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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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C. 2. v. 2-5. an die Hebräer.
[Spaltenumbruch]

5. So oft wir im neuen Testamente, son-
derlich in den Apostolischen Briefen von Christo
das Wort kurios, HErr, lesen, wie wir es denn
etliche hundert mal darinn haben, so oft finden
wir ein Zeugniß von seiner ewigen Gottheit,
sintemal diß Wort so viel ist, als das Hebräische
Jehovah, welches keiner Creatur, sondern al-
lein GOtt zukömmt, und durch das gantze alte
Testament sonderlich dem Sohne GOttes zuge-
eignet wird.

6. Aus den Worten: es ist auf uns kom-
men, durch die so es gehöret haben,
kan
man keines weges schliessen, daß nicht Paulus
selbst, sondern nur ein Apostolischer Jünger die-
sen Brief geschrieben habe. Denn mit dem
Worte uns siehet Paulus sonderlich auf die guten
theils zu Christo bekehrte Judische Nation, wel-
che ausser dem Judischen Lande in Orient zerstreu-
et war, und also Christum nicht selbst gehöret und
gesehen, sondern die Predigt des Evangelii von
den Aposteln empfangen hatte. Und da konte
sich Paulus so viel füglicher mit einschliessen, so
viel bekannter es war, daß, ob er wol von Christo
selbst aus dem Himmel unmittelbar war berufen
worden Ap. Ges. 9. Gal. 1, 1. er doch auch selbst
in der Schule und Disciplin Christi, als sein
Jünger mit den übrigen Aposteln, nicht gewesen
war, und er daher in dem, was er von Christo
selbst gelernet hatte, von den Aposteln bestärcket
wurde: wie denn auch der Apostolische Jünger
Ananias zu Damaseus ihn von den Wegen
GOttes nach dem Evangelio unterrichten und
taufen muste Ap. Ges. 9, 10. u. s. w.

V. 4.

Und GOtt hat ihr (der Predigt des
Evangelii von unserer Seligkeit in Christo)
Zeugniß (von ihrer göttlichen Wahrheit und
Vortreflichkeit) gegeben mit Zeichen, Wun-
dern und mancherley Kräften, und mit
Austheilung des Heiligen Geistes nach sei-
nem Willen.

Anmerckungen.

1. Das Evangelium ist zwar eine solche
Lehre, von dero göttlichen Wahrheit man auch
schon an sich selbst aus derselben so vielen Kenn-
zeichen und göttlichen Eigenschaften auch ohne
Wunder überzeuget seyn kan: GOtt aber hat
doch die Wunder-Kräfte dabey noch zum Uber-
fluß hinzugethan um der Menschen Schwachheit
willen, theils um die gehörige Aufmercksamkeit
dazu zu erwecken, theils um den durch die kräftige
Gnade bereits angezündeten Glauben zu stär-
cken.

2. Die Worte Zeichen, Wunder und
Kräfte sind ihrer Bedeutung nach folgender ge-
stalt unterschieden. Was GOtt an ausseror-
dentlichen Wirckungen gethan hat, das heissen
Zeichen, weil sie auf eine sichtbare und sinnliche
Art dasjenige, was unsichtbar und geistlich war,
bezeichnet und zu betrachten dargestellet haben,
nemlich die Gegenwart GOttes, die Wahrheit
und Kraft des Evangelii, wie diese darauf gehe,
[Spaltenumbruch] daß die geistlich Todte, Krancke, Blinde, Lame,
Aussätzige u. s. w. solten erwecket, gesund, sehend,
gehend und rein gemachet werden. Terata, Pro-
digia,
Wunder-Dinge heissen sie von der gros-
sen Verwunderung, welche sie ihrer Grösse und
Ungewöhnlichkeit wegen dergestalt erwecken, daß
man sie mit Erstaunen ansiehet und betrachtet.
Kräfte aber werden sie genennet von der ausser-
ordentlichen Kraft GOttes, welche sich darinn
hervorthut. Man sehe dergleichen Apost. Ges.
2, 22. 43. c. 4, 30.

3. Und weil diese Kräfte GOttes sich in un-
terschiedlichen ausserordentlichen Gaben des Hei-
ligen Geistes hervor thaten, so heissen sie meri-
smoi Austheilungen des Heiligen Geistes.

4. Der Unterscheid des Gesetzes und Evan-
gelii wurde auch durch den Unterscheid der Wun-
der-Zeichen angezeiget: nemlich bey dem Gesetze
funde sich ein ausserordentliches und heftiges
Donnern und Blitzen zum heiligen Schrecken:
bey dem Evangelio, über die vielfache liebliche
Gabe der so erfreulichen Gesundmachung,

auch Erweckung von den Todten.

5. Was alhier von GOtt stehet, daß er
dem Evangelio durch Wunder-Wercke das
Zeugniß von seiner göttlichen Art und Kraft ge-
geben, das wird 1 Cor. 12, 4. u. f. dem Heiligen
Geiste zugeschrieben, da es von allen Wunder-
Kräften v. 11. heißt: Diß alles wircket dersel-
bige einige Geist, und theilet einem iegli-
chen seines zu, nachdem er will.
Daraus
man denn die wahre Gottheit des Heiligen Gei-
stes, auch das erkennet, daß er eine besondere gött-
liche Person sey.

6. Das Wort sunepimarturou~ntos könte
gegeben werden, gab Zeugniß daneben. Denn
es wird damit angezeiget, daß Christus selbst und
seine Apostel lebendige Zeugen vom Evangelio
gewesen sind, und GOtt über ihr Zeugniß noch
das in Wunder-Wercken hinzugethan habe.

7. Und wenn dazu gesetzet wird nach sei-
nem Willen,
so wird damit angezeiget, daß
GOtt die Wunder-Kräfte in seiner freyen Macht
gehabt und behalten habe, sie in Ansehung der
Zeit, des Orts, der Personen, der Anzahl, auch
der Art und Weise nach, zu beweisen, nachdem
er es nach seiner Weisheit und seinem freyen Wil-
len gemäß gefunden habe.

V. 5.

Denn Er hat nicht den Engeln un-
terthan die
(in Ansehung des alten Testaments
damals nach) zukünftige Welt (die Kirche des
neuen Testaments) davon wir (in diesem gan-
tzen Briefe) reden (oder handeln, und darauf
die vorhergehenden Worte von der grossen Se-
ligkeit gehen.)

Anmerckungen.

1. Mit der Particula denn wird angezei-
get, es werde dieser Vers mit dem vorhergehen-
den Texte also verbunden, daß alhier eine Ursache
angeführet werde, warum die Oeconomie des

neuen
K k 3
C. 2. v. 2-5. an die Hebraͤer.
[Spaltenumbruch]

5. So oft wir im neuen Teſtamente, ſon-
derlich in den Apoſtoliſchen Briefen von Chriſto
das Wort κὑριος, HErr, leſen, wie wir es denn
etliche hundert mal darinn haben, ſo oft finden
wir ein Zeugniß von ſeiner ewigen Gottheit,
ſintemal diß Wort ſo viel iſt, als das Hebraͤiſche
Jehovah, welches keiner Creatur, ſondern al-
lein GOtt zukoͤmmt, und durch das gantze alte
Teſtament ſonderlich dem Sohne GOttes zuge-
eignet wird.

6. Aus den Worten: es iſt auf uns kom-
men, durch die ſo es gehoͤret haben,
kan
man keines weges ſchlieſſen, daß nicht Paulus
ſelbſt, ſondern nur ein Apoſtoliſcher Juͤnger die-
ſen Brief geſchrieben habe. Denn mit dem
Worte uns ſiehet Paulus ſonderlich auf die guten
theils zu Chriſto bekehrte Judiſche Nation, wel-
che auſſer dem Judiſchen Lande in Orient zerſtreu-
et war, und alſo Chriſtum nicht ſelbſt gehoͤret und
geſehen, ſondern die Predigt des Evangelii von
den Apoſteln empfangen hatte. Und da konte
ſich Paulus ſo viel fuͤglicher mit einſchlieſſen, ſo
viel bekannter es war, daß, ob er wol von Chriſto
ſelbſt aus dem Himmel unmittelbar war berufen
worden Ap. Geſ. 9. Gal. 1, 1. er doch auch ſelbſt
in der Schule und Diſciplin Chriſti, als ſein
Juͤnger mit den uͤbrigen Apoſteln, nicht geweſen
war, und er daher in dem, was er von Chriſto
ſelbſt gelernet hatte, von den Apoſteln beſtaͤrcket
wurde: wie denn auch der Apoſtoliſche Juͤnger
Ananias zu Damaſeus ihn von den Wegen
GOttes nach dem Evangelio unterrichten und
taufen muſte Ap. Geſ. 9, 10. u. ſ. w.

V. 4.

Und GOtt hat ihr (der Predigt des
Evangelii von unſerer Seligkeit in Chriſto)
Zeugniß (von ihrer goͤttlichen Wahrheit und
Vortreflichkeit) gegeben mit Zeichen, Wun-
dern und mancherley Kraͤften, und mit
Austheilung des Heiligen Geiſtes nach ſei-
nem Willen.

Anmerckungen.

1. Das Evangelium iſt zwar eine ſolche
Lehre, von dero goͤttlichen Wahrheit man auch
ſchon an ſich ſelbſt aus derſelben ſo vielen Kenn-
zeichen und goͤttlichen Eigenſchaften auch ohne
Wunder uͤberzeuget ſeyn kan: GOtt aber hat
doch die Wunder-Kraͤfte dabey noch zum Uber-
fluß hinzugethan um der Menſchen Schwachheit
willen, theils um die gehoͤrige Aufmerckſamkeit
dazu zu erwecken, theils um den durch die kraͤftige
Gnade bereits angezuͤndeten Glauben zu ſtaͤr-
cken.

2. Die Worte Zeichen, Wunder und
Kraͤfte ſind ihrer Bedeutung nach folgender ge-
ſtalt unterſchieden. Was GOtt an auſſeror-
dentlichen Wirckungen gethan hat, das heiſſen
Zeichen, weil ſie auf eine ſichtbare und ſinnliche
Art dasjenige, was unſichtbar und geiſtlich war,
bezeichnet und zu betrachten dargeſtellet haben,
nemlich die Gegenwart GOttes, die Wahrheit
und Kraft des Evangelii, wie dieſe darauf gehe,
[Spaltenumbruch] daß die geiſtlich Todte, Krancke, Blinde, Lame,
Auſſaͤtzige u. ſ. w. ſolten erwecket, geſund, ſehend,
gehend und rein gemachet werden. Τέρατα, Pro-
digia,
Wunder-Dinge heiſſen ſie von der groſ-
ſen Verwunderung, welche ſie ihrer Groͤſſe und
Ungewoͤhnlichkeit wegen dergeſtalt erwecken, daß
man ſie mit Erſtaunen anſiehet und betrachtet.
Kraͤfte aber werden ſie genennet von der auſſer-
ordentlichen Kraft GOttes, welche ſich darinn
hervorthut. Man ſehe dergleichen Apoſt. Geſ.
2, 22. 43. c. 4, 30.

3. Und weil dieſe Kraͤfte GOttes ſich in un-
terſchiedlichen auſſerordentlichen Gaben des Hei-
ligen Geiſtes hervor thaten, ſo heiſſen ſie μερι-
σμοὶ Austheilungen des Heiligen Geiſtes.

4. Der Unterſcheid des Geſetzes und Evan-
gelii wurde auch durch den Unterſcheid der Wun-
der-Zeichen angezeiget: nemlich bey dem Geſetze
funde ſich ein auſſerordentliches und heftiges
Donnern und Blitzen zum heiligen Schrecken:
bey dem Evangelio, uͤber die vielfache liebliche
Gabe der ſo erfreulichen Geſundmachung,

auch Erweckung von den Todten.

5. Was alhier von GOtt ſtehet, daß er
dem Evangelio durch Wunder-Wercke das
Zeugniß von ſeiner goͤttlichen Art und Kraft ge-
geben, das wird 1 Cor. 12, 4. u. f. dem Heiligen
Geiſte zugeſchrieben, da es von allen Wunder-
Kraͤften v. 11. heißt: Diß alles wircket derſel-
bige einige Geiſt, und theilet einem iegli-
chen ſeines zu, nachdem er will.
Daraus
man denn die wahre Gottheit des Heiligen Gei-
ſtes, auch das erkennet, daß er eine beſondere goͤtt-
liche Perſon ſey.

6. Das Wort συνεπιμαρτυρου῀ντος koͤnte
gegeben werden, gab Zeugniß daneben. Denn
es wird damit angezeiget, daß Chriſtus ſelbſt und
ſeine Apoſtel lebendige Zeugen vom Evangelio
geweſen ſind, und GOtt uͤber ihr Zeugniß noch
das in Wunder-Wercken hinzugethan habe.

7. Und wenn dazu geſetzet wird nach ſei-
nem Willen,
ſo wird damit angezeiget, daß
GOtt die Wunder-Kraͤfte in ſeiner freyen Macht
gehabt und behalten habe, ſie in Anſehung der
Zeit, des Orts, der Perſonen, der Anzahl, auch
der Art und Weiſe nach, zu beweiſen, nachdem
er es nach ſeiner Weisheit und ſeinem freyen Wil-
len gemaͤß gefunden habe.

V. 5.

Denn Er hat nicht den Engeln un-
terthan die
(in Anſehung des alten Teſtaments
damals nach) zukuͤnftige Welt (die Kirche des
neuen Teſtaments) davon wir (in dieſem gan-
tzen Briefe) reden (oder handeln, und darauf
die vorhergehenden Worte von der groſſen Se-
ligkeit gehen.)

Anmerckungen.

1. Mit der Particula denn wird angezei-
get, es werde dieſer Vers mit dem vorhergehen-
den Texte alſo verbunden, daß alhier eine Urſache
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neuen
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[261/0263] C. 2. v. 2-5. an die Hebraͤer. 5. So oft wir im neuen Teſtamente, ſon- derlich in den Apoſtoliſchen Briefen von Chriſto das Wort κὑριος, HErr, leſen, wie wir es denn etliche hundert mal darinn haben, ſo oft finden wir ein Zeugniß von ſeiner ewigen Gottheit, ſintemal diß Wort ſo viel iſt, als das Hebraͤiſche Jehovah, welches keiner Creatur, ſondern al- lein GOtt zukoͤmmt, und durch das gantze alte Teſtament ſonderlich dem Sohne GOttes zuge- eignet wird. 6. Aus den Worten: es iſt auf uns kom- men, durch die ſo es gehoͤret haben, kan man keines weges ſchlieſſen, daß nicht Paulus ſelbſt, ſondern nur ein Apoſtoliſcher Juͤnger die- ſen Brief geſchrieben habe. Denn mit dem Worte uns ſiehet Paulus ſonderlich auf die guten theils zu Chriſto bekehrte Judiſche Nation, wel- che auſſer dem Judiſchen Lande in Orient zerſtreu- et war, und alſo Chriſtum nicht ſelbſt gehoͤret und geſehen, ſondern die Predigt des Evangelii von den Apoſteln empfangen hatte. Und da konte ſich Paulus ſo viel fuͤglicher mit einſchlieſſen, ſo viel bekannter es war, daß, ob er wol von Chriſto ſelbſt aus dem Himmel unmittelbar war berufen worden Ap. Geſ. 9. Gal. 1, 1. er doch auch ſelbſt in der Schule und Diſciplin Chriſti, als ſein Juͤnger mit den uͤbrigen Apoſteln, nicht geweſen war, und er daher in dem, was er von Chriſto ſelbſt gelernet hatte, von den Apoſteln beſtaͤrcket wurde: wie denn auch der Apoſtoliſche Juͤnger Ananias zu Damaſeus ihn von den Wegen GOttes nach dem Evangelio unterrichten und taufen muſte Ap. Geſ. 9, 10. u. ſ. w. V. 4. Und GOtt hat ihr (der Predigt des Evangelii von unſerer Seligkeit in Chriſto) Zeugniß (von ihrer goͤttlichen Wahrheit und Vortreflichkeit) gegeben mit Zeichen, Wun- dern und mancherley Kraͤften, und mit Austheilung des Heiligen Geiſtes nach ſei- nem Willen. Anmerckungen. 1. Das Evangelium iſt zwar eine ſolche Lehre, von dero goͤttlichen Wahrheit man auch ſchon an ſich ſelbſt aus derſelben ſo vielen Kenn- zeichen und goͤttlichen Eigenſchaften auch ohne Wunder uͤberzeuget ſeyn kan: GOtt aber hat doch die Wunder-Kraͤfte dabey noch zum Uber- fluß hinzugethan um der Menſchen Schwachheit willen, theils um die gehoͤrige Aufmerckſamkeit dazu zu erwecken, theils um den durch die kraͤftige Gnade bereits angezuͤndeten Glauben zu ſtaͤr- cken. 2. Die Worte Zeichen, Wunder und Kraͤfte ſind ihrer Bedeutung nach folgender ge- ſtalt unterſchieden. Was GOtt an auſſeror- dentlichen Wirckungen gethan hat, das heiſſen Zeichen, weil ſie auf eine ſichtbare und ſinnliche Art dasjenige, was unſichtbar und geiſtlich war, bezeichnet und zu betrachten dargeſtellet haben, nemlich die Gegenwart GOttes, die Wahrheit und Kraft des Evangelii, wie dieſe darauf gehe, daß die geiſtlich Todte, Krancke, Blinde, Lame, Auſſaͤtzige u. ſ. w. ſolten erwecket, geſund, ſehend, gehend und rein gemachet werden. Τέρατα, Pro- digia, Wunder-Dinge heiſſen ſie von der groſ- ſen Verwunderung, welche ſie ihrer Groͤſſe und Ungewoͤhnlichkeit wegen dergeſtalt erwecken, daß man ſie mit Erſtaunen anſiehet und betrachtet. Kraͤfte aber werden ſie genennet von der auſſer- ordentlichen Kraft GOttes, welche ſich darinn hervorthut. Man ſehe dergleichen Apoſt. Geſ. 2, 22. 43. c. 4, 30. 3. Und weil dieſe Kraͤfte GOttes ſich in un- terſchiedlichen auſſerordentlichen Gaben des Hei- ligen Geiſtes hervor thaten, ſo heiſſen ſie μερι- σμοὶ Austheilungen des Heiligen Geiſtes. 4. Der Unterſcheid des Geſetzes und Evan- gelii wurde auch durch den Unterſcheid der Wun- der-Zeichen angezeiget: nemlich bey dem Geſetze funde ſich ein auſſerordentliches und heftiges Donnern und Blitzen zum heiligen Schrecken: bey dem Evangelio, uͤber die vielfache liebliche Gabe der ſo erfreulichen Geſundmachung, auch Erweckung von den Todten. 5. Was alhier von GOtt ſtehet, daß er dem Evangelio durch Wunder-Wercke das Zeugniß von ſeiner goͤttlichen Art und Kraft ge- geben, das wird 1 Cor. 12, 4. u. f. dem Heiligen Geiſte zugeſchrieben, da es von allen Wunder- Kraͤften v. 11. heißt: Diß alles wircket derſel- bige einige Geiſt, und theilet einem iegli- chen ſeines zu, nachdem er will. Daraus man denn die wahre Gottheit des Heiligen Gei- ſtes, auch das erkennet, daß er eine beſondere goͤtt- liche Perſon ſey. 6. Das Wort συνεπιμαρτυρου῀ντος koͤnte gegeben werden, gab Zeugniß daneben. Denn es wird damit angezeiget, daß Chriſtus ſelbſt und ſeine Apoſtel lebendige Zeugen vom Evangelio geweſen ſind, und GOtt uͤber ihr Zeugniß noch das in Wunder-Wercken hinzugethan habe. 7. Und wenn dazu geſetzet wird nach ſei- nem Willen, ſo wird damit angezeiget, daß GOtt die Wunder-Kraͤfte in ſeiner freyen Macht gehabt und behalten habe, ſie in Anſehung der Zeit, des Orts, der Perſonen, der Anzahl, auch der Art und Weiſe nach, zu beweiſen, nachdem er es nach ſeiner Weisheit und ſeinem freyen Wil- len gemaͤß gefunden habe. V. 5. Denn Er hat nicht den Engeln un- terthan die (in Anſehung des alten Teſtaments damals nach) zukuͤnftige Welt (die Kirche des neuen Teſtaments) davon wir (in dieſem gan- tzen Briefe) reden (oder handeln, und darauf die vorhergehenden Worte von der groſſen Se- ligkeit gehen.) Anmerckungen. 1. Mit der Particula denn wird angezei- get, es werde dieſer Vers mit dem vorhergehen- den Texte alſo verbunden, daß alhier eine Urſache angefuͤhret werde, warum die Oeconomie des neuen K k 3

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/263>, abgerufen am 23.11.2024.