Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.Cap. 2. v. 11. an die Hebräer. [Spaltenumbruch]
haben wir alhier den Verstand des Worts agia-zein aus dem Levitischen GOttes Dienst zu erklä- ren. Denn da heißt es so viel als Versöhnen und von der sündlichen Unreinigkeit reinigen. Man sehe hievon unter andern sonderlich die Oer- ter 2 B. Mos. 29, 1. 21. 33. 36. 37. 44. Da die Griechischen Interpretes von der versöhnenden Reinigung und Einweihung das Wort agiazein gebrauchen. 3. Hiebey conferire man Hebr. 9, 13. da 4. Diesen Verstand bekräftiget Paulus 5. Und da die zur Versöhnung gewidmete 6. Es wird doch aber das Wort a'giazein, 7. Hieraus kan man nun leichtlich erken- 8. Wenn nun von dem, der heiliget, und de- 9. Er schämet sich nicht, die erlöseten Men- 10. Wir L l 2
Cap. 2. v. 11. an die Hebraͤer. [Spaltenumbruch]
haben wir alhier den Verſtand des Worts ἁγιά-ζειν aus dem Levitiſchen GOttes Dienſt zu erklaͤ- ren. Denn da heißt es ſo viel als Verſoͤhnen und von der ſuͤndlichen Unreinigkeit reinigen. Man ſehe hievon unter andern ſonderlich die Oer- ter 2 B. Moſ. 29, 1. 21. 33. 36. 37. 44. Da die Griechiſchen Interpretes von der verſoͤhnenden Reinigung und Einweihung das Wort ἁγιάζειν gebrauchen. 3. Hiebey conferire man Hebr. 9, 13. da 4. Dieſen Verſtand bekraͤftiget Paulus 5. Und da die zur Verſoͤhnung gewidmete 6. Es wird doch aber das Wort α᾽γιάζειν, 7. Hieraus kan man nun leichtlich erken- 8. Wenn nun von dem, der heiliget, und de- 9. Er ſchaͤmet ſich nicht, die erloͤſeten Men- 10. Wir L l 2
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Cap. 2. v. 11. an die Hebraͤer.
haben wir alhier den Verſtand des Worts ἁγιά-
ζειν aus dem Levitiſchen GOttes Dienſt zu erklaͤ-
ren. Denn da heißt es ſo viel als Verſoͤhnen
und von der ſuͤndlichen Unreinigkeit reinigen.
Man ſehe hievon unter andern ſonderlich die Oer-
ter 2 B. Moſ. 29, 1. 21. 33. 36. 37. 44. Da die
Griechiſchen Interpretes von der verſoͤhnenden
Reinigung und Einweihung das Wort ἁγιάζειν
gebrauchen.
3. Hiebey conferire man Hebr. 9, 13. da
es heißt: So der Ochſen und der Boͤcke
Blut, und die Aſche von der Kuh geſpren-
get, ἀγιάζει heiliget die Unreinen zur leib-
lichen Reinigkeit: wie vielmehr wird das
Blut Chriſti, der ſich ſelbſt ohne allen
Wandel durch den ewigen Geiſt GOTT
geopfert hat, unſere Gewiſſen reinigen von
den todten Wercken, zu dienen dem leben-
digen GOtt. Da wir ſehen, daß das heiligen
und reinigen, im Evangeliſchen Gegenbilde auf
die Levitiſchen Vorbilder, ſo viel iſt, als verſoͤh-
nen, und daß es auf die unmittelbar v. 12. vorher
ausdruͤcklich gedachte Erloͤſung Chriſti gehet.
4. Dieſen Verſtand bekraͤftiget Paulus
auch damit, wenn er Hebr. 10. ſpricht: wir ſind
einmal ἡγιασμένοι, geheiliget (verſoͤhnet)
durch das Opfer des Leibes Chriſti. Jm-
gleichen v. 14. Mit einem Opfer hat er in
Ewigkeit vollendet του`ς ἁγιαζομένους, die
geheiliget werden (die der Verſoͤhnung theil-
haftig werden.) Ferner v 19. Das Blut Chri-
ſti unrein achten, durch welches man ge-
heiliget (verſoͤhnet) iſt. Und was kan klaͤrer
ſeyn, als was Paulus c. 13, 12. bezeuget, da er
ſpricht: Jeſus, auf daß er heiligte (verſoͤhn-
te) das Volck durch ſein eigen Blut, hat
er gelitten auſſen vor dem Thor. Man ſehe
auch Eph. 5, 26. Chriſtus hat geliebet die
Gemeine und ſich ſelbſt fuͤr ſie gegeben,
aufdaß er ſie heiligte.
5. Und da die zur Verſoͤhnung gewidmete
Peꝛſonen und Sachen dazu ſondeꝛlich muſten ver-
ordnet werden, ſo wird das ἁγιάζειν, wie das
Hebr. שידקה שדק auch von ſolcher Verord-
nung und Conſecration gebrauchet. Man ſehe
2 B. Moſ. 1, 2. 3. c. 29. 1. 21. 33. 36. 37. 44. Jn wel-
chem Verſtande es von dem Sohne GOttes Joh.
10, 36. heißt: Den der Vater geheiliget (zum
Verſoͤhnopfer beſtim̃et) und (dazu) in die Welt
geſandt hat. Und unſer Heyland ſpricht von ſich
ſelbſt Joh. 17, 19. Jch heilige mich ſelbſt fuͤr
ſie, aufdaß auch ſie geheiliget ſeyn in der
Wahrheit.
6. Es wird doch aber das Wort α᾽γιάζειν,
auch oft von der wuͤrcklichen Erneuerung ge-
brauchet: z. E. Roͤm. 6, 19. 22. 1 Theſſ. 4, 3. 4.
Hebr. 12, 14. Offenb. 22, 11. u. ſ. w. Uberhaupt fin-
det man das Wort ἀγιάζων, der da heiliget,
von GOtt Ezech. 20, 12. c. 37, 28. nach dem He-
braͤiſchen _ .
7. Hieraus kan man nun leichtlich erken-
nen, welche da ſind ὁι ἁγιαζόμενοι, die da gehei-
liget, oder verſoͤhnet werden, nemlich alle
Menſchen: als welche, da Chriſtus zur Ver-
ſoͤhnung fuͤr ſie alle den Tod geſchmecket hat, nach
v. 9. dergeſtalt erloͤſet ſind, daß ihnen die Gnade
der Verſoͤhnung von GOttes wegen kan und ſoll
zugeeignet werden. Welches denn geſchiehet in
der Rechtfertigung. Da man alſo geheiliget
wird in der Wahrheit, nach Joh. 17, 29. Daß
man durch das Wort geheiliget, oder bekehret
wird v. 17. und der Heiligung nachjaget Hebr.
12, 14. Von welcher Application der Verſoͤh-
nung zur Rechtfertigung in der Ordnung der
wahren Bekehrung Paulus die Corinthier nen-
net ἡγιασμένους ἐν Χριϛῷ, die geheiligten in
Chriſto 1 Cor. 1, 2. Siehe anch c. 6, 11. Jhr
ſeyd abgewaſchen, ihr ſeyd geheiliget, ihr
ſeyd gerecht worden durch den Namen
unſers HErrn JEſu und durch den Geiſt
unſers GOttes.
8. Wenn nun von dem, der heiliget, und de-
nen, die geheiliget werden, geſaget wird, daß ſie
ſind ἐξ ἑνὸς πάντες, alle von einem: ſo koͤnte
man zwar durch den einen GOtt vorſtehen: al-
lein weil der Sohn GOttes nur eigentlich die
goͤttliche Natur, davon doch aber alhier die Rede
nicht iſt, ſondern von der menſchlichen, vom Vater
hat, und ſolchesvon den glaͤubigen nicht auch kan
geſaget werden; hingegen aber ſie mit Chriſto in
gleichem Verſtande, obwol mit einem groſſen Un-
terſchiede, von Adam herſtammen; ſo nimmt
man das Wort alhier billig an von Adam: wie
denn im gantzen Context auf die auf die Erloͤſung
gerichtete Menſchwerdung, nach welcher der
Sohn GOttes allen Adams Kindern, doch auſſer
der Suͤnde, gleich worden iſt, v. 14. geſehen
wird. Und auf dieſe Art ſchicket es ſich gar wohl
zu dieſen Worten, wenn dazu geſetzet wird: Da-
rum ſchaͤmet er ſich nicht, ſie Bruͤder zu
heiſſen: weil er nemlich in den von dem zu erſt
erſchaffenen einigen Adam herſtammenden Orden
der Menſchen, durch die Menſchwerdung, getre-
ten iſt.
9. Er ſchaͤmet ſich nicht, die erloͤſeten Men-
ſchen Bruͤder zu heiſſen, ob er gleich nicht allein
von einer gantz unſuͤndlichen menſchlichen, ſon-
dern auch von einer goͤttlichen Natur iſt, und vor
ihnen einen unendlichen Vorzug hat. Nach ſol-
cher ſich herunter laſſenden groſſen Liebe gegen
die Menſchen heißt er der Goel, ein ſolcher Er-
loͤſer, welcher unſer naͤchſter Bluts-Freund iſt
nach 3 B. Moſ. 25, 25. 26. Ruth. 2, 20. c. 3, 9. 12.
c. 4, 1. 3. 4. 1 B. Moſ. 48, 6. Job. 19, 25. u. ſ. w.
Der durch den Joſeph, welcher ſich im Stande
ſeiner Erhoͤhung ſeiner unwuͤrdigen und armen
Bruͤder nicht ſchaͤmete, vorgebildet iſt. Der
Matth. 12, 50. ſprach: Wer den Willen thut
meines Vaters im Himmel, der iſt mein
Bruder. Und Joh. 20, 17. Gehet hin zu
meinen Bruͤdern und ſaget ihnen: ich fah-
re auf zu meinem Vater und zu eurem Va-
ter, zu meinem GOtt und zu eurem GOtt.
Und in Anſehung des durch ihn vollbrachten
Wercks der Erloͤſung, ſchaͤmet ſich GOtt nicht
zu heiſſen ein GOtt Abrahams, Jſaacs und
Jacobs Hebr. 11, 16.
10. Wir
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