So viel besser (vortrefflicher und höher) worden (auch der menschlichen Natur nach) denn die Engel, so gar viel einen höhern Namen, (und mit dem Namen göttliche Herr- lichkeit,) er vor ihnen ererbet hat, (daß er nemlich der Sohn GOttes ist.)
Anmerckungen.
1. Daß von Christo die Rede sey in Anse- hung seiner menschlichen Natur, siehet man theils daraus, daß er nach derselben zur Rech- ten GOttes auf seine Erniedrigung erhaben worden: welche Erhöhung mit diesen Worten erläutert und angezeiget wird, zu welcher gött- lichen Majestät dem völligen Gebrauche nach auch die menschliche Natur erhöhet sey: theils erkennet man es auch daraus, weil, daß er der schon vorhin erwiesenen göttlichen Natur nach vortrefflicher sey, als die Engel, keines Erwei- ses gebrauchte.
2. Was nun unser Heyland nach der menschlichen Natur überkommen hat, ist ein hö- herer Name, als den Engeln zukömmt. Die- ser Name ist ohne Zweifel der Name des Sohnes GOttes, wie aus dem folgenden Contexte zu ersehen ist, da es heißt: Denn zu welchem Engel hat er iemals gesaget: Du bist mein Sohn, u. s. w.
3. Es wird aber mit dem Namen sonder- lich auf die damit verknüpfte würckliche göttli- che Majestät und Herrlichkeit gesehen. Von welchem Namen und der Herrlichkeit Christi es Phil. 2, 9. 10. 11. heißt: GOTT hat ihn er- höhet, und hat ihm einen Namen gege- ben, der über alle Namen ist, daß in dem Namen JESU sich beugen sollen alle der Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erden sind, und al- le Zungen bekennen sollen, daß JEsus Christus der HErr sey zur Ehre GOttes des Vaters. Aus welchen Worten wir se- hen, daß es bey dem Namen eigentlich auf die damit bezeichnete Sache ankomme. Und weil denn diese Sache, oder die göttliche Majestät und Herrlichkeit, auch noch mit mehrern Na- men angezeiget wird, sonderlich mit dem Na- men HERR, oder Jehova, so der wesent- liche Name GOttes ist, so wird auch dieses Na- mens alhier gedacht. Jn der Offenb. c. 19, 13. 16. heißt sein Name das Wort GOttes, wie auch ein König aller Könige, und ein HErr aller Herren.
4. Nun fraget sich, wenn denn unser Hey- land einen solchen vortreflichen Namen und mit demselben so grosse göttliche Majestät nach der menschlichen Natur überkommen habe? Hiebey haben wir die erste Mittheilung von der völ- ligen Offenbarung wohl zu unterscheiden. Die erste Mittheilung ist geschehen sofort bey der Menschwerdung und Vereinigung beyder Na- turen in Christo: da die menschliche also gesalbet worden, daß in ihr die gantze Fülle der Gottheit [Spaltenumbruch]
gewohnet hat. Col. 1, 9. c. 2, 19. Und vermöge der geschehenen Vereinigung beyder Naturen in der einigen Person Christi hiesse es von Christo Luc. 1, 31. 32. Du wirst schwanger werden im Leibe und einen Sohn gebären, deß Na- men solt du JEsus heissen: der wird groß und ein Sohn des Höchsten genennet wer- den. Und daher konte auch von ihm gesaget werden: Sie haben den HErrn der Herr- lichkeit geereutziget. 1 Cor. 2, 8. Denn ob- gleich beyde Benennungen Christo eigentlich nach der göttlichen Natur zukommen, so werden sie doch von der gantzen Person Christi, und also auch von der menschlichen Natur gesaget, da sie durch die Vereinigung mit der göttlichen zu sol- cher Würde erhaben worden. Daher auch Pe- trus von der gantzen Person Christi im Stande der Erniedrigung sagte: Du bist Christus der Sohn des lebendigen GOttes. Matth. 16, 16. Und also war Marien Sohn auch GOttes Sohn und der Jehova. Die Offenbarung aber dieser Herrlichkeit ist geschehen im Stande der Erhöhung. Darauf unser Heyland sahe, wenn er Joh. 17, 5. sprach: Verkläre mich Vater mit der Klarheit, die ich bey dir hatte, ehe die Welt war. Und wie hoch unser Hey- land dadurch über die Engel erhaben worden, zeiget Paulus unter andern auch damit an, wenn er Eph. 1, 20. 21. spricht: Er hat ihn gesetzet zu seiner Rechten im Himmel, über alle Fürstenthum, Gewalt, Macht, Herrschaft, und alles, was genannt mag werden, nicht allein in dieser, sondern auch in der zukünftigen Welt, und hat alle Dinge un- ter seine Füsse gethan, und hat ihn gese- tzet zum Haupt der Gemeine über alles. u. f. Von dieser völligen Offenbarung sind auch zu verstehen die Worte Petri Apost. Gesch. 2, 36. So wisse nun das gantze Haus Jsra- el, daß GOtt diesen JEsum, den ihr ge- creutziget habt, zum HErrn und Christ gemachet habe.
5. Mit dem Worte kekleronomeken, er hat ererbet, siehet der Apostel wieder zurück auf v. 2. da er saget: welchen er hat gesetzet zum Erben über alles; und dabey auf die Oerter der Psalmen Davids: Ps. 2, 8. da der Vater zum Sohne saget: Heische von mir, so will ich dir die Heyden zum Erbe geben, und der Welt Ende zum Eigenthum. Und Ps. 16, 5. 6. spricht der Meßias: Der HERR ist mein Gut und mein Theil; du erhäl- test mein Erbtheil. Das Loos ist mir ge- fallen aufs liebliche, mir ist ein schön Erbtheil worden. Daß aber Paulus für das Wort überkommen das Wort ererben ge- brauchet hat, kömmt, wie auch v. 2. schon an- gezeiget ist, daher, weil er damit auf die Eigen- schaft eines Sohnes siehet, welche ist ererben. Denn da Christus nach der göttlichen Natur al- les von Ewigkeit her hat und behält, und er nach der menschlichen alles empfangen hat, so hat er mit dem Namen des Sohnes GOttes auch die Herrlichkeit GOttes als ein Erbe überkommen:
und
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 1. v. 4.
[Spaltenumbruch]
V. 4.
So viel beſſer (vortrefflicher und hoͤher) worden (auch der menſchlichen Natur nach) denn die Engel, ſo gar viel einen hoͤhern Namen, (und mit dem Namen goͤttliche Herr- lichkeit,) er vor ihnen ererbet hat, (daß er nemlich der Sohn GOttes iſt.)
Anmerckungen.
1. Daß von Chriſto die Rede ſey in Anſe- hung ſeiner menſchlichen Natur, ſiehet man theils daraus, daß er nach derſelben zur Rech- ten GOttes auf ſeine Erniedrigung erhaben worden: welche Erhoͤhung mit dieſen Worten erlaͤutert und angezeiget wird, zu welcher goͤtt- lichen Majeſtaͤt dem voͤlligen Gebrauche nach auch die menſchliche Natur erhoͤhet ſey: theils erkennet man es auch daraus, weil, daß er der ſchon vorhin erwieſenen goͤttlichen Natur nach vortrefflicher ſey, als die Engel, keines Erwei- ſes gebrauchte.
2. Was nun unſer Heyland nach der menſchlichen Natur uͤberkommen hat, iſt ein hoͤ- herer Name, als den Engeln zukoͤmmt. Die- ſer Name iſt ohne Zweifel der Name des Sohnes GOttes, wie aus dem folgenden Contexte zu erſehen iſt, da es heißt: Denn zu welchem Engel hat er iemals geſaget: Du biſt mein Sohn, u. ſ. w.
3. Es wird aber mit dem Namen ſonder- lich auf die damit verknuͤpfte wuͤrckliche goͤttli- che Majeſtaͤt und Herrlichkeit geſehen. Von welchem Namen und der Herrlichkeit Chriſti es Phil. 2, 9. 10. 11. heißt: GOTT hat ihn er- hoͤhet, und hat ihm einen Namen gege- ben, der uͤber alle Namen iſt, daß in dem Namen JESU ſich beugen ſollen alle der Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erden ſind, und al- le Zungen bekennen ſollen, daß JEſus Chriſtus der HErr ſey zur Ehre GOttes des Vaters. Aus welchen Worten wir ſe- hen, daß es bey dem Namen eigentlich auf die damit bezeichnete Sache ankomme. Und weil denn dieſe Sache, oder die goͤttliche Majeſtaͤt und Herrlichkeit, auch noch mit mehrern Na- men angezeiget wird, ſonderlich mit dem Na- men HERR, oder Jehova, ſo der weſent- liche Name GOttes iſt, ſo wird auch dieſes Na- mens alhier gedacht. Jn der Offenb. c. 19, 13. 16. heißt ſein Name das Wort GOttes, wie auch ein Koͤnig aller Koͤnige, und ein HErr aller Herren.
4. Nun fraget ſich, wenn denn unſer Hey- land einen ſolchen vortreflichen Namen und mit demſelben ſo groſſe goͤttliche Majeſtaͤt nach der menſchlichen Natur uͤberkommen habe? Hiebey haben wir die erſte Mittheilung von der voͤl- ligen Offenbarung wohl zu unterſcheiden. Die erſte Mittheilung iſt geſchehen ſofort bey der Menſchwerdung und Vereinigung beyder Na- turen in Chriſto: da die menſchliche alſo geſalbet worden, daß in ihr die gantze Fuͤlle der Gottheit [Spaltenumbruch]
gewohnet hat. Col. 1, 9. c. 2, 19. Und vermoͤge der geſchehenen Vereinigung beyder Naturen in der einigen Perſon Chriſti hieſſe es von Chriſto Luc. 1, 31. 32. Du wirſt ſchwanger werden im Leibe und einen Sohn gebaͤren, deß Na- men ſolt du JEſus heiſſen: der wird groß und ein Sohn des Hoͤchſten genennet wer- den. Und daher konte auch von ihm geſaget werden: Sie haben den HErrn der Herr- lichkeit geereutziget. 1 Cor. 2, 8. Denn ob- gleich beyde Benennungen Chriſto eigentlich nach der goͤttlichen Natur zukommen, ſo werden ſie doch von der gantzen Perſon Chriſti, und alſo auch von der menſchlichen Natur geſaget, da ſie durch die Vereinigung mit der goͤttlichen zu ſol- cher Wuͤrde erhaben worden. Daher auch Pe- trus von der gantzen Perſon Chriſti im Stande der Erniedrigung ſagte: Du biſt Chriſtus der Sohn des lebendigen GOttes. Matth. 16, 16. Und alſo war Marien Sohn auch GOttes Sohn und der Jehova. Die Offenbarung aber dieſer Herrlichkeit iſt geſchehen im Stande der Erhoͤhung. Darauf unſer Heyland ſahe, wenn er Joh. 17, 5. ſprach: Verklaͤre mich Vater mit der Klarheit, die ich bey dir hatte, ehe die Welt war. Und wie hoch unſer Hey- land dadurch uͤber die Engel erhaben worden, zeiget Paulus unter andern auch damit an, wenn er Eph. 1, 20. 21. ſpricht: Er hat ihn geſetzet zu ſeiner Rechten im Himmel, uͤber alle Fuͤrſtenthum, Gewalt, Macht, Herrſchaft, und alles, was genannt mag werden, nicht allein in dieſer, ſondern auch in der zukuͤnftigen Welt, und hat alle Dinge un- ter ſeine Fuͤſſe gethan, und hat ihn geſe- tzet zum Haupt der Gemeine uͤber alles. u. f. Von dieſer voͤlligen Offenbarung ſind auch zu verſtehen die Worte Petri Apoſt. Geſch. 2, 36. So wiſſe nun das gantze Haus Jſra- el, daß GOtt dieſen JEſum, den ihr ge- creutziget habt, zum HErrn und Chriſt gemachet habe.
5. Mit dem Worte κεκληρονόμηκεν, er hat ererbet, ſiehet der Apoſtel wieder zuruͤck auf v. 2. da er ſaget: welchen er hat geſetzet zum Erben uͤber alles; und dabey auf die Oerter der Pſalmen Davids: Pſ. 2, 8. da der Vater zum Sohne ſaget: Heiſche von mir, ſo will ich dir die Heyden zum Erbe geben, und der Welt Ende zum Eigenthum. Und Pſ. 16, 5. 6. ſpricht der Meßias: Der HERR iſt mein Gut und mein Theil; du erhaͤl- teſt mein Erbtheil. Das Loos iſt mir ge- fallen aufs liebliche, mir iſt ein ſchoͤn Erbtheil worden. Daß aber Paulus fuͤr das Wort uͤberkommen das Wort ererben ge- brauchet hat, koͤmmt, wie auch v. 2. ſchon an- gezeiget iſt, daher, weil er damit auf die Eigen- ſchaft eines Sohnes ſiehet, welche iſt ererben. Denn da Chriſtus nach der goͤttlichen Natur al- les von Ewigkeit her hat und behaͤlt, und er nach der menſchlichen alles empfangen hat, ſo hat er mit dem Namen des Sohnes GOttes auch die Herrlichkeit GOttes als ein Erbe uͤberkommen:
und
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[248/0250]
Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 1. v. 4.
V. 4.
So viel beſſer (vortrefflicher und hoͤher)
worden (auch der menſchlichen Natur nach)
denn die Engel, ſo gar viel einen hoͤhern
Namen, (und mit dem Namen goͤttliche Herr-
lichkeit,) er vor ihnen ererbet hat, (daß er
nemlich der Sohn GOttes iſt.)
Anmerckungen.
1. Daß von Chriſto die Rede ſey in Anſe-
hung ſeiner menſchlichen Natur, ſiehet man
theils daraus, daß er nach derſelben zur Rech-
ten GOttes auf ſeine Erniedrigung erhaben
worden: welche Erhoͤhung mit dieſen Worten
erlaͤutert und angezeiget wird, zu welcher goͤtt-
lichen Majeſtaͤt dem voͤlligen Gebrauche nach
auch die menſchliche Natur erhoͤhet ſey: theils
erkennet man es auch daraus, weil, daß er der
ſchon vorhin erwieſenen goͤttlichen Natur nach
vortrefflicher ſey, als die Engel, keines Erwei-
ſes gebrauchte.
2. Was nun unſer Heyland nach der
menſchlichen Natur uͤberkommen hat, iſt ein hoͤ-
herer Name, als den Engeln zukoͤmmt. Die-
ſer Name iſt ohne Zweifel der Name des Sohnes
GOttes, wie aus dem folgenden Contexte zu
erſehen iſt, da es heißt: Denn zu welchem
Engel hat er iemals geſaget: Du biſt mein
Sohn, u. ſ. w.
3. Es wird aber mit dem Namen ſonder-
lich auf die damit verknuͤpfte wuͤrckliche goͤttli-
che Majeſtaͤt und Herrlichkeit geſehen. Von
welchem Namen und der Herrlichkeit Chriſti es
Phil. 2, 9. 10. 11. heißt: GOTT hat ihn er-
hoͤhet, und hat ihm einen Namen gege-
ben, der uͤber alle Namen iſt, daß in
dem Namen JESU ſich beugen ſollen
alle der Knie, die im Himmel und auf
Erden und unter der Erden ſind, und al-
le Zungen bekennen ſollen, daß JEſus
Chriſtus der HErr ſey zur Ehre GOttes
des Vaters. Aus welchen Worten wir ſe-
hen, daß es bey dem Namen eigentlich auf die
damit bezeichnete Sache ankomme. Und weil
denn dieſe Sache, oder die goͤttliche Majeſtaͤt
und Herrlichkeit, auch noch mit mehrern Na-
men angezeiget wird, ſonderlich mit dem Na-
men HERR, oder Jehova, ſo der weſent-
liche Name GOttes iſt, ſo wird auch dieſes Na-
mens alhier gedacht. Jn der Offenb. c. 19, 13.
16. heißt ſein Name das Wort GOttes, wie
auch ein Koͤnig aller Koͤnige, und ein
HErr aller Herren.
4. Nun fraget ſich, wenn denn unſer Hey-
land einen ſolchen vortreflichen Namen und mit
demſelben ſo groſſe goͤttliche Majeſtaͤt nach der
menſchlichen Natur uͤberkommen habe? Hiebey
haben wir die erſte Mittheilung von der voͤl-
ligen Offenbarung wohl zu unterſcheiden. Die
erſte Mittheilung iſt geſchehen ſofort bey der
Menſchwerdung und Vereinigung beyder Na-
turen in Chriſto: da die menſchliche alſo geſalbet
worden, daß in ihr die gantze Fuͤlle der Gottheit
gewohnet hat. Col. 1, 9. c. 2, 19. Und vermoͤge
der geſchehenen Vereinigung beyder Naturen in
der einigen Perſon Chriſti hieſſe es von Chriſto
Luc. 1, 31. 32. Du wirſt ſchwanger werden im
Leibe und einen Sohn gebaͤren, deß Na-
men ſolt du JEſus heiſſen: der wird groß
und ein Sohn des Hoͤchſten genennet wer-
den. Und daher konte auch von ihm geſaget
werden: Sie haben den HErrn der Herr-
lichkeit geereutziget. 1 Cor. 2, 8. Denn ob-
gleich beyde Benennungen Chriſto eigentlich
nach der goͤttlichen Natur zukommen, ſo werden
ſie doch von der gantzen Perſon Chriſti, und alſo
auch von der menſchlichen Natur geſaget, da ſie
durch die Vereinigung mit der goͤttlichen zu ſol-
cher Wuͤrde erhaben worden. Daher auch Pe-
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Sohn des lebendigen GOttes. Matth. 16,
16. Und alſo war Marien Sohn auch GOttes
Sohn und der Jehova. Die Offenbarung aber
dieſer Herrlichkeit iſt geſchehen im Stande der
Erhoͤhung. Darauf unſer Heyland ſahe, wenn
er Joh. 17, 5. ſprach: Verklaͤre mich Vater
mit der Klarheit, die ich bey dir hatte,
ehe die Welt war. Und wie hoch unſer Hey-
land dadurch uͤber die Engel erhaben worden,
zeiget Paulus unter andern auch damit an, wenn
er Eph. 1, 20. 21. ſpricht: Er hat ihn geſetzet
zu ſeiner Rechten im Himmel, uͤber alle
Fuͤrſtenthum, Gewalt, Macht, Herrſchaft,
und alles, was genannt mag werden,
nicht allein in dieſer, ſondern auch in der
zukuͤnftigen Welt, und hat alle Dinge un-
ter ſeine Fuͤſſe gethan, und hat ihn geſe-
tzet zum Haupt der Gemeine uͤber alles.
u. f. Von dieſer voͤlligen Offenbarung ſind
auch zu verſtehen die Worte Petri Apoſt. Geſch.
2, 36. So wiſſe nun das gantze Haus Jſra-
el, daß GOtt dieſen JEſum, den ihr ge-
creutziget habt, zum HErrn und Chriſt
gemachet habe.
5. Mit dem Worte κεκληρονόμηκεν, er
hat ererbet, ſiehet der Apoſtel wieder zuruͤck
auf v. 2. da er ſaget: welchen er hat geſetzet
zum Erben uͤber alles; und dabey auf die
Oerter der Pſalmen Davids: Pſ. 2, 8. da der
Vater zum Sohne ſaget: Heiſche von mir, ſo
will ich dir die Heyden zum Erbe geben,
und der Welt Ende zum Eigenthum. Und
Pſ. 16, 5. 6. ſpricht der Meßias: Der HERR
iſt mein Gut und mein Theil; du erhaͤl-
teſt mein Erbtheil. Das Loos iſt mir ge-
fallen aufs liebliche, mir iſt ein ſchoͤn
Erbtheil worden. Daß aber Paulus fuͤr das
Wort uͤberkommen das Wort ererben ge-
brauchet hat, koͤmmt, wie auch v. 2. ſchon an-
gezeiget iſt, daher, weil er damit auf die Eigen-
ſchaft eines Sohnes ſiehet, welche iſt ererben.
Denn da Chriſtus nach der goͤttlichen Natur al-
les von Ewigkeit her hat und behaͤlt, und er nach
der menſchlichen alles empfangen hat, ſo hat er
mit dem Namen des Sohnes GOttes auch die
Herrlichkeit GOttes als ein Erbe uͤberkommen:
und
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/250>, abgerufen am 23.11.2024.
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