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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Richtige und erbauliche Cap. 2. v. 10-14.
[Spaltenumbruch] ligen Geistes empfangene reine Lust zur, obgleich
unvollkommenen, doch aufrichtigen und wahr-
haftigen, Haltung aller Gebote bey sich herrschen
lässet, und demnach von dem Fluche des Gesetzes
befreyet ist: also übertritt hingegen ein Gottloser
alle Gebote.

3. Man siehet auch hieraus, daß alle Gebo-
te GOttes Gliederweise, wie eine Kette, zusam-
men hangen; und diese Betrachtung dienet son-
derlich dazu, daß man nicht meyne, es gehe an, daß
man eine Sünde nach der andern ablege, und ei-
ne Tugend nach der andern ausübe. Denn wo
ferne man auch nur noch eine Sünde herrschen
lässet, so bleibet der Mensch im bösen Vorsatze,
welcher eine solche Schalckheit und Falschheit des
Hertzens ist, bey welcher die Vergebung der Sün-
den nicht bestehen kan, nach Ps. 32, 2. und wie
schon gedacht, bleiben dabey alle übrige Sünden
zum wenigsten in ihrer innerlichen Herrschaft ste-
hen, und folglich sündiget der Mensch damit wi-
der alle Gebote GOttes, und bleibet unter dem
Fluche des gantzen Gesetzes. Es kan demnach
keine Bekehrung rechter Art seyn, sie sey denn also
beschaffen, daß man die an und mit dem wahren
Glauben empfangene Gnaden-Kräfte zugleich
wider alle Sünden überhaupt getreulich anwen-
de, und sich aller Tugenden zugleich befleißige, da
sie unter einander in einer so gar genauen Ver-
bindung stehen.

4. Was im übrigen zu dem rechten Ver-
stande des fünften und sechsten Gebots gehöre,
und wie es dabey nicht allein aufs äusserliche, son-
dern zuvorderst aufs innerliche, und nicht allein
auf die Unterlassung des Bösen, sondern auch auf
die Ausübung des Guten ankomme, das ist aus
den Catechetischen Anleitungen bekannt.

V. 12.

Also redet und also thut (handelt in
Worten und Wercken mit eurem Nächsten) als
die da sollen
(auch wollen und werden) durch
das Gesetz der Freyheit gerichtet wer-
den.

Anmerckungen.

1. Da der Apostel oben c. 1, 25. durch das
Gesetz der Freyheit das Evangelium verstehet,
so hat man es alhier auch billig in solchem Ver-
stande zu nehmen, wie sich denn auch das Wort
der Freyheit, welches auf eine Evangelische
Haupt-Wohlthat gehet, für das Moral-Gesetze,
unter dessen Fluche wir von Natur gehalten wer-
den, nicht schicket.

2. Wenn nun aber das Gesetz der Frey-
heit
das Evangelium ist, so heißt durch das Ge-
setz der Freyheit gerichtet werden, soviel, als
durch das Evangelium, oder nach demselben ab-
solvir
et werden. Denn da es das Gericht
mit der Verdammung der Schuldigen und der
Lossprechung der Unschuldigen zu thun hat, keiner
aber für unschuldig kan erkläret werden, als durch
das Evangelium, da uns Christi Gerechtigkeit
zum eigenen Abtrage zugerechnet wird; so heißt
denn durch das Evangelium gerichtet werden so-
[Spaltenumbruch] viel, als von seinen Sünden losgesprochen wer-
den.

3. Es ist aber auch zu erwegen, in welchem
Verstande Jacobus diese Worte anführet. Sie
sollen ein Grund seyn, der die Gläubigen bewegen
kan, mit ihrem Nächsten, sonderlich mit den Ar-
men, also zu handeln, daß es vor GOtt zu verant-
worten sey. Da denn der Sinn davon dieser
ist, daß, weil sie solche wären, welche da glaub-
ten und hoffeten durch das Evangelium am jüng-
sten Gerichte aus Gnaden von allen Sünden
frey gesprochen zu werden, gleichwie sie davon
schon itzo bey sich die Versicherung hätten, sie ver-
hüten müsten, daß sie nicht durch Ubertretung des
Gesetzes sich der Evangelischen Gnade verlustig
machten, und durch das Gesetz, das den Fluch
dräue, die Verdammniß über sich zögen.

V. 13.

Es wird aber (denn es wird) ein un-
barmhertzig Gericht über den gehen, der
nicht Barmhertzigkeit gethan
(sondern viel-
mehr an statt derselben Gewalt wider seinen ar-
men Nächsten ausgeübet hat v. 6.) und (aber)
die Barmhertzigkeit rühmet sich wider das
Gericht
(der Barmhertzige ist gutes Muths und
ohne Furcht von der Verdammniß.)

Anmerckungen.

1. Da im Griechischen das Wörtlein gar,
denn, stehet, nicht aber; so behält man es billig
in der Ubersetzung: und wird damit angezeiget,
was einen von der Versündigung wider den ar-
men Nächsten abhalten solle. Hingegen läßt
sich das Wörtlein kai, und, welches vor dem
Worte Barmhertzigkeit stehet, nach dem He-
braismo
füglich durch aber, geben.

2. Das unbarmhertzige Gericht ist ein ge-
rechtes und durch Barmhertzigkeit nicht gemilder-
tes Gericht. Die Milderung aber findet nicht
statt bey denen, welche unter dem Fluche des Ge-
setzes liegen.

3. Was von der Barmhertzigkeit gesa-
get wird, ist von dem, der sie ausgeübet hat, und
das rühmen, nach der Redens-Art der heiligen
Schrift, von der Freudigkeit zu verstehen.
Denn daß der Mensch in den Wercken der
Barmhertzigkeit keine Verdienste setzen könne,
und sich ihrer in solchem Verstande vor GOTT
nicht rühmen könne, ist an sich bekannt.

4. Wie das unbarmhertzige Gericht erge-
hen werde über die Unbarmhertzigen und Lieb-
losen, und wie hingegen die Barmhertzigen da-
von befreyet bleiben, und daher davor ohne
Furcht seyn können, stellet unser Heyland nach
der Länge vor Matth. 25, 33. u. f. da er anzei-
get, wie beydes, die Barmhertzigkeit und Un-
barmhertzigkeit, gegen seine gläubigen Glieder
also ausgeübet, und von ihm also angesehen wer-
de, als sey alles ihm selbst widerfahren.

V. 14.

Was hilfts, lieben Brüder, so iemand
saget, er habe den Glauben, und hat doch
die Wercke nicht? Kan auch der Glaube

(ein

Richtige und erbauliche Cap. 2. v. 10-14.
[Spaltenumbruch] ligen Geiſtes empfangene reine Luſt zur, obgleich
unvollkommenen, doch aufrichtigen und wahr-
haftigen, Haltung aller Gebote bey ſich herrſchen
laͤſſet, und demnach von dem Fluche des Geſetzes
befreyet iſt: alſo uͤbertritt hingegen ein Gottloſer
alle Gebote.

3. Man ſiehet auch hieraus, daß alle Gebo-
te GOttes Gliederweiſe, wie eine Kette, zuſam-
men hangen; und dieſe Betrachtung dienet ſon-
derlich dazu, daß man nicht meyne, es gehe an, daß
man eine Suͤnde nach der andern ablege, und ei-
ne Tugend nach der andern ausuͤbe. Denn wo
ferne man auch nur noch eine Suͤnde herrſchen
laͤſſet, ſo bleibet der Menſch im boͤſen Vorſatze,
welcher eine ſolche Schalckheit und Falſchheit des
Hertzens iſt, bey welcher die Vergebung der Suͤn-
den nicht beſtehen kan, nach Pſ. 32, 2. und wie
ſchon gedacht, bleiben dabey alle uͤbrige Suͤnden
zum wenigſten in ihrer innerlichen Herrſchaft ſte-
hen, und folglich ſuͤndiget der Menſch damit wi-
der alle Gebote GOttes, und bleibet unter dem
Fluche des gantzen Geſetzes. Es kan demnach
keine Bekehrung rechter Art ſeyn, ſie ſey denn alſo
beſchaffen, daß man die an und mit dem wahren
Glauben empfangene Gnaden-Kraͤfte zugleich
wider alle Suͤnden uͤberhaupt getreulich anwen-
de, und ſich aller Tugenden zugleich befleißige, da
ſie unter einander in einer ſo gar genauen Ver-
bindung ſtehen.

4. Was im uͤbrigen zu dem rechten Ver-
ſtande des fuͤnften und ſechſten Gebots gehoͤre,
und wie es dabey nicht allein aufs aͤuſſerliche, ſon-
dern zuvorderſt aufs innerliche, und nicht allein
auf die Unterlaſſung des Boͤſen, ſondern auch auf
die Ausuͤbung des Guten ankomme, das iſt aus
den Catechetiſchen Anleitungen bekannt.

V. 12.

Alſo redet und alſo thut (handelt in
Worten und Wercken mit eurem Naͤchſten) als
die da ſollen
(auch wollen und werden) durch
das Geſetz der Freyheit gerichtet wer-
den.

Anmerckungen.

1. Da der Apoſtel oben c. 1, 25. durch das
Geſetz der Freyheit das Evangelium verſtehet,
ſo hat man es alhier auch billig in ſolchem Ver-
ſtande zu nehmen, wie ſich denn auch das Wort
der Freyheit, welches auf eine Evangeliſche
Haupt-Wohlthat gehet, fuͤr das Moral-Geſetze,
unter deſſen Fluche wir von Natur gehalten wer-
den, nicht ſchicket.

2. Wenn nun aber das Geſetz der Frey-
heit
das Evangelium iſt, ſo heißt durch das Ge-
ſetz der Freyheit gerichtet werden, ſoviel, als
durch das Evangelium, oder nach demſelben ab-
ſolvir
et werden. Denn da es das Gericht
mit der Verdammung der Schuldigen und der
Losſprechung der Unſchuldigen zu thun hat, keiner
aber fuͤr unſchuldig kan erklaͤret werden, als durch
das Evangelium, da uns Chriſti Gerechtigkeit
zum eigenen Abtrage zugerechnet wird; ſo heißt
denn durch das Evangelium gerichtet werden ſo-
[Spaltenumbruch] viel, als von ſeinen Suͤnden losgeſprochen wer-
den.

3. Es iſt aber auch zu erwegen, in welchem
Verſtande Jacobus dieſe Worte anfuͤhret. Sie
ſollen ein Grund ſeyn, der die Glaͤubigen bewegen
kan, mit ihrem Naͤchſten, ſonderlich mit den Ar-
men, alſo zu handeln, daß es vor GOtt zu verant-
worten ſey. Da denn der Sinn davon dieſer
iſt, daß, weil ſie ſolche waͤren, welche da glaub-
ten und hoffeten durch das Evangelium am juͤng-
ſten Gerichte aus Gnaden von allen Suͤnden
frey geſprochen zu werden, gleichwie ſie davon
ſchon itzo bey ſich die Verſicherung haͤtten, ſie ver-
huͤten muͤſten, daß ſie nicht durch Ubertretung des
Geſetzes ſich der Evangeliſchen Gnade verluſtig
machten, und durch das Geſetz, das den Fluch
draͤue, die Verdammniß uͤber ſich zoͤgen.

V. 13.

Es wird aber (denn es wird) ein un-
barmhertzig Gericht uͤber den gehen, der
nicht Barmhertzigkeit gethan
(ſondern viel-
mehr an ſtatt derſelben Gewalt wider ſeinen ar-
men Naͤchſten ausgeuͤbet hat v. 6.) und (aber)
die Barmhertzigkeit ruͤhmet ſich wider das
Gericht
(der Barmhertzige iſt gutes Muths und
ohne Furcht von der Verdammniß.)

Anmerckungen.

1. Da im Griechiſchen das Woͤrtlein γὰρ,
denn, ſtehet, nicht aber; ſo behaͤlt man es billig
in der Uberſetzung: und wird damit angezeiget,
was einen von der Verſuͤndigung wider den ar-
men Naͤchſten abhalten ſolle. Hingegen laͤßt
ſich das Woͤrtlein καὶ, und, welches vor dem
Worte Barmhertzigkeit ſtehet, nach dem He-
braiſmo
fuͤglich durch aber, geben.

2. Das unbarmhertzige Gericht iſt ein ge-
rechtes und durch Barmhertzigkeit nicht gemilder-
tes Gericht. Die Milderung aber findet nicht
ſtatt bey denen, welche unter dem Fluche des Ge-
ſetzes liegen.

3. Was von der Barmhertzigkeit geſa-
get wird, iſt von dem, der ſie ausgeuͤbet hat, und
das ruͤhmen, nach der Redens-Art der heiligen
Schrift, von der Freudigkeit zu verſtehen.
Denn daß der Menſch in den Wercken der
Barmhertzigkeit keine Verdienſte ſetzen koͤnne,
und ſich ihrer in ſolchem Verſtande vor GOTT
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4. Wie das unbarmhertzige Gericht erge-
hen werde uͤber die Unbarmhertzigen und Lieb-
loſen, und wie hingegen die Barmhertzigen da-
von befreyet bleiben, und daher davor ohne
Furcht ſeyn koͤnnen, ſtellet unſer Heyland nach
der Laͤnge vor Matth. 25, 33. u. f. da er anzei-
get, wie beydes, die Barmhertzigkeit und Un-
barmhertzigkeit, gegen ſeine glaͤubigen Glieder
alſo ausgeuͤbet, und von ihm alſo angeſehen wer-
de, als ſey alles ihm ſelbſt widerfahren.

V. 14.

Was hilfts, lieben Bruͤder, ſo iemand
ſaget, er habe den Glauben, und hat doch
die Wercke nicht? Kan auch der Glaube

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[454/0456] Richtige und erbauliche Cap. 2. v. 10-14. ligen Geiſtes empfangene reine Luſt zur, obgleich unvollkommenen, doch aufrichtigen und wahr- haftigen, Haltung aller Gebote bey ſich herrſchen laͤſſet, und demnach von dem Fluche des Geſetzes befreyet iſt: alſo uͤbertritt hingegen ein Gottloſer alle Gebote. 3. Man ſiehet auch hieraus, daß alle Gebo- te GOttes Gliederweiſe, wie eine Kette, zuſam- men hangen; und dieſe Betrachtung dienet ſon- derlich dazu, daß man nicht meyne, es gehe an, daß man eine Suͤnde nach der andern ablege, und ei- ne Tugend nach der andern ausuͤbe. Denn wo ferne man auch nur noch eine Suͤnde herrſchen laͤſſet, ſo bleibet der Menſch im boͤſen Vorſatze, welcher eine ſolche Schalckheit und Falſchheit des Hertzens iſt, bey welcher die Vergebung der Suͤn- den nicht beſtehen kan, nach Pſ. 32, 2. und wie ſchon gedacht, bleiben dabey alle uͤbrige Suͤnden zum wenigſten in ihrer innerlichen Herrſchaft ſte- hen, und folglich ſuͤndiget der Menſch damit wi- der alle Gebote GOttes, und bleibet unter dem Fluche des gantzen Geſetzes. Es kan demnach keine Bekehrung rechter Art ſeyn, ſie ſey denn alſo beſchaffen, daß man die an und mit dem wahren Glauben empfangene Gnaden-Kraͤfte zugleich wider alle Suͤnden uͤberhaupt getreulich anwen- de, und ſich aller Tugenden zugleich befleißige, da ſie unter einander in einer ſo gar genauen Ver- bindung ſtehen. 4. Was im uͤbrigen zu dem rechten Ver- ſtande des fuͤnften und ſechſten Gebots gehoͤre, und wie es dabey nicht allein aufs aͤuſſerliche, ſon- dern zuvorderſt aufs innerliche, und nicht allein auf die Unterlaſſung des Boͤſen, ſondern auch auf die Ausuͤbung des Guten ankomme, das iſt aus den Catechetiſchen Anleitungen bekannt. V. 12. Alſo redet und alſo thut (handelt in Worten und Wercken mit eurem Naͤchſten) als die da ſollen (auch wollen und werden) durch das Geſetz der Freyheit gerichtet wer- den. Anmerckungen. 1. Da der Apoſtel oben c. 1, 25. durch das Geſetz der Freyheit das Evangelium verſtehet, ſo hat man es alhier auch billig in ſolchem Ver- ſtande zu nehmen, wie ſich denn auch das Wort der Freyheit, welches auf eine Evangeliſche Haupt-Wohlthat gehet, fuͤr das Moral-Geſetze, unter deſſen Fluche wir von Natur gehalten wer- den, nicht ſchicket. 2. Wenn nun aber das Geſetz der Frey- heit das Evangelium iſt, ſo heißt durch das Ge- ſetz der Freyheit gerichtet werden, ſoviel, als durch das Evangelium, oder nach demſelben ab- ſolviret werden. Denn da es das Gericht mit der Verdammung der Schuldigen und der Losſprechung der Unſchuldigen zu thun hat, keiner aber fuͤr unſchuldig kan erklaͤret werden, als durch das Evangelium, da uns Chriſti Gerechtigkeit zum eigenen Abtrage zugerechnet wird; ſo heißt denn durch das Evangelium gerichtet werden ſo- viel, als von ſeinen Suͤnden losgeſprochen wer- den. 3. Es iſt aber auch zu erwegen, in welchem Verſtande Jacobus dieſe Worte anfuͤhret. Sie ſollen ein Grund ſeyn, der die Glaͤubigen bewegen kan, mit ihrem Naͤchſten, ſonderlich mit den Ar- men, alſo zu handeln, daß es vor GOtt zu verant- worten ſey. Da denn der Sinn davon dieſer iſt, daß, weil ſie ſolche waͤren, welche da glaub- ten und hoffeten durch das Evangelium am juͤng- ſten Gerichte aus Gnaden von allen Suͤnden frey geſprochen zu werden, gleichwie ſie davon ſchon itzo bey ſich die Verſicherung haͤtten, ſie ver- huͤten muͤſten, daß ſie nicht durch Ubertretung des Geſetzes ſich der Evangeliſchen Gnade verluſtig machten, und durch das Geſetz, das den Fluch draͤue, die Verdammniß uͤber ſich zoͤgen. V. 13. Es wird aber (denn es wird) ein un- barmhertzig Gericht uͤber den gehen, der nicht Barmhertzigkeit gethan (ſondern viel- mehr an ſtatt derſelben Gewalt wider ſeinen ar- men Naͤchſten ausgeuͤbet hat v. 6.) und (aber) die Barmhertzigkeit ruͤhmet ſich wider das Gericht (der Barmhertzige iſt gutes Muths und ohne Furcht von der Verdammniß.) Anmerckungen. 1. Da im Griechiſchen das Woͤrtlein γὰρ, denn, ſtehet, nicht aber; ſo behaͤlt man es billig in der Uberſetzung: und wird damit angezeiget, was einen von der Verſuͤndigung wider den ar- men Naͤchſten abhalten ſolle. Hingegen laͤßt ſich das Woͤrtlein καὶ, und, welches vor dem Worte Barmhertzigkeit ſtehet, nach dem He- braiſmo fuͤglich durch aber, geben. 2. Das unbarmhertzige Gericht iſt ein ge- rechtes und durch Barmhertzigkeit nicht gemilder- tes Gericht. Die Milderung aber findet nicht ſtatt bey denen, welche unter dem Fluche des Ge- ſetzes liegen. 3. Was von der Barmhertzigkeit geſa- get wird, iſt von dem, der ſie ausgeuͤbet hat, und das ruͤhmen, nach der Redens-Art der heiligen Schrift, von der Freudigkeit zu verſtehen. Denn daß der Menſch in den Wercken der Barmhertzigkeit keine Verdienſte ſetzen koͤnne, und ſich ihrer in ſolchem Verſtande vor GOTT nicht ruͤhmen koͤnne, iſt an ſich bekannt. 4. Wie das unbarmhertzige Gericht erge- hen werde uͤber die Unbarmhertzigen und Lieb- loſen, und wie hingegen die Barmhertzigen da- von befreyet bleiben, und daher davor ohne Furcht ſeyn koͤnnen, ſtellet unſer Heyland nach der Laͤnge vor Matth. 25, 33. u. f. da er anzei- get, wie beydes, die Barmhertzigkeit und Un- barmhertzigkeit, gegen ſeine glaͤubigen Glieder alſo ausgeuͤbet, und von ihm alſo angeſehen wer- de, als ſey alles ihm ſelbſt widerfahren. V. 14. Was hilfts, lieben Bruͤder, ſo iemand ſaget, er habe den Glauben, und hat doch die Wercke nicht? Kan auch der Glaube (ein

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/456>, abgerufen am 22.11.2024.