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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 5. v. 13. 14.
[Spaltenumbruch] gewesen seyn; Und ob er gleich sein leiblicher
Sohn hätte seyn können: so ist es doch wahr-
scheinlicher, das ihn Petrus also seinen Sohn
nenne, wie Paulus Timotheum, das ist, einen
geistlichen, und vor andern sonderlich geliebten.

V. 14.

Grüsset euch unter einander mit dem
Kusse der Liebe. Friede sey mit allen, die
in CHristo JEsu sind! Amen!

Anmerckungen.

1. Sich unter einander mit einem Kuß der
Liebe zu begrüssen, nemlich ein iedes Geschlecht,
das männliche und weibliche, besonders, war
sonderlich in Orient sehr gewöhnlich, wie man
unter andern siehet aus Luc. 7, 45. 46. da Chri-
stus zu einem Pharisäer, der ihn zu Gaste gela-
den hatte, sagte: Jch bin kommen in dein
Haus - - - du hast mir keinen Kuß ge-
geben: diese aber, nachdem sie herein ge-
kommen ist, hat sie nicht abgelassen meine
Füsse zu küssen.

2. Daß aber der Kuß unter den Gläubi-
gen geheiliget werden solte, auch geheiliget worden
[Spaltenumbruch] ist, insonderheit, wenn sie zum Gebet zusammen
gekommen und wieder von einander gegangen
sind, das erkennet man aus ihrem Gnaden-
Stande, und aus dem Beysatze des Worts Heilig,
da des heiligen Kusses gedacht wird. Rom. 16, 16.
1 Cor. 16, 20. 2 Cor. 13, 12. 1 Thess. 5, 26. von
Juda falschen Kusse sehe man Matth. 26, 49.

3. Friede und Christus, der Frieden-
Fürst, stehen billig zusammen. Es wird uns
aber alhier nicht allein der Erwerber und Geber,
sondern auch die Ordnung des Friedens ange-
wiesen: wenn es heißt: Friede sey mit allen,
die in Christo JEsu sind.
Jn Christo seyn ist
an Christum Glauben, und durch den Glauben,
nach gründlicher Bekehrung des Hertzens, in der
Gemeinschafft mit Christo stehen. Wer also in
CHristo ist, in dem, mit dem, und über den ist
Friede, das ist, alles Heil mit allen Heils-Gü-
tern, welche der Friede in sich fasset.

4. Friede sey auch mit allen Lesern, welche
in CHristo JEsu sind, oder doch gern und auf-
richtig seyn wollen! als welches gläubige Ver-
langen schon ein Anfang der seligen Gemeinschaft
mit CHristo ist.



Erklärung
des Andern Briefes
des Apostels Petri.

Historische Nachricht und Exegetische Eintheilung
dieses Briefes.
[Spaltenumbruch]

§. I.

WAs von des Apostels Petri, als
Urhebers, Person und Amts-
Verrichtungen
zu sagen ist,
das findet der Leser in der Ein-
leitung zum ersten Briefe: deß-
gleichen welche die Gemeinen sind, an welche
dieser Brief geschrieben ist. Denn daß er an
eben dieselben gestellet worden sey, das siehet
man aus dem Anfange des dritten Capitels.

§. II. Der Ort, wo sich der Apostel zur
Zeit dieses geschriebenen Briefes aufgehalten ha-
be, ist nicht bekannt. Vermuthlich ist es auch
Babylon, oder derselben Gegend gewesen, al-
wo er die erste Epistel geschrieben hat. Denen
Gemeinen, an welche sie ist gerichtet worden,
ist solches ohn Zweifel bekannt gewesen, also
daß er die Anzeigung für unnöthig gehalten
hat.

§. III. Die Zeit ist eben so wenig zu de-
terminir
en. Vermuthlich ist dieser Brief auf
den ersten bald erfolget. Baronius setzet ihn in
[Spaltenumbruch] das Jahr Christi 63; doch auch mehr aus einer
Vermuthung, als Gewißheit. Daß er nicht
lange vor dem Tode des Apostels geschrieben
sey, siehet man aus C. 1, 14. da er von seinem
instehenden Abschiede redet. Und also kömmt
er in diesem Stücke überein mit dem andern
Briefe Pauli an den Timotheum.

§. IV. Die Veranlassung/ soviel man
aus dem Jnhalte abnehmen kan, ist folgende
gewesen:

1. Die gemeinere; weil Petro das Apostel-
Amt sonderlich an die Jüdische Nation anver-
trauet war Gal. 2, 9. darum er aus Antrie-
be des Heiligen Geistes seiner Pflicht noch
einmal schriftlich nachkommen wolte.
2. Die besondere: und zwar theils das inste-
hende Ende; bey dessen Vorstellung er soviel
mehr wünschte, mit allen seinen gewesenen Zu-
hörern den HErrn zu schauen, so vielmehr er
durch die Liebe zu Christo und ihnen dazu ge-
drungen wurde. C. 1, 14. u. f. theils auch die
Gefahr, welche er über die Asiatische Kirche
vor-

Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 5. v. 13. 14.
[Spaltenumbruch] geweſen ſeyn; Und ob er gleich ſein leiblicher
Sohn haͤtte ſeyn koͤnnen: ſo iſt es doch wahr-
ſcheinlicher, das ihn Petrus alſo ſeinen Sohn
nenne, wie Paulus Timotheum, das iſt, einen
geiſtlichen, und vor andern ſonderlich geliebten.

V. 14.

Gruͤſſet euch unter einander mit dem
Kuſſe der Liebe. Friede ſey mit allen, die
in CHriſto JEſu ſind! Amen!

Anmerckungen.

1. Sich unter einander mit einem Kuß der
Liebe zu begruͤſſen, nemlich ein iedes Geſchlecht,
das maͤnnliche und weibliche, beſonders, war
ſonderlich in Orient ſehr gewoͤhnlich, wie man
unter andern ſiehet aus Luc. 7, 45. 46. da Chri-
ſtus zu einem Phariſaͤer, der ihn zu Gaſte gela-
den hatte, ſagte: Jch bin kommen in dein
Haus ‒ ‒ ‒ du haſt mir keinen Kuß ge-
geben: dieſe aber, nachdem ſie herein ge-
kommen iſt, hat ſie nicht abgelaſſen meine
Fuͤſſe zu kuͤſſen.

2. Daß aber der Kuß unter den Glaͤubi-
gen geheiliget werden ſolte, auch geheiliget worden
[Spaltenumbruch] iſt, inſonderheit, wenn ſie zum Gebet zuſammen
gekommen und wieder von einander gegangen
ſind, das erkennet man aus ihrem Gnaden-
Stande, und aus dem Beyſatze des Woꝛts Heilig,
da des heiligen Kuſſes gedacht wird. Rom. 16, 16.
1 Cor. 16, 20. 2 Cor. 13, 12. 1 Theſſ. 5, 26. von
Juda falſchen Kuſſe ſehe man Matth. 26, 49.

3. Friede und Chriſtus, der Frieden-
Fuͤrſt, ſtehen billig zuſammen. Es wird uns
aber alhier nicht allein der Erwerber und Geber,
ſondern auch die Ordnung des Friedens ange-
wieſen: wenn es heißt: Friede ſey mit allen,
die in Chriſto JEſu ſind.
Jn Chriſto ſeyn iſt
an Chriſtum Glauben, und durch den Glauben,
nach gruͤndlicher Bekehrung des Hertzens, in der
Gemeinſchafft mit Chriſto ſtehen. Wer alſo in
CHriſto iſt, in dem, mit dem, und uͤber den iſt
Friede, das iſt, alles Heil mit allen Heils-Guͤ-
tern, welche der Friede in ſich faſſet.

4. Friede ſey auch mit allen Leſern, welche
in CHriſto JEſu ſind, oder doch gern und auf-
richtig ſeyn wollen! als welches glaͤubige Ver-
langen ſchon ein Anfang der ſeligen Gemeinſchaft
mit CHriſto iſt.



Erklaͤrung
des Andern Briefes
des Apoſtels Petri.

Hiſtoriſche Nachricht und Exegetiſche Eintheilung
dieſes Briefes.
[Spaltenumbruch]

§. I.

WAs von des Apoſtels Petri, als
Urhebers, Perſon und Amts-
Verrichtungen
zu ſagen iſt,
das findet der Leſer in der Ein-
leitung zum erſten Briefe: deß-
gleichen welche die Gemeinen ſind, an welche
dieſer Brief geſchrieben iſt. Denn daß er an
eben dieſelben geſtellet worden ſey, das ſiehet
man aus dem Anfange des dritten Capitels.

§. II. Der Ort, wo ſich der Apoſtel zur
Zeit dieſes geſchriebenen Briefes aufgehalten ha-
be, iſt nicht bekannt. Vermuthlich iſt es auch
Babylon, oder derſelben Gegend geweſen, al-
wo er die erſte Epiſtel geſchrieben hat. Denen
Gemeinen, an welche ſie iſt gerichtet worden,
iſt ſolches ohn Zweifel bekannt geweſen, alſo
daß er die Anzeigung fuͤr unnoͤthig gehalten
hat.

§. III. Die Zeit iſt eben ſo wenig zu de-
terminir
en. Vermuthlich iſt dieſer Brief auf
den erſten bald erfolget. Baronius ſetzet ihn in
[Spaltenumbruch] das Jahr Chriſti 63; doch auch mehr aus einer
Vermuthung, als Gewißheit. Daß er nicht
lange vor dem Tode des Apoſtels geſchrieben
ſey, ſiehet man aus C. 1, 14. da er von ſeinem
inſtehenden Abſchiede redet. Und alſo koͤmmt
er in dieſem Stuͤcke uͤberein mit dem andern
Briefe Pauli an den Timotheum.

§. IV. Die Veranlaſſung/ ſoviel man
aus dem Jnhalte abnehmen kan, iſt folgende
geweſen:

1. Die gemeinere; weil Petro das Apoſtel-
Amt ſonderlich an die Juͤdiſche Nation anver-
trauet war Gal. 2, 9. darum er aus Antrie-
be des Heiligen Geiſtes ſeiner Pflicht noch
einmal ſchriftlich nachkommen wolte.
2. Die beſondere: und zwar theils das inſte-
hende Ende; bey deſſen Vorſtellung er ſoviel
mehr wuͤnſchte, mit allen ſeinen geweſenen Zu-
hoͤrern den HErrn zu ſchauen, ſo vielmehr er
durch die Liebe zu Chriſto und ihnen dazu ge-
drungen wurde. C. 1, 14. u. f. theils auch die
Gefahr, welche er uͤber die Aſiatiſche Kirche
vor-
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[584/0586] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 5. v. 13. 14. geweſen ſeyn; Und ob er gleich ſein leiblicher Sohn haͤtte ſeyn koͤnnen: ſo iſt es doch wahr- ſcheinlicher, das ihn Petrus alſo ſeinen Sohn nenne, wie Paulus Timotheum, das iſt, einen geiſtlichen, und vor andern ſonderlich geliebten. V. 14. Gruͤſſet euch unter einander mit dem Kuſſe der Liebe. Friede ſey mit allen, die in CHriſto JEſu ſind! Amen! Anmerckungen. 1. Sich unter einander mit einem Kuß der Liebe zu begruͤſſen, nemlich ein iedes Geſchlecht, das maͤnnliche und weibliche, beſonders, war ſonderlich in Orient ſehr gewoͤhnlich, wie man unter andern ſiehet aus Luc. 7, 45. 46. da Chri- ſtus zu einem Phariſaͤer, der ihn zu Gaſte gela- den hatte, ſagte: Jch bin kommen in dein Haus ‒ ‒ ‒ du haſt mir keinen Kuß ge- geben: dieſe aber, nachdem ſie herein ge- kommen iſt, hat ſie nicht abgelaſſen meine Fuͤſſe zu kuͤſſen. 2. Daß aber der Kuß unter den Glaͤubi- gen geheiliget werden ſolte, auch geheiliget worden iſt, inſonderheit, wenn ſie zum Gebet zuſammen gekommen und wieder von einander gegangen ſind, das erkennet man aus ihrem Gnaden- Stande, und aus dem Beyſatze des Woꝛts Heilig, da des heiligen Kuſſes gedacht wird. Rom. 16, 16. 1 Cor. 16, 20. 2 Cor. 13, 12. 1 Theſſ. 5, 26. von Juda falſchen Kuſſe ſehe man Matth. 26, 49. 3. Friede und Chriſtus, der Frieden- Fuͤrſt, ſtehen billig zuſammen. Es wird uns aber alhier nicht allein der Erwerber und Geber, ſondern auch die Ordnung des Friedens ange- wieſen: wenn es heißt: Friede ſey mit allen, die in Chriſto JEſu ſind. Jn Chriſto ſeyn iſt an Chriſtum Glauben, und durch den Glauben, nach gruͤndlicher Bekehrung des Hertzens, in der Gemeinſchafft mit Chriſto ſtehen. Wer alſo in CHriſto iſt, in dem, mit dem, und uͤber den iſt Friede, das iſt, alles Heil mit allen Heils-Guͤ- tern, welche der Friede in ſich faſſet. 4. Friede ſey auch mit allen Leſern, welche in CHriſto JEſu ſind, oder doch gern und auf- richtig ſeyn wollen! als welches glaͤubige Ver- langen ſchon ein Anfang der ſeligen Gemeinſchaft mit CHriſto iſt. Erklaͤrung des Andern Briefes des Apoſtels Petri. Hiſtoriſche Nachricht und Exegetiſche Eintheilung dieſes Briefes. §. I. WAs von des Apoſtels Petri, als Urhebers, Perſon und Amts- Verrichtungen zu ſagen iſt, das findet der Leſer in der Ein- leitung zum erſten Briefe: deß- gleichen welche die Gemeinen ſind, an welche dieſer Brief geſchrieben iſt. Denn daß er an eben dieſelben geſtellet worden ſey, das ſiehet man aus dem Anfange des dritten Capitels. §. II. Der Ort, wo ſich der Apoſtel zur Zeit dieſes geſchriebenen Briefes aufgehalten ha- be, iſt nicht bekannt. Vermuthlich iſt es auch Babylon, oder derſelben Gegend geweſen, al- wo er die erſte Epiſtel geſchrieben hat. Denen Gemeinen, an welche ſie iſt gerichtet worden, iſt ſolches ohn Zweifel bekannt geweſen, alſo daß er die Anzeigung fuͤr unnoͤthig gehalten hat. §. III. Die Zeit iſt eben ſo wenig zu de- terminiren. Vermuthlich iſt dieſer Brief auf den erſten bald erfolget. Baronius ſetzet ihn in das Jahr Chriſti 63; doch auch mehr aus einer Vermuthung, als Gewißheit. Daß er nicht lange vor dem Tode des Apoſtels geſchrieben ſey, ſiehet man aus C. 1, 14. da er von ſeinem inſtehenden Abſchiede redet. Und alſo koͤmmt er in dieſem Stuͤcke uͤberein mit dem andern Briefe Pauli an den Timotheum. §. IV. Die Veranlaſſung/ ſoviel man aus dem Jnhalte abnehmen kan, iſt folgende geweſen: 1. Die gemeinere; weil Petro das Apoſtel- Amt ſonderlich an die Juͤdiſche Nation anver- trauet war Gal. 2, 9. darum er aus Antrie- be des Heiligen Geiſtes ſeiner Pflicht noch einmal ſchriftlich nachkommen wolte. 2. Die beſondere: und zwar theils das inſte- hende Ende; bey deſſen Vorſtellung er ſoviel mehr wuͤnſchte, mit allen ſeinen geweſenen Zu- hoͤrern den HErrn zu ſchauen, ſo vielmehr er durch die Liebe zu Chriſto und ihnen dazu ge- drungen wurde. C. 1, 14. u. f. theils auch die Gefahr, welche er uͤber die Aſiatiſche Kirche vor-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 584. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/586>, abgerufen am 22.11.2024.