
hält. Welcher Abweg nicht geringer ist, als
derjenige, da man mit Mißbrauche dieses
Orts sich aller menschlichen Anführung ent-
ziehen, und von GOtt unmittelbar gelehret
seyn will.
c. Zur Warnung vor Verführung von solchen
widerchristischen Menschen. Welche man noch
heute zu Tage sonderlich an den Socinianern
und Papisten hat; als welche die Evangeli-
sche Grund-Lehre von der Person und dem
Mittler-Amte Christi theils gar verleugnen,
theils verkehren und verdunckeln, und auf solche
Art auch andere lehren wollen, und sie an sich
zu ziehen suchen.
d. Zur Ermahnung, daß man die menschliche
Schule oder Unterweisung, die man hat,
auch lasse eine Schule und Unterweisung
GOttes seyn, um nicht allein von Menschen,
sondern auch zugleich von GOTT gelehret zu
werden. Welches geschiehet, wenn man bey
einer ieglichen Gelegenheit, da man von Men-
schen auf die Wahrheit und auf ein rechtschaf-
nes Wesen geführet wird, zuvorderst auf
GOtt siehet, den dabey geschäftigen Wir-
ckungen GOttes Platz giebet, GOtt um de-
roselben Vermehrung anrufet, und aus sei-
ner Gnaden-Kraft das erkannte getreulich
anwendet, und in dieser Ordnung die em-
pfangene gute Beylage nicht allein durch den
Heiligen Geist bewahret, sondern auch zu
vermehren suchet. Denn auf keine andere
Art wird man ein theodidaktos, ein rechter Got-
tes-Gelahrter.
Welche Gottes-Gelehr-
samkeit sich sonderlich dadurch erweisen muß,
daß sie nicht allein auf die Theorie, oder auf
ein blosses Wissen, sondern auf eine solche
Erkenntniß gehet, welche voller Leben, Kraft
und guter Ubung ist. Solche Gottesgelehr-
ten waren die Thessalonicher: als von wel-
chen Paulus 1 Thess. 4, 9. spricht: Von der
brüderlichen Liebe ist nicht noth euch zu
schreiben. Denn ihr seyd selbst von GOtt
gelehret, euch unter einander zu lieben.

Und wie sie zu dieser Gottesgelahrtheit gekom-
men wären, das zeiget er c. 2, 13. mit diesen
Worten an, darinnen beydes mit einander,
nemlich der menschliche Unterricht mit der
Salbung, aufs genaueste verknüpfet wird:
Darum auch wir ohn Unterlaß GOtt
dancken, daß ihr, da ihr empfinget von
uns das Wort göttlicher Predigt, nah-
met ihrs auf, nicht als Menschen Wort,
sondern
(wie es denn wahrhaftig ist) als
GOttes Wort welcher auch wircket in
euch, die ihr gläubet.
e. Zum Troste von der Gewißheit, welche man
bey sich von aller erkannten göttlichen Wahr-
[Spaltenumbruch] heit wider alle Verführung und wider allen
Widerspruch aus der göttlichen Salbung ha-
ben kan. Denn wird die Versuchung zur
Verleitung in Jrrthümer gleich noch so groß,
und wird der Widerspruch, da man einem die
erkannte Wahrheit zu Jrrthümern machen
will, gleich noch so starck, so ist doch die Uber-
zeugung, welche man von der Wahrheit, als
Wahrheit, aus der Salbung des Heiligen
Geistes hat, noch viel grösser und stärcker, und
von solcher Beschaffenheit, daß einem auch
wol nicht einmal ein rechter Zweifel dagegen
in den Sinn kommen kan. Jm übrigen fin-
det der Leser in meinem Lateinischen Com-
mentario
von diesem Orte eine ausführlichere
Abhandelung, und zwar erstlich eine exege-
ti
sche von p. 305. bis 330, darinnen auch die
Parallel-Oerter Jes. 54, 13. Jer. 31, 34. Joh.
6, 45. mit erläutert sind; und hernach eine
porismatische von p. 330. bis 349. in 114.
Anmerckungen.
V. 28.

Und nun (derohalben, da ihr die Sal-
bung zum Grunde der Beharrung in euch habet,
und ich daher ein gutes Vertrauen von eurer
Beständigkeit zu euch trage, so ermahne ich euch,
damit ihr dazu soviel mehrern Ernst beweisen
möget,) Kindlein (ihr Gläubigen, welche ich
als GOttes und meine Kinder aufs zarteste lie-
be,) bleibet bey ihm, (dem Sohne GOttes)
aufdaß wir Freudigkeit haben und nicht
zuschanden werden vor ihm in seiner Zu-
kunft.

Anmerckungen.

1. Daß der Apostel durch den, bey und in
welchem wir bleiben sollen, Christum verstehe,
das siehet man gantz klar aus den nachfolgenden
Worten, da er von der Zukunft redet, welche
nebst dem Gerichte Christo sonderlich eigen ist,
und zu seinem Königlichen Amte gehöret.

2. Und folglich wird uns hiedurch der vor-
hergehende Context erläutert, daß das pro-
nomen
autos v. 25. und 27. auch auf Christum
gehe. Und eben dieses finden wir auch c. 2. da
der Apostel auf Christum siehet, wenn er v. 2.
spricht: Und derselbige ist die Versöhnung
u. f. v. 3. an dem mercken wir, daß wir ihn
kennen, so wir seine Gebote halten:
v. 4.
Wer da saget: ich kenne ihn, und hält
seine Gebote nicht,
u. f. Wer aber sein
Wort hält - - daran erkennen wir, daß
wir in ihm sind.
v. 6. Wer da saget, daß
er in ihm bleibet, der soll auch wandeln,
wie er gewandelt hat.
Siehe auch v. 8. 12.
13. 14.

3. Man erkennet hieraus den zarten Affect
Johannis, mit welchem er im Glauben und in
der Liebe Christo zugethan war, daß er daher
von ihm schreibet, wenn er gleich keines von sei-
nen Namen gedencket. Wir sehen dergleichen
sofort im Anfange des Hohenliedes Salomonis,
da die Braut, ohne des Meßiä, als des Bräu-
tigams, Namen vorher genennet zu haben,

aus
Cap. 2. v. 27. 28. des erſten Briefes Johannis.
[Spaltenumbruch] dasjenige, was zur Salbung des Heiligen
Geiſtes gehoͤret, fuͤr fanatiſch haͤlt, und fuͤr
Schwaͤrmerey ausſchreyet, und hingegen nur
an dem bloſſen Buchſtaben der heiligen
Schrift und dero blos buchſtaͤblichen aus eig-
nen Kraͤften gefoſſeten Verſtande alſo haͤn-
get, daß man ohne alle geiſtliche Kraft blei-
bet, und ſich doch fuͤr einen Gottesgelahrten
haͤlt. Welcher Abweg nicht geringer iſt, als
derjenige, da man mit Mißbrauche dieſes
Orts ſich aller menſchlichen Anfuͤhrung ent-
ziehen, und von GOtt unmittelbar gelehret
ſeyn will.
c. Zur Warnung vor Verfuͤhrung von ſolchen
widerchriſtiſchen Menſchen. Welche man noch
heute zu Tage ſonderlich an den Socinianern
und Papiſten hat; als welche die Evangeli-
ſche Grund-Lehre von der Perſon und dem
Mittler-Amte Chriſti theils gar verleugnen,
theils veꝛkehren und verdunckeln, und auf ſolche
Art auch andere lehren wollen, und ſie an ſich
zu ziehen ſuchen.
d. Zur Ermahnung, daß man die menſchliche
Schule oder Unterweiſung, die man hat,
auch laſſe eine Schule und Unterweiſung
GOttes ſeyn, um nicht allein von Menſchen,
ſondern auch zugleich von GOTT gelehret zu
werden. Welches geſchiehet, wenn man bey
einer ieglichen Gelegenheit, da man von Men-
ſchen auf die Wahrheit und auf ein rechtſchaf-
nes Weſen gefuͤhret wird, zuvorderſt auf
GOtt ſiehet, den dabey geſchaͤftigen Wir-
ckungen GOttes Platz giebet, GOtt um de-
roſelben Vermehrung anrufet, und aus ſei-
ner Gnaden-Kraft das erkannte getreulich
anwendet, und in dieſer Ordnung die em-
pfangene gute Beylage nicht allein durch den
Heiligen Geiſt bewahret, ſondern auch zu
vermehren ſuchet. Denn auf keine andere
Art wird man ein ϑεοδίδακτος, ein rechter Got-
tes-Gelahrter.
Welche Gottes-Gelehr-
ſamkeit ſich ſonderlich dadurch erweiſen muß,
daß ſie nicht allein auf die Theorie, oder auf
ein bloſſes Wiſſen, ſondern auf eine ſolche
Erkenntniß gehet, welche voller Leben, Kraft
und guter Ubung iſt. Solche Gottesgelehr-
ten waren die Theſſalonicher: als von wel-
chen Paulus 1 Theſſ. 4, 9. ſpricht: Von der
bruͤderlichen Liebe iſt nicht noth euch zu
ſchreiben. Denn ihr ſeyd ſelbſt von GOtt
gelehret, euch unter einander zu lieben.

Und wie ſie zu dieſer Gottesgelahrtheit gekom-
men waͤren, das zeiget er c. 2, 13. mit dieſen
Worten an, darinnen beydes mit einander,
nemlich der menſchliche Unterricht mit der
Salbung, aufs genaueſte verknuͤpfet wird:
Darum auch wir ohn Unterlaß GOtt
dancken, daß ihr, da ihr empfinget von
uns das Wort goͤttlicher Predigt, nah-
met ihrs auf, nicht als Menſchen Wort,
ſondern
(wie es denn wahrhaftig iſt) als
GOttes Wort welcher auch wircket in
euch, die ihr glaͤubet.
e. Zum Troſte von der Gewißheit, welche man
bey ſich von aller erkannten goͤttlichen Wahr-
[Spaltenumbruch] heit wider alle Verfuͤhrung und wider allen
Widerſpruch aus der goͤttlichen Salbung ha-
ben kan. Denn wird die Verſuchung zur
Verleitung in Jrrthuͤmer gleich noch ſo groß,
und wird der Widerſpruch, da man einem die
erkannte Wahrheit zu Jrrthuͤmern machen
will, gleich noch ſo ſtarck, ſo iſt doch die Uber-
zeugung, welche man von der Wahrheit, als
Wahrheit, aus der Salbung des Heiligen
Geiſtes hat, noch viel groͤſſer und ſtaͤrcker, und
von ſolcher Beſchaffenheit, daß einem auch
wol nicht einmal ein rechter Zweifel dagegen
in den Sinn kommen kan. Jm uͤbrigen fin-
det der Leſer in meinem Lateiniſchen Com-
mentario
von dieſem Orte eine ausfuͤhrlichere
Abhandelung, und zwar erſtlich eine exege-
ti
ſche von p. 305. bis 330, darinnen auch die
Parallel-Oerter Jeſ. 54, 13. Jer. 31, 34. Joh.
6, 45. mit erlaͤutert ſind; und hernach eine
poriſmatiſche von p. 330. bis 349. in 114.
Anmerckungen.
V. 28.

Und nun (derohalben, da ihr die Sal-
bung zum Grunde der Beharrung in euch habet,
und ich daher ein gutes Vertrauen von eurer
Beſtaͤndigkeit zu euch trage, ſo ermahne ich euch,
damit ihr dazu ſoviel mehrern Ernſt beweiſen
moͤget,) Kindlein (ihr Glaͤubigen, welche ich
als GOttes und meine Kinder aufs zarteſte lie-
be,) bleibet bey ihm, (dem Sohne GOttes)
aufdaß wir Freudigkeit haben und nicht
zuſchanden werden vor ihm in ſeiner Zu-
kunft.

Anmerckungen.

1. Daß der Apoſtel durch den, bey und in
welchem wir bleiben ſollen, Chriſtum verſtehe,
das ſiehet man gantz klar aus den nachfolgenden
Worten, da er von der Zukunft redet, welche
nebſt dem Gerichte Chriſto ſonderlich eigen iſt,
und zu ſeinem Koͤniglichen Amte gehoͤret.

2. Und folglich wird uns hiedurch der vor-
hergehende Context erlaͤutert, daß das pro-
nomen
ἀυτὸς v. 25. und 27. auch auf Chriſtum
gehe. Und eben dieſes finden wir auch c. 2. da
der Apoſtel auf Chriſtum ſiehet, wenn er v. 2.
ſpricht: Und derſelbige iſt die Verſoͤhnung
u. f. v. 3. an dem mercken wir, daß wir ihn
kennen, ſo wir ſeine Gebote halten:
v. 4.
Wer da ſaget: ich kenne ihn, und haͤlt
ſeine Gebote nicht,
u. f. Wer aber ſein
Wort haͤlt ‒ ‒ daran erkennen wir, daß
wir in ihm ſind.
v. 6. Wer da ſaget, daß
er in ihm bleibet, der ſoll auch wandeln,
wie er gewandelt hat.
Siehe auch v. 8. 12.
13. 14.

3. Man erkennet hieraus den zarten Affect
Johannis, mit welchem er im Glauben und in
der Liebe Chriſto zugethan war, daß er daher
von ihm ſchreibet, wenn er gleich keines von ſei-
nen Namen gedencket. Wir ſehen dergleichen
ſofort im Anfange des Hohenliedes Salomonis,
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[679/0681] Cap. 2. v. 27. 28. des erſten Briefes Johannis. dasjenige, was zur Salbung des Heiligen Geiſtes gehoͤret, fuͤr fanatiſch haͤlt, und fuͤr Schwaͤrmerey ausſchreyet, und hingegen nur an dem bloſſen Buchſtaben der heiligen Schrift und dero blos buchſtaͤblichen aus eig- nen Kraͤften gefoſſeten Verſtande alſo haͤn- get, daß man ohne alle geiſtliche Kraft blei- bet, und ſich doch fuͤr einen Gottesgelahrten haͤlt. Welcher Abweg nicht geringer iſt, als derjenige, da man mit Mißbrauche dieſes Orts ſich aller menſchlichen Anfuͤhrung ent- ziehen, und von GOtt unmittelbar gelehret ſeyn will. c. Zur Warnung vor Verfuͤhrung von ſolchen widerchriſtiſchen Menſchen. Welche man noch heute zu Tage ſonderlich an den Socinianern und Papiſten hat; als welche die Evangeli- ſche Grund-Lehre von der Perſon und dem Mittler-Amte Chriſti theils gar verleugnen, theils veꝛkehren und verdunckeln, und auf ſolche Art auch andere lehren wollen, und ſie an ſich zu ziehen ſuchen. d. Zur Ermahnung, daß man die menſchliche Schule oder Unterweiſung, die man hat, auch laſſe eine Schule und Unterweiſung GOttes ſeyn, um nicht allein von Menſchen, ſondern auch zugleich von GOTT gelehret zu werden. Welches geſchiehet, wenn man bey einer ieglichen Gelegenheit, da man von Men- ſchen auf die Wahrheit und auf ein rechtſchaf- nes Weſen gefuͤhret wird, zuvorderſt auf GOtt ſiehet, den dabey geſchaͤftigen Wir- ckungen GOttes Platz giebet, GOtt um de- roſelben Vermehrung anrufet, und aus ſei- ner Gnaden-Kraft das erkannte getreulich anwendet, und in dieſer Ordnung die em- pfangene gute Beylage nicht allein durch den Heiligen Geiſt bewahret, ſondern auch zu vermehren ſuchet. Denn auf keine andere Art wird man ein ϑεοδίδακτος, ein rechter Got- tes-Gelahrter. Welche Gottes-Gelehr- ſamkeit ſich ſonderlich dadurch erweiſen muß, daß ſie nicht allein auf die Theorie, oder auf ein bloſſes Wiſſen, ſondern auf eine ſolche Erkenntniß gehet, welche voller Leben, Kraft und guter Ubung iſt. Solche Gottesgelehr- ten waren die Theſſalonicher: als von wel- chen Paulus 1 Theſſ. 4, 9. ſpricht: Von der bruͤderlichen Liebe iſt nicht noth euch zu ſchreiben. Denn ihr ſeyd ſelbſt von GOtt gelehret, euch unter einander zu lieben. Und wie ſie zu dieſer Gottesgelahrtheit gekom- men waͤren, das zeiget er c. 2, 13. mit dieſen Worten an, darinnen beydes mit einander, nemlich der menſchliche Unterricht mit der Salbung, aufs genaueſte verknuͤpfet wird: Darum auch wir ohn Unterlaß GOtt dancken, daß ihr, da ihr empfinget von uns das Wort goͤttlicher Predigt, nah- met ihrs auf, nicht als Menſchen Wort, ſondern (wie es denn wahrhaftig iſt) als GOttes Wort welcher auch wircket in euch, die ihr glaͤubet. e. Zum Troſte von der Gewißheit, welche man bey ſich von aller erkannten goͤttlichen Wahr- heit wider alle Verfuͤhrung und wider allen Widerſpruch aus der goͤttlichen Salbung ha- ben kan. Denn wird die Verſuchung zur Verleitung in Jrrthuͤmer gleich noch ſo groß, und wird der Widerſpruch, da man einem die erkannte Wahrheit zu Jrrthuͤmern machen will, gleich noch ſo ſtarck, ſo iſt doch die Uber- zeugung, welche man von der Wahrheit, als Wahrheit, aus der Salbung des Heiligen Geiſtes hat, noch viel groͤſſer und ſtaͤrcker, und von ſolcher Beſchaffenheit, daß einem auch wol nicht einmal ein rechter Zweifel dagegen in den Sinn kommen kan. Jm uͤbrigen fin- det der Leſer in meinem Lateiniſchen Com- mentario von dieſem Orte eine ausfuͤhrlichere Abhandelung, und zwar erſtlich eine exege- tiſche von p. 305. bis 330, darinnen auch die Parallel-Oerter Jeſ. 54, 13. Jer. 31, 34. Joh. 6, 45. mit erlaͤutert ſind; und hernach eine poriſmatiſche von p. 330. bis 349. in 114. Anmerckungen. V. 28. Und nun (derohalben, da ihr die Sal- bung zum Grunde der Beharrung in euch habet, und ich daher ein gutes Vertrauen von eurer Beſtaͤndigkeit zu euch trage, ſo ermahne ich euch, damit ihr dazu ſoviel mehrern Ernſt beweiſen moͤget,) Kindlein (ihr Glaͤubigen, welche ich als GOttes und meine Kinder aufs zarteſte lie- be,) bleibet bey ihm, (dem Sohne GOttes) aufdaß wir Freudigkeit haben und nicht zuſchanden werden vor ihm in ſeiner Zu- kunft. Anmerckungen. 1. Daß der Apoſtel durch den, bey und in welchem wir bleiben ſollen, Chriſtum verſtehe, das ſiehet man gantz klar aus den nachfolgenden Worten, da er von der Zukunft redet, welche nebſt dem Gerichte Chriſto ſonderlich eigen iſt, und zu ſeinem Koͤniglichen Amte gehoͤret. 2. Und folglich wird uns hiedurch der vor- hergehende Context erlaͤutert, daß das pro- nomen ἀυτὸς v. 25. und 27. auch auf Chriſtum gehe. Und eben dieſes finden wir auch c. 2. da der Apoſtel auf Chriſtum ſiehet, wenn er v. 2. ſpricht: Und derſelbige iſt die Verſoͤhnung u. f. v. 3. an dem mercken wir, daß wir ihn kennen, ſo wir ſeine Gebote halten: v. 4. Wer da ſaget: ich kenne ihn, und haͤlt ſeine Gebote nicht, u. f. Wer aber ſein Wort haͤlt ‒ ‒ daran erkennen wir, daß wir in ihm ſind. v. 6. Wer da ſaget, daß er in ihm bleibet, der ſoll auch wandeln, wie er gewandelt hat. Siehe auch v. 8. 12. 13. 14. 3. Man erkennet hieraus den zarten Affect Johannis, mit welchem er im Glauben und in der Liebe Chriſto zugethan war, daß er daher von ihm ſchreibet, wenn er gleich keines von ſei- nen Namen gedencket. Wir ſehen dergleichen ſofort im Anfange des Hohenliedes Salomonis, da die Braut, ohne des Meßiaͤ, als des Braͤu- tigams, Namen vorher genennet zu haben, aus

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 679. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/681>, abgerufen am 30.05.2024.