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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des ersten Briefes Pauli Cap. 5. v. 24-27.
[Spaltenumbruch] lebendig machet, und wird oft in der Schrift
für das Leben genommen.

V. 24.

Getreu ist Er, der euch rufet (gerufen
hat, und noch rufet; gerufen hat vom Reiche
der Finsterniß zum Reiche des Lichts und der
Gnaden: noch rufet, nemlich vom Reiche der
Gnaden zu dem Reiche der Herrlichkeit) wel-
cher wirds auch thun
(nemlich das, was
er selbst angefangen hat, bewahren und voll-
enden.)

Anmerckungen.

1. Der Apostel setzet in diesem Context
beydes zusammen, die Treue des Menschen,
daß er die empfangene Gnade wohl anlege; und
die Treue GOttes, daß er es an seiner Unter-
stützung und kräftigen Mitwirckung nicht erman-
geln lasse. Fehlet es an einem Stücke, so wird
das geistliche und ewige Heyl nicht erlanget.
Denn ohne GOtt vermag der Mensch nichts:
und ohne den Menschen thut GOTT in so fern
nichts, daß er ihn nicht zwinget, sondern will, daß
er durch seine Gnade seinen freyen Willen erwecken
lasse, und sich treu beweise, wie es die so weislich
gemachte Heyls-Ordnung mit sich bringet.

2. Daß GOtt ist pistos getreu, das ist der
veste Grund, darauf wir bauen ten pistin den
Glauben, und durch den Glauben GOTT alles
Gute, das ist, die Erfüllung aller seiner Verheis-
sungen, zu trauen und uns ihm anvertrauen und
überlassen. Paulus preiset diese Treue GOttes
auch anderwärtig, nemlich 1 Cor. 1, 9. 10, 13.
2 Cor. 1, 18. 2 Thess. 3, 3.

3. Ein ieder Leser gedencke, er sey ein Be-
rufener
GOttes, und folge der Stimme GOt-
tes, welche auch insonderheit in diesem Briefe
Pauli an ihn mit ergehet.

V. 25.

Lieben Brüder, betet für uns (gleich-
wie ich oben angezeiget habe, daß wir für euch be-
ten Cap. 1, 2.)

Anmerckungen.

1. Man siehet hieraus Pauli und seiner Ge-
hülfen hertzliche Demuth; als nach welcher sie
sich bey dem Reichthum der mitgetheileten Gna-
de GOttes, aus der Erkentniß ihrer natürlichen
Unwürdigkeit und dessen, was ihnen noch fehlete,
sowol der Person, als dem Amte nach, in einer
solchen Armuth des Geistes finden, daß sie sich des
Gebets der Thessalonicher benöthigt erachteten.
Paulus thut es auch in andern Briefen, als
Röm. 15, 30. 2 Cor. 1, 11. Eph. 6, 18. 19. Col. 4,
2. 3. 2 Thess. 3, 1.

2. So willig GOtt ist, seine Gnade mitzu-
theilen und etwas gutes zu seinen Ehren zu beför-
dern; so sehr erfordert er doch das Gebet. Wo-
mit er denn anzeigt, in welcher Ordnung wir den
Segen von ihm empfangen sollen und können.
Und da zu derselben sonderlich das Gebet gehöret,
so führet er uns damit zugleich auf die selige Ge-
meinschaft, in welcher wir mit ihm stehen sollen.
Denn ob er gleich das Gute ohne das Gebet schen-
cken könte, so ist doch solches seiner Weisheit und
[Spaltenumbruch] der Sache selbst nicht gemäß: sintemal das ge-
schenckte Gut ohne Gebet nicht recht erkant, viel
weniger GOtt darüber recht gelobet wird.

3. Man siehet hieraus insonderheit den
Character eines rechtschaffnen Lehrers und Zu-
hörers; wie er sich nemlich im Gebet oder in der
Fürbitte erweiset. Was einen dazu erwecken
soll, ist auch dieses, daß man durch die Fürbitte
für andere des ihnen erbetenen Segens zuvor-
derst selbst theilhaftig wird.

V. 26.

Grüsset alle Brüder mit dem heili-
gen Kuß
(grüsset und segnet bey den Zusammen-
künften euch unter einander, und die, welche auch
sonst bey Gelegenheit von andern Orten zu euch
kommen, oder zu denen ihr kommet) mit dem hei-
ligen Kuß
(einer geheiligten Bruder-Liebe un-
ter Personen von einerley Geschlecht, dem männ-
lichen und weiblichen, zur Verbindung und Ver-
einigung eurer Gemüther mit dem zu erneuren-
den und immer mehr zu bevestigenden Vorsatze, in
brüderlicher Einigkeit mit einander zu leben.
Siehe davon Röm. 16, 16. 1 Cor. 16, 20. 2 Cor.
13, 12. 1 Pet. 5, 14.)

V. 27.

Jch beschwere euch (welchen dieser Brief
wird eingehändiget werden, als da sonderlich
sind die Vorsteher der Gemeine) bey dem HErrn
(lege es euch heiliglich vor dem HErrn auf euer
Gewissen, daß, woferne ihr, was ich von euch
fordere, unterlassen soltet, ihr eine grosse Schuld
auf euch laden würdet: welches die allernach-
drücklichste Art der Ermahnung ist: siehe des-
gleichen Matth. 26, 63. da es aber von dem Ho-
hen-Priester nur ein Mißbrauch des Namens
GOttes war. Ferner Hohe-Lied C. 5, 7. Marc.
5, 7. Apost. Gesch. 19, 13.) daß ihr diese Epi-
stel lesen
(oder, die nicht lesen können, hören)
lasset allen heiligen Brüdern. (Siehe
Col. 4, 16.)

Anmerckungen.

1. Wenn man keinen andern Beweis von der
falschen Lehre und dem ungöttlichen Kirchen-Re-
gimente im Pabstthum hätte, als diesen, daß über-
haupt den zur so genanten Clerisey nicht gehörigen
Kirch-Gliedern die Lesung der heiligen Schrift
verboten ist, so hätte man schon hieran genug, das
heillose Wesen daraus zu erkennen. Nemlich
die Clerisey hat kein gut Gewissen, sondern weiß
gar wohl, daß ihre Lehre und ihr Leben nebst dem
Kirchen-Regiment der Lehre und dem Leben auch
der Ordnung und dem Sinne JEsu Christi gantz
zuwider ist. Damit nun das Geheimniß solcher
ihrer Bosheit nicht möge aufgedecket werden, so
untersagen sie dem Volcke die Lesung der heiligen
Schrift: und in den Predigten tragen sie demsel-
ben auch nichts weniger vor, als den Rath GOt-
tes von dem Grunde und von der Ordnung des
Heyls: auf welche Art sie denn in der gro-
ben Unwissenheit und im blinden Gehorsam
bleiben.

2. Wie schön lautet es nicht noch zuletzt von
den Thessalonichern wenn es heißt: heiligen

Brü-

Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli Cap. 5. v. 24-27.
[Spaltenumbruch] lebendig machet, und wiꝛd oft in der Schrift
fuͤr das Leben genommen.

V. 24.

Getreu iſt Er, der euch rufet (gerufen
hat, und noch rufet; gerufen hat vom Reiche
der Finſterniß zum Reiche des Lichts und der
Gnaden: noch rufet, nemlich vom Reiche der
Gnaden zu dem Reiche der Herrlichkeit) wel-
cher wirds auch thun
(nemlich das, was
er ſelbſt angefangen hat, bewahren und voll-
enden.)

Anmerckungen.

1. Der Apoſtel ſetzet in dieſem Context
beydes zuſammen, die Treue des Menſchen,
daß er die empfangene Gnade wohl anlege; und
die Treue GOttes, daß er es an ſeiner Unter-
ſtuͤtzung und kraͤftigen Mitwirckung nicht erman-
geln laſſe. Fehlet es an einem Stuͤcke, ſo wird
das geiſtliche und ewige Heyl nicht erlanget.
Denn ohne GOtt vermag der Menſch nichts:
und ohne den Menſchen thut GOTT in ſo fern
nichts, daß er ihn nicht zwinget, ſondern will, daß
er durch ſeine Gnade ſeinen fꝛeyen Willen erwecken
laſſe, und ſich treu beweiſe, wie es die ſo weislich
gemachte Heyls-Ordnung mit ſich bringet.

2. Daß GOtt iſt πιστὸς getreu, das iſt der
veſte Grund, darauf wir bauen τὴν πίστιν den
Glauben, und durch den Glauben GOTT alles
Gute, das iſt, die Erfuͤllung aller ſeiner Verheiſ-
ſungen, zu trauen und uns ihm anvertrauen und
uͤberlaſſen. Paulus preiſet dieſe Treue GOttes
auch anderwaͤrtig, nemlich 1 Cor. 1, 9. 10, 13.
2 Cor. 1, 18. 2 Theſſ. 3, 3.

3. Ein ieder Leſer gedencke, er ſey ein Be-
rufener
GOttes, und folge der Stimme GOt-
tes, welche auch inſonderheit in dieſem Briefe
Pauli an ihn mit ergehet.

V. 25.

Lieben Bruͤder, betet fuͤr uns (gleich-
wie ich oben angezeiget habe, daß wir fuͤr euch be-
ten Cap. 1, 2.)

Anmerckungen.

1. Man ſiehet hieraus Pauli und ſeiner Ge-
huͤlfen hertzliche Demuth; als nach welcher ſie
ſich bey dem Reichthum der mitgetheileten Gna-
de GOttes, aus der Erkentniß ihrer natuͤrlichen
Unwuͤrdigkeit und deſſen, was ihnen noch fehlete,
ſowol der Perſon, als dem Amte nach, in einer
ſolchen Armuth des Geiſtes finden, daß ſie ſich des
Gebets der Theſſalonicher benoͤthigt erachteten.
Paulus thut es auch in andern Briefen, als
Roͤm. 15, 30. 2 Cor. 1, 11. Eph. 6, 18. 19. Col. 4,
2. 3. 2 Theſſ. 3, 1.

2. So willig GOtt iſt, ſeine Gnade mitzu-
theilen und etwas gutes zu ſeinen Ehren zu befoͤr-
dern; ſo ſehr erfordert er doch das Gebet. Wo-
mit er denn anzeigt, in welcher Ordnung wir den
Segen von ihm empfangen ſollen und koͤnnen.
Und da zu derſelben ſonderlich das Gebet gehoͤret,
ſo fuͤhret er uns damit zugleich auf die ſelige Ge-
meinſchaft, in welcher wir mit ihm ſtehen ſollen.
Denn ob er gleich das Gute ohne das Gebet ſchen-
cken koͤnte, ſo iſt doch ſolches ſeiner Weisheit und
[Spaltenumbruch] der Sache ſelbſt nicht gemaͤß: ſintemal das ge-
ſchenckte Gut ohne Gebet nicht recht erkant, viel
weniger GOtt daruͤber recht gelobet wird.

3. Man ſiehet hieraus inſonderheit den
Character eines rechtſchaffnen Lehrers und Zu-
hoͤrers; wie er ſich nemlich im Gebet oder in der
Fuͤrbitte erweiſet. Was einen dazu erwecken
ſoll, iſt auch dieſes, daß man durch die Fuͤrbitte
fuͤr andere des ihnen erbetenen Segens zuvor-
derſt ſelbſt theilhaftig wird.

V. 26.

Gruͤſſet alle Bruͤder mit dem heili-
gen Kuß
(gruͤſſet und ſegnet bey den Zuſammen-
kuͤnften euch unter einander, und die, welche auch
ſonſt bey Gelegenheit von andern Orten zu euch
kommen, oder zu denen ihr kommet) mit dem hei-
ligen Kuß
(einer geheiligten Bruder-Liebe un-
ter Perſonen von einerley Geſchlecht, dem maͤnn-
lichen und weiblichen, zur Verbindung und Ver-
einigung eurer Gemuͤther mit dem zu erneuren-
den und immer mehr zu beveſtigenden Vorſatze, in
bruͤderlicher Einigkeit mit einander zu leben.
Siehe davon Roͤm. 16, 16. 1 Cor. 16, 20. 2 Cor.
13, 12. 1 Pet. 5, 14.)

V. 27.

Jch beſchwere euch (welchen dieſer Brief
wird eingehaͤndiget werden, als da ſonderlich
ſind die Vorſteher der Gemeine) bey dem HErrn
(lege es euch heiliglich vor dem HErrn auf euer
Gewiſſen, daß, woferne ihr, was ich von euch
fordere, unterlaſſen ſoltet, ihr eine groſſe Schuld
auf euch laden wuͤrdet: welches die allernach-
druͤcklichſte Art der Ermahnung iſt: ſiehe des-
gleichen Matth. 26, 63. da es aber von dem Ho-
hen-Prieſter nur ein Mißbrauch des Namens
GOttes war. Ferner Hohe-Lied C. 5, 7. Marc.
5, 7. Apoſt. Geſch. 19, 13.) daß ihr dieſe Epi-
ſtel leſen
(oder, die nicht leſen koͤnnen, hoͤren)
laſſet allen heiligen Bruͤdern. (Siehe
Col. 4, 16.)

Anmerckungen.

1. Wenn man keinen andern Beweis von der
falſchen Lehre und dem ungoͤttlichen Kirchen-Re-
gimente im Pabſtthum haͤtte, als dieſen, daß uͤber-
haupt den zur ſo genanten Cleriſey nicht gehoͤrigen
Kirch-Gliedern die Leſung der heiligen Schrift
verboten iſt, ſo haͤtte man ſchon hieran genug, das
heilloſe Weſen daraus zu erkennen. Nemlich
die Cleriſey hat kein gut Gewiſſen, ſondern weiß
gar wohl, daß ihre Lehre und ihr Leben nebſt dem
Kirchen-Regiment der Lehre und dem Leben auch
der Ordnung und dem Sinne JEſu Chriſti gantz
zuwider iſt. Damit nun das Geheimniß ſolcher
ihrer Bosheit nicht moͤge aufgedecket werden, ſo
unterſagen ſie dem Volcke die Leſung der heiligen
Schrift: und in den Predigten tragen ſie demſel-
ben auch nichts weniger vor, als den Rath GOt-
tes von dem Grunde und von der Ordnung des
Heyls: auf welche Art ſie denn in der gro-
ben Unwiſſenheit und im blinden Gehorſam
bleiben.

2. Wie ſchoͤn lautet es nicht noch zuletzt von
den Theſſalonichern wenn es heißt: heiligen

Bruͤ-
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[46/0048] Erklaͤrung des erſten Briefes Pauli Cap. 5. v. 24-27. lebendig machet, und wiꝛd oft in der Schrift fuͤr das Leben genommen. V. 24. Getreu iſt Er, der euch rufet (gerufen hat, und noch rufet; gerufen hat vom Reiche der Finſterniß zum Reiche des Lichts und der Gnaden: noch rufet, nemlich vom Reiche der Gnaden zu dem Reiche der Herrlichkeit) wel- cher wirds auch thun (nemlich das, was er ſelbſt angefangen hat, bewahren und voll- enden.) Anmerckungen. 1. Der Apoſtel ſetzet in dieſem Context beydes zuſammen, die Treue des Menſchen, daß er die empfangene Gnade wohl anlege; und die Treue GOttes, daß er es an ſeiner Unter- ſtuͤtzung und kraͤftigen Mitwirckung nicht erman- geln laſſe. Fehlet es an einem Stuͤcke, ſo wird das geiſtliche und ewige Heyl nicht erlanget. Denn ohne GOtt vermag der Menſch nichts: und ohne den Menſchen thut GOTT in ſo fern nichts, daß er ihn nicht zwinget, ſondern will, daß er durch ſeine Gnade ſeinen fꝛeyen Willen erwecken laſſe, und ſich treu beweiſe, wie es die ſo weislich gemachte Heyls-Ordnung mit ſich bringet. 2. Daß GOtt iſt πιστὸς getreu, das iſt der veſte Grund, darauf wir bauen τὴν πίστιν den Glauben, und durch den Glauben GOTT alles Gute, das iſt, die Erfuͤllung aller ſeiner Verheiſ- ſungen, zu trauen und uns ihm anvertrauen und uͤberlaſſen. Paulus preiſet dieſe Treue GOttes auch anderwaͤrtig, nemlich 1 Cor. 1, 9. 10, 13. 2 Cor. 1, 18. 2 Theſſ. 3, 3. 3. Ein ieder Leſer gedencke, er ſey ein Be- rufener GOttes, und folge der Stimme GOt- tes, welche auch inſonderheit in dieſem Briefe Pauli an ihn mit ergehet. V. 25. Lieben Bruͤder, betet fuͤr uns (gleich- wie ich oben angezeiget habe, daß wir fuͤr euch be- ten Cap. 1, 2.) Anmerckungen. 1. Man ſiehet hieraus Pauli und ſeiner Ge- huͤlfen hertzliche Demuth; als nach welcher ſie ſich bey dem Reichthum der mitgetheileten Gna- de GOttes, aus der Erkentniß ihrer natuͤrlichen Unwuͤrdigkeit und deſſen, was ihnen noch fehlete, ſowol der Perſon, als dem Amte nach, in einer ſolchen Armuth des Geiſtes finden, daß ſie ſich des Gebets der Theſſalonicher benoͤthigt erachteten. Paulus thut es auch in andern Briefen, als Roͤm. 15, 30. 2 Cor. 1, 11. Eph. 6, 18. 19. Col. 4, 2. 3. 2 Theſſ. 3, 1. 2. So willig GOtt iſt, ſeine Gnade mitzu- theilen und etwas gutes zu ſeinen Ehren zu befoͤr- dern; ſo ſehr erfordert er doch das Gebet. Wo- mit er denn anzeigt, in welcher Ordnung wir den Segen von ihm empfangen ſollen und koͤnnen. Und da zu derſelben ſonderlich das Gebet gehoͤret, ſo fuͤhret er uns damit zugleich auf die ſelige Ge- meinſchaft, in welcher wir mit ihm ſtehen ſollen. Denn ob er gleich das Gute ohne das Gebet ſchen- cken koͤnte, ſo iſt doch ſolches ſeiner Weisheit und der Sache ſelbſt nicht gemaͤß: ſintemal das ge- ſchenckte Gut ohne Gebet nicht recht erkant, viel weniger GOtt daruͤber recht gelobet wird. 3. Man ſiehet hieraus inſonderheit den Character eines rechtſchaffnen Lehrers und Zu- hoͤrers; wie er ſich nemlich im Gebet oder in der Fuͤrbitte erweiſet. Was einen dazu erwecken ſoll, iſt auch dieſes, daß man durch die Fuͤrbitte fuͤr andere des ihnen erbetenen Segens zuvor- derſt ſelbſt theilhaftig wird. V. 26. Gruͤſſet alle Bruͤder mit dem heili- gen Kuß (gruͤſſet und ſegnet bey den Zuſammen- kuͤnften euch unter einander, und die, welche auch ſonſt bey Gelegenheit von andern Orten zu euch kommen, oder zu denen ihr kommet) mit dem hei- ligen Kuß (einer geheiligten Bruder-Liebe un- ter Perſonen von einerley Geſchlecht, dem maͤnn- lichen und weiblichen, zur Verbindung und Ver- einigung eurer Gemuͤther mit dem zu erneuren- den und immer mehr zu beveſtigenden Vorſatze, in bruͤderlicher Einigkeit mit einander zu leben. Siehe davon Roͤm. 16, 16. 1 Cor. 16, 20. 2 Cor. 13, 12. 1 Pet. 5, 14.) V. 27. Jch beſchwere euch (welchen dieſer Brief wird eingehaͤndiget werden, als da ſonderlich ſind die Vorſteher der Gemeine) bey dem HErrn (lege es euch heiliglich vor dem HErrn auf euer Gewiſſen, daß, woferne ihr, was ich von euch fordere, unterlaſſen ſoltet, ihr eine groſſe Schuld auf euch laden wuͤrdet: welches die allernach- druͤcklichſte Art der Ermahnung iſt: ſiehe des- gleichen Matth. 26, 63. da es aber von dem Ho- hen-Prieſter nur ein Mißbrauch des Namens GOttes war. Ferner Hohe-Lied C. 5, 7. Marc. 5, 7. Apoſt. Geſch. 19, 13.) daß ihr dieſe Epi- ſtel leſen (oder, die nicht leſen koͤnnen, hoͤren) laſſet allen heiligen Bruͤdern. (Siehe Col. 4, 16.) Anmerckungen. 1. Wenn man keinen andern Beweis von der falſchen Lehre und dem ungoͤttlichen Kirchen-Re- gimente im Pabſtthum haͤtte, als dieſen, daß uͤber- haupt den zur ſo genanten Cleriſey nicht gehoͤrigen Kirch-Gliedern die Leſung der heiligen Schrift verboten iſt, ſo haͤtte man ſchon hieran genug, das heilloſe Weſen daraus zu erkennen. Nemlich die Cleriſey hat kein gut Gewiſſen, ſondern weiß gar wohl, daß ihre Lehre und ihr Leben nebſt dem Kirchen-Regiment der Lehre und dem Leben auch der Ordnung und dem Sinne JEſu Chriſti gantz zuwider iſt. Damit nun das Geheimniß ſolcher ihrer Bosheit nicht moͤge aufgedecket werden, ſo unterſagen ſie dem Volcke die Leſung der heiligen Schrift: und in den Predigten tragen ſie demſel- ben auch nichts weniger vor, als den Rath GOt- tes von dem Grunde und von der Ordnung des Heyls: auf welche Art ſie denn in der gro- ben Unwiſſenheit und im blinden Gehorſam bleiben. 2. Wie ſchoͤn lautet es nicht noch zuletzt von den Theſſalonichern wenn es heißt: heiligen Bruͤ-

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/48>, abgerufen am 23.11.2024.