[Spaltenumbruch]
gantz unreiner Art, dazu ist er GOtt höchst wi- dersetzlich, also daß er die unwandelbare Straf- Gerechtigkeit GOttes wider sich reitzet; ge- schweige daß er sich selbst zu GOtt nahen und sich mit ihm versohnen könte und wolte. Und dem- nach ist zur Versöhnung und Vereinigung ein Mittler nöthig: und zwar ein solcher, der sich als wahrer Mensch der Menschen könne anneh- men und auch als wahrer GOtt sein Mittler- Amt bey GOtt ausführen. Ein solcher Mittler ist nun Christus, nachdem er sich durch Mosen und Aaron im alten Testamente hatte vorbilden lassen.
2. Daß die durch den Tod des wahren Mittlers geschehene Erlösung von der Ubertre- tung, oder Befreyung von der Sünden Schuld und Strafe, auf das alte Testament, oder auf die, welche zu der Zeit gelebet haben, zurück ge- führet wird, geschiehet deswegen, um damit an- zuzeigen, daß das wirckliche Versöhn-Opfer Christi nicht allein vor sich, sondern auch hinter sich gelte, und alle alttestamentische Vergebung der Sünden, wie sie unter den Vorbildern war vorgestellet und angepriesen worden, davon ihre Kraft gehabt habe. Daher denn so vielweniger iemand an der Gerechtmachung und Seligkeit der Gläubigen des alten Testaments zweifeln könne. Gilt nun aber der Tod zur Erlösung hin- ter sich zurück; so gilt er so vielmehr vor sich. Und obgleich die Gläubigen des neuen Testaments auch hinter sich auf den schon geschehenen Tod Christi zurück sehen: so ist er doch nicht erst zu er- warten, sondern mit Freudigkeit, als schon ge- schehen, anzusehen.
3. Von der Berufung, die doch bey den meisten noch zukünftig war, gebrauchet sich der Apostel eines Worts von der vergangnen Zeit, die berufen sind, deßwegen, weil er dabey der Empfahung des Erbes gedencket, als welches in seiner rechten Fülle bey allen noch künftig ist, und die Berufung zum Grunde setzet. Wohl dem, der diese annimmt, nach der obigen Ermahnung: Heute, so ihr seine Stimme höret, so ver- stocket eure Hertzen nicht c. 3, 7. u. f.
4. Mit den Worten: das verheissene ewige Erbe, siehet der Apostel ohnfehlbar zurück auf die den Patriarchen gegebne, in Vorbildern vor Augen gemahlte, und von den Propheten so oft angepriesene Verheissungen von dem durch den Meßiam zu überkommenden ewigen Erbe. Jst aber dieses, so ist es grundfalsch, was einige vorgeben, nemlich als wären die Verheissungen des alten Testaments nur auf lauter zeitliche Din- ge gegangen. Und wie kan dieses immer mehr seyn, da ihnen ja Christus selbst, als der Urheber alles ewigen Heyls, ist verheissen worden? Nun fähret der Apostel also fort, daß er das, was er von dem Tode Christi gesaget hat, mit der Vorstellung von der Natur eines menschlichen Testaments erläutert: wie er auch Gal. 3, 15. u. f. thut.
V. 16. 17.
Denn wo ein Testament ist, (das veste bleiben soll) da muß der Tod geschehen, deß, [Spaltenumbruch]
der das Testament machet (sintemal es bey dem Testament auf des Menschen freyen Willen ankömmt, dieser aber, so lange er lebet, dieser und jener entstandenen Ursache wegen leichtlich kan verändert werden). v. 17. Denn ein Testament wird vest durch den Tod, anders hat es noch nicht Macht (die Kraft zur Gewißheit, daß es bey dem bezeugeten Willen unveränderlich blei- ben werde; viel weniger hat es die Kraft zur Exe- cution und zur wircklichen Besitzung der ver- machten Güter) wenn der noch lebet, der es gemacht hat.
V. 18. 19. 20.
Daher (weil es nemlich bey der Bestätti- gung der göttlichen Testamente auch auf den Tod ankömmt, und dieser durch das vergossene Blut bezeichnet wird) auch das erste (Testament GOttes) nicht ohne Blut gestiftet (feyerlich eingeweyhet und eingesegnet und also damit beve- stiget) ward. v. 19. Denn als Moses ausge- redet hatte von allen (2 B. Mos. 20. 21. 22. 23. aufgezeichneten) Geboten nach dem Gesetz zu allem Volck, nahm er Kälber und Bocks- Blut, mit Wasser und Purpur-Wolle und Ysopen, und besprengete das Buch und alles Volck, v. 20. Und sprach: das ist das Blut des Testaments, das GOtt euch ge- boten hat.
Anmerckungen.
1. Wir finden diese Geschicht beschrieben 2 B. Mos. 24, 3. u. f. da sie also lautet: Mose kam und erzehlete dem Volcke alle Worte des HErrn und alle Rechte. Da antwor- tete alles Volck mit einer Stimme und sprachen: Alle Worte, die der HErr gesa- get hat, wollen wir thun. Da schrieb Mo- se alle Worte des HErrn, und machte sich des Morgens frühe auf, und bauete einen Altar unten am Berge mit zwölf Seulen, nach den zwölf Stämmen Jsral. Und sandte hin Jünglinge aus den Kindern Jsrael, daß sie Brand-Opfer darauf opf- ferten und Danck-Opfer dem HErrn von Farren. Und Mose nahm die Helfte des Bluts, und thät es in ein Becken, die ande- re Helfte sprengete er auf den Altar: und nahm das Buch des Bundes, und las es vor den Ohren des Volcks. Und da sie sprachen: Alles, was der HErr gesaget hat, wollen wir thun und gehorchen: Da nahm Mose das Blut, und sprengte das Volck damit, und sprach: Sehet, das ist das Blut des Bundes, den der HErr mit euch machet über allen diesen Worten.
2. Zuvorderst ist alhier zu mercken, daß der Apostel einiger Umstände gedencket, davon im angezogenen Orte nichts stehet: nemlich der Bö- cke wie auch des Wassers, und der Purpur- Wolle und Ysopen, imgleichen des Buches, daß es auch besprenget worden: allein davon ist die Ursache diese, daß das, was Paulus aus- drücklich hinzu gesetzet hat, die Sache selbst also mit sich brachte und nach dieser Handlung zum theil auch sonst also gebräuchlich war, auch ander-
wär-
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Cap. 9. v. 15-20. an die Hebraͤer.
[Spaltenumbruch]
gantz unreiner Art, dazu iſt er GOtt hoͤchſt wi- derſetzlich, alſo daß er die unwandelbare Straf- Gerechtigkeit GOttes wider ſich reitzet; ge- ſchweige daß er ſich ſelbſt zu GOtt nahen und ſich mit ihm verſohnen koͤnte und wolte. Und dem- nach iſt zur Verſoͤhnung und Vereinigung ein Mittler noͤthig: und zwar ein ſolcher, der ſich als wahrer Menſch der Menſchen koͤnne anneh- men und auch als wahrer GOtt ſein Mittler- Amt bey GOtt ausfuͤhren. Ein ſolcher Mittler iſt nun Chriſtus, nachdem er ſich durch Moſen und Aaron im alten Teſtamente hatte vorbilden laſſen.
2. Daß die durch den Tod des wahren Mittlers geſchehene Erloͤſung von der Ubertre- tung, oder Befreyung von der Suͤnden Schuld und Strafe, auf das alte Teſtament, oder auf die, welche zu der Zeit gelebet haben, zuruͤck ge- fuͤhret wird, geſchiehet deswegen, um damit an- zuzeigen, daß das wirckliche Verſoͤhn-Opfer Chriſti nicht allein vor ſich, ſondern auch hinter ſich gelte, und alle altteſtamentiſche Vergebung der Suͤnden, wie ſie unter den Vorbildern war vorgeſtellet und angeprieſen worden, davon ihre Kraft gehabt habe. Daher denn ſo vielweniger iemand an der Gerechtmachung und Seligkeit der Glaͤubigen des alten Teſtaments zweifeln koͤnne. Gilt nun aber der Tod zur Erloͤſung hin- ter ſich zuruͤck; ſo gilt er ſo vielmehr vor ſich. Und obgleich die Glaͤubigen des neuen Teſtaments auch hinter ſich auf den ſchon geſchehenen Tod Chriſti zuruͤck ſehen: ſo iſt er doch nicht erſt zu er- warten, ſondern mit Freudigkeit, als ſchon ge- ſchehen, anzuſehen.
3. Von der Berufung, die doch bey den meiſten noch zukuͤnftig war, gebrauchet ſich der Apoſtel eines Worts von der vergangnen Zeit, die berufen ſind, deßwegen, weil er dabey der Empfahung des Erbes gedencket, als welches in ſeiner rechten Fuͤlle bey allen noch kuͤnftig iſt, und die Berufung zum Grunde ſetzet. Wohl dem, der dieſe annimmt, nach der obigen Ermahnung: Heute, ſo ihr ſeine Stimme hoͤret, ſo ver- ſtocket eure Hertzen nicht c. 3, 7. u. f.
4. Mit den Worten: das verheiſſene ewige Erbe, ſiehet der Apoſtel ohnfehlbar zuruͤck auf die den Patriarchen gegebne, in Vorbildern vor Augen gemahlte, und von den Propheten ſo oft angeprieſene Verheiſſungen von dem durch den Meßiam zu uͤberkommenden ewigen Erbe. Jſt aber dieſes, ſo iſt es grundfalſch, was einige vorgeben, nemlich als waͤren die Verheiſſungen des alten Teſtaments nur auf lauter zeitliche Din- ge gegangen. Und wie kan dieſes immer mehr ſeyn, da ihnen ja Chriſtus ſelbſt, als der Urheber alles ewigen Heyls, iſt verheiſſen worden? Nun faͤhret der Apoſtel alſo fort, daß er das, was er von dem Tode Chriſti geſaget hat, mit der Vorſtellung von der Natur eines menſchlichen Teſtaments erlaͤutert: wie er auch Gal. 3, 15. u. f. thut.
V. 16. 17.
Denn wo ein Teſtament iſt, (das veſte bleiben ſoll) da muß der Tod geſchehen, deß, [Spaltenumbruch]
der das Teſtament machet (ſintemal es bey dem Teſtament auf des Menſchen freyen Willen ankoͤmmt, dieſer aber, ſo lange er lebet, dieſer und jener entſtandenen Urſache wegen leichtlich kan veraͤndert werden). v. 17. Denn ein Teſtament wird veſt durch den Tod, anders hat es noch nicht Macht (die Kraft zur Gewißheit, daß es bey dem bezeugeten Willen unveraͤnderlich blei- ben werde; viel weniger hat es die Kraft zur Exe- cution und zur wircklichen Beſitzung der ver- machten Guͤter) wenn der noch lebet, der es gemacht hat.
V. 18. 19. 20.
Daher (weil es nemlich bey der Beſtaͤtti- gung der goͤttlichen Teſtamente auch auf den Tod ankoͤmmt, und dieſer durch das vergoſſene Blut bezeichnet wird) auch das erſte (Teſtament GOttes) nicht ohne Blut geſtiftet (feyerlich eingeweyhet und eingeſegnet und alſo damit beve- ſtiget) ward. v. 19. Denn als Moſes ausge- redet hatte von allen (2 B. Moſ. 20. 21. 22. 23. aufgezeichneten) Geboten nach dem Geſetz zu allem Volck, nahm er Kaͤlber und Bocks- Blut, mit Waſſer und Purpur-Wolle und Yſopen, und beſprengete das Buch und alles Volck, v. 20. Und ſprach: das iſt das Blut des Teſtaments, das GOtt euch ge- boten hat.
Anmerckungen.
1. Wir finden dieſe Geſchicht beſchrieben 2 B. Moſ. 24, 3. u. f. da ſie alſo lautet: Moſe kam und erzehlete dem Volcke alle Worte des HErrn und alle Rechte. Da antwor- tete alles Volck mit einer Stimme und ſprachen: Alle Worte, die der HErr geſa- get hat, wollen wir thun. Da ſchrieb Mo- ſe alle Worte des HErrn, und machte ſich des Morgens fruͤhe auf, und bauete einen Altar unten am Berge mit zwoͤlf Seulen, nach den zwoͤlf Staͤmmen Jſral. Und ſandte hin Juͤnglinge aus den Kindern Jſrael, daß ſie Brand-Opfer darauf opf- ferten und Danck-Opfer dem HErrn von Farren. Und Moſe nahm die Helfte des Bluts, und thaͤt es in ein Becken, die ande- re Helfte ſprengete er auf den Altar: und nahm das Buch des Bundes, und las es vor den Ohren des Volcks. Und da ſie ſprachen: Alles, was der HErr geſaget hat, wollen wir thun und gehorchen: Da nahm Moſe das Blut, und ſprengte das Volck damit, und ſprach: Sehet, das iſt das Blut des Bundes, den der HErr mit euch machet uͤber allen dieſen Worten.
2. Zuvorderſt iſt alhier zu mercken, daß der Apoſtel einiger Umſtaͤnde gedencket, davon im angezogenen Orte nichts ſtehet: nemlich der Boͤ- cke wie auch des Waſſers, und der Purpur- Wolle und Yſopen, imgleichen des Buches, daß es auch beſprenget worden: allein davon iſt die Urſache dieſe, daß das, was Paulus aus- druͤcklich hinzu geſetzet hat, die Sache ſelbſt alſo mit ſich brachte und nach dieſer Handlung zum theil auch ſonſt alſo gebraͤuchlich war, auch ander-
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[355/0357]
Cap. 9. v. 15-20. an die Hebraͤer.
gantz unreiner Art, dazu iſt er GOtt hoͤchſt wi-
derſetzlich, alſo daß er die unwandelbare Straf-
Gerechtigkeit GOttes wider ſich reitzet; ge-
ſchweige daß er ſich ſelbſt zu GOtt nahen und ſich
mit ihm verſohnen koͤnte und wolte. Und dem-
nach iſt zur Verſoͤhnung und Vereinigung ein
Mittler noͤthig: und zwar ein ſolcher, der ſich
als wahrer Menſch der Menſchen koͤnne anneh-
men und auch als wahrer GOtt ſein Mittler-
Amt bey GOtt ausfuͤhren. Ein ſolcher Mittler
iſt nun Chriſtus, nachdem er ſich durch Moſen
und Aaron im alten Teſtamente hatte vorbilden
laſſen.
2. Daß die durch den Tod des wahren
Mittlers geſchehene Erloͤſung von der Ubertre-
tung, oder Befreyung von der Suͤnden Schuld
und Strafe, auf das alte Teſtament, oder auf
die, welche zu der Zeit gelebet haben, zuruͤck ge-
fuͤhret wird, geſchiehet deswegen, um damit an-
zuzeigen, daß das wirckliche Verſoͤhn-Opfer
Chriſti nicht allein vor ſich, ſondern auch hinter
ſich gelte, und alle altteſtamentiſche Vergebung
der Suͤnden, wie ſie unter den Vorbildern war
vorgeſtellet und angeprieſen worden, davon ihre
Kraft gehabt habe. Daher denn ſo vielweniger
iemand an der Gerechtmachung und Seligkeit
der Glaͤubigen des alten Teſtaments zweifeln
koͤnne. Gilt nun aber der Tod zur Erloͤſung hin-
ter ſich zuruͤck; ſo gilt er ſo vielmehr vor ſich. Und
obgleich die Glaͤubigen des neuen Teſtaments
auch hinter ſich auf den ſchon geſchehenen Tod
Chriſti zuruͤck ſehen: ſo iſt er doch nicht erſt zu er-
warten, ſondern mit Freudigkeit, als ſchon ge-
ſchehen, anzuſehen.
3. Von der Berufung, die doch bey den
meiſten noch zukuͤnftig war, gebrauchet ſich der
Apoſtel eines Worts von der vergangnen Zeit,
die berufen ſind, deßwegen, weil er dabey der
Empfahung des Erbes gedencket, als welches in
ſeiner rechten Fuͤlle bey allen noch kuͤnftig iſt, und
die Berufung zum Grunde ſetzet. Wohl dem,
der dieſe annimmt, nach der obigen Ermahnung:
Heute, ſo ihr ſeine Stimme hoͤret, ſo ver-
ſtocket eure Hertzen nicht c. 3, 7. u. f.
4. Mit den Worten: das verheiſſene
ewige Erbe, ſiehet der Apoſtel ohnfehlbar zuruͤck
auf die den Patriarchen gegebne, in Vorbildern
vor Augen gemahlte, und von den Propheten ſo
oft angeprieſene Verheiſſungen von dem durch
den Meßiam zu uͤberkommenden ewigen Erbe.
Jſt aber dieſes, ſo iſt es grundfalſch, was einige
vorgeben, nemlich als waͤren die Verheiſſungen
des alten Teſtaments nur auf lauter zeitliche Din-
ge gegangen. Und wie kan dieſes immer mehr
ſeyn, da ihnen ja Chriſtus ſelbſt, als der Urheber
alles ewigen Heyls, iſt verheiſſen worden? Nun
faͤhret der Apoſtel alſo fort, daß er das, was er
von dem Tode Chriſti geſaget hat, mit der
Vorſtellung von der Natur eines menſchlichen
Teſtaments erlaͤutert: wie er auch Gal. 3, 15.
u. f. thut.
V. 16. 17.
Denn wo ein Teſtament iſt, (das veſte
bleiben ſoll) da muß der Tod geſchehen, deß,
der das Teſtament machet (ſintemal es bey
dem Teſtament auf des Menſchen freyen Willen
ankoͤmmt, dieſer aber, ſo lange er lebet, dieſer und
jener entſtandenen Urſache wegen leichtlich kan
veraͤndert werden). v. 17. Denn ein Teſtament
wird veſt durch den Tod, anders hat es noch
nicht Macht (die Kraft zur Gewißheit, daß es
bey dem bezeugeten Willen unveraͤnderlich blei-
ben werde; viel weniger hat es die Kraft zur Exe-
cution und zur wircklichen Beſitzung der ver-
machten Guͤter) wenn der noch lebet, der es
gemacht hat.
V. 18. 19. 20.
Daher (weil es nemlich bey der Beſtaͤtti-
gung der goͤttlichen Teſtamente auch auf den Tod
ankoͤmmt, und dieſer durch das vergoſſene Blut
bezeichnet wird) auch das erſte (Teſtament
GOttes) nicht ohne Blut geſtiftet (feyerlich
eingeweyhet und eingeſegnet und alſo damit beve-
ſtiget) ward. v. 19. Denn als Moſes ausge-
redet hatte von allen (2 B. Moſ. 20. 21. 22.
23. aufgezeichneten) Geboten nach dem Geſetz
zu allem Volck, nahm er Kaͤlber und Bocks-
Blut, mit Waſſer und Purpur-Wolle und
Yſopen, und beſprengete das Buch und
alles Volck, v. 20. Und ſprach: das iſt das
Blut des Teſtaments, das GOtt euch ge-
boten hat.
Anmerckungen.
1. Wir finden dieſe Geſchicht beſchrieben
2 B. Moſ. 24, 3. u. f. da ſie alſo lautet: Moſe
kam und erzehlete dem Volcke alle Worte
des HErrn und alle Rechte. Da antwor-
tete alles Volck mit einer Stimme und
ſprachen: Alle Worte, die der HErr geſa-
get hat, wollen wir thun. Da ſchrieb Mo-
ſe alle Worte des HErrn, und machte ſich
des Morgens fruͤhe auf, und bauete einen
Altar unten am Berge mit zwoͤlf Seulen,
nach den zwoͤlf Staͤmmen Jſral. Und
ſandte hin Juͤnglinge aus den Kindern
Jſrael, daß ſie Brand-Opfer darauf opf-
ferten und Danck-Opfer dem HErrn von
Farren. Und Moſe nahm die Helfte des
Bluts, und thaͤt es in ein Becken, die ande-
re Helfte ſprengete er auf den Altar: und
nahm das Buch des Bundes, und las es vor
den Ohren des Volcks. Und da ſie ſprachen:
Alles, was der HErr geſaget hat, wollen
wir thun und gehorchen: Da nahm Moſe
das Blut, und ſprengte das Volck damit,
und ſprach: Sehet, das iſt das Blut des
Bundes, den der HErr mit euch machet
uͤber allen dieſen Worten.
2. Zuvorderſt iſt alhier zu mercken, daß der
Apoſtel einiger Umſtaͤnde gedencket, davon im
angezogenen Orte nichts ſtehet: nemlich der Boͤ-
cke wie auch des Waſſers, und der Purpur-
Wolle und Yſopen, imgleichen des Buches,
daß es auch beſprenget worden: allein davon
iſt die Urſache dieſe, daß das, was Paulus aus-
druͤcklich hinzu geſetzet hat, die Sache ſelbſt alſo
mit ſich brachte und nach dieſer Handlung zum
theil auch ſonſt alſo gebraͤuchlich war, auch ander-
waͤr-
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/357>, abgerufen am 16.02.2025.
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Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.