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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729.

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an die Hebräer.
[Spaltenumbruch] scheiden konte: wie er denn, ohne den gering-
sten Nachtheil seiner eignen Apostolischen Au-
ctori
tät, auch selbst manches von den übri-
gen Aposteln nachmals gehöret haben wird,
also daß das, was er aus unmittelbarer Offen-
barung erlernet hatte, auch hernach durch den
mündlichen Vortrag der übrigen Apostel auf
ihn kam, und solcher gestalt bekräftiget wur-
de. Die übrigen Ursachen, wodurch einige
bewogen worden, Paulo diesen Brief abzu-
sprechen, übergehe ich; als die noch weniger
Schein in sich haben, und aus der Abhan-
delung dieses Briefes von sich selbst wegfallen.
Ein anders ist, Zweifel wogegen erregen,
ein anders es umstossen und das Gegentheil
erweisen: welches noch von niemand gesche-
hen ist, auch nimmermehr geschehen kan.

§. II. Diejenige, an welche der Brief
geschrieben,
waren die zu Christo bekehrte
Juden oder Hebräer/ wie aus dem gantzen
Jnnhalt, und zuvorderst aus der uralten Uber-
schrift, welche man billig Paulo selbst zuschrei-
bet, oder doch aus der ersten Zeit herleitet, zu
ersehen ist. Es war aber die aus den gläubi-
gen Hebräern bestehende Kirche an keinem ge-
wissen und eintzeln Orte, sondern sie befunde sich
überhaupt in Orient; und wie in Judäa selbst,
also meistentheils ausser diesem Lande in den Län-
dern Asiens, welche disseit des Euphrats liegen:
als welche damals schon von etlichen Seculis her
sehr starck von der Judischen Nation wa-
ren bewohnet worden; darinnen sie auch un-
ter den übrigen Völckern ihre Religions-Frey-
heit gehabt, und auch sonst nach ihren Gesetzen
gelebet haben: so viel die Oberherrschaft der
Orientalischen Könige und der Römer zuliesse.
Und eben diese waren es, wie zuvor gedacht, an
welche auch Petrus seine beyden Briefe geschrie-
ben hat: die er daher, weil sie grossen theils aus-
ser dem Judischen Lande unter andern Völckern
zerstreuet lebeten, Ep. 1. cap. 1. v. 1. nennet die
auserwehlten Fremdlinge hin und her
(dia-
sporas, der Zerstreuung,) in Ponto, Gala-
tia, Cappadocia, Asia und Bithynia.

Unter welchen Namen auch noch andere mit ver-
standen sind. Wir erkennen demnach hieraus,
daß, obgleich das Judische Volck seines Unglau-
bens halber dem grössesten Theile nach das Recht,
ein Volck GOttes zu seyn, verloren hatte, den-
noch davon eine grosse Anzahl, welche gewiß aus
viel tausenden, ja hundert tausenden bestanden,
durch das Evangelium ist gewonnen worden.
Wie denn ausser denen vielen, welche im gantzen
Judischen Lande durch die Predigt Johannis,
Christi und seiner Apostel waren gewonnen wor-
den, nach der Himmelfarth Christi durch die er-
sten Predigten Petri fünftausend Seelen zu
Christo bekehret wurden. Ap. Gesch. 4, 4. Und
daher sprach nachmal Jacobus zu Paulo c. 21, 20.
Bruder, du siehest, wie viel tausend (po-
sai muriades,) Juden sind, die gläubig
worden sind.
Welchen aber, den Juden im
gelobten Lande, oder denen ausser demselben,
[Spaltenumbruch] und an welchem Orte dieser Brief zu erst einge-
händiget, und von wannen er weiter commu-
nicir
et worden, das ist unbekannt, und zu wis-
sen unnöthig.

§. III. Was die Sprache betrifft, in
welcher dieser Brief anfänglich geschrieben; so
haben zwar einige schon vor alters dafür gehal-
ten, daß, weil er an die Hebräer gerichtet, so
sey er auch in Hebräischer Sprache gestellet wor-
den: allein so wenig Petrus deswegen Hebräisch
geschrieben, so wenig kan es auch von Paulo ge-
saget werden. Daß aber die Griechische Spra-
che, worinnen wir ihn noch haben, allein die
rechte Grund-Sprache sey, ist auch daraus zu
erkennen, daß der alte vorgegebene Hebräische
Text weder itzo vorhanden ist, noch iemals vor-
handen gewesen, und doch, wenn er da gewe-
sen wäre, nicht würde verloren gegangen, son-
dern unter der göttlichen Providentz von den
Gläubigen so vieler Völcker wol würde bewah-
ret und auf unsere Zeiten gebracht seyn. So
hat auch der Apostel in Anführung der Stellen
des alten Testaments sich mehrmal der alten
Griechischen Version bedienet: welches er nicht
gethan, sondern dafür den Hebräischen Text
behalten haben würde, wenn er Hebräisch ge-
schrieben hätte. Anderer rationum zu ge-
schweigen.

§. IV. Der Ort/ wo dieser Brief ge-
schrieben. Dieser ist Jtalien, wie der Apostel
selbst ausdrücklich bezeuget cap. 13, 24. wenn er
spricht: Es grüssen euch die Brüder aus
Jtalia.
Denn da der Apostel auch sonst in an-
dern Briefen die Grüsse von den damals gegen-
wärtigen Gemeinen und Personen überschrie-
ben hat; so ist nicht vermuthlich, daß er ausserhalb
Jtaliens von den Jtaliänern einen Gruß werde
bestellet haben. Warum er aber keinen gewis-
sen Ort genennet hat, läßt sich so eigentlich nicht
sagen. Allem Ansehen nach ist es des mehrern
Nachdrucks wegen geschehen. Denn da er nicht
an eine eintzele Gemeine in Orient, sondern an
sehr viele geschrieben, so war es auch füglich, sie
nicht von einer, sondern überhaupt von den
Gemeinen, oder Brüdern, und folglich auch
Schwestern in Christo, das ist gläubigen Chri-
sten in Jtalien zu grüssen. Daraus man denn
auch siehet, daß Paulus unter ihnen seines Vor-
habens, an die gläubigen Hebräer zu schreiben,
vorher muß erwehnet haben. Jst es denn gleich
nicht bey allen geschehen, so war es doch genug,
daß auch die übrigen alle in gleicher Gemein-
schaft des Sinnes gegen sie stunden, und unter
andern auch, auf Pauli Veranlassung, der
Gläubigen in Orient oftmal werden gedacht
haben.

§. V. Die Zeit dieses geschriebenen Brie-
fes fällt in das Jahr Christi 63, welches das
neunte war in der Regierung Neronis. Denn
im Jahr 61. kam Paulus zum ersten mal nach
Rom, und wurde daselbst 2. Jahr in seinem ei-
genen Gedinge gefangen gehalten. Ap. Gesch.
28, 30. 31. Er muß aber bereits in seine Freyheit

wie-
G g 2
an die Hebraͤer.
[Spaltenumbruch] ſcheiden konte: wie er denn, ohne den gering-
ſten Nachtheil ſeiner eignen Apoſtoliſchen Au-
ctori
taͤt, auch ſelbſt manches von den uͤbri-
gen Apoſteln nachmals gehoͤret haben wird,
alſo daß das, was er aus unmittelbarer Offen-
barung erlernet hatte, auch hernach durch den
muͤndlichen Vortrag der uͤbrigen Apoſtel auf
ihn kam, und ſolcher geſtalt bekraͤftiget wur-
de. Die uͤbrigen Urſachen, wodurch einige
bewogen worden, Paulo dieſen Brief abzu-
ſprechen, uͤbergehe ich; als die noch weniger
Schein in ſich haben, und aus der Abhan-
delung dieſes Briefes von ſich ſelbſt wegfallen.
Ein anders iſt, Zweifel wogegen erregen,
ein anders es umſtoſſen und das Gegentheil
erweiſen: welches noch von niemand geſche-
hen iſt, auch nimmermehr geſchehen kan.

§. II. Diejenige, an welche der Brief
geſchrieben,
waren die zu Chriſto bekehrte
Juden oder Hebraͤer/ wie aus dem gantzen
Jnnhalt, und zuvorderſt aus der uralten Uber-
ſchrift, welche man billig Paulo ſelbſt zuſchrei-
bet, oder doch aus der erſten Zeit herleitet, zu
erſehen iſt. Es war aber die aus den glaͤubi-
gen Hebraͤern beſtehende Kirche an keinem ge-
wiſſen und eintzeln Orte, ſondern ſie befunde ſich
uͤberhaupt in Orient; und wie in Judaͤa ſelbſt,
alſo meiſtentheils auſſer dieſem Lande in den Laͤn-
dern Aſiens, welche diſſeit des Euphrats liegen:
als welche damals ſchon von etlichen Seculis her
ſehr ſtarck von der Judiſchen Nation wa-
ren bewohnet worden; darinnen ſie auch un-
ter den uͤbrigen Voͤlckern ihre Religions-Frey-
heit gehabt, und auch ſonſt nach ihren Geſetzen
gelebet haben: ſo viel die Oberherrſchaft der
Orientaliſchen Koͤnige und der Roͤmer zulieſſe.
Und eben dieſe waren es, wie zuvor gedacht, an
welche auch Petrus ſeine beyden Briefe geſchrie-
ben hat: die er daher, weil ſie groſſen theils auſ-
ſer dem Judiſchen Lande unter andern Voͤlckern
zerſtreuet lebeten, Ep. 1. cap. 1. v. 1. nennet die
auserwehlten Fremdlinge hin und her
(δια-
σϖορᾶς, der Zerſtreuung,) in Ponto, Gala-
tia, Cappadocia, Aſia und Bithynia.

Unter welchen Namen auch noch andere mit ver-
ſtanden ſind. Wir erkennen demnach hieraus,
daß, obgleich das Judiſche Volck ſeines Unglau-
bens halber dem groͤſſeſten Theile nach das Recht,
ein Volck GOttes zu ſeyn, verloren hatte, den-
noch davon eine groſſe Anzahl, welche gewiß aus
viel tauſenden, ja hundert tauſenden beſtanden,
durch das Evangelium iſt gewonnen worden.
Wie denn auſſer denen vielen, welche im gantzen
Judiſchen Lande durch die Predigt Johannis,
Chriſti und ſeiner Apoſtel waren gewonnen wor-
den, nach der Himmelfarth Chriſti durch die er-
ſten Predigten Petri fuͤnftauſend Seelen zu
Chriſto bekehret wurden. Ap. Geſch. 4, 4. Und
daher ſprach nachmal Jacobus zu Paulo c. 21, 20.
Bruder, du ſieheſt, wie viel tauſend (πο-
σαι μυριάδες,) Juden ſind, die glaͤubig
worden ſind.
Welchen aber, den Juden im
gelobten Lande, oder denen auſſer demſelben,
[Spaltenumbruch] und an welchem Orte dieſer Brief zu erſt einge-
haͤndiget, und von wannen er weiter commu-
nicir
et worden, das iſt unbekannt, und zu wiſ-
ſen unnoͤthig.

§. III. Was die Sprache betrifft, in
welcher dieſer Brief anfaͤnglich geſchrieben; ſo
haben zwar einige ſchon vor alters dafuͤr gehal-
ten, daß, weil er an die Hebraͤer gerichtet, ſo
ſey er auch in Hebraͤiſcher Sprache geſtellet wor-
den: allein ſo wenig Petrus deswegen Hebraͤiſch
geſchrieben, ſo wenig kan es auch von Paulo ge-
ſaget werden. Daß aber die Griechiſche Spra-
che, worinnen wir ihn noch haben, allein die
rechte Grund-Sprache ſey, iſt auch daraus zu
erkennen, daß der alte vorgegebene Hebraͤiſche
Text weder itzo vorhanden iſt, noch iemals vor-
handen geweſen, und doch, wenn er da gewe-
ſen waͤre, nicht wuͤrde verloren gegangen, ſon-
dern unter der goͤttlichen Providentz von den
Glaͤubigen ſo vieler Voͤlcker wol wuͤrde bewah-
ret und auf unſere Zeiten gebracht ſeyn. So
hat auch der Apoſtel in Anfuͤhrung der Stellen
des alten Teſtaments ſich mehrmal der alten
Griechiſchen Verſion bedienet: welches er nicht
gethan, ſondern dafuͤr den Hebraͤiſchen Text
behalten haben wuͤrde, wenn er Hebraͤiſch ge-
ſchrieben haͤtte. Anderer rationum zu ge-
ſchweigen.

§. IV. Der Ort/ wo dieſer Brief ge-
ſchrieben. Dieſer iſt Jtalien, wie der Apoſtel
ſelbſt ausdruͤcklich bezeuget cap. 13, 24. wenn er
ſpricht: Es gruͤſſen euch die Bruͤder aus
Jtalia.
Denn da der Apoſtel auch ſonſt in an-
dern Briefen die Gruͤſſe von den damals gegen-
waͤrtigen Gemeinen und Perſonen uͤberſchrie-
ben hat; ſo iſt nicht vermuthlich, daß er auſſerhalb
Jtaliens von den Jtaliaͤnern einen Gruß werde
beſtellet haben. Warum er aber keinen gewiſ-
ſen Ort genennet hat, laͤßt ſich ſo eigentlich nicht
ſagen. Allem Anſehen nach iſt es des mehrern
Nachdrucks wegen geſchehen. Denn da er nicht
an eine eintzele Gemeine in Orient, ſondern an
ſehr viele geſchrieben, ſo war es auch fuͤglich, ſie
nicht von einer, ſondern uͤberhaupt von den
Gemeinen, oder Bruͤdern, und folglich auch
Schweſtern in Chriſto, das iſt glaͤubigen Chri-
ſten in Jtalien zu gruͤſſen. Daraus man denn
auch ſiehet, daß Paulus unter ihnen ſeines Vor-
habens, an die glaͤubigen Hebraͤer zu ſchreiben,
vorher muß erwehnet haben. Jſt es denn gleich
nicht bey allen geſchehen, ſo war es doch genug,
daß auch die uͤbrigen alle in gleicher Gemein-
ſchaft des Sinnes gegen ſie ſtunden, und unter
andern auch, auf Pauli Veranlaſſung, der
Glaͤubigen in Orient oftmal werden gedacht
haben.

§. V. Die Zeit dieſes geſchriebenen Brie-
fes faͤllt in das Jahr Chriſti 63, welches das
neunte war in der Regierung Neronis. Denn
im Jahr 61. kam Paulus zum erſten mal nach
Rom, und wurde daſelbſt 2. Jahr in ſeinem ei-
genen Gedinge gefangen gehalten. Ap. Geſch.
28, 30. 31. Er muß aber bereits in ſeine Freyheit

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[235/0237] an die Hebraͤer. ſcheiden konte: wie er denn, ohne den gering- ſten Nachtheil ſeiner eignen Apoſtoliſchen Au- ctoritaͤt, auch ſelbſt manches von den uͤbri- gen Apoſteln nachmals gehoͤret haben wird, alſo daß das, was er aus unmittelbarer Offen- barung erlernet hatte, auch hernach durch den muͤndlichen Vortrag der uͤbrigen Apoſtel auf ihn kam, und ſolcher geſtalt bekraͤftiget wur- de. Die uͤbrigen Urſachen, wodurch einige bewogen worden, Paulo dieſen Brief abzu- ſprechen, uͤbergehe ich; als die noch weniger Schein in ſich haben, und aus der Abhan- delung dieſes Briefes von ſich ſelbſt wegfallen. Ein anders iſt, Zweifel wogegen erregen, ein anders es umſtoſſen und das Gegentheil erweiſen: welches noch von niemand geſche- hen iſt, auch nimmermehr geſchehen kan. §. II. Diejenige, an welche der Brief geſchrieben, waren die zu Chriſto bekehrte Juden oder Hebraͤer/ wie aus dem gantzen Jnnhalt, und zuvorderſt aus der uralten Uber- ſchrift, welche man billig Paulo ſelbſt zuſchrei- bet, oder doch aus der erſten Zeit herleitet, zu erſehen iſt. Es war aber die aus den glaͤubi- gen Hebraͤern beſtehende Kirche an keinem ge- wiſſen und eintzeln Orte, ſondern ſie befunde ſich uͤberhaupt in Orient; und wie in Judaͤa ſelbſt, alſo meiſtentheils auſſer dieſem Lande in den Laͤn- dern Aſiens, welche diſſeit des Euphrats liegen: als welche damals ſchon von etlichen Seculis her ſehr ſtarck von der Judiſchen Nation wa- ren bewohnet worden; darinnen ſie auch un- ter den uͤbrigen Voͤlckern ihre Religions-Frey- heit gehabt, und auch ſonſt nach ihren Geſetzen gelebet haben: ſo viel die Oberherrſchaft der Orientaliſchen Koͤnige und der Roͤmer zulieſſe. Und eben dieſe waren es, wie zuvor gedacht, an welche auch Petrus ſeine beyden Briefe geſchrie- ben hat: die er daher, weil ſie groſſen theils auſ- ſer dem Judiſchen Lande unter andern Voͤlckern zerſtreuet lebeten, Ep. 1. cap. 1. v. 1. nennet die auserwehlten Fremdlinge hin und her (δια- σϖορᾶς, der Zerſtreuung,) in Ponto, Gala- tia, Cappadocia, Aſia und Bithynia. Unter welchen Namen auch noch andere mit ver- ſtanden ſind. Wir erkennen demnach hieraus, daß, obgleich das Judiſche Volck ſeines Unglau- bens halber dem groͤſſeſten Theile nach das Recht, ein Volck GOttes zu ſeyn, verloren hatte, den- noch davon eine groſſe Anzahl, welche gewiß aus viel tauſenden, ja hundert tauſenden beſtanden, durch das Evangelium iſt gewonnen worden. Wie denn auſſer denen vielen, welche im gantzen Judiſchen Lande durch die Predigt Johannis, Chriſti und ſeiner Apoſtel waren gewonnen wor- den, nach der Himmelfarth Chriſti durch die er- ſten Predigten Petri fuͤnftauſend Seelen zu Chriſto bekehret wurden. Ap. Geſch. 4, 4. Und daher ſprach nachmal Jacobus zu Paulo c. 21, 20. Bruder, du ſieheſt, wie viel tauſend (πο- σαι μυριάδες,) Juden ſind, die glaͤubig worden ſind. Welchen aber, den Juden im gelobten Lande, oder denen auſſer demſelben, und an welchem Orte dieſer Brief zu erſt einge- haͤndiget, und von wannen er weiter commu- niciret worden, das iſt unbekannt, und zu wiſ- ſen unnoͤthig. §. III. Was die Sprache betrifft, in welcher dieſer Brief anfaͤnglich geſchrieben; ſo haben zwar einige ſchon vor alters dafuͤr gehal- ten, daß, weil er an die Hebraͤer gerichtet, ſo ſey er auch in Hebraͤiſcher Sprache geſtellet wor- den: allein ſo wenig Petrus deswegen Hebraͤiſch geſchrieben, ſo wenig kan es auch von Paulo ge- ſaget werden. Daß aber die Griechiſche Spra- che, worinnen wir ihn noch haben, allein die rechte Grund-Sprache ſey, iſt auch daraus zu erkennen, daß der alte vorgegebene Hebraͤiſche Text weder itzo vorhanden iſt, noch iemals vor- handen geweſen, und doch, wenn er da gewe- ſen waͤre, nicht wuͤrde verloren gegangen, ſon- dern unter der goͤttlichen Providentz von den Glaͤubigen ſo vieler Voͤlcker wol wuͤrde bewah- ret und auf unſere Zeiten gebracht ſeyn. So hat auch der Apoſtel in Anfuͤhrung der Stellen des alten Teſtaments ſich mehrmal der alten Griechiſchen Verſion bedienet: welches er nicht gethan, ſondern dafuͤr den Hebraͤiſchen Text behalten haben wuͤrde, wenn er Hebraͤiſch ge- ſchrieben haͤtte. Anderer rationum zu ge- ſchweigen. §. IV. Der Ort/ wo dieſer Brief ge- ſchrieben. Dieſer iſt Jtalien, wie der Apoſtel ſelbſt ausdruͤcklich bezeuget cap. 13, 24. wenn er ſpricht: Es gruͤſſen euch die Bruͤder aus Jtalia. Denn da der Apoſtel auch ſonſt in an- dern Briefen die Gruͤſſe von den damals gegen- waͤrtigen Gemeinen und Perſonen uͤberſchrie- ben hat; ſo iſt nicht vermuthlich, daß er auſſerhalb Jtaliens von den Jtaliaͤnern einen Gruß werde beſtellet haben. Warum er aber keinen gewiſ- ſen Ort genennet hat, laͤßt ſich ſo eigentlich nicht ſagen. Allem Anſehen nach iſt es des mehrern Nachdrucks wegen geſchehen. Denn da er nicht an eine eintzele Gemeine in Orient, ſondern an ſehr viele geſchrieben, ſo war es auch fuͤglich, ſie nicht von einer, ſondern uͤberhaupt von den Gemeinen, oder Bruͤdern, und folglich auch Schweſtern in Chriſto, das iſt glaͤubigen Chri- ſten in Jtalien zu gruͤſſen. Daraus man denn auch ſiehet, daß Paulus unter ihnen ſeines Vor- habens, an die glaͤubigen Hebraͤer zu ſchreiben, vorher muß erwehnet haben. Jſt es denn gleich nicht bey allen geſchehen, ſo war es doch genug, daß auch die uͤbrigen alle in gleicher Gemein- ſchaft des Sinnes gegen ſie ſtunden, und unter andern auch, auf Pauli Veranlaſſung, der Glaͤubigen in Orient oftmal werden gedacht haben. §. V. Die Zeit dieſes geſchriebenen Brie- fes faͤllt in das Jahr Chriſti 63, welches das neunte war in der Regierung Neronis. Denn im Jahr 61. kam Paulus zum erſten mal nach Rom, und wurde daſelbſt 2. Jahr in ſeinem ei- genen Gedinge gefangen gehalten. Ap. Geſch. 28, 30. 31. Er muß aber bereits in ſeine Freyheit wie- G g 2

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/237>, abgerufen am 23.11.2024.