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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli. Cap. 8. v. 1-5.
[Spaltenumbruch] schäften und Wercken ihrer Hände zu thun: hier
aber kömmt es auf die innerliche Wirckung und
Salbung GOttes des Heiligen Geistes an. Und
ob es zwar an dieser auch dort den Gläubigen
nicht gar gefehlet hat: so war doch das innerliche
bey dem äusserlichen nicht in einem so grossen
Masse und in einer solchen Oeconomie. Hier
ist also oikia akheiropoietos, das Haus, wel-
ches nicht mit Händen gemachet ist
2 Cor.
5, 1. da, was das Reich der Gnaden betrift,
peritome akheiropoietos, eine Beschneidung, die
ohne Hände geschiehet,
statt hat. Col. 2, 11.
Sonderlich gehöret hierher Hebr. 9. v. 11.

V. 3.

Denn ein ieglicher Hoherpriester
wird eingesetzet
(bestellet) zu opfern Gaben
(von allerhand zu den Speise-Opfern verordne-
ten Früchten der Erden) und Opfer (thusias,
Schlacht-Opfer von lebendigen Thieren:) da-
her muß auch
(muste vermöge des richtigen
Gegenbildes) dieser etwas haben, das er
opfere
(nemlich sich selbst c. 5, 7. c. 9, 14. 26.
c. 10, 12. 14.

Anmerckung.

Es heißt zwar 1 Pet. 2, 24. Christus ha-
be unsere Sünde geopfert an seinem Leibe
auf dem Holtze:
aber da die Sünde hat kein
Opfer seyn können, sondern die Ursache, um wel-
cher willen ein Opfer nöthig gewesen ist: so ist der
Verstand solcher Worte dieser, daß der Leib Chri-
sti und die gantze menschliche Natur, darauf er die
Sünde des menschlichen Geschlechts über sich ge-
nommen und sie mit ans Creutz genommen hat,
eigentlich das Opfer gewesen sey.

V. 4. 5.

Wenn er nun auf Erden wäre (und
nicht gen Himmel gefahren und sich zur Rechten
GOttes gesetzet hätte, uns Kraft seines auf Er-
den vollbrachten einmaligen Opfers verdienstlich
zu vertreten) so wäre er nicht Priester (nem-
lich der rechte, als er im Gegenbilde seyn muste,
und auch ist, nemlich der im hundert und zehnden
Psalm verheissene, als der zur Rechten GOttes
sitzen soll) dieweil da (auf Erden) Priester
sind, die nach dem Gesetz die Gaben
(kai
thusias, und Schlacht-Opfer nach v. 3.) opfern;
welche dienen dem Vorbilde und dem
Schatten der himmlischen Güter
(der hei-
ligen Güter und der wahrhaftigen Hütte v. 2.)
wie die göttliche Antwort (Anrede) zu Mo-
se sprach, da er solte die Hütte vollenden

(ohngefähr im vierten Monate des ersten Jah-
res nach dem Ausgange der Kinder Jsrael aus
Egypten:) Schaue zu, sprach er, daß du
machest
(machen lässest, durch die, welche dazu
sonderlich von mir begabet sind) alles nach
dem Bilde
(nach dem kurtzen Abriß und Mo-
del) das dir auf den Berge gezeiget ist.
(2 B. Mos. 25, 9. 40. c. 26, 30.

Anmerckungen.

1. Auf Erden seyn stehet alhier im Ge-
[Spaltenumbruch] gensatze theils auf das vorhergehende, da von
Christo gesaget wird, daß er als ein Hoherpriester
zur Rechten GOttes auf dem Thron der Majestät
sitze, und ein Pfleger der heiligen oder himmlischen
Dinge in der wahrhaftigen, oder geistlichen Hütte
sey: theils auf das nachfolgende, oder die bloß
Levitischen Priester, die nur dem Vorbilde und
Schattenwercke der himmlischen Güter gedienet
haben, da sie nur auf Erden irdische Priester
waren und blieben.

2. Der Hohepriester des alten Testaments
hatte es nicht allein im Vorhofe bey dem Brand-
opfer-Altar, sondern auch im Heiligen, und son-
derlich im Allerheiligsten dergestalt zu thun,
daß, wenn er nicht zur Versöhnung mit dem im
Vorhofe vergossenen Opfer-Blute wäre ins Al-
lerheiligste eingegangen, er nicht einmal ein rech-
ter Levitischer Priester hätte seyn können. Und
solcher gestalt muste denn Christus im Gegenbil-
de ein solcher Hoherpriester seyn, der nach voll-
brachtem Opfer auf Erden sich auf den durch das
Allerheiligste vorgebildeten Thron der Herrlich-
keit setzte, und von dannen mit seiner Hohenpriester-
lichen Fürbitte die Kraft und Frucht seines schon
auf Erden durch sich selbst vollbrachten Versöhn-
opfers zur Mittheilung alles geistlichen Segens
erwiese.

3. Es gewinnen demnach die Socinianer
mit diesem Orte nichts, wenn sie das auf Erden
geschehene wahre Versöhnopfer Christi aus dem
Grunde der geleugneten Gottheit Christi und an-
derer Jrrthümer verleugen, und sich auf diesen
Ort berufen, hingegen aber das Hohepriesterliche
Amt Christi in einer solchen Fürbitte zur rechten
GOttes setzen, welche kein wahres Opfer am
Creutze zum Grund hat, und also nicht im Evan-
gelischen und Apostolischen Sinne verstanden
wird. Was kan aber deutlicher gesaget seyn, als
daß Christus für uns ein Opfer geworden am
Chreutze 1 Pet. 2, 24. Jes. 53, 4. 10. 11. 12. Siehe
Hebr. 9, 11. u. f. c. 10, 10. 12.

4. Mit den Worten: dieweil da Priester
sind - - - himmlischen Güter, zeiget der Apo-
stel den grossen Unterscheid an zwischen dem
Schattenwerck des Levitischen Priesterthums und
zwischen der Realität des Meßianischen; da es der
Meßias mit dem Gegenbilde zu thun habe, und
bey demselben, an statt des Eingangs ins Allerhei-
ligste, in den Himmel der Herrlichkeit eingegangen,
(wie vorher angezeiget worden) um daselbst das
Hohepriesterliche Amt mit verdienstlicher Für-
bitte zu vollenden.

5. Das Wort upodeigma, welches Lu-
therus,
gar wohl durch das Wort Vorbild
übersetzet hat, ist alhier ein Muster, oder eine
solche Vorstellung einer geistlichen Sache, wel-
che geschiehet unter der Figur und dem Bilde
leiblicher Dinge, davon der Levitische GOttes-
Dienst voll war. Und dieses Wort wird erläu-
tert durch das dazu gesetzte Wort skia, Schat-
ten.
Der Schatte aber fällt vom Cörper, al-
so daß er eine Aehnlichkeit davon hat und ihn vor-
stellet: es geschehe nun nach der Natur, oder nach
der Kunst. Nach der Natur machet, oder wirst

ein

Erklaͤrung des Briefes Pauli. Cap. 8. v. 1-5.
[Spaltenumbruch] ſchaͤften und Wercken ihrer Haͤnde zu thun: hier
aber koͤmmt es auf die innerliche Wirckung und
Salbung GOttes des Heiligen Geiſtes an. Und
ob es zwar an dieſer auch dort den Glaͤubigen
nicht gar gefehlet hat: ſo war doch das innerliche
bey dem aͤuſſerlichen nicht in einem ſo groſſen
Maſſe und in einer ſolchen Oeconomie. Hier
iſt alſo ὀικία ἀχειροποίητος, das Haus, wel-
ches nicht mit Haͤnden gemachet iſt
2 Cor.
5, 1. da, was das Reich der Gnaden betrift,
περιτομὴ ἀχειϱοποιητος, eine Beſchneidung, die
ohne Haͤnde geſchiehet,
ſtatt hat. Col. 2, 11.
Sonderlich gehoͤret hierher Hebr. 9. v. 11.

V. 3.

Denn ein ieglicher Hoherprieſter
wird eingeſetzet
(beſtellet) zu opfern Gaben
(von allerhand zu den Speiſe-Opfern verordne-
ten Fruͤchten der Erden) und Opfer (θυσίας,
Schlacht-Opfer von lebendigen Thieren:) da-
her muß auch
(muſte vermoͤge des richtigen
Gegenbildes) dieſer etwas haben, das er
opfere
(nemlich ſich ſelbſt c. 5, 7. c. 9, 14. 26.
c. 10, 12. 14.

Anmerckung.

Es heißt zwar 1 Pet. 2, 24. Chriſtus ha-
be unſere Suͤnde geopfert an ſeinem Leibe
auf dem Holtze:
aber da die Suͤnde hat kein
Opfer ſeyn koͤnnen, ſondern die Urſache, um wel-
cher willen ein Opfer noͤthig geweſen iſt: ſo iſt der
Verſtand ſolcher Worte dieſer, daß der Leib Chri-
ſti und die gantze menſchliche Natur, darauf er die
Suͤnde des menſchlichen Geſchlechts uͤber ſich ge-
nommen und ſie mit ans Creutz genommen hat,
eigentlich das Opfer geweſen ſey.

V. 4. 5.

Wenn er nun auf Erden waͤre (und
nicht gen Himmel gefahren und ſich zur Rechten
GOttes geſetzet haͤtte, uns Kraft ſeines auf Er-
den vollbrachten einmaligen Opfers verdienſtlich
zu vertreten) ſo waͤre er nicht Prieſter (nem-
lich der rechte, als er im Gegenbilde ſeyn muſte,
und auch iſt, nemlich der im hundert und zehnden
Pſalm verheiſſene, als der zur Rechten GOttes
ſitzen ſoll) dieweil da (auf Erden) Prieſter
ſind, die nach dem Geſetz die Gaben
(καὶ
ϑυσίας, und Schlacht-Opfer nach v. 3.) opfern;
welche dienen dem Vorbilde und dem
Schatten der himmliſchen Guͤter
(der hei-
ligen Guͤter und der wahrhaftigen Huͤtte v. 2.)
wie die goͤttliche Antwort (Anrede) zu Mo-
ſe ſprach, da er ſolte die Huͤtte vollenden

(ohngefaͤhr im vierten Monate des erſten Jah-
res nach dem Ausgange der Kinder Jſrael aus
Egypten:) Schaue zu, ſprach er, daß du
macheſt
(machen laͤſſeſt, durch die, welche dazu
ſonderlich von mir begabet ſind) alles nach
dem Bilde
(nach dem kurtzen Abriß und Mo-
del) das dir auf den Berge gezeiget iſt.
(2 B. Moſ. 25, 9. 40. c. 26, 30.

Anmerckungen.

1. Auf Erden ſeyn ſtehet alhier im Ge-
[Spaltenumbruch] genſatze theils auf das vorhergehende, da von
Chriſto geſaget wird, daß er als ein Hoherprieſter
zur Rechten GOttes auf dem Thron der Majeſtaͤt
ſitze, und ein Pfleger der heiligen oder himmliſchen
Dinge in der wahrhaftigen, oder geiſtlichen Huͤtte
ſey: theils auf das nachfolgende, oder die bloß
Levitiſchen Prieſter, die nur dem Vorbilde und
Schattenwercke der himmliſchen Guͤter gedienet
haben, da ſie nur auf Erden irdiſche Prieſter
waren und blieben.

2. Der Hoheprieſter des alten Teſtaments
hatte es nicht allein im Vorhofe bey dem Brand-
opfer-Altar, ſondern auch im Heiligen, und ſon-
derlich im Allerheiligſten dergeſtalt zu thun,
daß, wenn er nicht zur Verſoͤhnung mit dem im
Vorhofe vergoſſenen Opfer-Blute waͤre ins Al-
lerheiligſte eingegangen, er nicht einmal ein rech-
ter Levitiſcher Prieſter haͤtte ſeyn koͤnnen. Und
ſolcher geſtalt muſte denn Chriſtus im Gegenbil-
de ein ſolcher Hoherprieſter ſeyn, der nach voll-
brachtem Opfer auf Erden ſich auf den durch das
Allerheiligſte vorgebildeten Thron der Herrlich-
keit ſetzte, und von dañen mit ſeiner Hohenprieſter-
lichen Fuͤrbitte die Kraft und Frucht ſeines ſchon
auf Erden durch ſich ſelbſt vollbrachten Verſoͤhn-
opfers zur Mittheilung alles geiſtlichen Segens
erwieſe.

3. Es gewinnen demnach die Socinianer
mit dieſem Orte nichts, wenn ſie das auf Erden
geſchehene wahre Verſoͤhnopfer Chriſti aus dem
Grunde der geleugneten Gottheit Chriſti und an-
derer Jrrthuͤmer verleugen, und ſich auf dieſen
Ort berufen, hingegen aber das Hoheprieſterliche
Amt Chriſti in einer ſolchen Fuͤrbitte zur rechten
GOttes ſetzen, welche kein wahres Opfer am
Creutze zum Grund hat, und alſo nicht im Evan-
geliſchen und Apoſtoliſchen Sinne verſtanden
wird. Was kan aber deutlicher geſaget ſeyn, als
daß Chriſtus fuͤr uns ein Opfer geworden am
Chreutze 1 Pet. 2, 24. Jeſ. 53, 4. 10. 11. 12. Siehe
Hebr. 9, 11. u. f. c. 10, 10. 12.

4. Mit den Worten: dieweil da Prieſter
ſind ‒ ‒ ‒ himmliſchen Guͤter, zeiget der Apo-
ſtel den groſſen Unterſcheid an zwiſchen dem
Schattenwerck des Levitiſchen Prieſterthums und
zwiſchen der Realitaͤt des Meßianiſchen; da es der
Meßias mit dem Gegenbilde zu thun habe, und
bey demſelben, an ſtatt des Eingangs ins Allerhei-
ligſte, in den Himmel der Herrlichkeit eingegangen,
(wie vorher angezeiget worden) um daſelbſt das
Hoheprieſterliche Amt mit verdienſtlicher Fuͤr-
bitte zu vollenden.

5. Das Wort ὑπόδειγμα, welches Lu-
therus,
gar wohl durch das Wort Vorbild
uͤberſetzet hat, iſt alhier ein Muſter, oder eine
ſolche Vorſtellung einer geiſtlichen Sache, wel-
che geſchiehet unter der Figur und dem Bilde
leiblicher Dinge, davon der Levitiſche GOttes-
Dienſt voll war. Und dieſes Wort wird erlaͤu-
tert durch das dazu geſetzte Wort σκιὰ, Schat-
ten.
Der Schatte aber faͤllt vom Coͤrper, al-
ſo daß er eine Aehnlichkeit davon hat und ihn vor-
ſtellet: es geſchehe nun nach der Natur, oder nach
der Kunſt. Nach der Natur machet, oder wirſt

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[336/0338] Erklaͤrung des Briefes Pauli. Cap. 8. v. 1-5. ſchaͤften und Wercken ihrer Haͤnde zu thun: hier aber koͤmmt es auf die innerliche Wirckung und Salbung GOttes des Heiligen Geiſtes an. Und ob es zwar an dieſer auch dort den Glaͤubigen nicht gar gefehlet hat: ſo war doch das innerliche bey dem aͤuſſerlichen nicht in einem ſo groſſen Maſſe und in einer ſolchen Oeconomie. Hier iſt alſo ὀικία ἀχειροποίητος, das Haus, wel- ches nicht mit Haͤnden gemachet iſt 2 Cor. 5, 1. da, was das Reich der Gnaden betrift, περιτομὴ ἀχειϱοποιητος, eine Beſchneidung, die ohne Haͤnde geſchiehet, ſtatt hat. Col. 2, 11. Sonderlich gehoͤret hierher Hebr. 9. v. 11. V. 3. Denn ein ieglicher Hoherprieſter wird eingeſetzet (beſtellet) zu opfern Gaben (von allerhand zu den Speiſe-Opfern verordne- ten Fruͤchten der Erden) und Opfer (θυσίας, Schlacht-Opfer von lebendigen Thieren:) da- her muß auch (muſte vermoͤge des richtigen Gegenbildes) dieſer etwas haben, das er opfere (nemlich ſich ſelbſt c. 5, 7. c. 9, 14. 26. c. 10, 12. 14. Anmerckung. Es heißt zwar 1 Pet. 2, 24. Chriſtus ha- be unſere Suͤnde geopfert an ſeinem Leibe auf dem Holtze: aber da die Suͤnde hat kein Opfer ſeyn koͤnnen, ſondern die Urſache, um wel- cher willen ein Opfer noͤthig geweſen iſt: ſo iſt der Verſtand ſolcher Worte dieſer, daß der Leib Chri- ſti und die gantze menſchliche Natur, darauf er die Suͤnde des menſchlichen Geſchlechts uͤber ſich ge- nommen und ſie mit ans Creutz genommen hat, eigentlich das Opfer geweſen ſey. V. 4. 5. Wenn er nun auf Erden waͤre (und nicht gen Himmel gefahren und ſich zur Rechten GOttes geſetzet haͤtte, uns Kraft ſeines auf Er- den vollbrachten einmaligen Opfers verdienſtlich zu vertreten) ſo waͤre er nicht Prieſter (nem- lich der rechte, als er im Gegenbilde ſeyn muſte, und auch iſt, nemlich der im hundert und zehnden Pſalm verheiſſene, als der zur Rechten GOttes ſitzen ſoll) dieweil da (auf Erden) Prieſter ſind, die nach dem Geſetz die Gaben (καὶ ϑυσίας, und Schlacht-Opfer nach v. 3.) opfern; welche dienen dem Vorbilde und dem Schatten der himmliſchen Guͤter (der hei- ligen Guͤter und der wahrhaftigen Huͤtte v. 2.) wie die goͤttliche Antwort (Anrede) zu Mo- ſe ſprach, da er ſolte die Huͤtte vollenden (ohngefaͤhr im vierten Monate des erſten Jah- res nach dem Ausgange der Kinder Jſrael aus Egypten:) Schaue zu, ſprach er, daß du macheſt (machen laͤſſeſt, durch die, welche dazu ſonderlich von mir begabet ſind) alles nach dem Bilde (nach dem kurtzen Abriß und Mo- del) das dir auf den Berge gezeiget iſt. (2 B. Moſ. 25, 9. 40. c. 26, 30. Anmerckungen. 1. Auf Erden ſeyn ſtehet alhier im Ge- genſatze theils auf das vorhergehende, da von Chriſto geſaget wird, daß er als ein Hoherprieſter zur Rechten GOttes auf dem Thron der Majeſtaͤt ſitze, und ein Pfleger der heiligen oder himmliſchen Dinge in der wahrhaftigen, oder geiſtlichen Huͤtte ſey: theils auf das nachfolgende, oder die bloß Levitiſchen Prieſter, die nur dem Vorbilde und Schattenwercke der himmliſchen Guͤter gedienet haben, da ſie nur auf Erden irdiſche Prieſter waren und blieben. 2. Der Hoheprieſter des alten Teſtaments hatte es nicht allein im Vorhofe bey dem Brand- opfer-Altar, ſondern auch im Heiligen, und ſon- derlich im Allerheiligſten dergeſtalt zu thun, daß, wenn er nicht zur Verſoͤhnung mit dem im Vorhofe vergoſſenen Opfer-Blute waͤre ins Al- lerheiligſte eingegangen, er nicht einmal ein rech- ter Levitiſcher Prieſter haͤtte ſeyn koͤnnen. Und ſolcher geſtalt muſte denn Chriſtus im Gegenbil- de ein ſolcher Hoherprieſter ſeyn, der nach voll- brachtem Opfer auf Erden ſich auf den durch das Allerheiligſte vorgebildeten Thron der Herrlich- keit ſetzte, und von dañen mit ſeiner Hohenprieſter- lichen Fuͤrbitte die Kraft und Frucht ſeines ſchon auf Erden durch ſich ſelbſt vollbrachten Verſoͤhn- opfers zur Mittheilung alles geiſtlichen Segens erwieſe. 3. Es gewinnen demnach die Socinianer mit dieſem Orte nichts, wenn ſie das auf Erden geſchehene wahre Verſoͤhnopfer Chriſti aus dem Grunde der geleugneten Gottheit Chriſti und an- derer Jrrthuͤmer verleugen, und ſich auf dieſen Ort berufen, hingegen aber das Hoheprieſterliche Amt Chriſti in einer ſolchen Fuͤrbitte zur rechten GOttes ſetzen, welche kein wahres Opfer am Creutze zum Grund hat, und alſo nicht im Evan- geliſchen und Apoſtoliſchen Sinne verſtanden wird. Was kan aber deutlicher geſaget ſeyn, als daß Chriſtus fuͤr uns ein Opfer geworden am Chreutze 1 Pet. 2, 24. Jeſ. 53, 4. 10. 11. 12. Siehe Hebr. 9, 11. u. f. c. 10, 10. 12. 4. Mit den Worten: dieweil da Prieſter ſind ‒ ‒ ‒ himmliſchen Guͤter, zeiget der Apo- ſtel den groſſen Unterſcheid an zwiſchen dem Schattenwerck des Levitiſchen Prieſterthums und zwiſchen der Realitaͤt des Meßianiſchen; da es der Meßias mit dem Gegenbilde zu thun habe, und bey demſelben, an ſtatt des Eingangs ins Allerhei- ligſte, in den Himmel der Herrlichkeit eingegangen, (wie vorher angezeiget worden) um daſelbſt das Hoheprieſterliche Amt mit verdienſtlicher Fuͤr- bitte zu vollenden. 5. Das Wort ὑπόδειγμα, welches Lu- therus, gar wohl durch das Wort Vorbild uͤberſetzet hat, iſt alhier ein Muſter, oder eine ſolche Vorſtellung einer geiſtlichen Sache, wel- che geſchiehet unter der Figur und dem Bilde leiblicher Dinge, davon der Levitiſche GOttes- Dienſt voll war. Und dieſes Wort wird erlaͤu- tert durch das dazu geſetzte Wort σκιὰ, Schat- ten. Der Schatte aber faͤllt vom Coͤrper, al- ſo daß er eine Aehnlichkeit davon hat und ihn vor- ſtellet: es geſchehe nun nach der Natur, oder nach der Kunſt. Nach der Natur machet, oder wirſt ein

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/338>, abgerufen am 27.11.2024.