Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 2. v. 5. 6. [Spaltenumbruch]
wie die Levitischen Priester im Vorbilde, undbedecket ihre Unvollkommenheit mit seiner vollkommenen Gerechtigkeit, die durch den Glauben auch unser eigen wird. Und solcher gestalt können sie GOtt nicht mißfallen, son- dern sie gefallen ihm dergestalt wohl, als hät- ten sie die eigene Opfer und Wercke das Soh- nes GOttes. d. Und hierauf gehet unser Heyland selbst, wenn er uns anweiset, wie wir in seinem Namen beten sollen Joh. 16, 24. 25. Und Paulus, wenn er 1 Cor. 10, 31. Eph. 5, 20. Col. 3, 17. spricht, daß wir alles thun sollen im Na- men JEsu CHristi, zu GOttes Ehren. Und eben dieses meynet er, wenn er Eph. 1, 6. saget, daß uns GOtt habe angenehm gemacht in dem Geliebten; auch zeiget er dieses an mit seiner so ofte gebrauchten Re- dens-Art: in Christo, in dem HERRN. u. s. w. 6. Wir sehen demnach in diesem Verse a. Die Christen sind lebendige Steine, welche sich zum geistlichen Hause GOttes erbauen lassen: und das ist lauter Evangelium, durch welches sie in der Wiedergeburt zum geistli- chen Leben aus GOtt gekommen sind. Wo die- ser Evangelische Glaubens- und Lebens-Grund ist, da gehet alle Ubung der Liebes-Pflicht nach dem Gesetze wohl von statten. b. Und diese stehet alhier in der Mitte, und ist uns damit anbefohlen, daß wir GOtt geistli- che Opfer bringen sollen. Je mehr nun der Mensch sich durch die Evangelische Gnaden- Kraft bauen und stärcken läßt, ie besser ge- het das Darbringen der Opfer von statten. Denn wer viel nimmt und empfähet, der kan auch wieder viel geben. c. Gleichwie nun solchergestalt das Evangelium das erste ist in unserm Texte, und das, was darinnen in der Mitte stehet, befordert: also ist es auch das letztere, da es heißt: Die GOtt angenehm sind durch JEsum CHri- stum. V. 6. Darum (um dieses, was von Christo gesa- Anmerckungen. 1. Daß Christus und die Apostel selbst sich 2. Christus ist beydes ein Grund-Stein 3. Wenn Petrus saget; Wer an ihn 4. Da der Apostel Christum mit einem ve- 5. Mit den Worten nicht zu schanden zu
Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 5. 6. [Spaltenumbruch]
wie die Levitiſchen Prieſter im Vorbilde, undbedecket ihre Unvollkommenheit mit ſeiner vollkommenen Gerechtigkeit, die durch den Glauben auch unſer eigen wird. Und ſolcher geſtalt koͤnnen ſie GOtt nicht mißfallen, ſon- dern ſie gefallen ihm dergeſtalt wohl, als haͤt- ten ſie die eigene Opfer und Wercke das Soh- nes GOttes. d. Und hierauf gehet unſer Heyland ſelbſt, wenn er uns anweiſet, wie wir in ſeinem Namen beten ſollen Joh. 16, 24. 25. Und Paulus, wenn er 1 Cor. 10, 31. Eph. 5, 20. Col. 3, 17. ſpricht, daß wir alles thun ſollen im Na- men JEſu CHriſti, zu GOttes Ehren. Und eben dieſes meynet er, wenn er Eph. 1, 6. ſaget, daß uns GOtt habe angenehm gemacht in dem Geliebten; auch zeiget er dieſes an mit ſeiner ſo ofte gebrauchten Re- dens-Art: in Chriſto, in dem HERRN. u. ſ. w. 6. Wir ſehen demnach in dieſem Verſe a. Die Chriſten ſind lebendige Steine, welche ſich zum geiſtlichen Hauſe GOttes erbauen laſſen: und das iſt lauter Evangelium, durch welches ſie in der Wiedergeburt zum geiſtli- chen Leben aus GOtt gekommen ſind. Wo die- ſer Evangeliſche Glaubens- und Lebens-Grund iſt, da gehet alle Ubung der Liebes-Pflicht nach dem Geſetze wohl von ſtatten. b. Und dieſe ſtehet alhier in der Mitte, und iſt uns damit anbefohlen, daß wir GOtt geiſtli- che Opfer bringen ſollen. Je mehr nun der Menſch ſich durch die Evangeliſche Gnaden- Kraft bauen und ſtaͤrcken laͤßt, ie beſſer ge- het das Darbringen der Opfer von ſtatten. Denn wer viel nimmt und empfaͤhet, der kan auch wieder viel geben. c. Gleichwie nun ſolchergeſtalt das Evangelium das erſte iſt in unſerm Texte, und das, was darinnen in der Mitte ſtehet, befordert: alſo iſt es auch das letztere, da es heißt: Die GOtt angenehm ſind durch JEſum CHri- ſtum. V. 6. Darum (um dieſes, was von Chriſto geſa- Anmerckungen. 1. Daß Chriſtus und die Apoſtel ſelbſt ſich 2. Chriſtus iſt beydes ein Grund-Stein 3. Wenn Petrus ſaget; Wer an ihn 4. Da der Apoſtel Chriſtum mit einem ve- 5. Mit den Worten nicht zu ſchanden zu
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Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 2. v. 5. 6.
wie die Levitiſchen Prieſter im Vorbilde, und
bedecket ihre Unvollkommenheit mit ſeiner
vollkommenen Gerechtigkeit, die durch den
Glauben auch unſer eigen wird. Und ſolcher
geſtalt koͤnnen ſie GOtt nicht mißfallen, ſon-
dern ſie gefallen ihm dergeſtalt wohl, als haͤt-
ten ſie die eigene Opfer und Wercke das Soh-
nes GOttes.
d. Und hierauf gehet unſer Heyland ſelbſt, wenn
er uns anweiſet, wie wir in ſeinem Namen
beten ſollen Joh. 16, 24. 25. Und Paulus,
wenn er 1 Cor. 10, 31. Eph. 5, 20. Col. 3, 17.
ſpricht, daß wir alles thun ſollen im Na-
men JEſu CHriſti, zu GOttes Ehren.
Und eben dieſes meynet er, wenn er Eph. 1, 6.
ſaget, daß uns GOtt habe angenehm
gemacht in dem Geliebten; auch zeiget er
dieſes an mit ſeiner ſo ofte gebrauchten Re-
dens-Art: in Chriſto, in dem HERRN.
u. ſ. w.
6. Wir ſehen demnach in dieſem Verſe
eine fuͤrtrefliche Harmonie von der Ubung des
Geſetzes und des Evangelii im thaͤtigen Chri-
ſtenthum, und wie eines ohne das andere nicht
ſeyn ſolle. Und zwar muß das Evangelium an
ſeiner Praxi gleichſam vorne und hinten, und
auch in der Mitte, und alſo allenthalben ſeyn,
zur Liebes-Treue nach dem Geſetze den Grund
legen, dieſelbe befordern und ſie kroͤnen. Wie
finden wir aber dieſes in unſerm Texte? gar
wohl.
a. Die Chriſten ſind lebendige Steine, welche
ſich zum geiſtlichen Hauſe GOttes erbauen
laſſen: und das iſt lauter Evangelium, durch
welches ſie in der Wiedergeburt zum geiſtli-
chen Leben aus GOtt gekommen ſind. Wo die-
ſer Evangeliſche Glaubens- und Lebens-Grund
iſt, da gehet alle Ubung der Liebes-Pflicht
nach dem Geſetze wohl von ſtatten.
b. Und dieſe ſtehet alhier in der Mitte, und iſt
uns damit anbefohlen, daß wir GOtt geiſtli-
che Opfer bringen ſollen. Je mehr nun der
Menſch ſich durch die Evangeliſche Gnaden-
Kraft bauen und ſtaͤrcken laͤßt, ie beſſer ge-
het das Darbringen der Opfer von ſtatten.
Denn wer viel nimmt und empfaͤhet, der kan
auch wieder viel geben.
c. Gleichwie nun ſolchergeſtalt das Evangelium
das erſte iſt in unſerm Texte, und das, was
darinnen in der Mitte ſtehet, befordert: alſo
iſt es auch das letztere, da es heißt: Die GOtt
angenehm ſind durch JEſum CHri-
ſtum.
V. 6.
Darum (um dieſes, was von Chriſto geſa-
get iſt, zu bekraͤftigen, und damit wir Chriſtum,
dafuͤr, was er iſt, auch halten moͤchten,) ſtehet
in der Schrift (Jeſ. 28, 16. ſiehe auch Roͤm.
9, 33.) Siehe da (welch eine groſſe und wichti-
ge Sache es iſt:) Jch lege einen auserwehl-
ten koͤſtlichen Eckſtein, (der beyde Waͤnde
des Hauſes GOttes, Juden und Heyden, recht
ſoll zuſammen faſſen,) und wer an ihn glaͤu-
bet, (dergeſtalt, daß er ihn zu ſeiner rechten
Grundveſte erwehlet,) der ſoll nicht zu ſchan-
den werden, (ſondern hingegen vielmehr zu
Ehren werden, oder zu einer groſſen Seligkeit
und Wuͤrde gelangen, wie die iſt, welche im
geiſtlichen und dabey recht koͤniglichen Prieſter-
thum nach v. 9. beſtehet.)
Anmerckungen.
1. Daß Chriſtus und die Apoſtel ſelbſt ſich
ſo oft auf die Schriften des alten Teſta-
ments bezogen haben, das ſetzet ſie bey uns
billig in ſo viel mehrer Hochachtung, und gerei-
chet zu ſo viel mehrern Erweiſe der groſſen Har-
monie, worinnen ſie mit den Schriften der A-
poſtel ſtehen.
2. Chriſtus iſt beydes ein Grund-Stein
und ein Eck-Stein: von dem Grunde, wozu er
dienet, iſt ſchon geſaget. Und wie er der Eck-
Stein ſey, der gleichſam beyde aus Juden und
Heyden beſtehende und an einander gefuͤgte Sei-
ten des Hauſes GOttes zuſammen faſſe und
beveſtige, ſehe man unter andern ſonderlich Eph.
2, 13. 14. Nun aber, die ihr in Chriſto JE-
ſu ſeyd, und weiland ferne geweſen, ſeyd
nun nahe worden durch das Blut Chriſti.
Denn er iſt unſer Friede, der aus beyden
eins gemacht, und hat abgebrochen den
Zaun, der dazwiſchen war u. f. Daß durch
Zion, wo der Tempel ſtunde, der die Chriſtliche
Kirche repræſentirete, dieſe nach dem Prophe-
tiſchen Stilo verſtanden werde, iſt bekannt.
3. Wenn Petrus ſaget; Wer an ihn
glaͤubet, ſo machet er den Eck-Stein zugleich
zum Grund-Stein. Denn des Glaubens Ei-
genſchaft iſt ſich auf und in Chriſto gruͤnden und
auf ihm bauen.
4. Da der Apoſtel Chriſtum mit einem ve-
ſten Grunde vergleichet, ſo richtet er ſich dar-
nach mit der Conſtruction des Worts πιςέυειν,
glauben, wenn er ſaget: ὁ πιςέυων ἐπ᾽ ἀυτῷ.
Denn da ſonſt das Wort Glauben mit der par-
ticula ἐις conſtruiret und man damit auf Chri-
ſtum, als auf den Urheber und Zweck gewieſen
wird, ſo ſtehet ἐπ᾽ ἀυτῷ, da ἐπὶ mit ſeinem Ca-
ſu alhier auf den Grund gehet, worauf man
ruhet. Und diß iſt eben des Glaubens gedop-
pelte Eigenſchaft, daß er mit ſeinem ſehnlichen
Verlangen, oder Hunger und Durſt, zu Chri-
ſto ſich nahet, und auch zuverſichtlich in ihm
und auf ihm ruhet und wohl beveſtiget ſtehet,
wie ein Haus auf ſeinem ſteinern Grunde.
5. Mit den Worten nicht zu ſchanden
werden, verſtehet der Apoſtel mehr, als er aus-
ſpricht. Denn ein Glaͤubiger wird nicht allein
nicht zu ſchanden, ſondern auch dagegen mit
vielem Heyle gekroͤnet. Daß ſich aber der Apo-
ſtel ſolcher Redens-Art bedienet, das thut er
den Schwachglaͤubigen und Angefochtenen zum
beſten. Denn dieſe pflegen in die Verſuchung
zu kommen, daß ſie meynen, GOTT werde ſie
ihrer Unwuͤrdigkeit halber nicht gnaͤdiglich anſe-
hen; laſſen daher den Muth ſincken, und mey-
nen, ſie werden zu ſchanden werden. Solcher
Verſuchung gehet der Apoſtel hiermit entgegen
und ſpricht: Wer an ihn glaͤubet, ſoll nicht
zu
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