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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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Cap. 3. v. 12. 13. an die Hebräer.
[Spaltenumbruch] und durch den heimlichen Betrug der Sünden
endlich gar entfremdet wird von dem Leben das
aus GOTT ist. Dannenhero es nöthig ist,
täglich, auch wol ausser dem Morgen-Und A-
bend-Gebet eine gewisse Zeit zur Selbstprüfung
an zuwenden: welches bey dem Zeit-Mangel
auch wol in einem vierthel Stündchen gesche-
hen kan. Und da manche Arbeit so beschaffen
ist, daß auch unter derselben eine solche Einkeh-
rung in uns selbst gar wohl statt findet, so hat
man sie so vielweniger zu versäumen. Es kömmt
denn dabey sonderlich an theils auf einen guten
Vorsatz,
sich vorerkannten innerlichen und äus-
serlichen Abweichungen sorgfältig zu hüten, theils
auch auf das Gebet; GOtt um seinen kräftigen
Beystand dazu anzuruffen.

3. Man hat aber fürnemlich auf den
Grund und Zweck seines Hertzens zu sehen, daß
dieses in der Lauterkeit erhalten werde. Wel-
che Lauterkeit unser Heyland das, dem unlau-
tern und in falschen Absichten gleichsam schielen-
den Auge entgegen gesetzte, einfältige Auge
nennet Matth. 6, 22. 23.

4. Da aber die Argheit des Hertzens son-
derlich lieget in dem Unglauben und bey dessen
guten Zustand es fürnemlich auf den Glauben
ankömmt, so hat man sich zuvorderst in diesem
durch die Gnade GOttes zu stärcken, und vor je-
nem zu verwahren.

5. Das geistliche Leben der Seele wird
durch das gläubige Band der Seele mit GOtt
unterhalten. Darum an GOTT und in seiner
Gemeinschaft bleiben, ist im Glauben verhar-
ren, durch den Glauben in GOtt zuversichtiglich
ruhen, und aus GOTT Gnade um Gnade
schöpfen zu einem GOtt geheiligten innerlichen
und äusserlichen Wandel vor GOtt und Men-
schen.

6. Von GOtt abtreten ist in den geist-
lichen Tod verfallen, weil GOTT das Leben ist
ausser uns und in uns. Und heißt er der leben-
dige
in Ansehung seiner Wircksamkeit, in wel-
cher sich bey der Ruhe sein gantzes Wesen mit
allen Eigenschaften befindet, und nach welcher
durch Anzündung des Glaubens, als des geistli-
chen Lichts und Lebens, er auch unser Leben wird
und bleibet.

7. Das formale, oder die eigentliche Be-
schaffenheit der Sünden, darnach man ihre
Grösse und Gefährlichkeit eigentlich beurtheilen
muß, bestehet in dem Abtritt des Hertzens
von GOtt.
Denn nachdem dieser grösser, oder
geringer ist, nachdem ist auch die Sünde grösser,
oder geringer. Und daher kömmts, daß man-
che Vergehung zwar äusserlich sehr ins Auge
fällt, aber doch wol wegen blosser Ubereilung,
oder Verleitung, von solcher Beschaffenheit seyn
kan, daß dabey das Hertz noch im Bande des
Glaubens und der Liebe an GOTT geblieben
ist: (welches man aber zu keiner Entschuldigung
vorsetzlicher Sünden zu mißbrauchen hat:) Da
hingegen mancher innere Abtritt von GOTT
durch diese und jene innerlich herrschende Sün-
[Spaltenumbruch] de, oder bösen Vorsatz geschiehet, davon äusser-
lich wenig, oder nichts ausbricht.

8. GOtt, von dem wir nicht abtreten sol-
len, ist der Dreyeinige GOTT, und nach dem
Contexte in einer besondern Absicht der Sohn
GOttes. Darum es von der dem Abtritt ent-
gegen gesetzten Gemeinschaft mit GOTT v. 14.
heißt: ihr seyd Christi theilhaftig wor-
den.
Und wenn der Apostel alhier Christum
den lebendigen GOtt nennet, so siehet er dabey
wol zurück auf den vorhergedachten Eydschwur,
den er, als der lebendige, bey seinem Leben,
thut, wenn es heißt: So wahr ich lebe u. s. w.
Dagegen auch alle falsche Götzen todt und gar
nichts sind.

V. 13.

Sondern ermahnet euch selbst alle Ta-
ge, so lange es heute heißt
(sintemal ein ieder
itzo noch künftiger und also morgender Tag,
wenn er eintritt, auch der heutige, oder gegen-
wärtige wird,) daß nicht iemand von euch
verstocket werde durch Betrug der Sünde

(da sie sich unter einem guten Schein einschlei-
chet, und die böse Lust einen als eine erlaubte,
oder doch nicht viel auf sich habende, Sache ge-
fangen nimmt.)

Anmerckungen.

1. Nebst der Wahrnehmung seiner selbst
hilft wider den Abtritt von GOTT, oder der
Abweichung des Hertzens von dem lebendigen
GOTT, gar viel die brüderliche Ermah-
nung:
als welche der Apostel alhier dagegen,
als ein gutes Mittel, anpreiset.

2. Die öffentliche Ermahnung, die von
Lehrern geschiehet, ist nöthig und heilsam: aber
dabey soll auch eine Privat-Erinnerung gläubi-
ger Christen unter einander statt finden. Nem-
lich einer hat den andern immer zu ermuntern,
auch nach Beschaffenheit seines Zustandes brü-
derlich zu bestrafen, oder auch wohl aufzurich-
ten und zu trösten. Denn dieses ist die Pflicht
aller Glieder unter einander nach dem Grunde
des geistlichen Priesterthums, nach welchem sie,
als Gesalbte des HErrn, auch gegen einander
fleißig mit GOttes Wort umzugehen haben.
Paulus dringet auch anderwärtig sehr auf die-
se Christen-Pflicht: z. E. Col. 3, 16. Lasset
das Wort Christi reichlich unter euch woh-
nen in aller Weisheit, lehret und vermah-
net euch selbst
u. f. 1 Thess. 5, 14. Wir er-
mahnen euch aber, lieben Brüder, vermah-
net die Uugezogenen, tröstet die Kleinmü-
thigen, traget die Schwachen
u. s. w. Und
in dieser Epistel an die Hebräer c. 10, 24. spricht
er: Lasser uns unter einander unser selbst
wahrnehmen mit Reitzen zur Liebe und
guten Wercken.
Siehe auch Gal. 6, 1. Lie-
ben Brüder, so ein Mensch etwa mit einem
Fehl übereilet würde, so helfet ihm wieder
zu rechte mit sanftmüthigem Geiste, die ihr
geistlich seyd.
u. s. w.

3. Damit die Ermahnung nicht fruchtloß
sey, so ist dabey zweyerley wohl in acht zu neh-

men:
N n

Cap. 3. v. 12. 13. an die Hebraͤer.
[Spaltenumbruch] und durch den heimlichen Betrug der Suͤnden
endlich gar entfremdet wird von dem Leben das
aus GOTT iſt. Dannenhero es noͤthig iſt,
taͤglich, auch wol auſſer dem Morgen-Und A-
bend-Gebet eine gewiſſe Zeit zur Selbſtpruͤfung
an zuwenden: welches bey dem Zeit-Mangel
auch wol in einem vierthel Stuͤndchen geſche-
hen kan. Und da manche Arbeit ſo beſchaffen
iſt, daß auch unter derſelben eine ſolche Einkeh-
rung in uns ſelbſt gar wohl ſtatt findet, ſo hat
man ſie ſo vielweniger zu verſaͤumen. Es koͤmmt
denn dabey ſonderlich an theils auf einen guten
Vorſatz,
ſich vorerkannten innerlichen und aͤuſ-
ſerlichen Abweichungen ſorgfaͤltig zu huͤten, theils
auch auf das Gebet; GOtt um ſeinen kraͤftigen
Beyſtand dazu anzuruffen.

3. Man hat aber fuͤrnemlich auf den
Grund und Zweck ſeines Hertzens zu ſehen, daß
dieſes in der Lauterkeit erhalten werde. Wel-
che Lauterkeit unſer Heyland das, dem unlau-
tern und in falſchen Abſichten gleichſam ſchielen-
den Auge entgegen geſetzte, einfaͤltige Auge
nennet Matth. 6, 22. 23.

4. Da aber die Argheit des Hertzens ſon-
derlich lieget in dem Unglauben und bey deſſen
guten Zuſtand es fuͤrnemlich auf den Glauben
ankoͤmmt, ſo hat man ſich zuvorderſt in dieſem
durch die Gnade GOttes zu ſtaͤrcken, und vor je-
nem zu verwahren.

5. Das geiſtliche Leben der Seele wird
durch das glaͤubige Band der Seele mit GOtt
unterhalten. Darum an GOTT und in ſeiner
Gemeinſchaft bleiben, iſt im Glauben verhar-
ren, durch den Glauben in GOtt zuverſichtiglich
ruhen, und aus GOTT Gnade um Gnade
ſchoͤpfen zu einem GOtt geheiligten innerlichen
und aͤuſſerlichen Wandel vor GOtt und Men-
ſchen.

6. Von GOtt abtreten iſt in den geiſt-
lichen Tod verfallen, weil GOTT das Leben iſt
auſſer uns und in uns. Und heißt er der leben-
dige
in Anſehung ſeiner Wirckſamkeit, in wel-
cher ſich bey der Ruhe ſein gantzes Weſen mit
allen Eigenſchaften befindet, und nach welcher
durch Anzuͤndung des Glaubens, als des geiſtli-
chen Lichts und Lebens, er auch unſer Leben wird
und bleibet.

7. Das formale, oder die eigentliche Be-
ſchaffenheit der Suͤnden, darnach man ihre
Groͤſſe und Gefaͤhrlichkeit eigentlich beurtheilen
muß, beſtehet in dem Abtritt des Hertzens
von GOtt.
Denn nachdem dieſer groͤſſer, oder
geringer iſt, nachdem iſt auch die Suͤnde groͤſſer,
oder geringer. Und daher koͤmmts, daß man-
che Vergehung zwar aͤuſſerlich ſehr ins Auge
faͤllt, aber doch wol wegen bloſſer Ubereilung,
oder Verleitung, von ſolcher Beſchaffenheit ſeyn
kan, daß dabey das Hertz noch im Bande des
Glaubens und der Liebe an GOTT geblieben
iſt: (welches man aber zu keiner Entſchuldigung
vorſetzlicher Suͤnden zu mißbrauchen hat:) Da
hingegen mancher innere Abtritt von GOTT
durch dieſe und jene innerlich herrſchende Suͤn-
[Spaltenumbruch] de, oder boͤſen Vorſatz geſchiehet, davon aͤuſſer-
lich wenig, oder nichts ausbricht.

8. GOtt, von dem wir nicht abtreten ſol-
len, iſt der Dreyeinige GOTT, und nach dem
Contexte in einer beſondern Abſicht der Sohn
GOttes. Darum es von der dem Abtritt ent-
gegen geſetzten Gemeinſchaft mit GOTT v. 14.
heißt: ihr ſeyd Chriſti theilhaftig wor-
den.
Und wenn der Apoſtel alhier Chriſtum
den lebendigen GOtt nennet, ſo ſiehet er dabey
wol zuruͤck auf den vorhergedachten Eydſchwur,
den er, als der lebendige, bey ſeinem Leben,
thut, wenn es heißt: So wahr ich lebe u. ſ. w.
Dagegen auch alle falſche Goͤtzen todt und gar
nichts ſind.

V. 13.

Sondern ermahnet euch ſelbſt alle Ta-
ge, ſo lange es heute heißt
(ſintemal ein ieder
itzo noch kuͤnftiger und alſo morgender Tag,
wenn er eintritt, auch der heutige, oder gegen-
waͤrtige wird,) daß nicht iemand von euch
verſtocket werde durch Betrug der Suͤnde

(da ſie ſich unter einem guten Schein einſchlei-
chet, und die boͤſe Luſt einen als eine erlaubte,
oder doch nicht viel auf ſich habende, Sache ge-
fangen nimmt.)

Anmerckungen.

1. Nebſt der Wahrnehmung ſeiner ſelbſt
hilft wider den Abtritt von GOTT, oder der
Abweichung des Hertzens von dem lebendigen
GOTT, gar viel die bruͤderliche Ermah-
nung:
als welche der Apoſtel alhier dagegen,
als ein gutes Mittel, anpreiſet.

2. Die oͤffentliche Ermahnung, die von
Lehrern geſchiehet, iſt noͤthig und heilſam: aber
dabey ſoll auch eine Privat-Erinnerung glaͤubi-
ger Chriſten unter einander ſtatt finden. Nem-
lich einer hat den andern immer zu ermuntern,
auch nach Beſchaffenheit ſeines Zuſtandes bruͤ-
derlich zu beſtrafen, oder auch wohl aufzurich-
ten und zu troͤſten. Denn dieſes iſt die Pflicht
aller Glieder unter einander nach dem Grunde
des geiſtlichen Prieſterthums, nach welchem ſie,
als Geſalbte des HErrn, auch gegen einander
fleißig mit GOttes Wort umzugehen haben.
Paulus dringet auch anderwaͤrtig ſehr auf die-
ſe Chriſten-Pflicht: z. E. Col. 3, 16. Laſſet
das Wort Chriſti reichlich unter euch woh-
nen in aller Weisheit, lehret und vermah-
net euch ſelbſt
u. f. 1 Theſſ. 5, 14. Wir er-
mahnen euch aber, lieben Bruͤder, vermah-
net die Uugezogenen, troͤſtet die Kleinmuͤ-
thigen, traget die Schwachen
u. ſ. w. Und
in dieſer Epiſtel an die Hebraͤer c. 10, 24. ſpricht
er: Laſſer uns unter einander unſer ſelbſt
wahrnehmen mit Reitzen zur Liebe und
guten Wercken.
Siehe auch Gal. 6, 1. Lie-
ben Bruͤder, ſo ein Menſch etwa mit einem
Fehl uͤbereilet wuͤrde, ſo helfet ihm wieder
zu rechte mit ſanftmuͤthigem Geiſte, die ihr
geiſtlich ſeyd.
u. ſ. w.

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men:
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[281/0283] Cap. 3. v. 12. 13. an die Hebraͤer. und durch den heimlichen Betrug der Suͤnden endlich gar entfremdet wird von dem Leben das aus GOTT iſt. Dannenhero es noͤthig iſt, taͤglich, auch wol auſſer dem Morgen-Und A- bend-Gebet eine gewiſſe Zeit zur Selbſtpruͤfung an zuwenden: welches bey dem Zeit-Mangel auch wol in einem vierthel Stuͤndchen geſche- hen kan. Und da manche Arbeit ſo beſchaffen iſt, daß auch unter derſelben eine ſolche Einkeh- rung in uns ſelbſt gar wohl ſtatt findet, ſo hat man ſie ſo vielweniger zu verſaͤumen. Es koͤmmt denn dabey ſonderlich an theils auf einen guten Vorſatz, ſich vorerkannten innerlichen und aͤuſ- ſerlichen Abweichungen ſorgfaͤltig zu huͤten, theils auch auf das Gebet; GOtt um ſeinen kraͤftigen Beyſtand dazu anzuruffen. 3. Man hat aber fuͤrnemlich auf den Grund und Zweck ſeines Hertzens zu ſehen, daß dieſes in der Lauterkeit erhalten werde. Wel- che Lauterkeit unſer Heyland das, dem unlau- tern und in falſchen Abſichten gleichſam ſchielen- den Auge entgegen geſetzte, einfaͤltige Auge nennet Matth. 6, 22. 23. 4. Da aber die Argheit des Hertzens ſon- derlich lieget in dem Unglauben und bey deſſen guten Zuſtand es fuͤrnemlich auf den Glauben ankoͤmmt, ſo hat man ſich zuvorderſt in dieſem durch die Gnade GOttes zu ſtaͤrcken, und vor je- nem zu verwahren. 5. Das geiſtliche Leben der Seele wird durch das glaͤubige Band der Seele mit GOtt unterhalten. Darum an GOTT und in ſeiner Gemeinſchaft bleiben, iſt im Glauben verhar- ren, durch den Glauben in GOtt zuverſichtiglich ruhen, und aus GOTT Gnade um Gnade ſchoͤpfen zu einem GOtt geheiligten innerlichen und aͤuſſerlichen Wandel vor GOtt und Men- ſchen. 6. Von GOtt abtreten iſt in den geiſt- lichen Tod verfallen, weil GOTT das Leben iſt auſſer uns und in uns. Und heißt er der leben- dige in Anſehung ſeiner Wirckſamkeit, in wel- cher ſich bey der Ruhe ſein gantzes Weſen mit allen Eigenſchaften befindet, und nach welcher durch Anzuͤndung des Glaubens, als des geiſtli- chen Lichts und Lebens, er auch unſer Leben wird und bleibet. 7. Das formale, oder die eigentliche Be- ſchaffenheit der Suͤnden, darnach man ihre Groͤſſe und Gefaͤhrlichkeit eigentlich beurtheilen muß, beſtehet in dem Abtritt des Hertzens von GOtt. Denn nachdem dieſer groͤſſer, oder geringer iſt, nachdem iſt auch die Suͤnde groͤſſer, oder geringer. Und daher koͤmmts, daß man- che Vergehung zwar aͤuſſerlich ſehr ins Auge faͤllt, aber doch wol wegen bloſſer Ubereilung, oder Verleitung, von ſolcher Beſchaffenheit ſeyn kan, daß dabey das Hertz noch im Bande des Glaubens und der Liebe an GOTT geblieben iſt: (welches man aber zu keiner Entſchuldigung vorſetzlicher Suͤnden zu mißbrauchen hat:) Da hingegen mancher innere Abtritt von GOTT durch dieſe und jene innerlich herrſchende Suͤn- de, oder boͤſen Vorſatz geſchiehet, davon aͤuſſer- lich wenig, oder nichts ausbricht. 8. GOtt, von dem wir nicht abtreten ſol- len, iſt der Dreyeinige GOTT, und nach dem Contexte in einer beſondern Abſicht der Sohn GOttes. Darum es von der dem Abtritt ent- gegen geſetzten Gemeinſchaft mit GOTT v. 14. heißt: ihr ſeyd Chriſti theilhaftig wor- den. Und wenn der Apoſtel alhier Chriſtum den lebendigen GOtt nennet, ſo ſiehet er dabey wol zuruͤck auf den vorhergedachten Eydſchwur, den er, als der lebendige, bey ſeinem Leben, thut, wenn es heißt: So wahr ich lebe u. ſ. w. Dagegen auch alle falſche Goͤtzen todt und gar nichts ſind. V. 13. Sondern ermahnet euch ſelbſt alle Ta- ge, ſo lange es heute heißt (ſintemal ein ieder itzo noch kuͤnftiger und alſo morgender Tag, wenn er eintritt, auch der heutige, oder gegen- waͤrtige wird,) daß nicht iemand von euch verſtocket werde durch Betrug der Suͤnde (da ſie ſich unter einem guten Schein einſchlei- chet, und die boͤſe Luſt einen als eine erlaubte, oder doch nicht viel auf ſich habende, Sache ge- fangen nimmt.) Anmerckungen. 1. Nebſt der Wahrnehmung ſeiner ſelbſt hilft wider den Abtritt von GOTT, oder der Abweichung des Hertzens von dem lebendigen GOTT, gar viel die bruͤderliche Ermah- nung: als welche der Apoſtel alhier dagegen, als ein gutes Mittel, anpreiſet. 2. Die oͤffentliche Ermahnung, die von Lehrern geſchiehet, iſt noͤthig und heilſam: aber dabey ſoll auch eine Privat-Erinnerung glaͤubi- ger Chriſten unter einander ſtatt finden. Nem- lich einer hat den andern immer zu ermuntern, auch nach Beſchaffenheit ſeines Zuſtandes bruͤ- derlich zu beſtrafen, oder auch wohl aufzurich- ten und zu troͤſten. Denn dieſes iſt die Pflicht aller Glieder unter einander nach dem Grunde des geiſtlichen Prieſterthums, nach welchem ſie, als Geſalbte des HErrn, auch gegen einander fleißig mit GOttes Wort umzugehen haben. Paulus dringet auch anderwaͤrtig ſehr auf die- ſe Chriſten-Pflicht: z. E. Col. 3, 16. Laſſet das Wort Chriſti reichlich unter euch woh- nen in aller Weisheit, lehret und vermah- net euch ſelbſt u. f. 1 Theſſ. 5, 14. Wir er- mahnen euch aber, lieben Bruͤder, vermah- net die Uugezogenen, troͤſtet die Kleinmuͤ- thigen, traget die Schwachen u. ſ. w. Und in dieſer Epiſtel an die Hebraͤer c. 10, 24. ſpricht er: Laſſer uns unter einander unſer ſelbſt wahrnehmen mit Reitzen zur Liebe und guten Wercken. Siehe auch Gal. 6, 1. Lie- ben Bruͤder, ſo ein Menſch etwa mit einem Fehl uͤbereilet wuͤrde, ſo helfet ihm wieder zu rechte mit ſanftmuͤthigem Geiſte, die ihr geiſtlich ſeyd. u. ſ. w. 3. Damit die Ermahnung nicht fruchtloß ſey, ſo iſt dabey zweyerley wohl in acht zu neh- men: N n

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/283>, abgerufen am 27.11.2024.