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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 1. v. 1.
[Spaltenumbruch]
Von diesen 12. Aphorismis beliebe der Leser
den Lateinischen Commentarium von p. 8. bis
15. nachzuschlagen, da sie eine besondere Zerle-
gung und Eintheilung des zu einem jeden
gehörigen Contextes bey sich
haben.

§. IIX. Der sonderbare Nutze dieses
Briefes bestehet sonderlich darinn, daß man
[Spaltenumbruch] seinen innern Zustand, ob man in der Gnade
GOTTES stehe, oder nicht, nach denen
in allen Capiteln davon gegebnen gar deut-
lichen Kennzeichen, wohl prüfe, um solcher
Gestalt eines theils sich vor allem sehr gemei-
nen Selbst-Betruge zu hüten, andern theils a-
ber von seinem Gnaden-Stande so viel mehr
versichert zu werden.

Das Erste Capitel,
Darinnen
Der Apostel also von CHristo, als wahren GOTT und
Menschen zeuget/ daß er uns in ihm zur Seligkeit und durch ihn zur
Gemeinschaft mit GOTT anweiset.
[Spaltenumbruch]
V. 1.

DAs da im Anfang war, das
wir gehöret haben, das wir
gesehen haben mit unsern Au-
gen, das wir beschauet ha-
ben, und unsere Hände beta-
stet haben vom Worte des
Lebens
(das verkündigen wir euch v. 3.)

Anmerckungen.

1. Die Haupt-Sache dieses Verses lieget
in der Benennung, da der Sohn GOttes, un-
ser Heyland, logos, das Wort, das Wort
des Lebens
heißt. Dabey folgendes zu erwe-
gen ist:

a. Der Grund dieser Benennung. Welcher
uns Menschen zwar nach seiner rechten Tiefe
unerforschlich ist; wodurch nach einiger Aehn-
lichkeit, in welcher bey dem Menschen logos,
die Vernunft, oder der Verstand und die
Rede mit der Seele stehet, kan betrachtet
werden. Denn da ist ein anders die Seele
selbst, ein anders ihr Vermögen, welches
in ihr heißt logos, die Vernunft; so doch aber
bey dem Unterscheid zu ihrem Wesen gehöret.
So kömmt auch gedachtes Vermögen zwar
von der Seele her, aber also, daß doch die
Seele deßwegen nicht eher ist, als dasselbe.
Und obgleich die Seele solchen logon gleichsam
aus sich gebieret, so behält sie ihn, dem We-
sen nach, doch allezeit in sich: sie giebt sich a-
ber dadurch sonderlich zu erkennen, daß sie
das innere Wort durch die Rede auch zum
äusserlichen Ausdruck kommen lässet, und sich
nach ihrem Willen dadurch offenbaret. Wel-
ches alles von dem Sohne GOttes in Anse-
hung seines göttlichen Wesens und seines per-
sönlichen Unterscheides in dem göttlichen We-
sen, wie auch der Offenbarung des Willens
GOttes, welche im alten und neuen Testa-
mente durch ihn an das menschliche Geschlecht
geschehen ist, gar füglich kan gesaget werden.
Was zu dieser Gleichheit noch sonst gehöret,
und was sie für eine Ungleichheit in der Be-
zeichnung des grossen Geheimnisses bey sich
[Spaltenumbruch] habe, davon siehe den Lateinischen Com-
mentarium p.
25. u. f. Woselbst auch ge-
zeiget ist, daß mit dem Worte logos, das
Wort,
nach Anweisung des Davidischen
Orts Ps. 33, 6. insonderheit auf das Werck
der Schöpfung gesehen werde: als darinnen
der Vater durch den Sohn, als sein inneres
wesentliches Wort, auf welches das dabey
so oft gedachte Sprechen GOttes gehet, die
Welt und alles was darinnen ist, erschaffen
habe: wie Joh. 1, 3. ausdrücklich bezeuget
wird. Man hat hiebey von dem Gebrauch
dieses Worts in der Chaldaeischen Uberse-
tzung des alten Testaments das ins Teutsche
übersetzte vortrefliche Buch, welches der ge-
lehrte Engeländer Petrus Allix unter dem
Titel Ausspruch der alten Judischen Kir-
che wider die
Unitarios geschrieben hat, c.
12. u. f. nachzuschlagen.
b. Die Synonymie, oder die anderwärtige
Bezeichnung dieses Worts, logos: die uns
giebt:
a. Das Wort uios, der Sohn. Denn es
ist die andere Person in der hochgelobten
Gottheit nicht allein an sich selbst der Sohn,
und das Wort, sondern es führet uns auch
die Benennung das Wort, auf die per-
sönliche Eigenschaft des Sohnes, welche
ist in der ewigen Geburt des Sohnes vom
Vater, nach welcher der Sohn im Vater
wesentlich ist und bleibet, aber doch von ihm,
als dem ewigen Licht, seinen ewigen Abglantz
hat; gleichwie das, was wir in der Seele
logon, nennen, in der Seele wesentlich ist,
und doch auch davon gleichsam gezeuget
wird und mercklich unterschieden ist.
b. Das Wort Ebenbild des unsichtbaren
GOttes, nemlich das wesentliche. Col. 1, 15.
Siehe auch Joh. 14, 9. das Ebenbild des
Wesens GOttes, und der Abglantz seiner
Herrlichkeit Hebr. 1, 3.
g. Das Wort Weisheit Sprüchw. 8, 22.
u. f. 1 Cor. 1, 2. nemlich die selbständige:
wie auch der Rath Jes. 9, 6. und das Licht
Joh. 1, 5.
c. Der
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 1.
[Spaltenumbruch]
Von dieſen 12. Aphorismis beliebe der Leſer
den Lateiniſchen Commentarium von p. 8. bis
15. nachzuſchlagen, da ſie eine beſondere Zerle-
gung und Eintheilung des zu einem jeden
gehoͤrigen Contextes bey ſich
haben.

§. IIX. Der ſonderbare Nutze dieſes
Briefes beſtehet ſonderlich darinn, daß man
[Spaltenumbruch] ſeinen innern Zuſtand, ob man in der Gnade
GOTTES ſtehe, oder nicht, nach denen
in allen Capiteln davon gegebnen gar deut-
lichen Kennzeichen, wohl pruͤfe, um ſolcher
Geſtalt eines theils ſich vor allem ſehr gemei-
nen Selbſt-Betruge zu huͤten, andern theils a-
ber von ſeinem Gnaden-Stande ſo viel mehr
verſichert zu werden.

Das Erſte Capitel,
Darinnen
Der Apoſtel alſo von CHriſto, als wahren GOTT und
Menſchen zeuget/ daß er uns in ihm zur Seligkeit und durch ihn zur
Gemeinſchaft mit GOTT anweiſet.
[Spaltenumbruch]
V. 1.

DAs da im Anfang war, das
wir gehoͤret haben, das wir
geſehen haben mit unſern Au-
gen, das wir beſchauet ha-
ben, und unſere Haͤnde beta-
ſtet haben vom Worte des
Lebens
(das verkuͤndigen wir euch v. 3.)

Anmerckungen.

1. Die Haupt-Sache dieſes Verſes lieget
in der Benennung, da der Sohn GOttes, un-
ſer Heyland, λόγος, das Wort, das Wort
des Lebens
heißt. Dabey folgendes zu erwe-
gen iſt:

a. Der Grund dieſer Benennung. Welcher
uns Menſchen zwar nach ſeiner rechten Tiefe
unerforſchlich iſt; wodurch nach einiger Aehn-
lichkeit, in welcher bey dem Menſchen λόγος,
die Vernunft, oder der Verſtand und die
Rede mit der Seele ſtehet, kan betrachtet
werden. Denn da iſt ein anders die Seele
ſelbſt, ein anders ihr Vermoͤgen, welches
in ihr heißt λόγος, die Vernunft; ſo doch aber
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ber dadurch ſonderlich zu erkennen, daß ſie
das innere Wort durch die Rede auch zum
aͤuſſerlichen Ausdruck kommen laͤſſet, und ſich
nach ihrem Willen dadurch offenbaret. Wel-
ches alles von dem Sohne GOttes in Anſe-
hung ſeines goͤttlichen Weſens und ſeines per-
ſoͤnlichen Unterſcheides in dem goͤttlichen We-
ſen, wie auch der Offenbarung des Willens
GOttes, welche im alten und neuen Teſta-
mente durch ihn an das menſchliche Geſchlecht
geſchehen iſt, gar fuͤglich kan geſaget werden.
Was zu dieſer Gleichheit noch ſonſt gehoͤret,
und was ſie fuͤr eine Ungleichheit in der Be-
zeichnung des groſſen Geheimniſſes bey ſich
[Spaltenumbruch] habe, davon ſiehe den Lateiniſchen Com-
mentarium p.
25. u. f. Woſelbſt auch ge-
zeiget iſt, daß mit dem Worte λόγος, das
Wort,
nach Anweiſung des Davidiſchen
Orts Pſ. 33, 6. inſonderheit auf das Werck
der Schoͤpfung geſehen werde: als darinnen
der Vater durch den Sohn, als ſein inneres
weſentliches Wort, auf welches das dabey
ſo oft gedachte Sprechen GOttes gehet, die
Welt und alles was darinnen iſt, erſchaffen
habe: wie Joh. 1, 3. ausdruͤcklich bezeuget
wird. Man hat hiebey von dem Gebrauch
dieſes Worts in der Chaldæiſchen Uberſe-
tzung des alten Teſtaments das ins Teutſche
uͤberſetzte vortrefliche Buch, welches der ge-
lehrte Engelaͤnder Petrus Allix unter dem
Titel Ausſpruch der alten Judiſchen Kir-
che wider die
Unitarios geſchrieben hat, c.
12. u. f. nachzuſchlagen.
b. Die Synonymie, oder die anderwaͤrtige
Bezeichnung dieſes Worts, λόγος: die uns
giebt:
α. Das Wort ὑιὸς, der Sohn. Denn es
iſt die andere Perſon in der hochgelobten
Gottheit nicht allein an ſich ſelbſt der Sohn,
und das Wort, ſondern es fuͤhret uns auch
die Benennung das Wort, auf die per-
ſoͤnliche Eigenſchaft des Sohnes, welche
iſt in der ewigen Geburt des Sohnes vom
Vater, nach welcher der Sohn im Vater
weſentlich iſt und bleibet, aber doch von ihm,
als dem ewigen Licht, ſeinen ewigen Abglantz
hat; gleichwie das, was wir in der Seele
λόγον, nennen, in der Seele weſentlich iſt,
und doch auch davon gleichſam gezeuget
wird und mercklich unterſchieden iſt.
β. Das Wort Ebenbild des unſichtbaren
GOttes, nemlich das weſentliche. Col. 1, 15.
Siehe auch Joh. 14, 9. das Ebenbild des
Weſens GOttes, und der Abglantz ſeiner
Herrlichkeit Hebr. 1, 3.
γ. Das Wort Weisheit Spruͤchw. 8, 22.
u. f. 1 Cor. 1, 2. nemlich die ſelbſtaͤndige:
wie auch der Rath Jeſ. 9, 6. und das Licht
Joh. 1, 5.
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[646/0648] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 1. Von dieſen 12. Aphorismis beliebe der Leſer den Lateiniſchen Commentarium von p. 8. bis 15. nachzuſchlagen, da ſie eine beſondere Zerle- gung und Eintheilung des zu einem jeden gehoͤrigen Contextes bey ſich haben. §. IIX. Der ſonderbare Nutze dieſes Briefes beſtehet ſonderlich darinn, daß man ſeinen innern Zuſtand, ob man in der Gnade GOTTES ſtehe, oder nicht, nach denen in allen Capiteln davon gegebnen gar deut- lichen Kennzeichen, wohl pruͤfe, um ſolcher Geſtalt eines theils ſich vor allem ſehr gemei- nen Selbſt-Betruge zu huͤten, andern theils a- ber von ſeinem Gnaden-Stande ſo viel mehr verſichert zu werden. Das Erſte Capitel, Darinnen Der Apoſtel alſo von CHriſto, als wahren GOTT und Menſchen zeuget/ daß er uns in ihm zur Seligkeit und durch ihn zur Gemeinſchaft mit GOTT anweiſet. V. 1. DAs da im Anfang war, das wir gehoͤret haben, das wir geſehen haben mit unſern Au- gen, das wir beſchauet ha- ben, und unſere Haͤnde beta- ſtet haben vom Worte des Lebens (das verkuͤndigen wir euch v. 3.) Anmerckungen. 1. Die Haupt-Sache dieſes Verſes lieget in der Benennung, da der Sohn GOttes, un- ſer Heyland, λόγος, das Wort, das Wort des Lebens heißt. Dabey folgendes zu erwe- gen iſt: a. Der Grund dieſer Benennung. Welcher uns Menſchen zwar nach ſeiner rechten Tiefe unerforſchlich iſt; wodurch nach einiger Aehn- lichkeit, in welcher bey dem Menſchen λόγος, die Vernunft, oder der Verſtand und die Rede mit der Seele ſtehet, kan betrachtet werden. Denn da iſt ein anders die Seele ſelbſt, ein anders ihr Vermoͤgen, welches in ihr heißt λόγος, die Vernunft; ſo doch aber bey dem Unterſcheid zu ihrem Weſen gehoͤret. So koͤmmt auch gedachtes Vermoͤgen zwar von der Seele her, aber alſo, daß doch die Seele deßwegen nicht eher iſt, als daſſelbe. Und obgleich die Seele ſolchen λόγον gleichſam aus ſich gebieret, ſo behaͤlt ſie ihn, dem We- ſen nach, doch allezeit in ſich: ſie giebt ſich a- ber dadurch ſonderlich zu erkennen, daß ſie das innere Wort durch die Rede auch zum aͤuſſerlichen Ausdruck kommen laͤſſet, und ſich nach ihrem Willen dadurch offenbaret. Wel- ches alles von dem Sohne GOttes in Anſe- hung ſeines goͤttlichen Weſens und ſeines per- ſoͤnlichen Unterſcheides in dem goͤttlichen We- ſen, wie auch der Offenbarung des Willens GOttes, welche im alten und neuen Teſta- mente durch ihn an das menſchliche Geſchlecht geſchehen iſt, gar fuͤglich kan geſaget werden. Was zu dieſer Gleichheit noch ſonſt gehoͤret, und was ſie fuͤr eine Ungleichheit in der Be- zeichnung des groſſen Geheimniſſes bey ſich habe, davon ſiehe den Lateiniſchen Com- mentarium p. 25. u. f. Woſelbſt auch ge- zeiget iſt, daß mit dem Worte λόγος, das Wort, nach Anweiſung des Davidiſchen Orts Pſ. 33, 6. inſonderheit auf das Werck der Schoͤpfung geſehen werde: als darinnen der Vater durch den Sohn, als ſein inneres weſentliches Wort, auf welches das dabey ſo oft gedachte Sprechen GOttes gehet, die Welt und alles was darinnen iſt, erſchaffen habe: wie Joh. 1, 3. ausdruͤcklich bezeuget wird. Man hat hiebey von dem Gebrauch dieſes Worts in der Chaldæiſchen Uberſe- tzung des alten Teſtaments das ins Teutſche uͤberſetzte vortrefliche Buch, welches der ge- lehrte Engelaͤnder Petrus Allix unter dem Titel Ausſpruch der alten Judiſchen Kir- che wider die Unitarios geſchrieben hat, c. 12. u. f. nachzuſchlagen. b. Die Synonymie, oder die anderwaͤrtige Bezeichnung dieſes Worts, λόγος: die uns giebt: α. Das Wort ὑιὸς, der Sohn. Denn es iſt die andere Perſon in der hochgelobten Gottheit nicht allein an ſich ſelbſt der Sohn, und das Wort, ſondern es fuͤhret uns auch die Benennung das Wort, auf die per- ſoͤnliche Eigenſchaft des Sohnes, welche iſt in der ewigen Geburt des Sohnes vom Vater, nach welcher der Sohn im Vater weſentlich iſt und bleibet, aber doch von ihm, als dem ewigen Licht, ſeinen ewigen Abglantz hat; gleichwie das, was wir in der Seele λόγον, nennen, in der Seele weſentlich iſt, und doch auch davon gleichſam gezeuget wird und mercklich unterſchieden iſt. β. Das Wort Ebenbild des unſichtbaren GOttes, nemlich das weſentliche. Col. 1, 15. Siehe auch Joh. 14, 9. das Ebenbild des Weſens GOttes, und der Abglantz ſeiner Herrlichkeit Hebr. 1, 3. γ. Das Wort Weisheit Spruͤchw. 8, 22. u. f. 1 Cor. 1, 2. nemlich die ſelbſtaͤndige: wie auch der Rath Jeſ. 9, 6. und das Licht Joh. 1, 5. c. Der

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/648>, abgerufen am 25.11.2024.