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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Erklärung Cap. 1. v. 14-17.
[Spaltenumbruch] wenn es nur nicht gar zur grob gemachet wird,
wieder gefallen lässet, und, wonicht alles, doch
vieles, wieder mitmachet, und also wieder ver-
lieret, was man erarbeitet hatte. Dagegen
alhier Petrus warnet, und noch mehr 2 Ep. c. 2.
19. u. f. auch Paulus Röm. 12, 2.

7. Der Apostel führet die Gläubigen, um
sie zum heiligen Wandel zu erwecken, auf ihre
geschehene Berufung, und den Berufer selbst.
GOtt hatte sie zwar wie wiedergeboren, also auch
berufen nach seiner grossen Barmhertzigkeit,
v. 2. aber nicht weniger auch nach seiner Heilig-
keit;
welche damit bezeuget wurde, daß er ih-
nen das Evangelium hatte predigen lassen in der
Ordnung wahrer Bekehrung. Nimmt doch
kein gottseliger Mensch einen Gottlosen in seine
Gemeinschaft; als welche zwischen dem Licht und
der Finsterniß sich nicht treffen läßt: wie solte
denn GOTT iemand ohne die Heiligung in sein
Reich der Gnaden und Herrlichkeit aufnehmen?
Was Petrus alhier von dem heiligen Berufer
saget, das spricht Paulus von dem Berufe
selbst 2 Tim. 1, 9. wenn er ihn den Heiligen nen-
net.

8. Heilig seyn heißt alhier sich der Heili-
gung befleißigen und ihr nachjagen; als ohne
welche niemand den HErrn sehen wird. Hebr. 12,
14. Und dieses bestehet in den zweyen Hauptstü-
cken, daß man nemlich nach dem noch übrigen
alten Menschen immer mehr abnehme, und
nach dem neuen zunehme. Eph. 4, 23. u. f. Col. 3,
9. 10. Paulus nennet es 2 Cor. 7, 1. sich von aller
Befleckung des Fleisches und des Geistes reini-
gen, und fortfahren mit der Heiligung in der
Furcht GOttes.
Und Röm. 12, 2. sich der Welt
nicht gleich stellen,
sondern sich verneuren
durch Verneuerung des Sinnes.
Anderer
gleichgültigen sehr vielen Redens-Arten der hei-
ligen Schrift zu geschweigen.

9. Der Wandel, worinn die Heiligung
soll erwiesen werden, ist nicht allein ein äusser-
licher,
sondern zuvorderst auch ein innerlicher,
darinn man es allein mit GOTT zu thun hat.
Dieser muß vor allen Dingen wohl geordnet
seyn; da denn der äusserliche, ohne den innerli-
chen Umgang mit GOtt, nur ein Natur-Werck
ist.

10. Es ist auch der Beysatz des Worts al-
lem,
in allem eurem Wandel, wohl zu mer-
cken. Denn damit wird angezeiget, wie man
nicht allein in der Einsamkeit, sondern auch in
der Gesellschaft; nicht allein zu dieser und jener
Zeit, an diesem und jenem Orte, in diesem und
jenem Zustande und äussern Stande; sondern
allezeit, aller Orten und in allen Ständen,
auch bey allen äusserlichen Berufs-Geschäften
einen heiligen, und also nicht allein einen unsträf-
lichen, sondern auch einen erbaulichen Wandel
beweisen solle.

11. Es ist nicht zu sagen, was sich dißfals
für ein grosser und vielfacher practischer Jrr-
thum findet: da man nemlich die Heiligkeit des
Wandels an gewisse Personen, gewisse Aem-
ter, Zeiten, Oerter und Handlungen bindet;
aber damit genugsam bezeuget, daß man noch
[Spaltenumbruch] gar nicht wisse, was eine wahre Heiligung und
Heiligkeit sey. Unter diesen beyden Worten
aber den Unterscheid zu zeigen, so bestehet die
Heiligung in dem Fleisse, und die Heiligkeit in
der durch solchen Fleiß erhaltenen Frucht am im-
mer mehr erneuerten und immer völliger ange-
richteten Ebenbilde GOttes, und also auch in
der Gleichförmigkeit des Sinnes Christi. Ein
mehrers von dem heiligen Wandel sehe man in
diesem Briefe c. 1, 17. c. 2, 12. c. 3, 1. 2. 15. 16. im
andern Briefe c. 3, 11. Paulus nennet es Eph.
4, 1. wandelt, wie sichs gebühret dem
Berufe.
Und von sich selbst spricht er 2 Cor. 1, 12.
daß er in Einfältigkeit und göttlicher Lau-
terkeit, nicht in fleischlicher Weisheit, son-
dern in der Gnade GOttes auf der Welt
gewandelt habe:
und wie er dabey nach dem
vorgesteckten Ziel und Kleinod gelaufen sey,
sehe man 1 Cor. 9, 24. u. f. Phil. 4, 13. 14. Und
wie schön lautet es nicht, wenn er, uns zum Vor-
bilde, Hebr. 13, 18. spricht: Unser Trost ist der,
daß wir ein gutes Gewissen haben, und
fleißigen uns einen guten Wandel zu füh-
ren bey allen.

12. Mit dem von Christo und seinen Apo-
steln so oft gebrauchten Worte, gegraptai, es
stehet geschrieben,
ist uns, an statt unmittel-
barer Offenbarungen, das geschriebene göttli-
che Wort zur fleißigen Forschung und zu getreuer
Anwendung anbefohlen. Und hat Christus mit
seinen Aposteln, die doch aus der Fülle des Hei-
ligen Geistes reden konten, die heilige Schrift
so hoch gehalten, was solten wir denn nicht
thun?

13. Die aus dem eilften Capitel des dritten
Buchs Moses v. 44. angeführten Worte: ihr
solt heilig seyn, denn ich bin heilig!
wer-
den daselbst und anderwärtig in demselben Bu-
che, sonderlich c. 19. 20. 21. 22. sehr oft wieder-
holet, und damit desto mehr eingeschärfet: und
zwar bey den Gesetzen von der Levitischen Unrei-
nigkeit und Reinigung; um damit anzuzeigen,
worauf alles dabey angesehen sey, nemlich auf
eine innere Reinigkeit des Hertzens, und daß
solche nicht anders, als durch das Evangelium,
welches dabey auf so mancherley Art abgeschat-
tet wurde, erhalten werde.

V. 17.

Und sintemal ihr den zum Vater an-
rufet, der ohne Ansehen der Person rich-
tet, nach eines ieglichen Werck, so füh-
ret euren Wandel, solange ihr hier wal-
let, mit Furchten.

Anmerckungen.

1. Wir finden alhier eine Ermahnung,
den Wandel mit Furchten zu führen, und den
Grund, der einen dazu bewegen soll und kan,
welcher von dem göttlichen Richter-Amte her-
genommen ist. Bey der Ermahnung selbst ist
zu mercken:

a. Daß der Apostel damit die Vorhergehen-
de Ermunterung vom heiligen Wandel
noch mehr einschärfet und mit solcher Ein-
schärfung

Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 14-17.
[Spaltenumbruch] wenn es nur nicht gar zur grob gemachet wird,
wieder gefallen laͤſſet, und, wonicht alles, doch
vieles, wieder mitmachet, und alſo wieder ver-
lieret, was man erarbeitet hatte. Dagegen
alhier Petrus warnet, und noch mehr 2 Ep. c. 2.
19. u. f. auch Paulus Roͤm. 12, 2.

7. Der Apoſtel fuͤhret die Glaͤubigen, um
ſie zum heiligen Wandel zu erwecken, auf ihre
geſchehene Berufung, und den Berufer ſelbſt.
GOtt hatte ſie zwar wie wiedergeboren, alſo auch
berufen nach ſeiner groſſen Barmhertzigkeit,
v. 2. aber nicht weniger auch nach ſeiner Heilig-
keit;
welche damit bezeuget wurde, daß er ih-
nen das Evangelium hatte predigen laſſen in der
Ordnung wahrer Bekehrung. Nimmt doch
kein gottſeliger Menſch einen Gottloſen in ſeine
Gemeinſchaft; als welche zwiſchen dem Licht und
der Finſterniß ſich nicht treffen laͤßt: wie ſolte
denn GOTT iemand ohne die Heiligung in ſein
Reich der Gnaden und Herrlichkeit aufnehmen?
Was Petrus alhier von dem heiligen Berufer
ſaget, das ſpricht Paulus von dem Berufe
ſelbſt 2 Tim. 1, 9. wenn er ihn den Heiligen nen-
net.

8. Heilig ſeyn heißt alhier ſich der Heili-
gung befleißigen und ihr nachjagen; als ohne
welche niemand den HErrn ſehen wird. Hebr. 12,
14. Und dieſes beſtehet in den zweyen Hauptſtuͤ-
cken, daß man nemlich nach dem noch uͤbrigen
alten Menſchen immer mehr abnehme, und
nach dem neuen zunehme. Eph. 4, 23. u. f. Col. 3,
9. 10. Paulus nennet es 2 Cor. 7, 1. ſich von aller
Befleckung des Fleiſches und des Geiſtes reini-
gen, und fortfahren mit der Heiligung in der
Furcht GOttes.
Und Roͤm. 12, 2. ſich der Welt
nicht gleich ſtellen,
ſondern ſich verneuren
durch Verneuerung des Sinnes.
Anderer
gleichguͤltigen ſehr vielen Redens-Arten der hei-
ligen Schrift zu geſchweigen.

9. Der Wandel, worinn die Heiligung
ſoll erwieſen werden, iſt nicht allein ein aͤuſſer-
licher,
ſondern zuvorderſt auch ein innerlicher,
darinn man es allein mit GOTT zu thun hat.
Dieſer muß vor allen Dingen wohl geordnet
ſeyn; da denn der aͤuſſerliche, ohne den innerli-
chen Umgang mit GOtt, nur ein Natur-Werck
iſt.

10. Es iſt auch der Beyſatz des Worts al-
lem,
in allem eurem Wandel, wohl zu mer-
cken. Denn damit wird angezeiget, wie man
nicht allein in der Einſamkeit, ſondern auch in
der Geſellſchaft; nicht allein zu dieſer und jener
Zeit, an dieſem und jenem Orte, in dieſem und
jenem Zuſtande und aͤuſſern Stande; ſondern
allezeit, aller Orten und in allen Staͤnden,
auch bey allen aͤuſſerlichen Berufs-Geſchaͤften
einen heiligen, und alſo nicht allein einen unſtraͤf-
lichen, ſondern auch einen erbaulichen Wandel
beweiſen ſolle.

11. Es iſt nicht zu ſagen, was ſich dißfals
fuͤr ein groſſer und vielfacher practiſcher Jrr-
thum findet: da man nemlich die Heiligkeit des
Wandels an gewiſſe Perſonen, gewiſſe Aem-
ter, Zeiten, Oerter und Handlungen bindet;
aber damit genugſam bezeuget, daß man noch
[Spaltenumbruch] gar nicht wiſſe, was eine wahre Heiligung und
Heiligkeit ſey. Unter dieſen beyden Worten
aber den Unterſcheid zu zeigen, ſo beſtehet die
Heiligung in dem Fleiſſe, und die Heiligkeit in
der durch ſolchen Fleiß erhaltenen Frucht am im-
mer mehr erneuerten und immer voͤlliger ange-
richteten Ebenbilde GOttes, und alſo auch in
der Gleichfoͤrmigkeit des Sinnes Chriſti. Ein
mehrers von dem heiligen Wandel ſehe man in
dieſem Briefe c. 1, 17. c. 2, 12. c. 3, 1. 2. 15. 16. im
andern Briefe c. 3, 11. Paulus nennet es Eph.
4, 1. wandelt, wie ſichs gebuͤhret dem
Berufe.
Und von ſich ſelbſt ſpricht er 2 Cor. 1, 12.
daß er in Einfaͤltigkeit und goͤttlicher Lau-
terkeit, nicht in fleiſchlicher Weisheit, ſon-
dern in der Gnade GOttes auf der Welt
gewandelt habe:
und wie er dabey nach dem
vorgeſteckten Ziel und Kleinod gelaufen ſey,
ſehe man 1 Cor. 9, 24. u. f. Phil. 4, 13. 14. Und
wie ſchoͤn lautet es nicht, wenn er, uns zum Vor-
bilde, Hebr. 13, 18. ſpricht: Unſer Troſt iſt der,
daß wir ein gutes Gewiſſen haben, und
fleißigen uns einen guten Wandel zu fuͤh-
ren bey allen.

12. Mit dem von Chriſto und ſeinen Apo-
ſteln ſo oft gebrauchten Worte, γέγραπται, es
ſtehet geſchrieben,
iſt uns, an ſtatt unmittel-
barer Offenbarungen, das geſchriebene goͤttli-
che Wort zur fleißigen Forſchung und zu getreuer
Anwendung anbefohlen. Und hat Chriſtus mit
ſeinen Apoſteln, die doch aus der Fuͤlle des Hei-
ligen Geiſtes reden konten, die heilige Schrift
ſo hoch gehalten, was ſolten wir denn nicht
thun?

13. Die aus dem eilften Capitel des dritten
Buchs Moſes v. 44. angefuͤhrten Worte: ihr
ſolt heilig ſeyn, denn ich bin heilig!
wer-
den daſelbſt und anderwaͤrtig in demſelben Bu-
che, ſonderlich c. 19. 20. 21. 22. ſehr oft wieder-
holet, und damit deſto mehr eingeſchaͤrfet: und
zwar bey den Geſetzen von der Levitiſchen Unrei-
nigkeit und Reinigung; um damit anzuzeigen,
worauf alles dabey angeſehen ſey, nemlich auf
eine innere Reinigkeit des Hertzens, und daß
ſolche nicht anders, als durch das Evangelium,
welches dabey auf ſo mancherley Art abgeſchat-
tet wurde, erhalten werde.

V. 17.

Und ſintemal ihr den zum Vater an-
rufet, der ohne Anſehen der Perſon rich-
tet, nach eines ieglichen Werck, ſo fuͤh-
ret euren Wandel, ſolange ihr hier wal-
let, mit Furchten.

Anmerckungen.

1. Wir finden alhier eine Ermahnung,
den Wandel mit Furchten zu fuͤhren, und den
Grund, der einen dazu bewegen ſoll und kan,
welcher von dem goͤttlichen Richter-Amte her-
genommen iſt. Bey der Ermahnung ſelbſt iſt
zu mercken:

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[516/0518] Richtige und erbauliche Erklaͤrung Cap. 1. v. 14-17. wenn es nur nicht gar zur grob gemachet wird, wieder gefallen laͤſſet, und, wonicht alles, doch vieles, wieder mitmachet, und alſo wieder ver- lieret, was man erarbeitet hatte. Dagegen alhier Petrus warnet, und noch mehr 2 Ep. c. 2. 19. u. f. auch Paulus Roͤm. 12, 2. 7. Der Apoſtel fuͤhret die Glaͤubigen, um ſie zum heiligen Wandel zu erwecken, auf ihre geſchehene Berufung, und den Berufer ſelbſt. GOtt hatte ſie zwar wie wiedergeboren, alſo auch berufen nach ſeiner groſſen Barmhertzigkeit, v. 2. aber nicht weniger auch nach ſeiner Heilig- keit; welche damit bezeuget wurde, daß er ih- nen das Evangelium hatte predigen laſſen in der Ordnung wahrer Bekehrung. Nimmt doch kein gottſeliger Menſch einen Gottloſen in ſeine Gemeinſchaft; als welche zwiſchen dem Licht und der Finſterniß ſich nicht treffen laͤßt: wie ſolte denn GOTT iemand ohne die Heiligung in ſein Reich der Gnaden und Herrlichkeit aufnehmen? Was Petrus alhier von dem heiligen Berufer ſaget, das ſpricht Paulus von dem Berufe ſelbſt 2 Tim. 1, 9. wenn er ihn den Heiligen nen- net. 8. Heilig ſeyn heißt alhier ſich der Heili- gung befleißigen und ihr nachjagen; als ohne welche niemand den HErrn ſehen wird. Hebr. 12, 14. Und dieſes beſtehet in den zweyen Hauptſtuͤ- cken, daß man nemlich nach dem noch uͤbrigen alten Menſchen immer mehr abnehme, und nach dem neuen zunehme. Eph. 4, 23. u. f. Col. 3, 9. 10. Paulus nennet es 2 Cor. 7, 1. ſich von aller Befleckung des Fleiſches und des Geiſtes reini- gen, und fortfahren mit der Heiligung in der Furcht GOttes. Und Roͤm. 12, 2. ſich der Welt nicht gleich ſtellen, ſondern ſich verneuren durch Verneuerung des Sinnes. Anderer gleichguͤltigen ſehr vielen Redens-Arten der hei- ligen Schrift zu geſchweigen. 9. Der Wandel, worinn die Heiligung ſoll erwieſen werden, iſt nicht allein ein aͤuſſer- licher, ſondern zuvorderſt auch ein innerlicher, darinn man es allein mit GOTT zu thun hat. Dieſer muß vor allen Dingen wohl geordnet ſeyn; da denn der aͤuſſerliche, ohne den innerli- chen Umgang mit GOtt, nur ein Natur-Werck iſt. 10. Es iſt auch der Beyſatz des Worts al- lem, in allem eurem Wandel, wohl zu mer- cken. Denn damit wird angezeiget, wie man nicht allein in der Einſamkeit, ſondern auch in der Geſellſchaft; nicht allein zu dieſer und jener Zeit, an dieſem und jenem Orte, in dieſem und jenem Zuſtande und aͤuſſern Stande; ſondern allezeit, aller Orten und in allen Staͤnden, auch bey allen aͤuſſerlichen Berufs-Geſchaͤften einen heiligen, und alſo nicht allein einen unſtraͤf- lichen, ſondern auch einen erbaulichen Wandel beweiſen ſolle. 11. Es iſt nicht zu ſagen, was ſich dißfals fuͤr ein groſſer und vielfacher practiſcher Jrr- thum findet: da man nemlich die Heiligkeit des Wandels an gewiſſe Perſonen, gewiſſe Aem- ter, Zeiten, Oerter und Handlungen bindet; aber damit genugſam bezeuget, daß man noch gar nicht wiſſe, was eine wahre Heiligung und Heiligkeit ſey. Unter dieſen beyden Worten aber den Unterſcheid zu zeigen, ſo beſtehet die Heiligung in dem Fleiſſe, und die Heiligkeit in der durch ſolchen Fleiß erhaltenen Frucht am im- mer mehr erneuerten und immer voͤlliger ange- richteten Ebenbilde GOttes, und alſo auch in der Gleichfoͤrmigkeit des Sinnes Chriſti. Ein mehrers von dem heiligen Wandel ſehe man in dieſem Briefe c. 1, 17. c. 2, 12. c. 3, 1. 2. 15. 16. im andern Briefe c. 3, 11. Paulus nennet es Eph. 4, 1. wandelt, wie ſichs gebuͤhret dem Berufe. Und von ſich ſelbſt ſpricht er 2 Cor. 1, 12. daß er in Einfaͤltigkeit und goͤttlicher Lau- terkeit, nicht in fleiſchlicher Weisheit, ſon- dern in der Gnade GOttes auf der Welt gewandelt habe: und wie er dabey nach dem vorgeſteckten Ziel und Kleinod gelaufen ſey, ſehe man 1 Cor. 9, 24. u. f. Phil. 4, 13. 14. Und wie ſchoͤn lautet es nicht, wenn er, uns zum Vor- bilde, Hebr. 13, 18. ſpricht: Unſer Troſt iſt der, daß wir ein gutes Gewiſſen haben, und fleißigen uns einen guten Wandel zu fuͤh- ren bey allen. 12. Mit dem von Chriſto und ſeinen Apo- ſteln ſo oft gebrauchten Worte, γέγραπται, es ſtehet geſchrieben, iſt uns, an ſtatt unmittel- barer Offenbarungen, das geſchriebene goͤttli- che Wort zur fleißigen Forſchung und zu getreuer Anwendung anbefohlen. Und hat Chriſtus mit ſeinen Apoſteln, die doch aus der Fuͤlle des Hei- ligen Geiſtes reden konten, die heilige Schrift ſo hoch gehalten, was ſolten wir denn nicht thun? 13. Die aus dem eilften Capitel des dritten Buchs Moſes v. 44. angefuͤhrten Worte: ihr ſolt heilig ſeyn, denn ich bin heilig! wer- den daſelbſt und anderwaͤrtig in demſelben Bu- che, ſonderlich c. 19. 20. 21. 22. ſehr oft wieder- holet, und damit deſto mehr eingeſchaͤrfet: und zwar bey den Geſetzen von der Levitiſchen Unrei- nigkeit und Reinigung; um damit anzuzeigen, worauf alles dabey angeſehen ſey, nemlich auf eine innere Reinigkeit des Hertzens, und daß ſolche nicht anders, als durch das Evangelium, welches dabey auf ſo mancherley Art abgeſchat- tet wurde, erhalten werde. V. 17. Und ſintemal ihr den zum Vater an- rufet, der ohne Anſehen der Perſon rich- tet, nach eines ieglichen Werck, ſo fuͤh- ret euren Wandel, ſolange ihr hier wal- let, mit Furchten. Anmerckungen. 1. Wir finden alhier eine Ermahnung, den Wandel mit Furchten zu fuͤhren, und den Grund, der einen dazu bewegen ſoll und kan, welcher von dem goͤttlichen Richter-Amte her- genommen iſt. Bey der Ermahnung ſelbſt iſt zu mercken: a. Daß der Apoſtel damit die Vorhergehen- de Ermunterung vom heiligen Wandel noch mehr einſchaͤrfet und mit ſolcher Ein- ſchaͤrfung

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 516. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/518>, abgerufen am 26.06.2024.