Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite

C. 1. v. 1. 2. an dle Hebräer.
[Spaltenumbruch] nen war nur bloß nach der geistlichen Vereini-
gunge: so war er in dem Sohne, wie der Sohn
in ihm, wegen der Einigkeit des Wesens, gantz
wesentlich: daher der Sohn mit Recht sagte
Joh. 10, 30. Jch und der Vater sind eins.
Und v. 38. Glaubet doch den Wercken, wollt
ihr mir nicht glauben, auf daß ihr erken-
net und glaubet, daß der Vater in mir ist,
und ich im Vater.
Und Joh. 14, 9. 10. 11.
Wer mich siehet, der siehet den Vater-
glaubet mir, daß ich im Vater, und der
Vater in mir ist.
Und also ist der Sohn
GOttes, ob er gleich nach der menschlichen Na-
tur, und nach dem bis ins vierte Jahr geführten
prophetischen Amte, darauf alhier gesehen wird,
ein sichtbarer Botschafter, und der grosse Pro-
phet GOttes gewesen 5 B. Mos. 18, 15. 18. Joh.
1, 45. c. 6, 14. dennoch auch seiner gantzen Per-
son, und darinnen sonderlich der göttlichen Na-
tur nach, auch als der Haupt-Urheber aller Re-
de, und aller Offenbarung des Raths GOttes
von unserer Seligkeit anzusehen. Und demnach
war er wie das wesentliche Wort GOttes Joh.
1, 1. also auch der rechte [fremdsprachliches Material] Worthalter
GOttes Jes. 52, 6. den wir hören sollen 5 B.
Mos. 18, 15. 18. und zwar in den Schriften der
Evangelisten und Apostel; als darinn er noch itzo
zu uns redet mit Nachdruck Matth. 7, 29.

11. Hat nun GOJT im alten Testamente
durch die Propheten geredet polumeros kai po-
lutropos, also daß er den Rath seines Willens
nach und nach immer klärer und auch auf man-
cherley Art geoffenbaret hat: so hat er hingegen
durch den Sohn, und in ihm, gedachten seinen
Willen zu einer Zeit und gleichsam auf einmal
und dazu aufs aller einfältigste, durch einen
mündlichen und deutlichen Vortrag in aller
Vollkommenheit also kund gemachet, daß wir
keiner mehrern Offenbarung benöthiget sind.
Und was der Sohn GOttes selbst in eigner Per-
son nicht gethan hat, nach Joh. 1, 18. das hat er
durch seine Apostel, durch welche er das ange-
fangene prophetische Amt fortgesetzet hat, ver-
richtet, also daß dieses ein Werck wie des Soh-
nes, also auch des Vaters ist in dem Sohne.

12. Jm übrigen ist alhier wohl zu mercken,
daß damit, wenn alhier gesaget wird, GOtt ha-
be vor Zeiten durch die Propheten, in den letzten
Zeiten aber durch den Sohn geredet, nicht ge-
leugnet werde, daß GOtt auch im alten Te-
stamente durch den Sohn,
oder vielmehr
der Sohn selbst durch die Propheten geredet.
Denn da er mit dem Vater und dem Heiligen
Geiste eines Wesens ist, so ist die Rede des
Vaters, auch die Rede des Sohnes und des
Heiligen Geistes gewesen: Wie denn die Pro-
pheten solche heilige Männer waren, in welchen
der Geist des Vaters und des Sohnes war,
und die von dem Geiste des Vaters und des
Sohnes die göttliche Eingebung gehabt ha-
ben 1 Pet. 1, 11. 2 Pet. 1, 21. Ja wenn man die
Bücher Mosis und der Propheten durchgehet,
und den darinnen redenden und sich offenbaren-
den GOTT recht betrachtet, so findet man viel
[Spaltenumbruch] häufiger die Person des Sohnes, als des Va-
ters: aber weil der Sohn zu der Zeit sich noch
nicht offenbarete nach seinem eigentlichen pro-
phetischen Amte, als wozu die menschliche Na-
tur erfodert wurde, sondern am allermeisten
nur nach seiner Person, als wahrer GOtt und
der künftige Meßias und noch künftige Prophet,
die Redens-Art aber, daß GOTT durch den
Sohn geredet, auf das prophetische Amt, und
dabey auf die angenommene menschliche Natur,
gehet, so schicket sie sich nicht für den Sohn Got-
tes, daß GOTT im alten Testamente in sol-
chem Verstande durch ihn geredet habe, weil
nehmlich der Sohn vor der Menschwerdung
selbst als wahrer GOTT durch die Propheten
geredet hat.

V. 2.

Welchen (Sohn der menschlichen Natur
nach) er gesetzet hat (durch die Erhöhung zu sei-
ner Rechten) zum Erben (und HErrn) über
alles
(was des Vaters ist, und auch der göttlichen
Natur nach schon sein eigen war) durch wel-
chen
(als eine von ihm unterschiedene Person
des einigen göttlichen Wesens) er auch die
Welt
(mit allem dem, was darinnen ist) ge-
machet hat.

Anmerckungen.

1. Zum Erben setzen heisset alhier so viel,
als zum Eigenthums-Herrn machen, und das
Recht zur Besitzung und zur Herrschaft geben:
Wie es denn der Erben Eigenschaft ist, durch die
Erbschaft dazu zu gelangen. Und also gehet die-
se Setzung in die Erbschaft eigentlich auf die
Einführung in die majestätische Verwaltung
des Königlichen Amts Christi. Gleichwie er
nun die Königliche Dignität nach seiner göttli-
chen Natur allezeit gehabt hat; so hat er sie em-
pfangen nach der menschlichen: und zwar, nach
dem sie ihm schon von Ewigkeit her durch den
Rath des Friedens zugedacht gewesen, ihm auch
in der persönlichen Vereinigung beyder Natu-
ren schon beygeleget war, er sie aber in dem
Stande der Erniedrigung gar verborgen gefüh-
ret hatte, so hat er gedachte Würde überkommen
durch die Erhöhung und alle derselben Stuffen,
sonderlich die letzten, da ihn der Vater zur
Rechten seiner Majestät gesetzet hat.

2. Einen Erben aber nennet der Apostel
unsern Heyland, in Ansehung dessen, daß er ihn
vorher einen Sohn genennet hatte. Denn da
der Söhne ihr natürliches Recht ist, daß sie
Erben sind, und die menschliche Natur, nach
welcher er ist ein Sohn der Marien, oder des
Menschen Sohn, durch die Vereinigung mit
der Göttlichen alle Rechte der göttlichen Na-
tur mit überkommen hat, so gehöret dazu inson-
derheit die hohe Würde der Kindschaft GOt-
tes, wozu die menschliche Natur erhaben wor-
den; und folglich auch die Erbschaft alles des-
sen, was dieselbe von seiten der göttlichen Natur
mit sich führet.

3. Dasjenige, worüber Christus zum Er-
ben und HErrn gesetzet, wird bezeichnet mit dem

Worte
H h

C. 1. v. 1. 2. an dle Hebraͤer.
[Spaltenumbruch] nen war nur bloß nach der geiſtlichen Vereini-
gunge: ſo war er in dem Sohne, wie der Sohn
in ihm, wegen der Einigkeit des Weſens, gantz
weſentlich: daher der Sohn mit Recht ſagte
Joh. 10, 30. Jch und der Vater ſind eins.
Und v. 38. Glaubet doch den Wercken, wollt
ihr mir nicht glauben, auf daß ihr erken-
net und glaubet, daß der Vater in mir iſt,
und ich im Vater.
Und Joh. 14, 9. 10. 11.
Wer mich ſiehet, der ſiehet den Vater-
glaubet mir, daß ich im Vater, und der
Vater in mir iſt.
Und alſo iſt der Sohn
GOttes, ob er gleich nach der menſchlichen Na-
tur, und nach dem bis ins vierte Jahr gefuͤhrten
prophetiſchen Amte, darauf alhier geſehen wird,
ein ſichtbarer Botſchafter, und der groſſe Pro-
phet GOttes geweſen 5 B. Moſ. 18, 15. 18. Joh.
1, 45. c. 6, 14. dennoch auch ſeiner gantzen Per-
ſon, und darinnen ſonderlich der goͤttlichen Na-
tur nach, auch als der Haupt-Urheber aller Re-
de, und aller Offenbarung des Raths GOttes
von unſerer Seligkeit anzuſehen. Und demnach
war er wie das weſentliche Wort GOttes Joh.
1, 1. alſo auch der rechte [fremdsprachliches Material] Worthalter
GOttes Jeſ. 52, 6. den wir hoͤren ſollen 5 B.
Moſ. 18, 15. 18. und zwar in den Schriften der
Evangeliſten und Apoſtel; als darinn er noch itzo
zu uns redet mit Nachdruck Matth. 7, 29.

11. Hat nun GOJT im alten Teſtamente
durch die Propheten geredet πολυμερῶς καὶ πο-
λυτροπως, alſo daß er den Rath ſeines Willens
nach und nach immer klaͤrer und auch auf man-
cherley Art geoffenbaret hat: ſo hat er hingegen
durch den Sohn, und in ihm, gedachten ſeinen
Willen zu einer Zeit und gleichſam auf einmal
und dazu aufs aller einfaͤltigſte, durch einen
muͤndlichen und deutlichen Vortrag in aller
Vollkommenheit alſo kund gemachet, daß wir
keiner mehrern Offenbarung benoͤthiget ſind.
Und was der Sohn GOttes ſelbſt in eigner Per-
ſon nicht gethan hat, nach Joh. 1, 18. das hat er
durch ſeine Apoſtel, durch welche er das ange-
fangene prophetiſche Amt fortgeſetzet hat, ver-
richtet, alſo daß dieſes ein Werck wie des Soh-
nes, alſo auch des Vaters iſt in dem Sohne.

12. Jm uͤbrigen iſt alhier wohl zu mercken,
daß damit, wenn alhier geſaget wird, GOtt ha-
be vor Zeiten durch die Propheten, in den letzten
Zeiten aber durch den Sohn geredet, nicht ge-
leugnet werde, daß GOtt auch im alten Te-
ſtamente durch den Sohn,
oder vielmehr
der Sohn ſelbſt durch die Propheten geredet.
Denn da er mit dem Vater und dem Heiligen
Geiſte eines Weſens iſt, ſo iſt die Rede des
Vaters, auch die Rede des Sohnes und des
Heiligen Geiſtes geweſen: Wie denn die Pro-
pheten ſolche heilige Maͤnner waren, in welchen
der Geiſt des Vaters und des Sohnes war,
und die von dem Geiſte des Vaters und des
Sohnes die goͤttliche Eingebung gehabt ha-
ben 1 Pet. 1, 11. 2 Pet. 1, 21. Ja wenn man die
Buͤcher Moſis und der Propheten durchgehet,
und den darinnen redenden und ſich offenbaren-
den GOTT recht betrachtet, ſo findet man viel
[Spaltenumbruch] haͤufiger die Perſon des Sohnes, als des Va-
ters: aber weil der Sohn zu der Zeit ſich noch
nicht offenbarete nach ſeinem eigentlichen pro-
phetiſchen Amte, als wozu die menſchliche Na-
tur erfodert wurde, ſondern am allermeiſten
nur nach ſeiner Perſon, als wahrer GOtt und
der kuͤnftige Meßias und noch kuͤnftige Prophet,
die Redens-Art aber, daß GOTT durch den
Sohn geredet, auf das prophetiſche Amt, und
dabey auf die angenommene menſchliche Natur,
gehet, ſo ſchicket ſie ſich nicht fuͤr den Sohn Got-
tes, daß GOTT im alten Teſtamente in ſol-
chem Verſtande durch ihn geredet habe, weil
nehmlich der Sohn vor der Menſchwerdung
ſelbſt als wahrer GOTT durch die Propheten
geredet hat.

V. 2.

Welchen (Sohn der menſchlichen Natur
nach) er geſetzet hat (durch die Erhoͤhung zu ſei-
ner Rechten) zum Erben (und HErrn) uͤber
alles
(was des Vaters iſt, und auch der goͤttlichen
Natur nach ſchon ſein eigen war) durch wel-
chen
(als eine von ihm unterſchiedene Perſon
des einigen goͤttlichen Weſens) er auch die
Welt
(mit allem dem, was darinnen iſt) ge-
machet hat.

Anmerckungen.

1. Zum Erben ſetzen heiſſet alhier ſo viel,
als zum Eigenthums-Herrn machen, und das
Recht zur Beſitzung und zur Herrſchaft geben:
Wie es denn der Erben Eigenſchaft iſt, durch die
Erbſchaft dazu zu gelangen. Und alſo gehet die-
ſe Setzung in die Erbſchaft eigentlich auf die
Einfuͤhrung in die majeſtaͤtiſche Verwaltung
des Koͤniglichen Amts Chriſti. Gleichwie er
nun die Koͤnigliche Dignitaͤt nach ſeiner goͤttli-
chen Natur allezeit gehabt hat; ſo hat er ſie em-
pfangen nach der menſchlichen: und zwar, nach
dem ſie ihm ſchon von Ewigkeit her durch den
Rath des Friedens zugedacht geweſen, ihm auch
in der perſoͤnlichen Vereinigung beyder Natu-
ren ſchon beygeleget war, er ſie aber in dem
Stande der Erniedrigung gar verborgen gefuͤh-
ret hatte, ſo hat er gedachte Wuͤrde uͤberkommen
durch die Erhoͤhung und alle derſelben Stuffen,
ſonderlich die letzten, da ihn der Vater zur
Rechten ſeiner Majeſtaͤt geſetzet hat.

2. Einen Erben aber nennet der Apoſtel
unſern Heyland, in Anſehung deſſen, daß er ihn
vorher einen Sohn genennet hatte. Denn da
der Soͤhne ihr natuͤrliches Recht iſt, daß ſie
Erben ſind, und die menſchliche Natur, nach
welcher er iſt ein Sohn der Marien, oder des
Menſchen Sohn, durch die Vereinigung mit
der Goͤttlichen alle Rechte der goͤttlichen Na-
tur mit uͤberkommen hat, ſo gehoͤret dazu inſon-
derheit die hohe Wuͤrde der Kindſchaft GOt-
tes, wozu die menſchliche Natur erhaben wor-
den; und folglich auch die Erbſchaft alles deſ-
ſen, was dieſelbe von ſeiten der goͤttlichen Natur
mit ſich fuͤhret.

3. Dasjenige, woruͤber Chriſtus zum Er-
ben und HErrn geſetzet, wird bezeichnet mit dem

Worte
H h
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0243" n="241"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">C. 1. v. 1. 2. an dle Hebra&#x0364;er.</hi></fw><lb/><cb/>
nen war nur bloß nach der gei&#x017F;tlichen Vereini-<lb/>
gunge: &#x017F;o war er in dem Sohne, wie der Sohn<lb/>
in ihm, wegen der Einigkeit des We&#x017F;ens, gantz<lb/>
we&#x017F;entlich: daher der Sohn mit Recht &#x017F;agte<lb/>
Joh. 10, 30. <hi rendition="#fr">Jch und der Vater &#x017F;ind eins.</hi><lb/>
Und v. 38. <hi rendition="#fr">Glaubet doch den Wercken, wollt<lb/>
ihr mir nicht glauben, auf daß ihr erken-<lb/>
net und glaubet, daß der Vater in mir i&#x017F;t,<lb/>
und ich im Vater.</hi> Und Joh. 14, 9. 10. 11.<lb/><hi rendition="#fr">Wer mich &#x017F;iehet, der &#x017F;iehet den Vater-<lb/>
glaubet mir, daß ich im Vater, und der<lb/>
Vater in mir i&#x017F;t.</hi> Und al&#x017F;o i&#x017F;t der Sohn<lb/>
GOttes, ob er gleich nach der men&#x017F;chlichen Na-<lb/>
tur, und nach dem bis ins vierte Jahr gefu&#x0364;hrten<lb/>
propheti&#x017F;chen Amte, darauf alhier ge&#x017F;ehen wird,<lb/>
ein &#x017F;ichtbarer Bot&#x017F;chafter, und der gro&#x017F;&#x017F;e Pro-<lb/>
phet GOttes gewe&#x017F;en 5 B. Mo&#x017F;. 18, 15. 18. Joh.<lb/>
1, 45. c. 6, 14. dennoch auch &#x017F;einer gantzen Per-<lb/>
&#x017F;on, und darinnen &#x017F;onderlich der go&#x0364;ttlichen Na-<lb/>
tur nach, auch als der Haupt-Urheber aller Re-<lb/>
de, und aller Offenbarung des Raths GOttes<lb/>
von un&#x017F;erer Seligkeit anzu&#x017F;ehen. Und demnach<lb/>
war er wie das we&#x017F;entliche Wort GOttes Joh.<lb/>
1, 1. al&#x017F;o auch der rechte <foreign xml:lang="heb"><gap reason="fm"/></foreign> Worthalter<lb/>
GOttes Je&#x017F;. 52, 6. den wir ho&#x0364;ren &#x017F;ollen 5 B.<lb/>
Mo&#x017F;. 18, 15. 18. und zwar in den Schriften der<lb/>
Evangeli&#x017F;ten und Apo&#x017F;tel; als darinn er noch itzo<lb/>
zu uns redet mit Nachdruck Matth. 7, 29.</p><lb/>
              <p>11. Hat nun GOJT im alten Te&#x017F;tamente<lb/>
durch die Propheten geredet &#x03C0;&#x03BF;&#x03BB;&#x03C5;&#x03BC;&#x03B5;&#x03C1;&#x1FF6;&#x03C2; &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x03C0;&#x03BF;-<lb/>
&#x03BB;&#x03C5;&#x03C4;&#x03C1;&#x03BF;&#x03C0;&#x03C9;&#x03C2;, al&#x017F;o daß er den Rath &#x017F;eines Willens<lb/>
nach und nach immer kla&#x0364;rer und auch auf man-<lb/>
cherley Art geoffenbaret hat: &#x017F;o hat er hingegen<lb/>
durch den Sohn, und in ihm, gedachten &#x017F;einen<lb/>
Willen zu einer Zeit und gleich&#x017F;am auf einmal<lb/>
und dazu aufs aller einfa&#x0364;ltig&#x017F;te, durch einen<lb/>
mu&#x0364;ndlichen und deutlichen Vortrag in aller<lb/>
Vollkommenheit al&#x017F;o kund gemachet, daß wir<lb/>
keiner mehrern Offenbarung beno&#x0364;thiget &#x017F;ind.<lb/>
Und was der Sohn GOttes &#x017F;elb&#x017F;t in eigner Per-<lb/>
&#x017F;on nicht gethan hat, nach Joh. 1, 18. das hat er<lb/>
durch &#x017F;eine Apo&#x017F;tel, durch welche er das ange-<lb/>
fangene propheti&#x017F;che Amt fortge&#x017F;etzet hat, ver-<lb/>
richtet, al&#x017F;o daß die&#x017F;es ein Werck wie des Soh-<lb/>
nes, al&#x017F;o auch des Vaters i&#x017F;t in dem Sohne.</p><lb/>
              <p>12. Jm u&#x0364;brigen i&#x017F;t alhier wohl zu mercken,<lb/>
daß damit, wenn alhier ge&#x017F;aget wird, GOtt ha-<lb/>
be vor Zeiten durch die Propheten, in den letzten<lb/>
Zeiten aber durch den Sohn geredet, nicht ge-<lb/>
leugnet werde, daß GOtt auch im <hi rendition="#fr">alten Te-<lb/>
&#x017F;tamente durch den Sohn,</hi> oder vielmehr<lb/>
der Sohn &#x017F;elb&#x017F;t durch die Propheten geredet.<lb/>
Denn da er mit dem Vater und dem Heiligen<lb/>
Gei&#x017F;te eines We&#x017F;ens i&#x017F;t, &#x017F;o i&#x017F;t die Rede des<lb/>
Vaters, auch die Rede des Sohnes und des<lb/>
Heiligen Gei&#x017F;tes gewe&#x017F;en: Wie denn die Pro-<lb/>
pheten &#x017F;olche heilige Ma&#x0364;nner waren, in welchen<lb/>
der Gei&#x017F;t des Vaters und des Sohnes war,<lb/>
und die von dem Gei&#x017F;te des Vaters und des<lb/>
Sohnes die go&#x0364;ttliche Eingebung gehabt ha-<lb/>
ben 1 Pet. 1, 11. 2 Pet. 1, 21. Ja wenn man die<lb/>
Bu&#x0364;cher Mo&#x017F;is und der Propheten durchgehet,<lb/>
und den darinnen redenden und &#x017F;ich offenbaren-<lb/>
den GOTT recht betrachtet, &#x017F;o findet man viel<lb/><cb/>
ha&#x0364;ufiger die Per&#x017F;on des Sohnes, als des Va-<lb/>
ters: aber weil der Sohn zu der Zeit &#x017F;ich noch<lb/>
nicht offenbarete nach &#x017F;einem eigentlichen pro-<lb/>
pheti&#x017F;chen Amte, als wozu die men&#x017F;chliche Na-<lb/>
tur erfodert wurde, &#x017F;ondern am allermei&#x017F;ten<lb/>
nur nach &#x017F;einer Per&#x017F;on, als wahrer GOtt und<lb/>
der ku&#x0364;nftige Meßias und noch ku&#x0364;nftige Prophet,<lb/>
die Redens-Art aber, daß GOTT durch den<lb/>
Sohn geredet, auf das propheti&#x017F;che Amt, und<lb/>
dabey auf die angenommene men&#x017F;chliche Natur,<lb/>
gehet, &#x017F;o &#x017F;chicket &#x017F;ie &#x017F;ich nicht fu&#x0364;r den Sohn Got-<lb/>
tes, daß GOTT im alten Te&#x017F;tamente in &#x017F;ol-<lb/>
chem Ver&#x017F;tande durch ihn geredet habe, weil<lb/>
nehmlich der Sohn vor der Men&#x017F;chwerdung<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t als wahrer GOTT durch die Propheten<lb/>
geredet hat.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 2.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Welchen</hi> (Sohn der men&#x017F;chlichen Natur<lb/>
nach) <hi rendition="#fr">er ge&#x017F;etzet hat</hi> (durch die Erho&#x0364;hung zu &#x017F;ei-<lb/>
ner Rechten) <hi rendition="#fr">zum Erben</hi> (und HErrn) <hi rendition="#fr">u&#x0364;ber<lb/>
alles</hi> (was des Vaters i&#x017F;t, und auch der go&#x0364;ttlichen<lb/>
Natur nach &#x017F;chon &#x017F;ein eigen war) <hi rendition="#fr">durch wel-<lb/>
chen</hi> (als eine von ihm unter&#x017F;chiedene Per&#x017F;on<lb/>
des einigen go&#x0364;ttlichen We&#x017F;ens) <hi rendition="#fr">er auch die<lb/>
Welt</hi> (mit allem dem, was darinnen i&#x017F;t) <hi rendition="#fr">ge-<lb/>
machet hat.</hi></p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <p>1. Zum <hi rendition="#fr">Erben &#x017F;etzen</hi> hei&#x017F;&#x017F;et alhier &#x017F;o viel,<lb/>
als zum <hi rendition="#fr">Eigenthums-Herrn machen,</hi> und das<lb/>
Recht zur Be&#x017F;itzung und zur Herr&#x017F;chaft geben:<lb/>
Wie es denn der Erben Eigen&#x017F;chaft i&#x017F;t, durch die<lb/>
Erb&#x017F;chaft dazu zu gelangen. Und al&#x017F;o gehet die-<lb/>
&#x017F;e Setzung in die Erb&#x017F;chaft eigentlich auf die<lb/>
Einfu&#x0364;hrung in die maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;che Verwaltung<lb/>
des Ko&#x0364;niglichen Amts Chri&#x017F;ti. Gleichwie er<lb/>
nun die Ko&#x0364;nigliche <hi rendition="#aq">Dignit</hi>a&#x0364;t nach &#x017F;einer go&#x0364;ttli-<lb/>
chen Natur allezeit gehabt hat; &#x017F;o hat er &#x017F;ie em-<lb/>
pfangen nach der men&#x017F;chlichen: und zwar, nach<lb/>
dem &#x017F;ie ihm &#x017F;chon von Ewigkeit her durch den<lb/>
Rath des Friedens zugedacht gewe&#x017F;en, ihm auch<lb/>
in der per&#x017F;o&#x0364;nlichen Vereinigung beyder Natu-<lb/>
ren &#x017F;chon beygeleget war, er &#x017F;ie aber in dem<lb/>
Stande der Erniedrigung gar verborgen gefu&#x0364;h-<lb/>
ret hatte, &#x017F;o hat er gedachte Wu&#x0364;rde u&#x0364;berkommen<lb/>
durch die Erho&#x0364;hung und alle der&#x017F;elben Stuffen,<lb/>
&#x017F;onderlich die letzten, da ihn der Vater zur<lb/>
Rechten &#x017F;einer Maje&#x017F;ta&#x0364;t ge&#x017F;etzet hat.</p><lb/>
              <p>2. Einen <hi rendition="#fr">Erben</hi> aber nennet der Apo&#x017F;tel<lb/>
un&#x017F;ern Heyland, in An&#x017F;ehung de&#x017F;&#x017F;en, daß er ihn<lb/>
vorher einen <hi rendition="#fr">Sohn</hi> genennet hatte. Denn da<lb/>
der <hi rendition="#fr">So&#x0364;hne</hi> ihr natu&#x0364;rliches Recht i&#x017F;t, daß &#x017F;ie<lb/><hi rendition="#fr">Erben</hi> &#x017F;ind, und die men&#x017F;chliche Natur, nach<lb/>
welcher er i&#x017F;t ein Sohn der Marien, oder des<lb/>
Men&#x017F;chen Sohn, durch die Vereinigung mit<lb/>
der Go&#x0364;ttlichen alle Rechte der go&#x0364;ttlichen Na-<lb/>
tur mit u&#x0364;berkommen hat, &#x017F;o geho&#x0364;ret dazu in&#x017F;on-<lb/>
derheit die hohe Wu&#x0364;rde der <hi rendition="#fr">Kind&#x017F;chaft</hi> GOt-<lb/>
tes, wozu die men&#x017F;chliche Natur erhaben wor-<lb/>
den; und folglich auch die <hi rendition="#fr">Erb&#x017F;chaft</hi> alles de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, was die&#x017F;elbe von &#x017F;eiten der go&#x0364;ttlichen Natur<lb/>
mit &#x017F;ich fu&#x0364;hret.</p><lb/>
              <p>3. Dasjenige, woru&#x0364;ber Chri&#x017F;tus zum Er-<lb/>
ben und HErrn ge&#x017F;etzet, wird bezeichnet mit dem<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h</fw><fw place="bottom" type="catch">Worte</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[241/0243] C. 1. v. 1. 2. an dle Hebraͤer. nen war nur bloß nach der geiſtlichen Vereini- gunge: ſo war er in dem Sohne, wie der Sohn in ihm, wegen der Einigkeit des Weſens, gantz weſentlich: daher der Sohn mit Recht ſagte Joh. 10, 30. Jch und der Vater ſind eins. Und v. 38. Glaubet doch den Wercken, wollt ihr mir nicht glauben, auf daß ihr erken- net und glaubet, daß der Vater in mir iſt, und ich im Vater. Und Joh. 14, 9. 10. 11. Wer mich ſiehet, der ſiehet den Vater- glaubet mir, daß ich im Vater, und der Vater in mir iſt. Und alſo iſt der Sohn GOttes, ob er gleich nach der menſchlichen Na- tur, und nach dem bis ins vierte Jahr gefuͤhrten prophetiſchen Amte, darauf alhier geſehen wird, ein ſichtbarer Botſchafter, und der groſſe Pro- phet GOttes geweſen 5 B. Moſ. 18, 15. 18. Joh. 1, 45. c. 6, 14. dennoch auch ſeiner gantzen Per- ſon, und darinnen ſonderlich der goͤttlichen Na- tur nach, auch als der Haupt-Urheber aller Re- de, und aller Offenbarung des Raths GOttes von unſerer Seligkeit anzuſehen. Und demnach war er wie das weſentliche Wort GOttes Joh. 1, 1. alſo auch der rechte _ Worthalter GOttes Jeſ. 52, 6. den wir hoͤren ſollen 5 B. Moſ. 18, 15. 18. und zwar in den Schriften der Evangeliſten und Apoſtel; als darinn er noch itzo zu uns redet mit Nachdruck Matth. 7, 29. 11. Hat nun GOJT im alten Teſtamente durch die Propheten geredet πολυμερῶς καὶ πο- λυτροπως, alſo daß er den Rath ſeines Willens nach und nach immer klaͤrer und auch auf man- cherley Art geoffenbaret hat: ſo hat er hingegen durch den Sohn, und in ihm, gedachten ſeinen Willen zu einer Zeit und gleichſam auf einmal und dazu aufs aller einfaͤltigſte, durch einen muͤndlichen und deutlichen Vortrag in aller Vollkommenheit alſo kund gemachet, daß wir keiner mehrern Offenbarung benoͤthiget ſind. Und was der Sohn GOttes ſelbſt in eigner Per- ſon nicht gethan hat, nach Joh. 1, 18. das hat er durch ſeine Apoſtel, durch welche er das ange- fangene prophetiſche Amt fortgeſetzet hat, ver- richtet, alſo daß dieſes ein Werck wie des Soh- nes, alſo auch des Vaters iſt in dem Sohne. 12. Jm uͤbrigen iſt alhier wohl zu mercken, daß damit, wenn alhier geſaget wird, GOtt ha- be vor Zeiten durch die Propheten, in den letzten Zeiten aber durch den Sohn geredet, nicht ge- leugnet werde, daß GOtt auch im alten Te- ſtamente durch den Sohn, oder vielmehr der Sohn ſelbſt durch die Propheten geredet. Denn da er mit dem Vater und dem Heiligen Geiſte eines Weſens iſt, ſo iſt die Rede des Vaters, auch die Rede des Sohnes und des Heiligen Geiſtes geweſen: Wie denn die Pro- pheten ſolche heilige Maͤnner waren, in welchen der Geiſt des Vaters und des Sohnes war, und die von dem Geiſte des Vaters und des Sohnes die goͤttliche Eingebung gehabt ha- ben 1 Pet. 1, 11. 2 Pet. 1, 21. Ja wenn man die Buͤcher Moſis und der Propheten durchgehet, und den darinnen redenden und ſich offenbaren- den GOTT recht betrachtet, ſo findet man viel haͤufiger die Perſon des Sohnes, als des Va- ters: aber weil der Sohn zu der Zeit ſich noch nicht offenbarete nach ſeinem eigentlichen pro- phetiſchen Amte, als wozu die menſchliche Na- tur erfodert wurde, ſondern am allermeiſten nur nach ſeiner Perſon, als wahrer GOtt und der kuͤnftige Meßias und noch kuͤnftige Prophet, die Redens-Art aber, daß GOTT durch den Sohn geredet, auf das prophetiſche Amt, und dabey auf die angenommene menſchliche Natur, gehet, ſo ſchicket ſie ſich nicht fuͤr den Sohn Got- tes, daß GOTT im alten Teſtamente in ſol- chem Verſtande durch ihn geredet habe, weil nehmlich der Sohn vor der Menſchwerdung ſelbſt als wahrer GOTT durch die Propheten geredet hat. V. 2. Welchen (Sohn der menſchlichen Natur nach) er geſetzet hat (durch die Erhoͤhung zu ſei- ner Rechten) zum Erben (und HErrn) uͤber alles (was des Vaters iſt, und auch der goͤttlichen Natur nach ſchon ſein eigen war) durch wel- chen (als eine von ihm unterſchiedene Perſon des einigen goͤttlichen Weſens) er auch die Welt (mit allem dem, was darinnen iſt) ge- machet hat. Anmerckungen. 1. Zum Erben ſetzen heiſſet alhier ſo viel, als zum Eigenthums-Herrn machen, und das Recht zur Beſitzung und zur Herrſchaft geben: Wie es denn der Erben Eigenſchaft iſt, durch die Erbſchaft dazu zu gelangen. Und alſo gehet die- ſe Setzung in die Erbſchaft eigentlich auf die Einfuͤhrung in die majeſtaͤtiſche Verwaltung des Koͤniglichen Amts Chriſti. Gleichwie er nun die Koͤnigliche Dignitaͤt nach ſeiner goͤttli- chen Natur allezeit gehabt hat; ſo hat er ſie em- pfangen nach der menſchlichen: und zwar, nach dem ſie ihm ſchon von Ewigkeit her durch den Rath des Friedens zugedacht geweſen, ihm auch in der perſoͤnlichen Vereinigung beyder Natu- ren ſchon beygeleget war, er ſie aber in dem Stande der Erniedrigung gar verborgen gefuͤh- ret hatte, ſo hat er gedachte Wuͤrde uͤberkommen durch die Erhoͤhung und alle derſelben Stuffen, ſonderlich die letzten, da ihn der Vater zur Rechten ſeiner Majeſtaͤt geſetzet hat. 2. Einen Erben aber nennet der Apoſtel unſern Heyland, in Anſehung deſſen, daß er ihn vorher einen Sohn genennet hatte. Denn da der Soͤhne ihr natuͤrliches Recht iſt, daß ſie Erben ſind, und die menſchliche Natur, nach welcher er iſt ein Sohn der Marien, oder des Menſchen Sohn, durch die Vereinigung mit der Goͤttlichen alle Rechte der goͤttlichen Na- tur mit uͤberkommen hat, ſo gehoͤret dazu inſon- derheit die hohe Wuͤrde der Kindſchaft GOt- tes, wozu die menſchliche Natur erhaben wor- den; und folglich auch die Erbſchaft alles deſ- ſen, was dieſelbe von ſeiten der goͤttlichen Natur mit ſich fuͤhret. 3. Dasjenige, woruͤber Chriſtus zum Er- ben und HErrn geſetzet, wird bezeichnet mit dem Worte H h

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/243
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/243>, abgerufen am 10.05.2024.