Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 1. v. 23.
[Spaltenumbruch] stehet in gar vielen Stücken: davon die für-
nehmsten diese sind:

a. Der Same empfähet seine Kraft nicht erst
vom Acker, sondern er hat sie zum Wachs-
thum schon in sich, und darf nur dazu erwe-
cket werden. Also ist auch das Wort GOt-
tes, oder die ins Wort verfassete Wahrheit,
das ist, der Rath GOttes von unserer Selig-
keit, an sich schon kräftig, und thut sich zum
geistlichen Gewächse hervor.
b. Der Same muß einen Acker haben, und
zwar einen wohl zubereiteten: also auch
das Wort GOttes eine solche Seele, welche
sich zur Aufnahme und zur Fruchtbringung
fähig machen läßt. Wozu auch selbst der
erste Gebrauch des Worts gehöret: darin-
nen sich demnach ein Unterscheid zwischen
dem leiblichen und geistlichen Samen zeiget;
sintemal der leibliche zur Zubereitung nichts
thun kan. So fern man aber durch die geist-
liche Zubereitung dasjenige verstehet, welches
durch allerhand paedagogische Mittel zu we-
ge gebracht wird, so hat die Vergleichung
auch in diesem Stücke ihre Richtigkeit.
c. Der Same will einen Säemann haben, der
ihn zu rechter Zeit, und auf die rechte Art
ausstreuet: also erfodert das Wort GOttes
auch das Amt der Lehrer, als der Säemän-
ner: es kan doch aber eine Schrift auch an
statt eines mündlichen Vortrages dienen.
d. Der ausgestreuete Sqame will untergeäget
seyn, damit er nicht von den Vögeln verzeh-
ret werde, sondern sich mit dem Erdreich
recht vermengen, und, um über sich zu wach-
sen, unter sich einwurtzeln könne: also auch
das Wort GOttes: Darum es Jac. 1, 21.
heißt logos emphutos, das eingepflantzte Wort.
Und in solchem Verstande heißt es Luc. 2, 19.
von der Maria: Maria aber behielte alle
diese Worte und bewegte sie in ihrem
Hertzen.
e. Der Same bringet keine Frucht, es sey denn,
daß er vom Himmel durch den warmen
Sonnen-Schein und durch fruchtbare Re-
gen erwecket werde: also auch das Wort
GOttes. Denn ob es gleich eine lebendige
Kraft in sich hat, so ist doch dabey der Zufluß
der Gnade durch die Wirckung des heiligen
Geistes nöthig.
f. Der auf vielerley auch guten Acker gestreuete
Same ist zwar wol von einerley Art, aber
bringet doch wegen Ungleichheit des Ackers
nicht gleiche Frucht: also verhält sichs auch
mit dem Worte.

6. Mehrere Stücke der Vergleichungen
kan einem ieglichen seine eigene Meditation
anweisen, sonderlich wenn er dabey folgende
von dieser Materie handelnde Oerter der heili-
gen Schrift zum Grunde leget. Jes. 55, 10. 11.
Jer. 4, 3. Matth. 13. Luc. 8. Hebr. 6, 7. 8. Jac.
5, 7. 1 Joh. 3, 9. u. s. w.

7. Daß aber insonderheit das Wort des
Evangelii alhier zu verstehen sey, siehet man
nicht allein aus der daher entstehenden Frucht
[Spaltenumbruch] der Wiedergeburt, welche nur eigentlich dem
Evangelio zukömmt, sondern auch aus dem
Worte euaggelisthen` v. 25. Es ist doch aber das
Wort des Gesetzes davon keines weges, ja so
gar nicht davon zutrennen, daß es vielmehr da-
zu so nöthig ist, als der Pflug zum Acker: wie
denn auch die Apostel das Evangelium nicht al-
leine, sondern in der Ordnung der wahren Be-
kehrung, dazu auch das Gesetz gehöret, vorge-
tragen haben.

8. Das Wort zontos, lebendig, wird al-
hier billig mit dem Worte logou construiret.
Denn die Rede ist nicht von GOtt und seinen
Eigenschaften, sondern von dem Worte GOt-
tes.
Und wie von diesem das Wort menontos
bleibet mit den folgenden gesaget wird, nach
Anzeigung der v. 25. davon angeführten Worte
Jesaiä, also stehet davon auch das vorhergehen-
de: sonst, wo es auf GOtt ginge, die Worte al-
so stehen würden: dia logou Theou zontos kai menon-
tos.

9. Gleichwie das Wort lebendig gehet
auf die Kraft des Worts, also gehen die Wor-
te, das bleibet in Ewigkeit, auf die Frucht und
Erfüllung des Worts, als worinnen es nach al-
ler Realität ewiglich darstehen wird. Darum
unser Heyland Matth. 24, 35. saget: Himmel
und Erden werden vergehen, aber meine
Worte werden nicht vergehen.
Von der
lebendigen Kraft des Worts sehe man Heb. 4, 12.

10. Jm übrigen sind zu mehrer Erbauung
auch noch folgende Erinnerungen mit zu neh-
men:

a. Daß es im Christenthum nicht ankomme auf
einen äusserlichen unsträflichen Wandel und
den gewöhnlichen Gebrauch der Mittel des
Heyls, sondern auf die Wiedergeburt und
rechte innere Gestalt, daß man nach Chri-
sto gesinnet sey; als wozu die Gnaden-Mit-
tel müssen angewendet werden: daraus denn
nicht allein ein äusserlich unsträflicher, sondern
auch ein erbaulicher Wandel entstehet.
b. Daß daher die Wiedergeburt dasjenige sey
bey dem Laufe des gantzen Christenthums,
was die enge Pforte ist zu dem schmalen
Wege,
davon unser Heyland saget, daß man
dadurch auf diesen kommen müssen. Matth.
7, 14. O wie viel sind, welche zwar meinen,
daß sie sich auf dem schmalen Wege zum Le-
ben befinden, sind aber nicht durch die enge
Pforte gegangen.
c. Daß, da das göttliche Wort kein todter
Buchstabe, sondern ein lebendiger Same ist,
man diesen Samen nicht allein wohl aufneh-
men, sondern auch in sich also bewahren müs-
se, daß man daher nicht sündige, nemlich vor-
setzlich; und eben damit die Kraft der Wie-
dergeburt an sich erweise. Denn wer aus
GOtt geboren ist, der thut nicht Sünde,

spricht Johannes Ep. 1. c. 3, 9. denn sein
Same bleibet bey ihm, und kan nicht sün-
digen: denn er ist von GOtt geboren.

Siehe dergleichen Kennzeichen der Wiederge-
burt noch zweye c. 5, 4. Alles was von
GOtt geboren ist, überwindet die Welt,

und

Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 23.
[Spaltenumbruch] ſtehet in gar vielen Stuͤcken: davon die fuͤr-
nehmſten dieſe ſind:

a. Der Same empfaͤhet ſeine Kraft nicht erſt
vom Acker, ſondern er hat ſie zum Wachs-
thum ſchon in ſich, und darf nur dazu erwe-
cket werden. Alſo iſt auch das Wort GOt-
tes, oder die ins Wort verfaſſete Wahrheit,
das iſt, der Rath GOttes von unſerer Selig-
keit, an ſich ſchon kraͤftig, und thut ſich zum
geiſtlichen Gewaͤchſe hervor.
b. Der Same muß einen Acker haben, und
zwar einen wohl zubereiteten: alſo auch
das Wort GOttes eine ſolche Seele, welche
ſich zur Aufnahme und zur Fruchtbringung
faͤhig machen laͤßt. Wozu auch ſelbſt der
erſte Gebrauch des Worts gehoͤret: darin-
nen ſich demnach ein Unterſcheid zwiſchen
dem leiblichen und geiſtlichen Samen zeiget;
ſintemal der leibliche zur Zubereitung nichts
thun kan. So fern man aber durch die geiſt-
liche Zubereitung dasjenige verſtehet, welches
durch allerhand pædagogiſche Mittel zu we-
ge gebracht wird, ſo hat die Vergleichung
auch in dieſem Stuͤcke ihre Richtigkeit.
c. Der Same will einen Saͤemann haben, der
ihn zu rechter Zeit, und auf die rechte Art
ausſtreuet: alſo erfodert das Wort GOttes
auch das Amt der Lehrer, als der Saͤemaͤn-
ner: es kan doch aber eine Schrift auch an
ſtatt eines muͤndlichen Vortrages dienen.
d. Der ausgeſtreuete Sqame will untergeaͤget
ſeyn, damit er nicht von den Voͤgeln verzeh-
ret werde, ſondern ſich mit dem Erdreich
recht vermengen, und, um uͤber ſich zu wach-
ſen, unter ſich einwurtzeln koͤnne: alſo auch
das Wort GOttes: Darum es Jac. 1, 21.
heißt λόγος ἔμφυτος, das eingepflantzte Wort.
Und in ſolchem Verſtande heißt es Luc. 2, 19.
von der Maria: Maria aber behielte alle
dieſe Worte und bewegte ſie in ihrem
Hertzen.
e. Der Same bringet keine Frucht, es ſey denn,
daß er vom Himmel durch den warmen
Sonnen-Schein und durch fruchtbare Re-
gen erwecket werde: alſo auch das Wort
GOttes. Denn ob es gleich eine lebendige
Kraft in ſich hat, ſo iſt doch dabey der Zufluß
der Gnade durch die Wirckung des heiligen
Geiſtes noͤthig.
f. Der auf vielerley auch guten Acker geſtreuete
Same iſt zwar wol von einerley Art, aber
bringet doch wegen Ungleichheit des Ackers
nicht gleiche Frucht: alſo verhaͤlt ſichs auch
mit dem Worte.

6. Mehrere Stuͤcke der Vergleichungen
kan einem ieglichen ſeine eigene Meditation
anweiſen, ſonderlich wenn er dabey folgende
von dieſer Materie handelnde Oerter der heili-
gen Schrift zum Grunde leget. Jeſ. 55, 10. 11.
Jer. 4, 3. Matth. 13. Luc. 8. Hebr. 6, 7. 8. Jac.
5, 7. 1 Joh. 3, 9. u. ſ. w.

7. Daß aber inſonderheit das Wort des
Evangelii alhier zu verſtehen ſey, ſiehet man
nicht allein aus der daher entſtehenden Frucht
[Spaltenumbruch] der Wiedergeburt, welche nur eigentlich dem
Evangelio zukoͤmmt, ſondern auch aus dem
Worte ἐυαγγελισϑεν` v. 25. Es iſt doch aber das
Wort des Geſetzes davon keines weges, ja ſo
gar nicht davon zutrennen, daß es vielmehr da-
zu ſo noͤthig iſt, als der Pflug zum Acker: wie
denn auch die Apoſtel das Evangelium nicht al-
leine, ſondern in der Ordnung der wahren Be-
kehrung, dazu auch das Geſetz gehoͤret, vorge-
tragen haben.

8. Das Wort ζῶντος, lebendig, wird al-
hier billig mit dem Worte λόγου conſtruiret.
Denn die Rede iſt nicht von GOtt und ſeinen
Eigenſchaften, ſondern von dem Worte GOt-
tes.
Und wie von dieſem das Wort μένοντος
bleibet mit den folgenden geſaget wird, nach
Anzeigung der v. 25. davon angefuͤhrten Worte
Jeſaiaͤ, alſo ſtehet davon auch das vorhergehen-
de: ſonſt, wo es auf GOtt ginge, die Worte al-
ſo ſtehen wuͤrden: διὰ λὸγου Θεοῦ ζῶντος καὶ μένον-
τος.

9. Gleichwie das Wort lebendig gehet
auf die Kraft des Worts, alſo gehen die Wor-
te, das bleibet in Ewigkeit, auf die Frucht und
Erfuͤllung des Worts, als worinnen es nach al-
ler Realitaͤt ewiglich darſtehen wird. Darum
unſer Heyland Matth. 24, 35. ſaget: Himmel
und Erden werden vergehen, aber meine
Worte werden nicht vergehen.
Von der
lebendigen Kraft des Worts ſehe man Heb. 4, 12.

10. Jm uͤbrigen ſind zu mehrer Erbauung
auch noch folgende Erinnerungen mit zu neh-
men:

a. Daß es im Chriſtenthum nicht ankomme auf
einen aͤuſſerlichen unſtraͤflichen Wandel und
den gewoͤhnlichen Gebrauch der Mittel des
Heyls, ſondern auf die Wiedergeburt und
rechte innere Geſtalt, daß man nach Chri-
ſto geſinnet ſey; als wozu die Gnaden-Mit-
tel muͤſſen angewendet werden: daraus denn
nicht allein ein aͤuſſerlich unſtraͤflicher, ſondern
auch ein erbaulicher Wandel entſtehet.
b. Daß daher die Wiedergeburt dasjenige ſey
bey dem Laufe des gantzen Chriſtenthums,
was die enge Pforte iſt zu dem ſchmalen
Wege,
davon unſer Heyland ſaget, daß man
dadurch auf dieſen kommen muͤſſen. Matth.
7, 14. O wie viel ſind, welche zwar meinen,
daß ſie ſich auf dem ſchmalen Wege zum Le-
ben befinden, ſind aber nicht durch die enge
Pforte gegangen.
c. Daß, da das goͤttliche Wort kein todter
Buchſtabe, ſondern ein lebendiger Same iſt,
man dieſen Samen nicht allein wohl aufneh-
men, ſondern auch in ſich alſo bewahren muͤſ-
ſe, daß man daher nicht ſuͤndige, nemlich vor-
ſetzlich; und eben damit die Kraft der Wie-
dergeburt an ſich erweiſe. Denn wer aus
GOtt geboren iſt, der thut nicht Suͤnde,

ſpricht Johannes Ep. 1. c. 3, 9. denn ſein
Same bleibet bey ihm, und kan nicht ſuͤn-
digen: denn er iſt von GOtt geboren.

Siehe dergleichen Kennzeichen der Wiederge-
burt noch zweye c. 5, 4. Alles was von
GOtt geboren iſt, uͤberwindet die Welt,

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0528" n="526"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Richtige und erbauliche Erkla&#x0364;rung Cap. 1. v. 23.</hi></fw><lb/><cb/>
&#x017F;tehet in gar vielen Stu&#x0364;cken: davon die fu&#x0364;r-<lb/>
nehm&#x017F;ten die&#x017F;e &#x017F;ind:</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Der <hi rendition="#fr">Same</hi> empfa&#x0364;het &#x017F;eine <hi rendition="#fr">Kraft</hi> nicht er&#x017F;t<lb/>
vom Acker, &#x017F;ondern er hat &#x017F;ie zum Wachs-<lb/>
thum &#x017F;chon in &#x017F;ich, und darf nur dazu erwe-<lb/>
cket werden. Al&#x017F;o i&#x017F;t auch das Wort GOt-<lb/>
tes, oder die ins Wort verfa&#x017F;&#x017F;ete Wahrheit,<lb/>
das i&#x017F;t, der Rath GOttes von un&#x017F;erer Selig-<lb/>
keit, an &#x017F;ich &#x017F;chon kra&#x0364;ftig, und thut &#x017F;ich zum<lb/>
gei&#x017F;tlichen Gewa&#x0364;ch&#x017F;e hervor.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">b.</hi> Der <hi rendition="#fr">Same</hi> muß einen <hi rendition="#fr">Acker</hi> haben, und<lb/>
zwar einen <hi rendition="#fr">wohl zubereiteten:</hi> al&#x017F;o auch<lb/>
das Wort GOttes eine &#x017F;olche Seele, welche<lb/>
&#x017F;ich zur Aufnahme und zur Fruchtbringung<lb/>
fa&#x0364;hig machen la&#x0364;ßt. Wozu auch &#x017F;elb&#x017F;t der<lb/>
er&#x017F;te Gebrauch des Worts geho&#x0364;ret: darin-<lb/>
nen &#x017F;ich demnach ein Unter&#x017F;cheid zwi&#x017F;chen<lb/>
dem leiblichen und gei&#x017F;tlichen Samen zeiget;<lb/>
&#x017F;intemal der leibliche zur Zubereitung nichts<lb/>
thun kan. So fern man aber durch die gei&#x017F;t-<lb/>
liche Zubereitung dasjenige ver&#x017F;tehet, welches<lb/>
durch allerhand <hi rendition="#aq">pædagogi</hi>&#x017F;che Mittel zu we-<lb/>
ge gebracht wird, &#x017F;o hat die Vergleichung<lb/>
auch in die&#x017F;em Stu&#x0364;cke ihre Richtigkeit.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Der Same will einen <hi rendition="#fr">Sa&#x0364;emann</hi> haben, der<lb/>
ihn zu rechter Zeit, und auf die rechte Art<lb/>
aus&#x017F;treuet: al&#x017F;o erfodert das Wort GOttes<lb/>
auch das Amt der Lehrer, als der Sa&#x0364;ema&#x0364;n-<lb/>
ner: es kan doch aber eine Schrift auch an<lb/>
&#x017F;tatt eines mu&#x0364;ndlichen Vortrages dienen.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">d.</hi> Der ausge&#x017F;treuete Sqame will untergea&#x0364;get<lb/>
&#x017F;eyn, damit er nicht von den Vo&#x0364;geln verzeh-<lb/>
ret werde, &#x017F;ondern &#x017F;ich mit dem Erdreich<lb/>
recht vermengen, und, um u&#x0364;ber &#x017F;ich zu wach-<lb/>
&#x017F;en, unter &#x017F;ich einwurtzeln ko&#x0364;nne: al&#x017F;o auch<lb/>
das Wort GOttes: Darum es Jac. 1, 21.<lb/>
heißt &#x03BB;&#x03CC;&#x03B3;&#x03BF;&#x03C2; &#x1F14;&#x03BC;&#x03C6;&#x03C5;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C2;, das eingepflantzte Wort.<lb/>
Und in &#x017F;olchem Ver&#x017F;tande heißt es Luc. 2, 19.<lb/>
von der Maria: <hi rendition="#fr">Maria aber behielte alle<lb/>
die&#x017F;e Worte und bewegte &#x017F;ie in ihrem<lb/>
Hertzen.</hi></item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">e.</hi> Der Same bringet keine Frucht, es &#x017F;ey denn,<lb/>
daß er vom <hi rendition="#fr">Himmel</hi> durch den warmen<lb/><hi rendition="#fr">Sonnen-Schein</hi> und durch fruchtbare Re-<lb/>
gen erwecket werde: al&#x017F;o auch das Wort<lb/>
GOttes. Denn ob es gleich eine lebendige<lb/>
Kraft in &#x017F;ich hat, &#x017F;o i&#x017F;t doch dabey der Zufluß<lb/>
der Gnade durch die Wirckung des heiligen<lb/>
Gei&#x017F;tes no&#x0364;thig.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">f.</hi> Der auf vielerley auch guten Acker ge&#x017F;treuete<lb/>
Same i&#x017F;t zwar wol von einerley Art, aber<lb/>
bringet doch wegen Ungleichheit des Ackers<lb/>
nicht gleiche Frucht: al&#x017F;o verha&#x0364;lt &#x017F;ichs auch<lb/>
mit dem Worte.</item>
              </list><lb/>
              <p>6. Mehrere Stu&#x0364;cke der Vergleichungen<lb/>
kan einem ieglichen &#x017F;eine eigene <hi rendition="#aq">Meditation</hi><lb/>
anwei&#x017F;en, &#x017F;onderlich wenn er dabey folgende<lb/>
von die&#x017F;er Materie handelnde Oerter der heili-<lb/>
gen Schrift zum Grunde leget. Je&#x017F;. 55, 10. 11.<lb/>
Jer. 4, 3. Matth. 13. Luc. 8. Hebr. 6, 7. 8. Jac.<lb/>
5, 7. 1 Joh. 3, 9. u. &#x017F;. w.</p><lb/>
              <p>7. Daß aber in&#x017F;onderheit das Wort des<lb/>
Evangelii alhier zu ver&#x017F;tehen &#x017F;ey, &#x017F;iehet man<lb/>
nicht allein aus der daher ent&#x017F;tehenden Frucht<lb/><cb/>
der Wiedergeburt, welche nur eigentlich dem<lb/>
Evangelio zuko&#x0364;mmt, &#x017F;ondern auch aus dem<lb/>
Worte &#x1F10;&#x03C5;&#x03B1;&#x03B3;&#x03B3;&#x03B5;&#x03BB;&#x03B9;&#x03C3;&#x03D1;&#x03B5;&#x03BD;&#x1FEF; v. 25. Es i&#x017F;t doch aber das<lb/>
Wort des Ge&#x017F;etzes davon keines weges, ja &#x017F;o<lb/>
gar nicht davon zutrennen, daß es vielmehr da-<lb/>
zu &#x017F;o no&#x0364;thig i&#x017F;t, als der Pflug zum Acker: wie<lb/>
denn auch die Apo&#x017F;tel das Evangelium nicht al-<lb/>
leine, &#x017F;ondern in der Ordnung der wahren Be-<lb/>
kehrung, dazu auch das Ge&#x017F;etz geho&#x0364;ret, vorge-<lb/>
tragen haben.</p><lb/>
              <p>8. Das Wort &#x03B6;&#x1FF6;&#x03BD;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C2;, <hi rendition="#fr">lebendig,</hi> wird al-<lb/>
hier billig mit dem Worte &#x03BB;&#x03CC;&#x03B3;&#x03BF;&#x03C5; <hi rendition="#aq">con&#x017F;truir</hi>et.<lb/>
Denn die Rede i&#x017F;t nicht von GOtt und &#x017F;einen<lb/>
Eigen&#x017F;chaften, &#x017F;ondern von dem <hi rendition="#fr">Worte GOt-<lb/>
tes.</hi> Und wie von die&#x017F;em das Wort &#x03BC;&#x03AD;&#x03BD;&#x03BF;&#x03BD;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C2;<lb/><hi rendition="#fr">bleibet</hi> mit den folgenden ge&#x017F;aget wird, nach<lb/>
Anzeigung der v. 25. davon angefu&#x0364;hrten Worte<lb/>
Je&#x017F;aia&#x0364;, al&#x017F;o &#x017F;tehet davon auch das vorhergehen-<lb/>
de: &#x017F;on&#x017F;t, wo es auf GOtt ginge, die Worte al-<lb/>
&#x017F;o &#x017F;tehen wu&#x0364;rden: &#x03B4;&#x03B9;&#x1F70; &#x03BB;&#x1F78;&#x03B3;&#x03BF;&#x03C5; &#x0398;&#x03B5;&#x03BF;&#x1FE6; &#x03B6;&#x1FF6;&#x03BD;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C2; &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x03BC;&#x03AD;&#x03BD;&#x03BF;&#x03BD;-<lb/>
&#x03C4;&#x03BF;&#x03C2;.</p><lb/>
              <p>9. Gleichwie das Wort <hi rendition="#fr">lebendig</hi> gehet<lb/>
auf die Kraft des Worts, al&#x017F;o gehen die Wor-<lb/>
te, das bleibet in Ewigkeit, auf die Frucht und<lb/>
Erfu&#x0364;llung des Worts, als worinnen es nach al-<lb/>
ler <hi rendition="#aq">Realit</hi>a&#x0364;t ewiglich dar&#x017F;tehen wird. Darum<lb/>
un&#x017F;er Heyland Matth. 24, 35. &#x017F;aget: <hi rendition="#fr">Himmel<lb/>
und Erden werden vergehen, aber meine<lb/>
Worte werden nicht vergehen.</hi> Von der<lb/>
lebendigen Kraft des Worts &#x017F;ehe man Heb. 4, 12.</p><lb/>
              <p>10. Jm u&#x0364;brigen &#x017F;ind zu mehrer Erbauung<lb/>
auch noch folgende Erinnerungen mit zu neh-<lb/>
men:</p><lb/>
              <list>
                <item><hi rendition="#aq">a.</hi> Daß es im Chri&#x017F;tenthum nicht ankomme auf<lb/>
einen a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlichen un&#x017F;tra&#x0364;flichen Wandel und<lb/>
den gewo&#x0364;hnlichen Gebrauch der Mittel des<lb/>
Heyls, &#x017F;ondern auf die <hi rendition="#fr">Wiedergeburt</hi> und<lb/>
rechte <hi rendition="#fr">innere Ge&#x017F;talt,</hi> daß man nach Chri-<lb/>
&#x017F;to ge&#x017F;innet &#x017F;ey; als wozu die Gnaden-Mit-<lb/>
tel mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en angewendet werden: daraus denn<lb/>
nicht allein ein a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich un&#x017F;tra&#x0364;flicher, &#x017F;ondern<lb/>
auch ein erbaulicher Wandel ent&#x017F;tehet.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">b.</hi> Daß daher die <hi rendition="#fr">Wiedergeburt</hi> dasjenige &#x017F;ey<lb/>
bey dem Laufe des gantzen Chri&#x017F;tenthums,<lb/>
was die <hi rendition="#fr">enge Pforte</hi> i&#x017F;t zu dem <hi rendition="#fr">&#x017F;chmalen<lb/>
Wege,</hi> davon un&#x017F;er Heyland &#x017F;aget, daß man<lb/>
dadurch auf die&#x017F;en kommen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Matth.<lb/>
7, 14. O wie viel &#x017F;ind, welche zwar meinen,<lb/>
daß &#x017F;ie &#x017F;ich auf dem &#x017F;chmalen Wege zum Le-<lb/>
ben befinden, &#x017F;ind aber nicht durch die enge<lb/>
Pforte gegangen.</item><lb/>
                <item><hi rendition="#aq">c.</hi> Daß, da das go&#x0364;ttliche Wort kein todter<lb/>
Buch&#x017F;tabe, &#x017F;ondern ein lebendiger Same i&#x017F;t,<lb/>
man die&#x017F;en Samen nicht allein wohl aufneh-<lb/>
men, &#x017F;ondern auch in &#x017F;ich al&#x017F;o bewahren mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;e, daß man daher nicht &#x017F;u&#x0364;ndige, nemlich vor-<lb/>
&#x017F;etzlich; und eben damit die Kraft der Wie-<lb/>
dergeburt an &#x017F;ich erwei&#x017F;e. Denn <hi rendition="#fr">wer aus<lb/>
GOtt geboren i&#x017F;t, der thut nicht Su&#x0364;nde,</hi><lb/>
&#x017F;pricht Johannes Ep. 1. c. 3, 9. <hi rendition="#fr">denn &#x017F;ein<lb/>
Same bleibet bey ihm, und kan nicht &#x017F;u&#x0364;n-<lb/>
digen: denn er i&#x017F;t von GOtt geboren.</hi><lb/>
Siehe dergleichen Kennzeichen der Wiederge-<lb/>
burt noch zweye c. 5, 4. <hi rendition="#fr">Alles was von<lb/>
GOtt geboren i&#x017F;t, u&#x0364;berwindet die Welt,</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">und</hi></fw><lb/></item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[526/0528] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 23. ſtehet in gar vielen Stuͤcken: davon die fuͤr- nehmſten dieſe ſind: a. Der Same empfaͤhet ſeine Kraft nicht erſt vom Acker, ſondern er hat ſie zum Wachs- thum ſchon in ſich, und darf nur dazu erwe- cket werden. Alſo iſt auch das Wort GOt- tes, oder die ins Wort verfaſſete Wahrheit, das iſt, der Rath GOttes von unſerer Selig- keit, an ſich ſchon kraͤftig, und thut ſich zum geiſtlichen Gewaͤchſe hervor. b. Der Same muß einen Acker haben, und zwar einen wohl zubereiteten: alſo auch das Wort GOttes eine ſolche Seele, welche ſich zur Aufnahme und zur Fruchtbringung faͤhig machen laͤßt. Wozu auch ſelbſt der erſte Gebrauch des Worts gehoͤret: darin- nen ſich demnach ein Unterſcheid zwiſchen dem leiblichen und geiſtlichen Samen zeiget; ſintemal der leibliche zur Zubereitung nichts thun kan. So fern man aber durch die geiſt- liche Zubereitung dasjenige verſtehet, welches durch allerhand pædagogiſche Mittel zu we- ge gebracht wird, ſo hat die Vergleichung auch in dieſem Stuͤcke ihre Richtigkeit. c. Der Same will einen Saͤemann haben, der ihn zu rechter Zeit, und auf die rechte Art ausſtreuet: alſo erfodert das Wort GOttes auch das Amt der Lehrer, als der Saͤemaͤn- ner: es kan doch aber eine Schrift auch an ſtatt eines muͤndlichen Vortrages dienen. d. Der ausgeſtreuete Sqame will untergeaͤget ſeyn, damit er nicht von den Voͤgeln verzeh- ret werde, ſondern ſich mit dem Erdreich recht vermengen, und, um uͤber ſich zu wach- ſen, unter ſich einwurtzeln koͤnne: alſo auch das Wort GOttes: Darum es Jac. 1, 21. heißt λόγος ἔμφυτος, das eingepflantzte Wort. Und in ſolchem Verſtande heißt es Luc. 2, 19. von der Maria: Maria aber behielte alle dieſe Worte und bewegte ſie in ihrem Hertzen. e. Der Same bringet keine Frucht, es ſey denn, daß er vom Himmel durch den warmen Sonnen-Schein und durch fruchtbare Re- gen erwecket werde: alſo auch das Wort GOttes. Denn ob es gleich eine lebendige Kraft in ſich hat, ſo iſt doch dabey der Zufluß der Gnade durch die Wirckung des heiligen Geiſtes noͤthig. f. Der auf vielerley auch guten Acker geſtreuete Same iſt zwar wol von einerley Art, aber bringet doch wegen Ungleichheit des Ackers nicht gleiche Frucht: alſo verhaͤlt ſichs auch mit dem Worte. 6. Mehrere Stuͤcke der Vergleichungen kan einem ieglichen ſeine eigene Meditation anweiſen, ſonderlich wenn er dabey folgende von dieſer Materie handelnde Oerter der heili- gen Schrift zum Grunde leget. Jeſ. 55, 10. 11. Jer. 4, 3. Matth. 13. Luc. 8. Hebr. 6, 7. 8. Jac. 5, 7. 1 Joh. 3, 9. u. ſ. w. 7. Daß aber inſonderheit das Wort des Evangelii alhier zu verſtehen ſey, ſiehet man nicht allein aus der daher entſtehenden Frucht der Wiedergeburt, welche nur eigentlich dem Evangelio zukoͤmmt, ſondern auch aus dem Worte ἐυαγγελισϑεν` v. 25. Es iſt doch aber das Wort des Geſetzes davon keines weges, ja ſo gar nicht davon zutrennen, daß es vielmehr da- zu ſo noͤthig iſt, als der Pflug zum Acker: wie denn auch die Apoſtel das Evangelium nicht al- leine, ſondern in der Ordnung der wahren Be- kehrung, dazu auch das Geſetz gehoͤret, vorge- tragen haben. 8. Das Wort ζῶντος, lebendig, wird al- hier billig mit dem Worte λόγου conſtruiret. Denn die Rede iſt nicht von GOtt und ſeinen Eigenſchaften, ſondern von dem Worte GOt- tes. Und wie von dieſem das Wort μένοντος bleibet mit den folgenden geſaget wird, nach Anzeigung der v. 25. davon angefuͤhrten Worte Jeſaiaͤ, alſo ſtehet davon auch das vorhergehen- de: ſonſt, wo es auf GOtt ginge, die Worte al- ſo ſtehen wuͤrden: διὰ λὸγου Θεοῦ ζῶντος καὶ μένον- τος. 9. Gleichwie das Wort lebendig gehet auf die Kraft des Worts, alſo gehen die Wor- te, das bleibet in Ewigkeit, auf die Frucht und Erfuͤllung des Worts, als worinnen es nach al- ler Realitaͤt ewiglich darſtehen wird. Darum unſer Heyland Matth. 24, 35. ſaget: Himmel und Erden werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen. Von der lebendigen Kraft des Worts ſehe man Heb. 4, 12. 10. Jm uͤbrigen ſind zu mehrer Erbauung auch noch folgende Erinnerungen mit zu neh- men: a. Daß es im Chriſtenthum nicht ankomme auf einen aͤuſſerlichen unſtraͤflichen Wandel und den gewoͤhnlichen Gebrauch der Mittel des Heyls, ſondern auf die Wiedergeburt und rechte innere Geſtalt, daß man nach Chri- ſto geſinnet ſey; als wozu die Gnaden-Mit- tel muͤſſen angewendet werden: daraus denn nicht allein ein aͤuſſerlich unſtraͤflicher, ſondern auch ein erbaulicher Wandel entſtehet. b. Daß daher die Wiedergeburt dasjenige ſey bey dem Laufe des gantzen Chriſtenthums, was die enge Pforte iſt zu dem ſchmalen Wege, davon unſer Heyland ſaget, daß man dadurch auf dieſen kommen muͤſſen. Matth. 7, 14. O wie viel ſind, welche zwar meinen, daß ſie ſich auf dem ſchmalen Wege zum Le- ben befinden, ſind aber nicht durch die enge Pforte gegangen. c. Daß, da das goͤttliche Wort kein todter Buchſtabe, ſondern ein lebendiger Same iſt, man dieſen Samen nicht allein wohl aufneh- men, ſondern auch in ſich alſo bewahren muͤſ- ſe, daß man daher nicht ſuͤndige, nemlich vor- ſetzlich; und eben damit die Kraft der Wie- dergeburt an ſich erweiſe. Denn wer aus GOtt geboren iſt, der thut nicht Suͤnde, ſpricht Johannes Ep. 1. c. 3, 9. denn ſein Same bleibet bey ihm, und kan nicht ſuͤn- digen: denn er iſt von GOtt geboren. Siehe dergleichen Kennzeichen der Wiederge- burt noch zweye c. 5, 4. Alles was von GOtt geboren iſt, uͤberwindet die Welt, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/528
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/528>, abgerufen am 23.11.2024.