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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 9. v. 8. an die Hebräer.
[Spaltenumbruch] selbst. Denn die patriarchalische Kirche schon
vor den Zeiten Mosis, theils in den Opfern,
theils in so vielen Verheissungen auf den Mes-
siam, als an rechten Priester, König und Pro-
pheten, gewiesen war; und dasjenige, was sie
vorher von dem auf den Meßiam gehenden ty-
pi
schen Schatten-Werck hatte, unter Mose in
eine besondere und völlige Form des Levitischen
GOttesdienstes gesetzet wurde; so konten die
Gläubigen leichtlich erachten, daß, da die Erst-
linge davon auf den Meßiam gerichtet gewesen,
ihnen durch die völlige Einrichtung derselbe,
seinem wahrhaftigen Priesterthum und geistli-
chen Reiche nach, müßte so viel mehr vor Au-
gen gemahlet seyn. Dazu denn noch man-
che Offenbarungen und Aufklärungen, so wol
mündliche, als schriftliche, durch die Prophe-
ten kamen, welche dem Glauben, der an sich
selbst schon durch die Ceremonien, als gleich-
sam durch ein Fernglas, auf den Meßiam sa-
he, nicht wenig sind zu statten gekommen. Was
nun solchergestalt der Judischen Kirche ist un-
verborgen geblieben, das ist nun schon vorlängst
durch die Erfüllung so viel mehr und völliger
entdecket worden.

4. Nun aber kommen wir billig zu der
specialen Frage, wie denn der heilige Geist
dadurch,
was Paulus vorher vom Eingange
des Hohenpriesters ins Allerheiligste vorgestel-
let hat, angezeiget habe, daß das rechte
Priesterthum des Meßiä noch nicht da
sey,
sondern dasselbe nur erst vorbilde? Die-
ses konte aus folgenden Stücken erkannt wer-
den, die da sind: a. Der besondere zum Ein-
gange bestimmete Tag. b. Die dazu verord-
nete Person des Hohenpriesters allein. c. Der
Eingang ins Allerheiligste. d. Der Eingang
mit dem Opfer-Blute. e. Die dadurch gesuch-
te und erhaltene Versöhnung seiner selbst und
des Volcks. f. Die alljährliche Wiederhoh-
lung, welche sechs Puncte dem Erweise nach,
daß sie an sich unvollkommen gewesen und etwas
bessers haben vorbilden sollen, nun ins besonde-
re noch kürtzlich zu erläutern sind.

5. Der besondere Tag, Fest-Tag, konte
den Gläubigen vorstellen, daß, wenn der Meßi-
as würde gekommen seyn, dasjenige, was an
dem Tage des hohen Versöhnungs-Festes mit
dem Hohenpriester und seinen Verrichtungen
vorging, würde im Gegenbilde geschehen. Wie
es auch am Tage seines Todes am Creutze
wircklich geschehen ist. Dergleichen Tag sich
die Gläubigen so viel leichter vorstellen konten,
so viel klärer es aus dem drey und funtzigsten
Capitel Jesaiä zu erkennen war, daß ein solcher
Tag kommen würde uud müßte.

6. Und daß nicht ein ieder gemeiner Prie-
ster, sondern allein der Hohe an diesem Tage
alles verrichtete, das konte die Gläubigen füh-
ren auf die eintzele Person des Meßiä, daß
er das Werck der Versöhnung gantz allein ohne
alle Helfer und Neben-Heylande würde zuwege
bringen.

7. Da der Eingang nicht nur in das Heilige
[Spaltenumbruch] geschahe, sondern ins Allerheiligste, und dar-
inn der Majestätische Thron GOttes praesen-
tir
et wurde; so konte man leichtlich schliessen,
daß die Versöhnung so wenig durch diesen Ein-
gang an sich selbst vollendet werde, so wenig ü-
ber der Bundes-Lade der eigentliche Thron der
Majestät GOttes war, und daß dannenhero
der Meßias ein solcher Hoherpriester seyn wür-
de, der da würde nach vollendetem Opfer sich
zur Rechten der Herrlichkeit GOttes setzen.

8. Und daß der Eingang nicht ohne Blut
geschahe, war eine klare Anzeige, daß der
Meßias in anzunehmender menschlichen Natur
würde zur Versöhnung sein Blut vergiessen,
und solches, der versöhnenden und verdienstli-
chen Kraft nach, zu dem Thron GOttes mit
einführen. Denn was solte und konte das
schlechte Blut der Opfer-Thiere an sich selbst
für eine Kraft haben zu versöhnen?

9. Und daß der Hohepriester nicht allein
für des Volcks, sondern auch zuvorderst für
seine eigene Sünde
ein Opfer bringen mußte,
das war eine klare Anzeige, daß er noch nicht
der rechte Hohepriester sey, sondern ein ande-
rer, nemlich der rechte, der Meßias kommen
müßte und würde: auf welchen man demnach
in der Person des Hohenpriesters zu sehen ha-
be.

10. Und dieses alles wurde dadurch so viel
klärer, so viel deutlicher die jährliche Wie-
derhohlung
die grosse Unvollkommenheit der
schon geschehenen Versöhnungen anzeigen und
das gläubige Verlangen nach dem einmal zu-
bringenden vollkommenen Opfer des Meßiä er-
wecken konte.

11. Daß durch solche Beschaffenheit des
Levitischen Hohenpriesterthums die Gläubigen
auf das rechte Meßianische Priesterthum nach
göttlicher Intention durch die Salbung und
Erleuchtung des heiligen Geistes geführet wer-
den konten, auch wohl geleitet worden sind,
eben dieses ists, was Paulus in dem gantzen
folgenden Context bis an das eilfte Capitel, mit
gehöriger Application auf die Christen des
neuen Testaments, selbst mit mehrern vorstel-
let: daraus auch zu ersehen seyn wird, daß auch
die Verrrichtungen der übrigen Priester auf
gleichen Zweck sind gerichtet gewesen.

12. Des Worts ton agion der heiligen
Dinge
bedienet sich der Aprostel zwar aus dem
Levitischen Priesterthum: aber er verstehet
durch ta agia, durch die heilige Sachen alhier
die Geheimnisse der Person, des Amts und des
Reichs Christi im Gegenbilde. Jn welchem
Verstande er Christum c. 8, 4. genennet hat
leitourgon ton agion, den Pfleger der heili-
gen Sachen und Güter.
c. 9, 11. heissen sie
ta mellonta, die zur Zeit des Levitischen GOt-
tesdienstes noch zukünftige Güter: und v. 23.
ta epourania, die himmlischen Dinge.

13. Der Weg zu diesen damals noch zu-
künftigen heiligen und himmlischen Sachen ist
alhier nicht so viel, als die Möglichkeit und das
Vermögen zur Gemeinschaft GOttes zu gelan-

gen;
X x 3

Cap. 9. v. 8. an die Hebraͤer.
[Spaltenumbruch] ſelbſt. Denn die patriarchaliſche Kirche ſchon
vor den Zeiten Moſis, theils in den Opfern,
theils in ſo vielen Verheiſſungen auf den Meſ-
ſiam, als an rechten Prieſter, Koͤnig und Pro-
pheten, gewieſen war; und dasjenige, was ſie
vorher von dem auf den Meßiam gehenden ty-
pi
ſchen Schatten-Werck hatte, unter Moſe in
eine beſondere und voͤllige Form des Levitiſchen
GOttesdienſtes geſetzet wurde; ſo konten die
Glaͤubigen leichtlich erachten, daß, da die Erſt-
linge davon auf den Meßiam gerichtet geweſen,
ihnen durch die voͤllige Einrichtung derſelbe,
ſeinem wahrhaftigen Prieſterthum und geiſtli-
chen Reiche nach, muͤßte ſo viel mehr vor Au-
gen gemahlet ſeyn. Dazu denn noch man-
che Offenbarungen und Aufklaͤrungen, ſo wol
muͤndliche, als ſchriftliche, durch die Prophe-
ten kamen, welche dem Glauben, der an ſich
ſelbſt ſchon durch die Ceremonien, als gleich-
ſam durch ein Fernglas, auf den Meßiam ſa-
he, nicht wenig ſind zu ſtatten gekommen. Was
nun ſolchergeſtalt der Judiſchen Kirche iſt un-
verborgen geblieben, das iſt nun ſchon vorlaͤngſt
durch die Erfuͤllung ſo viel mehr und voͤlliger
entdecket worden.

4. Nun aber kommen wir billig zu der
ſpecialen Frage, wie denn der heilige Geiſt
dadurch,
was Paulus vorher vom Eingange
des Hohenprieſters ins Allerheiligſte vorgeſtel-
let hat, angezeiget habe, daß das rechte
Prieſterthum des Meßiaͤ noch nicht da
ſey,
ſondern daſſelbe nur erſt vorbilde? Die-
ſes konte aus folgenden Stuͤcken erkannt wer-
den, die da ſind: a. Der beſondere zum Ein-
gange beſtimmete Tag. b. Die dazu verord-
nete Perſon des Hohenprieſters allein. c. Der
Eingang ins Allerheiligſte. d. Der Eingang
mit dem Opfer-Blute. e. Die dadurch geſuch-
te und erhaltene Verſoͤhnung ſeiner ſelbſt und
des Volcks. f. Die alljaͤhrliche Wiederhoh-
lung, welche ſechs Puncte dem Erweiſe nach,
daß ſie an ſich unvollkommen geweſen und etwas
beſſers haben vorbilden ſollen, nun ins beſonde-
re noch kuͤrtzlich zu erlaͤutern ſind.

5. Der beſondere Tag, Feſt-Tag, konte
den Glaͤubigen vorſtellen, daß, wenn der Meßi-
as wuͤrde gekommen ſeyn, dasjenige, was an
dem Tage des hohen Verſoͤhnungs-Feſtes mit
dem Hohenprieſter und ſeinen Verrichtungen
vorging, wuͤrde im Gegenbilde geſchehen. Wie
es auch am Tage ſeines Todes am Creutze
wircklich geſchehen iſt. Dergleichen Tag ſich
die Glaͤubigen ſo viel leichter vorſtellen konten,
ſo viel klaͤrer es aus dem drey und funtzigſten
Capitel Jeſaiaͤ zu erkennen war, daß ein ſolcher
Tag kommen wuͤrde uud muͤßte.

6. Und daß nicht ein ieder gemeiner Prie-
ſter, ſondern allein der Hohe an dieſem Tage
alles verrichtete, das konte die Glaͤubigen fuͤh-
ren auf die eintzele Perſon des Meßiaͤ, daß
er das Werck der Verſoͤhnung gantz allein ohne
alle Helfer und Neben-Heylande wuͤrde zuwege
bringen.

7. Da der Eingang nicht nur in das Heilige
[Spaltenumbruch] geſchahe, ſondern ins Allerheiligſte, und dar-
inn der Majeſtaͤtiſche Thron GOttes præſen-
tir
et wurde; ſo konte man leichtlich ſchlieſſen,
daß die Verſoͤhnung ſo wenig durch dieſen Ein-
gang an ſich ſelbſt vollendet werde, ſo wenig uͤ-
ber der Bundes-Lade der eigentliche Thron der
Majeſtaͤt GOttes war, und daß dannenhero
der Meßias ein ſolcher Hoherprieſter ſeyn wuͤr-
de, der da wuͤrde nach vollendetem Opfer ſich
zur Rechten der Herrlichkeit GOttes ſetzen.

8. Und daß der Eingang nicht ohne Blut
geſchahe, war eine klare Anzeige, daß der
Meßias in anzunehmender menſchlichen Natur
wuͤrde zur Verſoͤhnung ſein Blut vergieſſen,
und ſolches, der verſoͤhnenden und verdienſtli-
chen Kraft nach, zu dem Thron GOttes mit
einfuͤhren. Denn was ſolte und konte das
ſchlechte Blut der Opfer-Thiere an ſich ſelbſt
fuͤr eine Kraft haben zu verſoͤhnen?

9. Und daß der Hoheprieſter nicht allein
fuͤr des Volcks, ſondern auch zuvorderſt fuͤr
ſeine eigene Suͤnde
ein Opfer bringen mußte,
das war eine klare Anzeige, daß er noch nicht
der rechte Hoheprieſter ſey, ſondern ein ande-
rer, nemlich der rechte, der Meßias kommen
muͤßte und wuͤrde: auf welchen man demnach
in der Perſon des Hohenprieſters zu ſehen ha-
be.

10. Und dieſes alles wurde dadurch ſo viel
klaͤrer, ſo viel deutlicher die jaͤhrliche Wie-
derhohlung
die groſſe Unvollkommenheit der
ſchon geſchehenen Verſoͤhnungen anzeigen und
das glaͤubige Verlangen nach dem einmal zu-
bringenden vollkommenen Opfer des Meßiaͤ er-
wecken konte.

11. Daß durch ſolche Beſchaffenheit des
Levitiſchen Hohenprieſterthums die Glaͤubigen
auf das rechte Meßianiſche Prieſterthum nach
goͤttlicher Intention durch die Salbung und
Erleuchtung des heiligen Geiſtes gefuͤhret wer-
den konten, auch wohl geleitet worden ſind,
eben dieſes iſts, was Paulus in dem gantzen
folgenden Context bis an das eilfte Capitel, mit
gehoͤriger Application auf die Chriſten des
neuen Teſtaments, ſelbſt mit mehrern vorſtel-
let: daraus auch zu erſehen ſeyn wird, daß auch
die Verrrichtungen der uͤbrigen Prieſter auf
gleichen Zweck ſind gerichtet geweſen.

12. Des Worts τῶν ἁγίων der heiligen
Dinge
bedienet ſich der Aproſtel zwar aus dem
Levitiſchen Prieſterthum: aber er verſtehet
durch τά ἅγια, durch die heilige Sachen alhier
die Geheimniſſe der Perſon, des Amts und des
Reichs Chriſti im Gegenbilde. Jn welchem
Verſtande er Chriſtum c. 8, 4. genennet hat
λειτουργὸν τῶν ἁγίων, den Pfleger der heili-
gen Sachen und Guͤter.
c. 9, 11. heiſſen ſie
τὰ μέλλοντα, die zur Zeit des Levitiſchen GOt-
tesdienſtes noch zukuͤnftige Guͤter: und v. 23.
τὰ ἐπουϱανία, die himmliſchen Dinge.

13. Der Weg zu dieſen damals noch zu-
kuͤnftigen heiligen und himmliſchen Sachen iſt
alhier nicht ſo viel, als die Moͤglichkeit und das
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[349/0351] Cap. 9. v. 8. an die Hebraͤer. ſelbſt. Denn die patriarchaliſche Kirche ſchon vor den Zeiten Moſis, theils in den Opfern, theils in ſo vielen Verheiſſungen auf den Meſ- ſiam, als an rechten Prieſter, Koͤnig und Pro- pheten, gewieſen war; und dasjenige, was ſie vorher von dem auf den Meßiam gehenden ty- piſchen Schatten-Werck hatte, unter Moſe in eine beſondere und voͤllige Form des Levitiſchen GOttesdienſtes geſetzet wurde; ſo konten die Glaͤubigen leichtlich erachten, daß, da die Erſt- linge davon auf den Meßiam gerichtet geweſen, ihnen durch die voͤllige Einrichtung derſelbe, ſeinem wahrhaftigen Prieſterthum und geiſtli- chen Reiche nach, muͤßte ſo viel mehr vor Au- gen gemahlet ſeyn. Dazu denn noch man- che Offenbarungen und Aufklaͤrungen, ſo wol muͤndliche, als ſchriftliche, durch die Prophe- ten kamen, welche dem Glauben, der an ſich ſelbſt ſchon durch die Ceremonien, als gleich- ſam durch ein Fernglas, auf den Meßiam ſa- he, nicht wenig ſind zu ſtatten gekommen. Was nun ſolchergeſtalt der Judiſchen Kirche iſt un- verborgen geblieben, das iſt nun ſchon vorlaͤngſt durch die Erfuͤllung ſo viel mehr und voͤlliger entdecket worden. 4. Nun aber kommen wir billig zu der ſpecialen Frage, wie denn der heilige Geiſt dadurch, was Paulus vorher vom Eingange des Hohenprieſters ins Allerheiligſte vorgeſtel- let hat, angezeiget habe, daß das rechte Prieſterthum des Meßiaͤ noch nicht da ſey, ſondern daſſelbe nur erſt vorbilde? Die- ſes konte aus folgenden Stuͤcken erkannt wer- den, die da ſind: a. Der beſondere zum Ein- gange beſtimmete Tag. b. Die dazu verord- nete Perſon des Hohenprieſters allein. c. Der Eingang ins Allerheiligſte. d. Der Eingang mit dem Opfer-Blute. e. Die dadurch geſuch- te und erhaltene Verſoͤhnung ſeiner ſelbſt und des Volcks. f. Die alljaͤhrliche Wiederhoh- lung, welche ſechs Puncte dem Erweiſe nach, daß ſie an ſich unvollkommen geweſen und etwas beſſers haben vorbilden ſollen, nun ins beſonde- re noch kuͤrtzlich zu erlaͤutern ſind. 5. Der beſondere Tag, Feſt-Tag, konte den Glaͤubigen vorſtellen, daß, wenn der Meßi- as wuͤrde gekommen ſeyn, dasjenige, was an dem Tage des hohen Verſoͤhnungs-Feſtes mit dem Hohenprieſter und ſeinen Verrichtungen vorging, wuͤrde im Gegenbilde geſchehen. Wie es auch am Tage ſeines Todes am Creutze wircklich geſchehen iſt. Dergleichen Tag ſich die Glaͤubigen ſo viel leichter vorſtellen konten, ſo viel klaͤrer es aus dem drey und funtzigſten Capitel Jeſaiaͤ zu erkennen war, daß ein ſolcher Tag kommen wuͤrde uud muͤßte. 6. Und daß nicht ein ieder gemeiner Prie- ſter, ſondern allein der Hohe an dieſem Tage alles verrichtete, das konte die Glaͤubigen fuͤh- ren auf die eintzele Perſon des Meßiaͤ, daß er das Werck der Verſoͤhnung gantz allein ohne alle Helfer und Neben-Heylande wuͤrde zuwege bringen. 7. Da der Eingang nicht nur in das Heilige geſchahe, ſondern ins Allerheiligſte, und dar- inn der Majeſtaͤtiſche Thron GOttes præſen- tiret wurde; ſo konte man leichtlich ſchlieſſen, daß die Verſoͤhnung ſo wenig durch dieſen Ein- gang an ſich ſelbſt vollendet werde, ſo wenig uͤ- ber der Bundes-Lade der eigentliche Thron der Majeſtaͤt GOttes war, und daß dannenhero der Meßias ein ſolcher Hoherprieſter ſeyn wuͤr- de, der da wuͤrde nach vollendetem Opfer ſich zur Rechten der Herrlichkeit GOttes ſetzen. 8. Und daß der Eingang nicht ohne Blut geſchahe, war eine klare Anzeige, daß der Meßias in anzunehmender menſchlichen Natur wuͤrde zur Verſoͤhnung ſein Blut vergieſſen, und ſolches, der verſoͤhnenden und verdienſtli- chen Kraft nach, zu dem Thron GOttes mit einfuͤhren. Denn was ſolte und konte das ſchlechte Blut der Opfer-Thiere an ſich ſelbſt fuͤr eine Kraft haben zu verſoͤhnen? 9. Und daß der Hoheprieſter nicht allein fuͤr des Volcks, ſondern auch zuvorderſt fuͤr ſeine eigene Suͤnde ein Opfer bringen mußte, das war eine klare Anzeige, daß er noch nicht der rechte Hoheprieſter ſey, ſondern ein ande- rer, nemlich der rechte, der Meßias kommen muͤßte und wuͤrde: auf welchen man demnach in der Perſon des Hohenprieſters zu ſehen ha- be. 10. Und dieſes alles wurde dadurch ſo viel klaͤrer, ſo viel deutlicher die jaͤhrliche Wie- derhohlung die groſſe Unvollkommenheit der ſchon geſchehenen Verſoͤhnungen anzeigen und das glaͤubige Verlangen nach dem einmal zu- bringenden vollkommenen Opfer des Meßiaͤ er- wecken konte. 11. Daß durch ſolche Beſchaffenheit des Levitiſchen Hohenprieſterthums die Glaͤubigen auf das rechte Meßianiſche Prieſterthum nach goͤttlicher Intention durch die Salbung und Erleuchtung des heiligen Geiſtes gefuͤhret wer- den konten, auch wohl geleitet worden ſind, eben dieſes iſts, was Paulus in dem gantzen folgenden Context bis an das eilfte Capitel, mit gehoͤriger Application auf die Chriſten des neuen Teſtaments, ſelbſt mit mehrern vorſtel- let: daraus auch zu erſehen ſeyn wird, daß auch die Verrrichtungen der uͤbrigen Prieſter auf gleichen Zweck ſind gerichtet geweſen. 12. Des Worts τῶν ἁγίων der heiligen Dinge bedienet ſich der Aproſtel zwar aus dem Levitiſchen Prieſterthum: aber er verſtehet durch τά ἅγια, durch die heilige Sachen alhier die Geheimniſſe der Perſon, des Amts und des Reichs Chriſti im Gegenbilde. Jn welchem Verſtande er Chriſtum c. 8, 4. genennet hat λειτουργὸν τῶν ἁγίων, den Pfleger der heili- gen Sachen und Guͤter. c. 9, 11. heiſſen ſie τὰ μέλλοντα, die zur Zeit des Levitiſchen GOt- tesdienſtes noch zukuͤnftige Guͤter: und v. 23. τὰ ἐπουϱανία, die himmliſchen Dinge. 13. Der Weg zu dieſen damals noch zu- kuͤnftigen heiligen und himmliſchen Sachen iſt alhier nicht ſo viel, als die Moͤglichkeit und das Vermoͤgen zur Gemeinſchaft GOttes zu gelan- gen; X x 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/351>, abgerufen am 22.11.2024.