Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 11. v. 1. an die Hebräer. [Spaltenumbruch]
Flucht eine Schande, hingegen aber dem vestestehenden seine Standhaftigkeit eine Ehre ist, und den Sieg bringet. d. Das, e re nautica, von der Schiffahrt: da denn der Glaube ist dem Christenthum, was der Ancker im Sturm ist einem Schiffe. Dieses Gleichniß gebrauchet Paulus selbst oben c. 6, 18. 19. 20. Es ist aber auch bey dem Glauben das gute Gewissen, darinnen man, als eine gute Ladung das Geheimniß des Glaubens hat 1 Tim. 3, 9. getreulich zu be- wahren, sintemal man sonst im Glauben Schiffbruch leidet. 1 Tim. 1, 19. 7. Dieses Wort, hypostasis, wird nun von 8. Nun haben wir auch kürtzlich zu erwe- 9. Man hat demnach die Worte, womit a. Uposasis, eine selbstständige und unbewegli- che Grundveste. c. 3, 14. c. 11, 1. b. Elegkhos, eine überweisende Uberzeugung. c. PaRResia, die Freudigkeit c. 3, 6. c. 4, 16. c. 10, 19. 35. d. Kaukhesis tes elpidos, Ruhm der Hoffnung. c. 3, 6. e. Iskhura paraklesis, ein starcker Trost. c. 6, 18. f. A"gkura asphales kai bebaia, ein sicherer und vester Ancker. c. 6, 19. g. Odos prosphatos kai zosa, der neue und le- bendige Weg zum Eingange ins Allerheilig- ste. c. 10, 22. h. Plerophoria, eine mit vollen Segeln unter gutem Winde gehende Fahrt c. 6, 11. c. 10, 22. denn der Glaube ist beydes mit einem Unter- scheide, nemlich ein das geistliche Sch[i]ff vest- haltender Ancker, und eine schnelle Fahrt. Wie denn der Glaube die beyden Haup[t]-Ei- genschaften in sich hat, nemlich die der sichern und zuversichtlichen Ruhe, und die der heiligen Bewegung; sintemal er schon hat, worinnen er ruhet, und noch suchet, darin- nen die Ruhe und Seligkeit völlig seyn möge. Soviel von den gar nachdrücklichen Benen- nungen des Glaubens. Von seinem vielfäl- tigen Geschäfte sind nicht weniger viele son- derbare Ausdrücke in dieser Epistel vorhan- den, welche der GOtt-liebende Leser, ausser denen, davon dieses eilfte Capitel voll ist, selbst daraus zusammen suchen mag. 10. Da nun diese Apostolische Beschrei- a. Zur genauen und ungeheuchelten Selbst- prüfung, ob man auch in einem solchen Glau- ben stehe, oder nicht? versuchet euch selbst, sage ich hier mit Paulo 2 Cor. 13, 5. ob ihr im Glauben seyd, prüfet euch selbst! b. Zur Lehre, daß der Glaube, da er eine göttlich überweisende und überzeu- gende Kraft in sich hat, von der Leichtgläu- bigkeit und falschen Einbildung unterschieden sey, wie der Tag von der Nacht, wie eine le- bendige Hand von einer gemahlten. c. Zur Widerlegung des Papistischen Jrr- thums, nach welchem der Glaube ohne wah- re überzeugende Erkenntniß, und ohne ein zuversichtliches Vertrauen, nichts anders ist, als eine blinde Leichtgläubigkeit, welche sich in menschliche Auctorität resolviret. Nicht weniger auch zur Widerlegung desjenigen Jrrthums, da man dem seligmachenden Glauben, dessen Natur der Apostel in einer allem Rückfall aus dem Stande der Gnaden entgegen stehenden beständigen Behar- rung setzet, diese Eigenschaft damit abspricht, wenn man die mögliche und wirckliche Behar- rung im Stande der Erneuerung leugnet [,] welches leider von manchen fleischlichen Leh- rern auch mitten in der Evangelischen Kirche geschiehet. Davon unten bey 2 Petr. 2, 19. u. f. mit mehrern soll gehandelt werden. d. Zur Warnung, daß, da der Glaube an sich selbst B b b 2
Cap. 11. v. 1. an die Hebraͤer. [Spaltenumbruch]
Flucht eine Schande, hingegen aber dem veſteſtehenden ſeine Standhaftigkeit eine Ehre iſt, und den Sieg bringet. d. Das, e re nautica, von der Schiffahrt: da denn der Glaube iſt dem Chriſtenthum, was der Ancker im Sturm iſt einem Schiffe. Dieſes Gleichniß gebrauchet Paulus ſelbſt oben c. 6, 18. 19. 20. Es iſt aber auch bey dem Glauben das gute Gewiſſen, darinnen man, als eine gute Ladung das Geheimniß des Glaubens hat 1 Tim. 3, 9. getreulich zu be- wahren, ſintemal man ſonſt im Glauben Schiffbruch leidet. 1 Tim. 1, 19. 7. Dieſes Wort, hypoſtaſis, wird nun von 8. Nun haben wir auch kuͤrtzlich zu erwe- 9. Man hat demnach die Worte, womit a. Ὑπόςασις, eine ſelbſtſtaͤndige und unbewegli- che Grundveſte. c. 3, 14. c. 11, 1. b. Ἔλεγχος, eine uͤberweiſende Uberzeugung. c. Παῤῥησία, die Freudigkeit c. 3, 6. c. 4, 16. c. 10, 19. 35. d. Καύχησις τῆς ἐλπίδος, Ruhm der Hoffnung. c. 3, 6. e. Ἰσχυρὰ παράκλησις, ein ſtarcker Troſt. c. 6, 18. f. Α῎γκυρα ἀσφαλὴς καὶ βεβαια, ein ſicherer und veſter Ancker. c. 6, 19. g. Ὁδὸς πρόσφατος καὶ ζῶσα, der neue und le- bendige Weg zum Eingange ins Allerheilig- ſte. c. 10, 22. h. Πληροφορία, eine mit vollen Segeln unter gutem Winde gehende Fahrt c. 6, 11. c. 10, 22. denn der Glaube iſt beydes mit einem Unter- ſcheide, nemlich ein das geiſtliche Sch[i]ff veſt- haltender Ancker, und eine ſchnelle Fahrt. Wie denn der Glaube die beyden Haup[t]-Ei- genſchaften in ſich hat, nemlich die der ſichern und zuverſichtlichen Ruhe, und die der heiligen Bewegung; ſintemal er ſchon hat, worinnen er ruhet, und noch ſuchet, darin- nen die Ruhe und Seligkeit voͤllig ſeyn moͤge. Soviel von den gar nachdruͤcklichen Benen- nungen des Glaubens. Von ſeinem vielfaͤl- tigen Geſchaͤfte ſind nicht weniger viele ſon- derbare Ausdruͤcke in dieſer Epiſtel vorhan- den, welche der GOtt-liebende Leſer, auſſer denen, davon dieſes eilfte Capitel voll iſt, ſelbſt daraus zuſammen ſuchen mag. 10. Da nun dieſe Apoſtoliſche Beſchrei- a. Zur genauen und ungeheuchelten Selbſt- pruͤfung, ob man auch in einem ſolchen Glau- ben ſtehe, oder nicht? verſuchet euch ſelbſt, ſage ich hier mit Paulo 2 Cor. 13, 5. ob ihr im Glauben ſeyd, pruͤfet euch ſelbſt! b. Zur Lehre, daß der Glaube, da er eine goͤttlich uͤberweiſende und uͤberzeu- gende Kraft in ſich hat, von der Leichtglaͤu- bigkeit und falſchen Einbildung unterſchieden ſey, wie der Tag von der Nacht, wie eine le- bendige Hand von einer gemahlten. c. Zur Widerlegung des Papiſtiſchen Jrr- thums, nach welchem der Glaube ohne wah- re uͤberzeugende Erkenntniß, und ohne ein zuverſichtliches Vertrauen, nichts anders iſt, als eine blinde Leichtglaͤubigkeit, welche ſich in menſchliche Auctoritaͤt reſolviret. Nicht weniger auch zur Widerlegung desjenigen Jrrthums, da man dem ſeligmachenden Glauben, deſſen Natur der Apoſtel in einer allem Ruͤckfall aus dem Stande der Gnaden entgegen ſtehenden beſtaͤndigen Behar- rung ſetzet, dieſe Eigenſchaft damit abſpricht, wenn man die moͤgliche und wirckliche Behar- rung im Stande der Erneuerung leugnet [,] welches leider von manchen fleiſchlichen Leh- rern auch mitten in der Evangeliſchen Kirche geſchiehet. Davon unten bey 2 Petr. 2, 19. u. f. mit mehrern ſoll gehandelt werden. d. Zur Warnung, daß, da der Glaube an ſich ſelbſt B b b 2
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Cap. 11. v. 1. an die Hebraͤer.
Flucht eine Schande, hingegen aber dem veſte
ſtehenden ſeine Standhaftigkeit eine Ehre iſt,
und den Sieg bringet.
d. Das, e re nautica, von der Schiffahrt:
da denn der Glaube iſt dem Chriſtenthum,
was der Ancker im Sturm iſt einem Schiffe.
Dieſes Gleichniß gebrauchet Paulus ſelbſt
oben c. 6, 18. 19. 20. Es iſt aber auch bey dem
Glauben das gute Gewiſſen, darinnen man,
als eine gute Ladung das Geheimniß des
Glaubens hat 1 Tim. 3, 9. getreulich zu be-
wahren, ſintemal man ſonſt im Glauben
Schiffbruch leidet. 1 Tim. 1, 19.
7. Dieſes Wort, hypoſtaſis, wird nun von
Paulo damit erlaͤutert, wenn er den Glauben
auch nennet ἔλεγχον, das iſt eine uͤberweiſen-
de Uberzeugung. Dieſe Uberzeugung iſt zu-
vorderſt buchſtaͤblich aus der heiligen Schrift,
da man von den annoch zuhoffenden und unſicht-
baren Sachen ſo klare Zeugniſſe findet, daß, da
man die heilige Schrift durch den Glauben, o-
der durch einen geiſtlichen uͤbernatuͤrlichen Bey-
fall fuͤr GOttes Wort haͤlt, man ſich auch von
jenen ſattſam uͤberzeuget findet. Welche buch-
ſtaͤbliche Uberzeugung denn auch daher, da ſie ei-
nen uͤbernatuͤrlichen Beyfall zum Grunde hat,
zugleich geiſtlich iſt; Zumal wenn ſie ihren rech-
ten Adel aus der Verſiegelung des Heil. Geiſtes
hat, und mit der Beſitzung und lebendigen Er-
fahrung der zum Reiche GOTTes gehoͤrigen
Dinge verknuͤpfet iſt. Denn wie ſolte der an
dem Reiche der Herrlichkeit zweifeln, der die
Erſtlinge und den Vorſchmack davon bereits im
Reiche der Gnaden beſitzet und genieſſet?
8. Nun haben wir auch kuͤrtzlich zu erwe-
gen, ob und wie der alſo von Paulo durch die
Worte hypoſtaſis und elenchus beſchriebe-
ne Glaube diejenigen Stuͤcke in ſich habe, die
ſonſt darzu gehoͤren und darzu gerechnet werden,
nemlich die beypflichtende goͤttliche Erkenntniß,
das ſehnliche Verlangen und das zuverſichtliche
Vertrauen. Die beypflichtende Erkennt-
niß hat er am elencho, als nach welchem er in
einer demonſtrativen Uberzeugung beſtehet.
Das ſehnliche Verlangen hat er ſo wohl in
dem elencho, oder in der Uberzeugung, als in
der hypoſtaſi. Denn weil er nach beyden ei-
ne ſolche Gabe GOttes in der Seelen iſt, ver-
moͤge deren der Verſtand das hoͤchſte Gut er-
kennet, ſo ſehnet ſich auch der erweckte Wille
darnach nicht anders, als der Hunger und der
Durſt, oder der hungrige und durſtige nach ei-
ner Speiſe und nach einem Trancke: und alſo
hat der Glaube eine vim magneticam, eine
anziehende und applicirende Kraft. Das zu-
verſichtliche Vertrauen aber aͤuſſert ſich nicht
weniger, ja am ſtaͤrckſten in der hypoſtaſi, als
nach welcher der Glaube auf der Verheiſſung
ruhet, als ein Gebaͤude auf ſeinem Grun-
de. u. ſ. w.
9. Man hat demnach die Worte, womit
der Apoſtel, auſſer dem gewoͤhnlichen Worte
ϖίστις, in dieſem Briefe den Glauben beſchrei-
bet, alhier zuſammen wohl zu mercken: als die
da ſind:
a. Ὑπόςασις, eine ſelbſtſtaͤndige und unbewegli-
che Grundveſte. c. 3, 14. c. 11, 1.
b. Ἔλεγχος, eine uͤberweiſende Uberzeugung.
c. Παῤῥησία, die Freudigkeit c. 3, 6. c. 4, 16.
c. 10, 19. 35.
d. Καύχησις τῆς ἐλπίδος, Ruhm der Hoffnung.
c. 3, 6.
e. Ἰσχυρὰ παράκλησις, ein ſtarcker Troſt. c. 6, 18.
f. Α῎γκυρα ἀσφαλὴς καὶ βεβαια, ein ſicherer
und veſter Ancker. c. 6, 19.
g. Ὁδὸς πρόσφατος καὶ ζῶσα, der neue und le-
bendige Weg zum Eingange ins Allerheilig-
ſte. c. 10, 22.
h. Πληροφορία, eine mit vollen Segeln unter
gutem Winde gehende Fahrt c. 6, 11. c. 10, 22.
denn der Glaube iſt beydes mit einem Unter-
ſcheide, nemlich ein das geiſtliche Schiff veſt-
haltender Ancker, und eine ſchnelle Fahrt.
Wie denn der Glaube die beyden Haupt-Ei-
genſchaften in ſich hat, nemlich die der ſichern
und zuverſichtlichen Ruhe, und die der
heiligen Bewegung; ſintemal er ſchon hat,
worinnen er ruhet, und noch ſuchet, darin-
nen die Ruhe und Seligkeit voͤllig ſeyn moͤge.
Soviel von den gar nachdruͤcklichen Benen-
nungen des Glaubens. Von ſeinem vielfaͤl-
tigen Geſchaͤfte ſind nicht weniger viele ſon-
derbare Ausdruͤcke in dieſer Epiſtel vorhan-
den, welche der GOtt-liebende Leſer, auſſer
denen, davon dieſes eilfte Capitel voll iſt,
ſelbſt daraus zuſammen ſuchen mag.
10. Da nun dieſe Apoſtoliſche Beſchrei-
bung des Glaubens ſo gar nachdruͤcklich iſt, ſo
will ich daruͤber nachfolgende Anmerckungen zur
noͤthigen Application hinzu thun:
a. Zur genauen und ungeheuchelten Selbſt-
pruͤfung, ob man auch in einem ſolchen Glau-
ben ſtehe, oder nicht? verſuchet euch ſelbſt,
ſage ich hier mit Paulo 2 Cor. 13, 5. ob ihr
im Glauben ſeyd, pruͤfet euch ſelbſt!
b. Zur Lehre, daß der Glaube, da er
eine goͤttlich uͤberweiſende und uͤberzeu-
gende Kraft in ſich hat, von der Leichtglaͤu-
bigkeit und falſchen Einbildung unterſchieden
ſey, wie der Tag von der Nacht, wie eine le-
bendige Hand von einer gemahlten.
c. Zur Widerlegung des Papiſtiſchen Jrr-
thums, nach welchem der Glaube ohne wah-
re uͤberzeugende Erkenntniß, und ohne ein
zuverſichtliches Vertrauen, nichts anders iſt,
als eine blinde Leichtglaͤubigkeit, welche ſich
in menſchliche Auctoritaͤt reſolviret. Nicht
weniger auch zur Widerlegung desjenigen
Jrrthums, da man dem ſeligmachenden
Glauben, deſſen Natur der Apoſtel in einer
allem Ruͤckfall aus dem Stande der Gnaden
entgegen ſtehenden beſtaͤndigen Behar-
rung ſetzet, dieſe Eigenſchaft damit abſpricht,
wenn man die moͤgliche und wirckliche Behar-
rung im Stande der Erneuerung leugnet ,
welches leider von manchen fleiſchlichen Leh-
rern auch mitten in der Evangeliſchen Kirche
geſchiehet. Davon unten bey 2 Petr. 2, 19.
u. f. mit mehrern ſoll gehandelt werden.
d. Zur Warnung, daß, da der Glaube an ſich
ſelbſt
B b b 2
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