Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Erklärung des Briefes Pauli C. 2. v. 17. 18. [Spaltenumbruch]
mit ihnen hatte, so muste er ihnen auch gleichwerden kata panta, in allen Stücken, die zur menschlichen Natur gehören, dazu sonderlich zu rechnen sind diejenigen Eigenschaften, nach wel- chen Christus konnte auf mancherley Art versu- chet und verfolget, und endlich gar dem Tode übergeben werden. Daß die Sünde davon ausgenommen, weiß man aus der Eigenschaft seiner Person: und solches bezeuget Pauius aus- drücklich c. 4, 15. Siehe Phil. 2, 7. 3. Und diese Gleichheit der Brüder ge- 4. Es ging zwar das gantze Levitische Prie- 5. Die Treue des Hohenpriesters hat sich 6. Ta pros ton theon, heißt: Was antrift 7. Diese Versöhnung bestunde nun dar- 8. Eigentlich gehet die Versöhnung auf 9. Das Wort des Volckes wird alhier V. 18. Denn darinnen er (autos er selbst) ge- Anmerckungen. 1. Der Apostel erläutert mit diesen Wor- 2. Die Leiden Christi sind mancherley 3. Nun aber waren die Leiden Christi 4. Und da es ein solches helfen ist, wel- Ver-
Erklaͤrung des Briefes Pauli C. 2. v. 17. 18. [Spaltenumbruch]
mit ihnen hatte, ſo muſte er ihnen auch gleichwerden κατὰ πάντα, in allen Stuͤcken, die zur menſchlichen Natur gehoͤren, dazu ſonderlich zu rechnen ſind diejenigen Eigenſchaften, nach wel- chen Chriſtus konnte auf mancherley Art verſu- chet und verfolget, und endlich gar dem Tode uͤbergeben werden. Daß die Suͤnde davon ausgenommen, weiß man aus der Eigenſchaft ſeiner Perſon: und ſolches bezeuget Pauius aus- druͤcklich c. 4, 15. Siehe Phil. 2, 7. 3. Und dieſe Gleichheit der Bruͤder ge- 4. Es ging zwar das gantze Levitiſche Prie- 5. Die Treue des Hohenprieſters hat ſich 6. Τὰ πρὸς τὸν θεὸν, heißt: Was antrift 7. Dieſe Verſoͤhnung beſtunde nun dar- 8. Eigentlich gehet die Verſoͤhnung auf 9. Das Wort des Volckes wird alhier V. 18. Denn darinnen er (αυτὸς er ſelbſt) ge- Anmerckungen. 1. Der Apoſtel erlaͤutert mit dieſen Wor- 2. Die Leiden Chriſti ſind mancherley 3. Nun aber waren die Leiden Chriſti 4. Und da es ein ſolches helfen iſt, wel- Ver-
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Erklaͤrung des Briefes Pauli C. 2. v. 17. 18.
mit ihnen hatte, ſo muſte er ihnen auch gleich
werden κατὰ πάντα, in allen Stuͤcken, die zur
menſchlichen Natur gehoͤren, dazu ſonderlich zu
rechnen ſind diejenigen Eigenſchaften, nach wel-
chen Chriſtus konnte auf mancherley Art verſu-
chet und verfolget, und endlich gar dem Tode
uͤbergeben werden. Daß die Suͤnde davon
ausgenommen, weiß man aus der Eigenſchaft
ſeiner Perſon: und ſolches bezeuget Pauius aus-
druͤcklich c. 4, 15. Siehe Phil. 2, 7.
3. Und dieſe Gleichheit der Bruͤder ge-
hoͤrete zu der Ordnung, in welcher er ſich konnte
gegen ſie recht mitleidig und barmhertzig erwei-
ſen. Zwar konnte er als wahrer GOTT ge-
nugſam wiſſen, wie elend es um das menſchliche
Geſchlecht ſtehe; er konnte auch ſeine barmher-
tzigkeit gegen daſſelbe fuͤhlen und ſehen laſſen:
allein ohne die wirckliche Menſchwerdung, da-
durch er ſelbſt in den Orden der Menſchen ge-
treten, konte er ſolche nicht ſo nachdruͤcklich be-
zeugen, und die Menſchen haͤtten ſich ohne die-
ſelbe die Erbarmung Chriſti nicht ſo beweglich
vorſtellen koͤnnen. Darum hier Paulus c. 4, 15.
mit Recht alſo ſchreibet: Wir haben nicht
einen Hohenprieſter, der nicht koͤnnte Mit-
leiden haben mit unſerer Schwachheit, ſon-
dern der verſuchet iſt allenthalben, gleich-
wie wir, doch ohne Suͤnde.
4. Es ging zwar das gantze Levitiſche Prie-
ſterthum auf Chriſtum; wie denn ein jeglicher
Prieſter ein Vorbild auf Chriſtum war, fuͤr-
nemlich aber war es der Hoheprieſter, ſonder-
lich mit ſeinen Verrichtungen am jaͤhrlichen ho-
hen Verſoͤhnungs-Feſte, nach 3 B. Moſ. 17. als
da er unter andern mit dem Opfer-Blute ins Al-
lerheiligſte einging, und mit deſſen Sprengung
das Volck verſoͤhnete.
5. Die Treue des Hohenprieſters hat ſich
darinnen erwieſen, daß er ſich, vermoͤge der von
ihme geſchehenen Buͤrgſchaft und der von der
Erloͤſung gegebenen Verheiſſung, zur beſtimm-
ten Zeit dazu eingeſtellet, Menſch worden und
das Werck der Wiederbringung nicht allein an-
gefangen und fortgeſetzet, ſondern auch zum voͤl-
ligen Siege vollendet hat. Und dieſe Treue be-
weiſet unſer Heyland noch bis auf dieſen Tag
gegen alle ſeine glaͤubigen Glieder, alſo daß, da
er ihnen ſein Verſoͤhnopfer durch die kraͤftige
Wirckung des Heiligen Geiſtes appliciret, ſie
ſich ſicherlich auf ihn verlaſſen koͤnnen.
6. Τὰ πρὸς τὸν θεὸν, heißt: Was antrift
ſolche Sachen, welche fuͤr das menſchliche
Geſchlecht bey GOtt zu verrichten und ab-
zuthun waren: Welche da ſonderlich in der
durch die Suͤnde geſchehenen Trennung von
GOTT und in der damit verknuͤpften Feind-
ſchaft wider GOTT beſtunden. Daher denn
eine Verſoͤhnung noͤthig war: welcher der Apo-
ſtel darauf ausdruͤcklich gedencket.
7. Dieſe Verſoͤhnung beſtunde nun dar-
inn, daß Chriſtus, als der Hoheprieſter, ſich ſelbſt
zum Opfer dargeſtellet, die Suͤnde des gantzen
menſchlichen Geſchlechts der Schuld und Strafe
nach auf ſich genommen, und wie durch ſeinen
vollkommenen Gehorſam unſere Schuldigkeit,
debita noſtra, alſo auch durch ſein Leiden und
Sterben unſere Schuld, culpam, und Strafe
in ſeiner eigenen Perſon abgetragen, und damit
im Goͤttlichen Gerichte der unwandelbaren
Straf-Gerechtigkeit GOttes ein Genuͤgen ge-
than, und ſolchergeſtalt das Geſetz erfuͤllet,
GOtt verſoͤhnet und GOttes Gnade erworben
hat, und uns ſeine Gerechtigkeit, um damit vor
GOtt zu beſtehen, geſchencket. Welches denn
heißt, daß er uns erloͤſet hat.
8. Eigentlich gehet die Verſoͤhnung auf
GOtt. Wenn es alhier heißt, daß er die
Suͤnden verſoͤhnet habe, ſo wird damit ange-
zeiget, daß der Suͤnde wegen eine Verſoͤhnung
bey GOTT noͤthig geweſen, und daß ſie durch
die Verſoͤhnung, der Schuld und Strafe nach,
abgethan ſey. Daher denn, der glaͤubigen Zu-
eignung nach, die Rechtfertigung, oder Gerecht-
machung entſtehet.
9. Das Wort des Volckes wird alhier
deswegen gebrauchet, weil es der Hoheprieſter
des alten Teſtaments eigentlich mit ſeinem, oder
dem Judiſchen Volcke, im Vorbilde zu thun hat-
te. Nun war zwar jenes Volck, das Volck
Meßiaͤ: aber nach dem neuen Bunde iſt ſein
Volck, das gantze menſchliche Geſchlecht: als
fuͤr welches er den Tod geſchmecket hat. v. 9.
V. 18.
Denn darinnen er (αυτὸς er ſelbſt) ge-
litten hat und verſuchet iſt, kan er helfen
denen, die verſuchet werden (ſeinen Bruͤdern,
welchen er in den Leiden und Verſuchungen
gleich worden iſt.)
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel erlaͤutert mit dieſen Wor-
ten das, was er vorher von Chriſto, als dem
barmhertzigen und treuen Hohenprieſter geſaget
hatte.
2. Die Leiden Chriſti ſind mancherley
geweſen, nemlich innerliche von GOtt, ſon-
derlich in der Verlaſſung, da er den ewigen
Tod geſchmecket hat v. 9. und aͤuſſerliche vom
Satan und von der Welt. Und dieſe ſind auf
ihn geſtoſſen durch Veꝛſuchungen, da die An-
faͤlle bald innerlich, doch ohne Suͤnde, bald
aͤuſſerlich geſchehen ſind, und, da er ſolche uͤber
ſich willig ergehen laſſen, das wuͤrckliche Leiden
verurſachet haben.
3. Nun aber waren die Leiden Chriſti
nicht allein wuͤꝛcklich, ſondern auch verdienſt-
lich, und geſchahen um unſert willen. Dar-
um kommen ſie uns zu ſtatten, zuvorderſt alſo,
daß ſie uns zur Gerechtigkeit zugerechnet wer-
den; und denn auch alſo, daß unſer Hoherprie-
ſter uns in unſern Verſuchungen, ſie moͤgen nun
ſeyn innerlich, oder aͤuſſerlich, mit ſeinem Unter-
richt und mit ſeiner Staͤrckung zu Huͤlfe koͤmmt.
Welches der Apoſtel helfen nennet.
4. Und da es ein ſolches helfen iſt, wel-
ches mit dem Worte βοηθέω ausgedrucket wird,
ſo wird damit angezeiget, daß wir in unſern
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