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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 3. v. 19-21. des ersten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch] Epistel Petri, wie auch über das erste Buch
Mose, eine andere Meynung dieser ietzt
erzehlten gerne vorziehen wolte, so ver-
wirft er doch dieselbe auch nicht, und läßt
es im Zweifel bleiben. So will auch ich

(Osiander) über diese Meynung mit nie-
manden streiten, sondern habe schlechts
anzeigen und erzehlen wollen, was mein
Gutbedüncken von diesem sehr dunckeln
Spruch sey, und bin bereit, eine bessere
anzunehmen, wenn sie mit den Worten
Petri übereinstimmet und zutrift. Er-
kenne darneben gerne mit
D. Luthern,
heiliger Gedächtniß, in seiner Auslegung
über das siebende Capitel des ersten Buchs
Mose, daß es einem Kirchen-Lehrer keine
Schande sey, etwas nicht wissen, sondern
sey vielmehr eine Vermessenheit, wenn
man wolle dafür angesehen und gehalten
werden, daß man alles wisse.

3. Hierbey hat man auch zu conferiren,
was der Berlinische Theologus, D. FERD.
HELFR.
Lichtscheid in seinen Gedancken
über das Büchlein vom ewigen Evangelio p.
299. über diesen und den folgenden Ort Petri
c. 4, 6. erinnert, da er spricht: Was die bey-
den Oerter aus Petri ersten Briefe
c.
III, 19. c. IV,
6. betrift, verstehet man sol-
che billig am einfältigsten nach dem Buch-
staben, daß Christus denen weiland un-
gläubigen Geistern im Gefängniß gepre-
diget, daß sie nun, unbeschadet des über
sie ergangenen Gerichts, und Strafen
GOttes, die er über sie dem Fleische nach
ergehen lassen, da sie vor den Menschen
als verurtheilete gehalten werden, den-
noch dem Geist nach, der sich in ihnen,
ohne die ehmalige Hinderniß des Unglau-
bens, lebendig erzeigen soll, GOtt leben
sollen; daß es also keine gesetzliche, son-
dern recht evangelische Gnaden-Predigt
gewesen.

4. Gleichwie nun eines theils aus dieser Er-
klärung gar nicht folget, was die Papisten vor-
geben, oder worauf die bekannte Wiederbrin-
gung aller Dinge
führet; als dargegen der zu-
letzt gedachte Auctor bey angeführter seiner Er-
klärung eben den benannten Tractat geschrieben
hat: so hat man auch andern theils solche Ausle-
gung nicht als irrig zu verwerfen, sondern es der
Erkenntniß derer, die sich davon überzeuget hal-
ten, in evangelischer Freyheit zu überlassen: zu-
mal da es die älteste und gemeineste Meynung
der Alt-Väter gewesen ist: als derer Zeugnisse
der berühmte Leipzigsche Theologus D. THO-
MAS ITTIGIUS
in seiner Dissertation de
Evangelio mortuis annunciato
nach einander
anführet, und p. 6. spricht: Haec opinio quam
frequens sit in patrum scriptis, dici vix pot-
est.
Jmgleichen p. 14. Haec sententia in scri-
ptis patrum tam frequens est, ut ISIDORUS
HISP ALENSIS L. VIII. Origin. c. 5 p. 66. in-
ter haereticos numeraverit, qui in Christi ad
inferos descensu animarum liberationem ne-
gant; siquidem inter varias haereses illam
[Spaltenumbruch] refert, quae liberationem hominum, Christi
descensione factam, non credidit.

V. 21.

Welches nun auch uns selig machet
in der Taufe, die durch jenes bedeutet ist,
nicht das Abthun des Unflats am Flei-
sche, sondern der Bund eines guten Ge-
wissens mit GOtt, durch die Auferste-
hung JEsu Christi.

Anmerckungen.

1. Das pronomen [fremdsprachliches Material] gehet auf das nechst
vorhergehende Wort udatos, Wasser: sintemal
alhier ein Wasser mit dem andern verglichen
wird, das Tauf-Wasser mit dem Wasser der
Sündfluth.

2. Die Vergleichung stehet in diesen
zwey Stücken:

a. Gleichwie das Wasser der Sündfluth die
Arche Noä in die Höhe hub, und Noa selbst
achte darinn bewahret wurd, und solcherge-
stalt nicht allein die Arche, sondern auch das
Wasser selbst zu ihrer Erhaltung dienen mu-
ste: also dienet das Tauf-Wasser, da es kein
schlecht Wasser, sondern ein Wasser ist in
GOttes Wort verfasset, und mit GOttes
Wort verbunden, zur geistlichen und ewigen
Erhaltung der getauften.
b. Gleichwie das Wasser der Sündfluth die
ungläubigen Menschen hinweg nahm und er-
säufte, und solchergestalt den Noa mit dem
Seinigen von der damaligen Gottlosen
Welt, die ihm ohne Zweifel lästig genug ge-
wesen ist, befreyete: also machet uns das
Wasser der heiligen Taufe, da wir in Chri-
sti Tod getaufet werden, frey und selig von
unsern Sünden, und nimmt die Schuld und
Strafe davon hinweg. Davon man sehe
Röm. 6, 2. u. f.

3. Die Worte antitupon und baptisma ste-
hen in appositione, und können gegeben wer-
den: das Gegenbild, die Taufe: und von
dieser wird nun gesaget: s[fremdsprachliches Material]rei, sie machet se-
lig
nun nun, nemlich zur Zeit der neuen Oeco-
nomi
e, wodurch? o dadurch, nemlich udati,
durch das Wasser, nemlich durch ihr eige-
nes Wasser, das dazu gebrauchet wird, aber,
da wir auf den Dreyeinigen GOTT, und da-
bey sonderlich in den Tod Christi getaufet wer-
den, kein schlecht Wasser ist. Es können dem-
nach die ersten Worte dieses Verses also über-
setzet werden: womit (mit welchem Wasser)
auch uns nun das Gegenbild, die Taufe, se-
lig machet.

4. Und wenn nun die solgenden Worte
in parenthesi stehen, so werden die ersten mit
den letztern also construiret: Die Taufe ma-
chet uns selig durch die Auferstehung JEsu
Christi,
gleichwie vorher gesaget ist, daß Noa
sey erhalten worden durch das Wasser: und ist
davon der Verstand dieser, daß damit angezei-
get werde, woher die heilige Taufe ihre Kraft
habe zur Seligmachung: weil nemlich durch
das nach geschehenem Untertauchen erfolgende
wieder herauskommen aus dem Wasser die Auf-
erstehung Christi repraesentiret, und folglich

durch

Cap. 3. v. 19-21. des erſten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch] Epiſtel Petri, wie auch uͤber das erſte Buch
Moſe, eine andere Meynung dieſer ietzt
erzehlten gerne vorziehen wolte, ſo ver-
wirft er doch dieſelbe auch nicht, und laͤßt
es im Zweifel bleiben. So will auch ich

(Oſiander) uͤber dieſe Meynung mit nie-
manden ſtreiten, ſondern habe ſchlechts
anzeigen und erzehlen wollen, was mein
Gutbeduͤncken von dieſem ſehr dunckeln
Spruch ſey, und bin bereit, eine beſſere
anzunehmen, wenn ſie mit den Worten
Petri uͤbereinſtimmet und zutrift. Er-
kenne darneben gerne mit
D. Luthern,
heiliger Gedaͤchtniß, in ſeiner Auslegung
uͤber das ſiebende Capitel des erſten Buchs
Moſe, daß es einem Kirchen-Lehrer keine
Schande ſey, etwas nicht wiſſen, ſondern
ſey vielmehr eine Vermeſſenheit, wenn
man wolle dafuͤr angeſehen und gehalten
werden, daß man alles wiſſe.

3. Hierbey hat man auch zu conferiren,
was der Berliniſche Theologus, D. FERD.
HELFR.
Lichtſcheid in ſeinen Gedancken
uͤber das Buͤchlein vom ewigen Evangelio p.
299. uͤber dieſen und den folgenden Ort Petri
c. 4, 6. erinnert, da er ſpricht: Was die bey-
den Oerter aus Petri erſten Briefe
c.
III, 19. c. IV,
6. betrift, verſtehet man ſol-
che billig am einfaͤltigſten nach dem Buch-
ſtaben, daß Chriſtus denen weiland un-
glaͤubigen Geiſtern im Gefaͤngniß gepre-
diget, daß ſie nun, unbeſchadet des uͤber
ſie ergangenen Gerichts, und Strafen
GOttes, die er uͤber ſie dem Fleiſche nach
ergehen laſſen, da ſie vor den Menſchen
als verurtheilete gehalten werden, den-
noch dem Geiſt nach, der ſich in ihnen,
ohne die ehmalige Hinderniß des Unglau-
bens, lebendig erzeigen ſoll, GOtt leben
ſollen; daß es alſo keine geſetzliche, ſon-
dern recht evangeliſche Gnaden-Predigt
geweſen.

4. Gleichwie nun eines theils aus dieſer Er-
klaͤrung gar nicht folget, was die Papiſten vor-
geben, oder worauf die bekannte Wiederbrin-
gung aller Dinge
fuͤhret; als dargegen der zu-
letzt gedachte Auctor bey angefuͤhrter ſeiner Er-
klaͤrung eben den benannten Tractat geſchrieben
hat: ſo hat man auch andern theils ſolche Ausle-
gung nicht als irrig zu verwerfen, ſondern es der
Erkenntniß derer, die ſich davon uͤberzeuget hal-
ten, in evangeliſcher Freyheit zu uͤberlaſſen: zu-
mal da es die aͤlteſte und gemeineſte Meynung
der Alt-Vaͤter geweſen iſt: als derer Zeugniſſe
der beruͤhmte Leipzigſche Theologus D. THO-
MAS ITTIGIUS
in ſeiner Diſſertation de
Evangelio mortuis annunciato
nach einander
anfuͤhret, und p. 6. ſpricht: Hæc opinio quam
frequens ſit in patrum ſcriptis, dici vix pot-
eſt.
Jmgleichen p. 14. Hæc ſententia in ſcri-
ptis patrum tam frequens eſt, ut ISIDORUS
HISP ALENSIS L. VIII. Origin. c. 5 p. 66. in-
ter hæreticos numeraverit, qui in Chriſti ad
inferos deſcenſu animarum liberationem ne-
gant; ſiquidem inter varias hæreſes illam
[Spaltenumbruch] refert, quæ liberationem hominum, Chriſti
deſcenſione factam, non credidit.

V. 21.

Welches nun auch uns ſelig machet
in der Taufe, die durch jenes bedeutet iſt,
nicht das Abthun des Unflats am Flei-
ſche, ſondern der Bund eines guten Ge-
wiſſens mit GOtt, durch die Auferſte-
hung JEſu Chriſti.

Anmerckungen.

1. Das pronomen [fremdsprachliches Material] gehet auf das nechſt
vorhergehende Wort ὕδατος, Waſſer: ſintemal
alhier ein Waſſer mit dem andern verglichen
wird, das Tauf-Waſſer mit dem Waſſer der
Suͤndfluth.

2. Die Vergleichung ſtehet in dieſen
zwey Stuͤcken:

a. Gleichwie das Waſſer der Suͤndfluth die
Arche Noaͤ in die Hoͤhe hub, und Noa ſelbſt
achte darinn bewahret wurd, und ſolcherge-
ſtalt nicht allein die Arche, ſondern auch das
Waſſer ſelbſt zu ihrer Erhaltung dienen mu-
ſte: alſo dienet das Tauf-Waſſer, da es kein
ſchlecht Waſſer, ſondern ein Waſſer iſt in
GOttes Wort verfaſſet, und mit GOttes
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Erhaltung der getauften.
b. Gleichwie das Waſſer der Suͤndfluth die
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ſaͤufte, und ſolchergeſtalt den Noa mit dem
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Welt, die ihm ohne Zweifel laͤſtig genug ge-
weſen iſt, befreyete: alſo machet uns das
Waſſer der heiligen Taufe, da wir in Chri-
ſti Tod getaufet werden, frey und ſelig von
unſern Suͤnden, und nimmt die Schuld und
Strafe davon hinweg. Davon man ſehe
Roͤm. 6, 2. u. f.

3. Die Worte ἀντίτυπον und βάπτισμα ſte-
hen in appoſitione, und koͤnnen gegeben wer-
den: das Gegenbild, die Taufe: und von
dieſer wird nun geſaget: σ[fremdsprachliches Material]ρει, ſie machet ſe-
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νῦν nun, nemlich zur Zeit der neuen Oeco-
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e, wodurch? ᾧ dadurch, nemlich ὕδατι,
durch das Waſſer, nemlich durch ihr eige-
nes Waſſer, das dazu gebrauchet wird, aber,
da wir auf den Dreyeinigen GOTT, und da-
bey ſonderlich in den Tod Chriſti getaufet wer-
den, kein ſchlecht Waſſer iſt. Es koͤnnen dem-
nach die erſten Worte dieſes Verſes alſo uͤber-
ſetzet werden: womit (mit welchem Waſſer)
auch uns nun das Gegenbild, die Taufe, ſe-
lig machet.

4. Und wenn nun die ſolgenden Worte
in parentheſi ſtehen, ſo werden die erſten mit
den letztern alſo conſtruiret: Die Taufe ma-
chet uns ſelig durch die Auferſtehung JEſu
Chriſti,
gleichwie vorher geſaget iſt, daß Noa
ſey erhalten worden durch das Waſſer: und iſt
davon der Verſtand dieſer, daß damit angezei-
get werde, woher die heilige Taufe ihre Kraft
habe zur Seligmachung: weil nemlich durch
das nach geſchehenem Untertauchen erfolgende
wieder herauskommen aus dem Waſſer die Auf-
erſtehung Chriſti repræſentiret, und folglich

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[559/0561] Cap. 3. v. 19-21. des erſten Briefes Petri. Epiſtel Petri, wie auch uͤber das erſte Buch Moſe, eine andere Meynung dieſer ietzt erzehlten gerne vorziehen wolte, ſo ver- wirft er doch dieſelbe auch nicht, und laͤßt es im Zweifel bleiben. So will auch ich (Oſiander) uͤber dieſe Meynung mit nie- manden ſtreiten, ſondern habe ſchlechts anzeigen und erzehlen wollen, was mein Gutbeduͤncken von dieſem ſehr dunckeln Spruch ſey, und bin bereit, eine beſſere anzunehmen, wenn ſie mit den Worten Petri uͤbereinſtimmet und zutrift. Er- kenne darneben gerne mit D. Luthern, heiliger Gedaͤchtniß, in ſeiner Auslegung uͤber das ſiebende Capitel des erſten Buchs Moſe, daß es einem Kirchen-Lehrer keine Schande ſey, etwas nicht wiſſen, ſondern ſey vielmehr eine Vermeſſenheit, wenn man wolle dafuͤr angeſehen und gehalten werden, daß man alles wiſſe. 3. Hierbey hat man auch zu conferiren, was der Berliniſche Theologus, D. FERD. HELFR. Lichtſcheid in ſeinen Gedancken uͤber das Buͤchlein vom ewigen Evangelio p. 299. uͤber dieſen und den folgenden Ort Petri c. 4, 6. erinnert, da er ſpricht: Was die bey- den Oerter aus Petri erſten Briefe c. III, 19. c. IV, 6. betrift, verſtehet man ſol- che billig am einfaͤltigſten nach dem Buch- ſtaben, daß Chriſtus denen weiland un- glaͤubigen Geiſtern im Gefaͤngniß gepre- diget, daß ſie nun, unbeſchadet des uͤber ſie ergangenen Gerichts, und Strafen GOttes, die er uͤber ſie dem Fleiſche nach ergehen laſſen, da ſie vor den Menſchen als verurtheilete gehalten werden, den- noch dem Geiſt nach, der ſich in ihnen, ohne die ehmalige Hinderniß des Unglau- bens, lebendig erzeigen ſoll, GOtt leben ſollen; daß es alſo keine geſetzliche, ſon- dern recht evangeliſche Gnaden-Predigt geweſen. 4. Gleichwie nun eines theils aus dieſer Er- klaͤrung gar nicht folget, was die Papiſten vor- geben, oder worauf die bekannte Wiederbrin- gung aller Dinge fuͤhret; als dargegen der zu- letzt gedachte Auctor bey angefuͤhrter ſeiner Er- klaͤrung eben den benannten Tractat geſchrieben hat: ſo hat man auch andern theils ſolche Ausle- gung nicht als irrig zu verwerfen, ſondern es der Erkenntniß derer, die ſich davon uͤberzeuget hal- ten, in evangeliſcher Freyheit zu uͤberlaſſen: zu- mal da es die aͤlteſte und gemeineſte Meynung der Alt-Vaͤter geweſen iſt: als derer Zeugniſſe der beruͤhmte Leipzigſche Theologus D. THO- MAS ITTIGIUS in ſeiner Diſſertation de Evangelio mortuis annunciato nach einander anfuͤhret, und p. 6. ſpricht: Hæc opinio quam frequens ſit in patrum ſcriptis, dici vix pot- eſt. Jmgleichen p. 14. Hæc ſententia in ſcri- ptis patrum tam frequens eſt, ut ISIDORUS HISP ALENSIS L. VIII. Origin. c. 5 p. 66. in- ter hæreticos numeraverit, qui in Chriſti ad inferos deſcenſu animarum liberationem ne- gant; ſiquidem inter varias hæreſes illam refert, quæ liberationem hominum, Chriſti deſcenſione factam, non credidit. V. 21. Welches nun auch uns ſelig machet in der Taufe, die durch jenes bedeutet iſt, nicht das Abthun des Unflats am Flei- ſche, ſondern der Bund eines guten Ge- wiſſens mit GOtt, durch die Auferſte- hung JEſu Chriſti. Anmerckungen. 1. Das pronomen _ gehet auf das nechſt vorhergehende Wort ὕδατος, Waſſer: ſintemal alhier ein Waſſer mit dem andern verglichen wird, das Tauf-Waſſer mit dem Waſſer der Suͤndfluth. 2. Die Vergleichung ſtehet in dieſen zwey Stuͤcken: a. Gleichwie das Waſſer der Suͤndfluth die Arche Noaͤ in die Hoͤhe hub, und Noa ſelbſt achte darinn bewahret wurd, und ſolcherge- ſtalt nicht allein die Arche, ſondern auch das Waſſer ſelbſt zu ihrer Erhaltung dienen mu- ſte: alſo dienet das Tauf-Waſſer, da es kein ſchlecht Waſſer, ſondern ein Waſſer iſt in GOttes Wort verfaſſet, und mit GOttes Wort verbunden, zur geiſtlichen und ewigen Erhaltung der getauften. b. Gleichwie das Waſſer der Suͤndfluth die unglaͤubigen Menſchen hinweg nahm und er- ſaͤufte, und ſolchergeſtalt den Noa mit dem Seinigen von der damaligen Gottloſen Welt, die ihm ohne Zweifel laͤſtig genug ge- weſen iſt, befreyete: alſo machet uns das Waſſer der heiligen Taufe, da wir in Chri- ſti Tod getaufet werden, frey und ſelig von unſern Suͤnden, und nimmt die Schuld und Strafe davon hinweg. Davon man ſehe Roͤm. 6, 2. u. f. 3. Die Worte ἀντίτυπον und βάπτισμα ſte- hen in appoſitione, und koͤnnen gegeben wer- den: das Gegenbild, die Taufe: und von dieſer wird nun geſaget: σ_ ρει, ſie machet ſe- lig νῦν nun, nemlich zur Zeit der neuen Oeco- nomie, wodurch? ᾧ dadurch, nemlich ὕδατι, durch das Waſſer, nemlich durch ihr eige- nes Waſſer, das dazu gebrauchet wird, aber, da wir auf den Dreyeinigen GOTT, und da- bey ſonderlich in den Tod Chriſti getaufet wer- den, kein ſchlecht Waſſer iſt. Es koͤnnen dem- nach die erſten Worte dieſes Verſes alſo uͤber- ſetzet werden: womit (mit welchem Waſſer) auch uns nun das Gegenbild, die Taufe, ſe- lig machet. 4. Und wenn nun die ſolgenden Worte in parentheſi ſtehen, ſo werden die erſten mit den letztern alſo conſtruiret: Die Taufe ma- chet uns ſelig durch die Auferſtehung JEſu Chriſti, gleichwie vorher geſaget iſt, daß Noa ſey erhalten worden durch das Waſſer: und iſt davon der Verſtand dieſer, daß damit angezei- get werde, woher die heilige Taufe ihre Kraft habe zur Seligmachung: weil nemlich durch das nach geſchehenem Untertauchen erfolgende wieder herauskommen aus dem Waſſer die Auf- erſtehung Chriſti repræſentiret, und folglich durch

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 559. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/561>, abgerufen am 13.06.2024.