Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
Cap. 3. v. 1-4. des ersten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch]

4. Es ist auch leichtlich zu erachten, wie es
hat zugehen können. Denn wenn ein jüdisches,
oder heydnisches Eheweib vorher gegen ihren
Mann sich widersetzlich erwiesen hatte, auch ih-
ren übrigen Pflichten nicht nachgekommen war;
und hingegen, so bald sie die Christliche Reli-
gion angenommen hatte, in allen Stücken das
Gegentheil darthat; so konte es nicht anders
seyn, als daß es dem Manne nicht allein wohlgefal-
len, sondern er auch die Christliche Religion,
welcher er eine so herrliche Veränderung zuzu-
schreiben hatte, daher lieb gewinnen muste.
Auf welche Art auch ein gläubiger Mann, der
vorhin sein männliches Regiment gemißbrau-
chet hatte, sein ungläubiges Weib, die glaubige
Herrschaft ihre ungläubige Dienstboten gewin-
nen konte. O wenn mancher und manche noch
heute zu Tage auf eine so gar löbliche und so ge-
segnete Gewinnung gedächte! Paulus nennet
dieses Gewinnen ein selig machen, weil es der
Weg dazu ist 1 Cor. 7, 16.

V. 3. 4.

Welcher Geschmuck soll nicht auswen-
dig seyn mit Haarflechten, und Gold um-
hängen, oder
(kostbare und pralende) Klei-
der anlegen, sondern der verborgene Mensch
des Hertzens unverrückt, mit sanftem und
stillem Geiste: das ist köstlich vor GOtt

(und erbaulich vor Menschen, sintemal ein sol-
cher innerlicher Schmuck sich in einem gottseligen
Wandel äussert.)

Anmerckungen.

1. Es giebt gewisse Sünden, nach dem
Unterscheid der Nationen, des Alters, der Le-
bens-Arten, und menschlichen Societäten, auch
des Geschlechts, des männlichen und des weib-
lichen. Und da hanget dem weiblichen aus Ei-
genliebe sonderlich der Putz und Schmuck an;
und zwar also, daß sie daraus nicht allein ihr
Werck machen, sondern auch ihres Seelen-
Schmucks darüber gar vergessen: Wie denn
dieses aus jenem folget. Jch habe von dieser
Materie ausführlich gehandelt bey 1 Tim. 2, 9.
10. und gezeiget, wie das Urtheil davon nach
der Wahrheit und zugleich nach der Liebe also
könne eingerichtet werden, daß man der Sache
weder zuviel, noch zu wenig thue. Dahin ich
demnach den Christlichen Leser verweise.

2. Bey den Worten, der verborgene
Mensch des Hertzens,
ist folgendes zu mer-
cken:

a. Daß dieser Mensch nichts anders sey als die
Seele: als welche hier dem Leibe entgegen
gesetzet wird.
b. Daß die Seele den Namen des Menschen
führe, weil es bey der menschlichen Natur
sonderlich auf die Seele, als auf den für-
nehmsten Theil derselben, ankömmt, da sie
ein unsterblicher Geist ist, und nicht allein den
Leib bewohnet und regieret, sondern auch die
Ursache ist, davon des Leibes ewige Wohlfahrt
dependiret.
c. Daß die Seele der verborgene Mensch heis-
[Spaltenumbruch] se, weil sie nicht also äusserlich in die Sinne
fällt, als der offenbare Leib.
d. Daß dieser verborgene Mensch sonst auch
heisse der innere Mensch, und dieser nicht
confundiret werden müsse mit dem neuen
Menschen;
sintemal der innere Mensch er-
neuret
werden muß. Röm. 7, 22. 2 Cor. 4,
16. Eph. 3, 16.
e. Daß das Wort des Hertzens zu den Wor-
ten verborgene Mensch deßwegen gesetzet
werde, um damit anzuzeigen, worauf es
bey der Seele sonderlich ankomme, nemlich
auf das Vermögen des freyen Willens mit
allen dazu gehörigen Affecten und Neigun-
gen: als welche nebst der Willens-Kraft son-
derlich mit dem Worte kardia, Hertz, pfle-
gen bezeichnet zu werden: und zwar deßwe-
gen, weil die Seele, ob sie gleich den gantzen
Leib bewohnet das Vermögen des Willens
sonderlich in demjenigen innerlichen Theile
der Brust, welches man das Hertz nennet,
am empfindlichsten äussert; gleichwie sie ihre
Kraft des Verstandes eigentlich im Haupte
hervorthut.
f. Daß zur Erleuterung dieser Worte sonder-
lich diene der Ort Pauli Röm. 2, 28. 29. Das
ist ein Jude, der inwendig verborgen
ist
u. s. w.

3. Die Worte: mit sanften und stillen
Geiste
erfordern folgende Erläuterung.

a. Weil das Wort Geist alhier von dem ver-
borgenen Menschen des Hertzens, das ist, von
der Seele unterschieden wird, so wird damit
alhier nicht sowol auf das Wesen der Seele,
als auf ihre Beschaffenheit, welche sie aus der
Erneuerung hat, gesehen. Jn Ansehung
dessen es von den gottlosen Juden v. 19. heißt,
daß sie fleischlich sind und keinen Geist
haben:
Und in diesem Verstande wird
Paulo und den Gläubigen ein sanftmüthi-
ger Geist zugeschrieben
1 Cor. 4, 21. Gal.
6, 1. Siehe auch 2 Tim. 1, 7.
b. Diesem Geiste wird zweyerley zugeeignet, o-
der bey den Weibern dazu zweyerley erfo-
dert: Die Sanftmuth und die Stille;
das ist eine rechte Lammes-Art, worinnen
sich, ausser andern hiebey zugleich mit einge-
schlossenen Tugenden, bey dem weiblichen
Geschlechte der Sinn Christi am allermei-
sten äußern soll. Denn da ein sanftmüthiges
stilles Wesen, nemlich ein solches, wie alhier
verstanden wird, das ist, da man den Frieden
GOttes mit allen übrigen Heyls-Gütern in
seiner Seele, und daher im Umgange mit an-
dern einen demüthigen, holdseligen und fried-
samen Wandel führet, eines ieden Christen
Eigenschaft und Zierde ist: so zieret es son-
derlich das weibliche Geschlecht. Denn
gleichwie das männliche von Natur insge-
mein feuriger und hertzhafter ist, als das weib-
liche, solches auch nöthig und sehr heilsam ist,
wenn es geheiliget wird: also stehet hingegen
dem weiblichen Geschlecht keine Tugend bes-
ser an, als ein stiller und sanfter Geist;
darinnen sich demnach die Gestalt Christi am
meisten
Z z z 3
Cap. 3. v. 1-4. des erſten Briefes Petri.
[Spaltenumbruch]

4. Es iſt auch leichtlich zu erachten, wie es
hat zugehen koͤnnen. Denn wenn ein juͤdiſches,
oder heydniſches Eheweib vorher gegen ihren
Mann ſich widerſetzlich erwieſen hatte, auch ih-
ren uͤbrigen Pflichten nicht nachgekommen war;
und hingegen, ſo bald ſie die Chriſtliche Reli-
gion angenommen hatte, in allen Stuͤcken das
Gegentheil darthat; ſo konte es nicht anders
ſeyn, als daß es dem Mañe nicht allein wohlgefal-
len, ſondern er auch die Chriſtliche Religion,
welcher er eine ſo herrliche Veraͤnderung zuzu-
ſchreiben hatte, daher lieb gewinnen muſte.
Auf welche Art auch ein glaͤubiger Mann, der
vorhin ſein maͤnnliches Regiment gemißbrau-
chet hatte, ſein unglaͤubiges Weib, die glaubige
Herrſchaft ihre unglaͤubige Dienſtboten gewin-
nen konte. O wenn mancher und manche noch
heute zu Tage auf eine ſo gar loͤbliche und ſo ge-
ſegnete Gewinnung gedaͤchte! Paulus nennet
dieſes Gewinnen ein ſelig machen, weil es der
Weg dazu iſt 1 Cor. 7, 16.

V. 3. 4.

Welcher Geſchmuck ſoll nicht auswen-
dig ſeyn mit Haarflechten, und Gold um-
haͤngen, oder
(koſtbare und pralende) Klei-
der anlegen, ſondern der verborgene Menſch
des Hertzens unverruͤckt, mit ſanftem und
ſtillem Geiſte: das iſt koͤſtlich vor GOtt

(und erbaulich vor Menſchen, ſintemal ein ſol-
cher innerlicher Schmuck ſich in einem gottſeligen
Wandel aͤuſſert.)

Anmerckungen.

1. Es giebt gewiſſe Suͤnden, nach dem
Unterſcheid der Nationen, des Alters, der Le-
bens-Arten, und menſchlichen Societaͤten, auch
des Geſchlechts, des maͤnnlichen und des weib-
lichen. Und da hanget dem weiblichen aus Ei-
genliebe ſonderlich der Putz und Schmuck an;
und zwar alſo, daß ſie daraus nicht allein ihr
Werck machen, ſondern auch ihres Seelen-
Schmucks daruͤber gar vergeſſen: Wie denn
dieſes aus jenem folget. Jch habe von dieſer
Materie ausfuͤhrlich gehandelt bey 1 Tim. 2, 9.
10. und gezeiget, wie das Urtheil davon nach
der Wahrheit und zugleich nach der Liebe alſo
koͤnne eingerichtet werden, daß man der Sache
weder zuviel, noch zu wenig thue. Dahin ich
demnach den Chriſtlichen Leſer verweiſe.

2. Bey den Worten, der verborgene
Menſch des Hertzens,
iſt folgendes zu mer-
cken:

a. Daß dieſer Menſch nichts anders ſey als die
Seele: als welche hier dem Leibe entgegen
geſetzet wird.
b. Daß die Seele den Namen des Menſchen
fuͤhre, weil es bey der menſchlichen Natur
ſonderlich auf die Seele, als auf den fuͤr-
nehmſten Theil derſelben, ankoͤmmt, da ſie
ein unſterblicher Geiſt iſt, und nicht allein den
Leib bewohnet und regieret, ſondern auch die
Urſache iſt, davon des Leibes ewige Wohlfahrt
dependiret.
c. Daß die Seele der verborgene Menſch heiſ-
[Spaltenumbruch] ſe, weil ſie nicht alſo aͤuſſerlich in die Sinne
faͤllt, als der offenbare Leib.
d. Daß dieſer verborgene Menſch ſonſt auch
heiſſe der innere Menſch, und dieſer nicht
confundiret werden muͤſſe mit dem neuen
Menſchen;
ſintemal der innere Menſch er-
neuret
werden muß. Roͤm. 7, 22. 2 Cor. 4,
16. Eph. 3, 16.
e. Daß das Wort des Hertzens zu den Wor-
ten verborgene Menſch deßwegen geſetzet
werde, um damit anzuzeigen, worauf es
bey der Seele ſonderlich ankomme, nemlich
auf das Vermoͤgen des freyen Willens mit
allen dazu gehoͤrigen Affecten und Neigun-
gen: als welche nebſt der Willens-Kraft ſon-
derlich mit dem Worte καρδία, Hertz, pfle-
gen bezeichnet zu werden: und zwar deßwe-
gen, weil die Seele, ob ſie gleich den gantzen
Leib bewohnet das Vermoͤgen des Willens
ſonderlich in demjenigen innerlichen Theile
der Bruſt, welches man das Hertz nennet,
am empfindlichſten aͤuſſert; gleichwie ſie ihre
Kraft des Verſtandes eigentlich im Haupte
hervorthut.
f. Daß zur Erleuterung dieſer Worte ſonder-
lich diene der Ort Pauli Roͤm. 2, 28. 29. Das
iſt ein Jude, der inwendig verborgen
iſt
u. ſ. w.

3. Die Worte: mit ſanften und ſtillen
Geiſte
erfordern folgende Erlaͤuterung.

a. Weil das Wort Geiſt alhier von dem ver-
borgenen Menſchen des Hertzens, das iſt, von
der Seele unterſchieden wird, ſo wird damit
alhier nicht ſowol auf das Weſen der Seele,
als auf ihre Beſchaffenheit, welche ſie aus der
Erneuerung hat, geſehen. Jn Anſehung
deſſen es von den gottloſen Juden v. 19. heißt,
daß ſie fleiſchlich ſind und keinen Geiſt
haben:
Und in dieſem Verſtande wird
Paulo und den Glaͤubigen ein ſanftmuͤthi-
ger Geiſt zugeſchrieben
1 Cor. 4, 21. Gal.
6, 1. Siehe auch 2 Tim. 1, 7.
b. Dieſem Geiſte wird zweyerley zugeeignet, o-
der bey den Weibern dazu zweyerley erfo-
dert: Die Sanftmuth und die Stille;
das iſt eine rechte Lammes-Art, worinnen
ſich, auſſer andern hiebey zugleich mit einge-
ſchloſſenen Tugenden, bey dem weiblichen
Geſchlechte der Sinn Chriſti am allermei-
ſten aͤußern ſoll. Denn da ein ſanftmuͤthiges
ſtilles Weſen, nemlich ein ſolches, wie alhier
verſtanden wird, das iſt, da man den Frieden
GOttes mit allen uͤbrigen Heyls-Guͤtern in
ſeiner Seele, und daher im Umgange mit an-
dern einen demuͤthigen, holdſeligen und fried-
ſamen Wandel fuͤhret, eines ieden Chriſten
Eigenſchaft und Zierde iſt: ſo zieret es ſon-
derlich das weibliche Geſchlecht. Denn
gleichwie das maͤnnliche von Natur insge-
mein feuriger und hertzhafter iſt, als das weib-
liche, ſolches auch noͤthig und ſehr heilſam iſt,
wenn es geheiliget wird: alſo ſtehet hingegen
dem weiblichen Geſchlecht keine Tugend beſ-
ſer an, als ein ſtiller und ſanfter Geiſt;
darinnen ſich demnach die Geſtalt Chriſti am
meiſten
Z z z 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0551" n="549"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Cap. 3. v. 1-4. des er&#x017F;ten Briefes Petri.</hi> </fw><lb/>
              <cb/>
              <p>4. Es i&#x017F;t auch leichtlich zu erachten, wie es<lb/>
hat zugehen ko&#x0364;nnen. Denn wenn ein ju&#x0364;di&#x017F;ches,<lb/>
oder heydni&#x017F;ches Eheweib vorher gegen ihren<lb/>
Mann &#x017F;ich wider&#x017F;etzlich erwie&#x017F;en hatte, auch ih-<lb/>
ren u&#x0364;brigen Pflichten nicht nachgekommen war;<lb/>
und hingegen, &#x017F;o bald &#x017F;ie die Chri&#x017F;tliche Reli-<lb/>
gion angenommen hatte, in allen Stu&#x0364;cken das<lb/>
Gegentheil darthat; &#x017F;o konte es nicht anders<lb/>
&#x017F;eyn, als daß es dem Man&#x0303;e nicht allein wohlgefal-<lb/>
len, &#x017F;ondern er auch die Chri&#x017F;tliche Religion,<lb/>
welcher er eine &#x017F;o herrliche Vera&#x0364;nderung zuzu-<lb/>
&#x017F;chreiben hatte, daher lieb gewinnen mu&#x017F;te.<lb/>
Auf welche Art auch ein gla&#x0364;ubiger Mann, der<lb/>
vorhin &#x017F;ein ma&#x0364;nnliches Regiment gemißbrau-<lb/>
chet hatte, &#x017F;ein ungla&#x0364;ubiges Weib, die glaubige<lb/>
Herr&#x017F;chaft ihre ungla&#x0364;ubige Dien&#x017F;tboten gewin-<lb/>
nen konte. O wenn mancher und manche noch<lb/>
heute zu Tage auf eine &#x017F;o gar lo&#x0364;bliche und &#x017F;o ge-<lb/>
&#x017F;egnete Gewinnung geda&#x0364;chte! Paulus nennet<lb/>
die&#x017F;es Gewinnen ein <hi rendition="#fr">&#x017F;elig machen,</hi> weil es der<lb/>
Weg dazu i&#x017F;t 1 Cor. 7, 16.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 3. 4.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Welcher Ge&#x017F;chmuck &#x017F;oll nicht auswen-<lb/>
dig &#x017F;eyn mit Haarflechten, und Gold um-<lb/>
ha&#x0364;ngen, oder</hi> (ko&#x017F;tbare und pralende) <hi rendition="#fr">Klei-<lb/>
der anlegen, &#x017F;ondern der verborgene Men&#x017F;ch<lb/>
des Hertzens unverru&#x0364;ckt, mit &#x017F;anftem und<lb/>
&#x017F;tillem Gei&#x017F;te: das i&#x017F;t ko&#x0364;&#x017F;tlich vor GOtt</hi><lb/>
(und erbaulich vor Men&#x017F;chen, &#x017F;intemal ein &#x017F;ol-<lb/>
cher innerlicher Schmuck &#x017F;ich in einem gott&#x017F;eligen<lb/>
Wandel a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ert.)</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <p>1. Es giebt gewi&#x017F;&#x017F;e Su&#x0364;nden, nach dem<lb/>
Unter&#x017F;cheid der <hi rendition="#aq">Nation</hi>en, des Alters, der Le-<lb/>
bens-Arten, und men&#x017F;chlichen <hi rendition="#aq">Societ</hi>a&#x0364;ten, auch<lb/>
des Ge&#x017F;chlechts, des ma&#x0364;nnlichen und des weib-<lb/>
lichen. Und da hanget dem weiblichen aus Ei-<lb/>
genliebe &#x017F;onderlich der Putz und Schmuck an;<lb/>
und zwar al&#x017F;o, daß &#x017F;ie daraus nicht allein ihr<lb/>
Werck machen, &#x017F;ondern auch ihres Seelen-<lb/>
Schmucks daru&#x0364;ber gar verge&#x017F;&#x017F;en: Wie denn<lb/>
die&#x017F;es aus jenem folget. Jch habe von die&#x017F;er<lb/>
Materie ausfu&#x0364;hrlich gehandelt bey 1 Tim. 2, 9.<lb/>
10. und gezeiget, wie das Urtheil davon nach<lb/>
der Wahrheit und zugleich nach der Liebe al&#x017F;o<lb/>
ko&#x0364;nne eingerichtet werden, daß man der Sache<lb/>
weder zuviel, noch zu wenig thue. Dahin ich<lb/>
demnach den Chri&#x017F;tlichen Le&#x017F;er verwei&#x017F;e.</p><lb/>
              <p>2. Bey den Worten, <hi rendition="#fr">der verborgene<lb/>
Men&#x017F;ch des Hertzens,</hi> i&#x017F;t folgendes zu mer-<lb/>
cken:</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Daß die&#x017F;er <hi rendition="#fr">Men&#x017F;ch</hi> nichts anders &#x017F;ey als die<lb/><hi rendition="#fr">Seele:</hi> als welche hier dem Leibe entgegen<lb/>
ge&#x017F;etzet wird.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">b.</hi> Daß die Seele den Namen des <hi rendition="#fr">Men&#x017F;chen</hi><lb/>
fu&#x0364;hre, weil es bey der men&#x017F;chlichen Natur<lb/>
&#x017F;onderlich auf die Seele, als auf den fu&#x0364;r-<lb/>
nehm&#x017F;ten Theil der&#x017F;elben, anko&#x0364;mmt, da &#x017F;ie<lb/>
ein un&#x017F;terblicher Gei&#x017F;t i&#x017F;t, und nicht allein den<lb/>
Leib bewohnet und regieret, &#x017F;ondern auch die<lb/>
Ur&#x017F;ache i&#x017F;t, davon des Leibes ewige Wohlfahrt<lb/><hi rendition="#aq">dependir</hi>et.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Daß die Seele der <hi rendition="#fr">verborgene</hi> Men&#x017F;ch hei&#x017F;-<lb/><cb/>
&#x017F;e, weil &#x017F;ie nicht al&#x017F;o a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich in die Sinne<lb/>
fa&#x0364;llt, als der offenbare Leib.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">d.</hi> Daß die&#x017F;er <hi rendition="#fr">verborgene Men&#x017F;ch</hi> &#x017F;on&#x017F;t auch<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;e der <hi rendition="#fr">innere Men&#x017F;ch,</hi> und die&#x017F;er nicht<lb/><hi rendition="#aq">confundir</hi>et werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e mit dem <hi rendition="#fr">neuen<lb/>
Men&#x017F;chen;</hi> &#x017F;intemal der <hi rendition="#fr">innere</hi> Men&#x017F;ch <hi rendition="#fr">er-<lb/>
neuret</hi> werden muß. Ro&#x0364;m. 7, 22. 2 Cor. 4,<lb/>
16. Eph. 3, 16.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">e.</hi> Daß das Wort <hi rendition="#fr">des Hertzens</hi> zu den Wor-<lb/>
ten <hi rendition="#fr">verborgene Men&#x017F;ch</hi> deßwegen ge&#x017F;etzet<lb/>
werde, um damit anzuzeigen, worauf es<lb/>
bey der Seele &#x017F;onderlich ankomme, nemlich<lb/>
auf das Vermo&#x0364;gen des <hi rendition="#fr">freyen Willens</hi> mit<lb/>
allen dazu geho&#x0364;rigen <hi rendition="#aq">Affect</hi>en und Neigun-<lb/>
gen: als welche neb&#x017F;t der Willens-Kraft &#x017F;on-<lb/>
derlich mit dem Worte &#x03BA;&#x03B1;&#x03C1;&#x03B4;&#x03AF;&#x03B1;, <hi rendition="#fr">Hertz,</hi> pfle-<lb/>
gen bezeichnet zu werden: und zwar deßwe-<lb/>
gen, weil die Seele, ob &#x017F;ie gleich den gantzen<lb/>
Leib bewohnet das Vermo&#x0364;gen des Willens<lb/>
&#x017F;onderlich in demjenigen innerlichen Theile<lb/>
der Bru&#x017F;t, welches man das <hi rendition="#fr">Hertz</hi> nennet,<lb/>
am empfindlich&#x017F;ten a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ert; gleichwie &#x017F;ie ihre<lb/>
Kraft des <hi rendition="#fr">Ver&#x017F;tandes</hi> eigentlich im <hi rendition="#fr">Haupte</hi><lb/>
hervorthut.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">f.</hi> Daß zur Erleuterung die&#x017F;er Worte &#x017F;onder-<lb/>
lich diene der Ort Pauli Ro&#x0364;m. 2, 28. 29. <hi rendition="#fr">Das<lb/>
i&#x017F;t ein Jude, der inwendig verborgen<lb/>
i&#x017F;t</hi> u. &#x017F;. w.</item>
              </list><lb/>
              <p>3. Die Worte: <hi rendition="#fr">mit &#x017F;anften und &#x017F;tillen<lb/>
Gei&#x017F;te</hi> erfordern folgende Erla&#x0364;uterung.</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Weil das Wort <hi rendition="#fr">Gei&#x017F;t</hi> alhier von dem ver-<lb/>
borgenen Men&#x017F;chen des Hertzens, das i&#x017F;t, von<lb/>
der Seele unter&#x017F;chieden wird, &#x017F;o wird damit<lb/>
alhier nicht &#x017F;owol auf das We&#x017F;en der Seele,<lb/>
als auf ihre Be&#x017F;chaffenheit, welche &#x017F;ie aus der<lb/>
Erneuerung hat, ge&#x017F;ehen. Jn An&#x017F;ehung<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en es von den gottlo&#x017F;en Juden v. 19. heißt,<lb/>
daß &#x017F;ie <hi rendition="#fr">flei&#x017F;chlich &#x017F;ind und keinen Gei&#x017F;t<lb/>
haben:</hi> Und in die&#x017F;em Ver&#x017F;tande wird<lb/>
Paulo und den Gla&#x0364;ubigen ein <hi rendition="#fr">&#x017F;anftmu&#x0364;thi-<lb/>
ger Gei&#x017F;t zuge&#x017F;chrieben</hi> 1 Cor. 4, 21. Gal.<lb/>
6, 1. Siehe auch 2 Tim. 1, 7.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">b.</hi> Die&#x017F;em Gei&#x017F;te wird zweyerley zugeeignet, o-<lb/>
der bey den Weibern dazu zweyerley erfo-<lb/>
dert: <hi rendition="#fr">Die Sanftmuth und die Stille;</hi><lb/>
das i&#x017F;t eine rechte <hi rendition="#fr">Lammes-Art,</hi> worinnen<lb/>
&#x017F;ich, au&#x017F;&#x017F;er andern hiebey zugleich mit einge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Tugenden, bey dem weiblichen<lb/>
Ge&#x017F;chlechte der Sinn Chri&#x017F;ti am allermei-<lb/>
&#x017F;ten a&#x0364;ußern &#x017F;oll. Denn da ein &#x017F;anftmu&#x0364;thiges<lb/>
&#x017F;tilles We&#x017F;en, nemlich ein &#x017F;olches, wie alhier<lb/>
ver&#x017F;tanden wird, das i&#x017F;t, da man den Frieden<lb/>
GOttes mit allen u&#x0364;brigen Heyls-Gu&#x0364;tern in<lb/>
&#x017F;einer Seele, und daher im Umgange mit an-<lb/>
dern einen demu&#x0364;thigen, hold&#x017F;eligen und fried-<lb/>
&#x017F;amen Wandel fu&#x0364;hret, eines ieden Chri&#x017F;ten<lb/>
Eigen&#x017F;chaft und Zierde i&#x017F;t: &#x017F;o zieret es &#x017F;on-<lb/>
derlich das weibliche Ge&#x017F;chlecht. Denn<lb/>
gleichwie das ma&#x0364;nnliche von Natur insge-<lb/>
mein feuriger und hertzhafter i&#x017F;t, als das weib-<lb/>
liche, &#x017F;olches auch no&#x0364;thig und &#x017F;ehr heil&#x017F;am i&#x017F;t,<lb/>
wenn es geheiliget wird: al&#x017F;o &#x017F;tehet hingegen<lb/>
dem weiblichen Ge&#x017F;chlecht keine Tugend be&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er an, als ein <hi rendition="#fr">&#x017F;tiller</hi> und <hi rendition="#fr">&#x017F;anfter Gei&#x017F;t;</hi><lb/>
darinnen &#x017F;ich demnach die Ge&#x017F;talt Chri&#x017F;ti am<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Z z z 3</fw><fw place="bottom" type="catch">mei&#x017F;ten</fw><lb/></item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[549/0551] Cap. 3. v. 1-4. des erſten Briefes Petri. 4. Es iſt auch leichtlich zu erachten, wie es hat zugehen koͤnnen. Denn wenn ein juͤdiſches, oder heydniſches Eheweib vorher gegen ihren Mann ſich widerſetzlich erwieſen hatte, auch ih- ren uͤbrigen Pflichten nicht nachgekommen war; und hingegen, ſo bald ſie die Chriſtliche Reli- gion angenommen hatte, in allen Stuͤcken das Gegentheil darthat; ſo konte es nicht anders ſeyn, als daß es dem Mañe nicht allein wohlgefal- len, ſondern er auch die Chriſtliche Religion, welcher er eine ſo herrliche Veraͤnderung zuzu- ſchreiben hatte, daher lieb gewinnen muſte. Auf welche Art auch ein glaͤubiger Mann, der vorhin ſein maͤnnliches Regiment gemißbrau- chet hatte, ſein unglaͤubiges Weib, die glaubige Herrſchaft ihre unglaͤubige Dienſtboten gewin- nen konte. O wenn mancher und manche noch heute zu Tage auf eine ſo gar loͤbliche und ſo ge- ſegnete Gewinnung gedaͤchte! Paulus nennet dieſes Gewinnen ein ſelig machen, weil es der Weg dazu iſt 1 Cor. 7, 16. V. 3. 4. Welcher Geſchmuck ſoll nicht auswen- dig ſeyn mit Haarflechten, und Gold um- haͤngen, oder (koſtbare und pralende) Klei- der anlegen, ſondern der verborgene Menſch des Hertzens unverruͤckt, mit ſanftem und ſtillem Geiſte: das iſt koͤſtlich vor GOtt (und erbaulich vor Menſchen, ſintemal ein ſol- cher innerlicher Schmuck ſich in einem gottſeligen Wandel aͤuſſert.) Anmerckungen. 1. Es giebt gewiſſe Suͤnden, nach dem Unterſcheid der Nationen, des Alters, der Le- bens-Arten, und menſchlichen Societaͤten, auch des Geſchlechts, des maͤnnlichen und des weib- lichen. Und da hanget dem weiblichen aus Ei- genliebe ſonderlich der Putz und Schmuck an; und zwar alſo, daß ſie daraus nicht allein ihr Werck machen, ſondern auch ihres Seelen- Schmucks daruͤber gar vergeſſen: Wie denn dieſes aus jenem folget. Jch habe von dieſer Materie ausfuͤhrlich gehandelt bey 1 Tim. 2, 9. 10. und gezeiget, wie das Urtheil davon nach der Wahrheit und zugleich nach der Liebe alſo koͤnne eingerichtet werden, daß man der Sache weder zuviel, noch zu wenig thue. Dahin ich demnach den Chriſtlichen Leſer verweiſe. 2. Bey den Worten, der verborgene Menſch des Hertzens, iſt folgendes zu mer- cken: a. Daß dieſer Menſch nichts anders ſey als die Seele: als welche hier dem Leibe entgegen geſetzet wird. b. Daß die Seele den Namen des Menſchen fuͤhre, weil es bey der menſchlichen Natur ſonderlich auf die Seele, als auf den fuͤr- nehmſten Theil derſelben, ankoͤmmt, da ſie ein unſterblicher Geiſt iſt, und nicht allein den Leib bewohnet und regieret, ſondern auch die Urſache iſt, davon des Leibes ewige Wohlfahrt dependiret. c. Daß die Seele der verborgene Menſch heiſ- ſe, weil ſie nicht alſo aͤuſſerlich in die Sinne faͤllt, als der offenbare Leib. d. Daß dieſer verborgene Menſch ſonſt auch heiſſe der innere Menſch, und dieſer nicht confundiret werden muͤſſe mit dem neuen Menſchen; ſintemal der innere Menſch er- neuret werden muß. Roͤm. 7, 22. 2 Cor. 4, 16. Eph. 3, 16. e. Daß das Wort des Hertzens zu den Wor- ten verborgene Menſch deßwegen geſetzet werde, um damit anzuzeigen, worauf es bey der Seele ſonderlich ankomme, nemlich auf das Vermoͤgen des freyen Willens mit allen dazu gehoͤrigen Affecten und Neigun- gen: als welche nebſt der Willens-Kraft ſon- derlich mit dem Worte καρδία, Hertz, pfle- gen bezeichnet zu werden: und zwar deßwe- gen, weil die Seele, ob ſie gleich den gantzen Leib bewohnet das Vermoͤgen des Willens ſonderlich in demjenigen innerlichen Theile der Bruſt, welches man das Hertz nennet, am empfindlichſten aͤuſſert; gleichwie ſie ihre Kraft des Verſtandes eigentlich im Haupte hervorthut. f. Daß zur Erleuterung dieſer Worte ſonder- lich diene der Ort Pauli Roͤm. 2, 28. 29. Das iſt ein Jude, der inwendig verborgen iſt u. ſ. w. 3. Die Worte: mit ſanften und ſtillen Geiſte erfordern folgende Erlaͤuterung. a. Weil das Wort Geiſt alhier von dem ver- borgenen Menſchen des Hertzens, das iſt, von der Seele unterſchieden wird, ſo wird damit alhier nicht ſowol auf das Weſen der Seele, als auf ihre Beſchaffenheit, welche ſie aus der Erneuerung hat, geſehen. Jn Anſehung deſſen es von den gottloſen Juden v. 19. heißt, daß ſie fleiſchlich ſind und keinen Geiſt haben: Und in dieſem Verſtande wird Paulo und den Glaͤubigen ein ſanftmuͤthi- ger Geiſt zugeſchrieben 1 Cor. 4, 21. Gal. 6, 1. Siehe auch 2 Tim. 1, 7. b. Dieſem Geiſte wird zweyerley zugeeignet, o- der bey den Weibern dazu zweyerley erfo- dert: Die Sanftmuth und die Stille; das iſt eine rechte Lammes-Art, worinnen ſich, auſſer andern hiebey zugleich mit einge- ſchloſſenen Tugenden, bey dem weiblichen Geſchlechte der Sinn Chriſti am allermei- ſten aͤußern ſoll. Denn da ein ſanftmuͤthiges ſtilles Weſen, nemlich ein ſolches, wie alhier verſtanden wird, das iſt, da man den Frieden GOttes mit allen uͤbrigen Heyls-Guͤtern in ſeiner Seele, und daher im Umgange mit an- dern einen demuͤthigen, holdſeligen und fried- ſamen Wandel fuͤhret, eines ieden Chriſten Eigenſchaft und Zierde iſt: ſo zieret es ſon- derlich das weibliche Geſchlecht. Denn gleichwie das maͤnnliche von Natur insge- mein feuriger und hertzhafter iſt, als das weib- liche, ſolches auch noͤthig und ſehr heilſam iſt, wenn es geheiliget wird: alſo ſtehet hingegen dem weiblichen Geſchlecht keine Tugend beſ- ſer an, als ein ſtiller und ſanfter Geiſt; darinnen ſich demnach die Geſtalt Chriſti am meiſten Z z z 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/551
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 549. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/551>, abgerufen am 26.06.2024.