[Spaltenumbruch]
auch zuvorderst suchen seines Sinnes zu werden; wie Paulus vom Onesimo rühmet!
V. 13. 14.
Denn ich wolte ihn bey mir behalten, daß er mir an deiner statt dienete (wie ich dir denn dieses zutraue, daß, wenn du zu Rom wärest, du solches nicht unterlassen würdest) in den Banden des Evangelii (die auch JEsu Christi sind V. 1. 9.) aber ohne deinen Wil- len wolte ich nichts thun, auf daß dein gu- tes nicht wäre genöthiget, sondern frey- willig.
Anmerckungen.
1. Man erkennet hieraus, daß Onesimus müsse ein leibeigner Knecht des Philemonis gewe- sen seyn; wie man ohne das aus dem Alterthum derselbigen Zeiten und Länder weiß. Denn Paulus eignet Onesimum dem Philemoni also zu, wie es dieselbige Knechtschaft mit sich brachte. Und also bezeuget er damit, daß die Verbindung in welcher Onesimus gegen den Philemonem stunde, an sich selbst durch das Christenthum nicht sey aufgehoben worden. Daß aber der Stand der Leibeigenen daburch gar sehr verbessert wor- den, das siehet man daraus, daß Paulus Onesi- mum als einen lieben Bruder, ja als sein eige- nes Hertz, will aufgenommen wissen; wie er denn auch ohne Zweifel aufs liebreichste ist aufge- nommen worden.
2. Jn den Wercken der Liebe ist nichts bes- sers, als die Freywilligkeit: als welche auch von ihrer reinen evangelischen Qvelle zeuget; da hingegen alle gezwungene Wercke nur sind äusser- liche, und keine recht gute Wercke.
3. Es hat über Paulum eine besondere Gnade GOttes gewaltet, daß er in seiner Ge- fangenschaft zu Rom nicht so hart gehalten ist, daß andere Christen nicht wären zu ihm gelassen worden. Ja es ist ihm eine solche Freyheit gelas- sen, daß er zwar einen gewissen Krieges-Knecht zur Wache stets um sich gehabt, auch mit der Ket- te gegangen; aber doch hat wohnen, und in sei- ner Wohnung lehren dürfen, was und wie er nur selbst gewolt. Man sehe hievon Lucam, der in der Ap. Gesch. 28, 16. 30. 31. also schreibet: Paulo ward erlaubet zu bleiben, wo er wolte, mit einem Krieges-Knechte, der sein hüte- te. Paulus aber bliebe zwey Jahr in sei- nem eigenen Gedinge, und nahm auf alle, die zu ihm einkamen; predigte das Reich und lehrete von dem HErrn JEsu mit aller Freudigkeit unverboten.
4. Man halte dagegen das Verfahren des itzigen Roms, und sehe zu, ob sie mit einem ein- tzigen, als einem Ketzer tractirten Zeugen der Wahrheit, so gelinde umgehen, als das alte Rom. Es ist demnach das antichristische Rom zehen mal ärger als ehemal das heydnische war. Von der Redens-Art, Paulo in seinen Banden an des andern statt dienen, sehe man auch Phil. [unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt], 30. und von der Freywilligkeit in Beweisung der Liebe 2 Cor. 9, 7.
[Spaltenumbruch]
V. 15. 16.
Vielleicht aber ist er darum eine Zeit- lang von dir kommen, daß du ihn ewig wieder hättest (oder er mit dir ewig selig wür- de, da einer von dem andern nimmermehr ge- schieden wird.) v. 16. Nun nicht mehr als einen (blossen) Knecht, sondern mehr denn einen Knecht, einen lieben Bruder, sonderlich mir, wie vielmehr aber dir beyde nach dem Fleische (nach dem äusserlichen Zustande deiner Familie oder Hausgenossen, davon er ein Glied ist) und in dem HErrn (JEsu Christo, wel- cher diesen Namen mit dem Nachdrucke des Na- mens Jehovah etliche hundert mal im neuen Te- stamente führet; sintemal er mit dem Hebräischen Worte Jehovah durch und durch in den Schrif- ten des alten Testaments benennet wird: dafür die Griechischen Interpretes das Wort kurios gebrauchen: daher dessen so vielfältiger Gebrauch im neuen Testamente kömmt.)
Anmerckungen.
1. Mit dem Worte vielleicht siehet der Apostel auf die sonderbare Providentz GOttes, nach welcher GOtt die Bosheit des Onesimi zu- gelassen; aber sie zum heylsamen Zweck mit dem würcklichen Erfolg gerichtet hatte. Nun war zwar dieser Erfolg gewiß: Paulus aber gebrauchet doch das Wort vielleicht in Ansehung des vor- hergehenden Zustandes und der bösen That des Onesimi, als dabey man einen so gesegneten Aus- gang eher wünschen, als hoffen konte.
2. Es erweiset sich darinnen nach der be- ständigen Erfahrung eine rechte Tieffe der gött- lichen Weisheit und Güte, daß das zugelas- sene Böse oft zu so vielem Guten dienen muß. Wie man sonderlich an dem Exempel Josephs siehet. Manchem muß sein äusserster Verfall zu so viel eherer und besserer Auferstehung gereichen.
3. O wie wohl stehet es in einem Hause, wenn HErr und Frau nebst dem Gesinde mit einander im HErrn stehen und GOtt fürchten? Phile- mon und Appia werden nun so viel mehrere Er- qvickung am Onesimo überkommen haben, so viel grösser vorher ihr Kummer seinet wegen gewesen war, daß er sich so gar nicht zum Christenthum beqvemen wollen, daß er vielmehr die Sünde sei- nes Unglaubens mit der Sünde des Diebstals gehäuffet hatte, und entlaufen war. Und da sie seine Bekehrung mehr gewünschet, als gehoffet hatten, so ist ohn Zweifel ihre Freude über ihn so viel grösser gewesen. Wie gehet die suchende Gnade dem Sünder nicht nach?
V. 17.
So du mich nun hältest für deinen Gesellen (koinonon, für den, der gleicher Gnade GOttes mit dir theilhaftig ist, und mit dir in der Gemeinschaft GOttes stehet, nach dem gemein- schaftlichen Glauben V. 6.) so wollest du ihn, als mich selbst (als mein eigen Hertz v. 12.) an- nehmen.
Anmer-
F f 3
v. 13. 17. an den Philemonem.
[Spaltenumbruch]
auch zuvorderſt ſuchen ſeines Sinnes zu werden; wie Paulus vom Oneſimo ruͤhmet!
V. 13. 14.
Denn ich wolte ihn bey mir behalten, daß er mir an deiner ſtatt dienete (wie ich dir denn dieſes zutraue, daß, wenn du zu Rom waͤreſt, du ſolches nicht unterlaſſen wuͤrdeſt) in den Banden des Evangelii (die auch JEſu Chriſti ſind V. 1. 9.) aber ohne deinen Wil- len wolte ich nichts thun, auf daß dein gu- tes nicht waͤre genoͤthiget, ſondern frey- willig.
Anmerckungen.
1. Man erkennet hieraus, daß Oneſimus muͤſſe ein leibeigner Knecht des Philemonis gewe- ſen ſeyn; wie man ohne das aus dem Alterthum derſelbigen Zeiten und Laͤnder weiß. Denn Paulus eignet Oneſimum dem Philemoni alſo zu, wie es dieſelbige Knechtſchaft mit ſich brachte. Und alſo bezeuget er damit, daß die Verbindung in welcher Oneſimus gegen den Philemonem ſtunde, an ſich ſelbſt durch das Chriſtenthum nicht ſey aufgehoben worden. Daß aber der Stand der Leibeigenen daburch gar ſehr verbeſſert wor- den, das ſiehet man daraus, daß Paulus Oneſi- mum als einen lieben Bruder, ja als ſein eige- nes Hertz, will aufgenommen wiſſen; wie er denn auch ohne Zweifel aufs liebreichſte iſt aufge- nommen worden.
2. Jn den Wercken der Liebe iſt nichts beſ- ſers, als die Freywilligkeit: als welche auch von ihrer reinen evangeliſchen Qvelle zeuget; da hingegen alle gezwungene Wercke nur ſind aͤuſſer- liche, und keine recht gute Wercke.
3. Es hat uͤber Paulum eine beſondere Gnade GOttes gewaltet, daß er in ſeiner Ge- fangenſchaft zu Rom nicht ſo hart gehalten iſt, daß andere Chriſten nicht waͤren zu ihm gelaſſen worden. Ja es iſt ihm eine ſolche Freyheit gelaſ- ſen, daß er zwar einen gewiſſen Krieges-Knecht zur Wache ſtets um ſich gehabt, auch mit der Ket- te gegangen; aber doch hat wohnen, und in ſei- ner Wohnung lehren duͤrfen, was und wie er nur ſelbſt gewolt. Man ſehe hievon Lucam, der in der Ap. Geſch. 28, 16. 30. 31. alſo ſchreibet: Paulo ward erlaubet zu bleiben, wo er wolte, mit einem Krieges-Knechte, der ſein huͤte- te. Paulus aber bliebe zwey Jahr in ſei- nem eigenen Gedinge, und nahm auf alle, die zu ihm einkamen; predigte das Reich und lehrete von dem HErrn JEſu mit aller Freudigkeit unverboten.
4. Man halte dagegen das Verfahren des itzigen Roms, und ſehe zu, ob ſie mit einem ein- tzigen, als einem Ketzer tractirten Zeugen der Wahrheit, ſo gelinde umgehen, als das alte Rom. Es iſt demnach das antichriſtiſche Rom zehen mal aͤrger als ehemal das heydniſche war. Von der Redens-Art, Paulo in ſeinen Banden an des andern ſtatt dienen, ſehe man auch Phil. [unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt], 30. und von der Freywilligkeit in Beweiſung der Liebe 2 Cor. 9, 7.
[Spaltenumbruch]
V. 15. 16.
Vielleicht aber iſt er darum eine Zeit- lang von dir kommen, daß du ihn ewig wieder haͤtteſt (oder er mit dir ewig ſelig wuͤr- de, da einer von dem andern nimmermehr ge- ſchieden wird.) v. 16. Nun nicht mehr als einen (bloſſen) Knecht, ſondern mehr denn einen Knecht, einen lieben Bruder, ſonderlich mir, wie vielmehr aber dir beyde nach dem Fleiſche (nach dem aͤuſſerlichen Zuſtande deiner Familie oder Hausgenoſſen, davon er ein Glied iſt) und in dem HErrn (JEſu Chriſto, wel- cher dieſen Namen mit dem Nachdrucke des Na- mens Jehovah etliche hundert mal im neuen Te- ſtamente fuͤhret; ſintemal er mit dem Hebraͤiſchen Worte Jehovah durch und durch in den Schrif- ten des alten Teſtaments benennet wird: dafuͤr die Griechiſchen Interpretes das Wort κύριος gebrauchen: daher deſſen ſo vielfaͤltiger Gebrauch im neuen Teſtamente koͤmmt.)
Anmerckungen.
1. Mit dem Worte vielleicht ſiehet der Apoſtel auf die ſonderbare Providentz GOttes, nach welcher GOtt die Bosheit des Oneſimi zu- gelaſſen; aber ſie zum heylſamen Zweck mit dem wuͤrcklichen Erfolg gerichtet hatte. Nun war zwar dieſer Erfolg gewiß: Paulus aber gebrauchet doch das Wort vielleicht in Anſehung des vor- hergehenden Zuſtandes und der boͤſen That des Oneſimi, als dabey man einen ſo geſegneten Aus- gang eher wuͤnſchen, als hoffen konte.
2. Es erweiſet ſich darinnen nach der be- ſtaͤndigen Erfahrung eine rechte Tieffe der goͤtt- lichen Weisheit und Guͤte, daß das zugelaſ- ſene Boͤſe oft zu ſo vielem Guten dienen muß. Wie man ſonderlich an dem Exempel Joſephs ſiehet. Manchem muß ſein aͤuſſerſter Verfall zu ſo viel eherer und beſſerer Auferſtehung gereichen.
3. O wie wohl ſtehet es in einem Hauſe, wenn HErr und Frau nebſt dem Geſinde mit einander im HErrn ſtehen und GOtt fuͤrchten? Phile- mon und Appia werden nun ſo viel mehrere Er- qvickung am Oneſimo uͤberkommen haben, ſo viel groͤſſer vorher ihr Kummer ſeinet wegen geweſen war, daß er ſich ſo gar nicht zum Chriſtenthum beqvemen wollen, daß er vielmehr die Suͤnde ſei- nes Unglaubens mit der Suͤnde des Diebſtals gehaͤuffet hatte, und entlaufen war. Und da ſie ſeine Bekehrung mehr gewuͤnſchet, als gehoffet hatten, ſo iſt ohn Zweifel ihre Freude uͤber ihn ſo viel groͤſſer geweſen. Wie gehet die ſuchende Gnade dem Suͤnder nicht nach?
V. 17.
So du mich nun haͤlteſt fuͤr deinen Geſellen (κοινωνὸν, fuͤr den, der gleicher Gnade GOttes mit dir theilhaftig iſt, und mit dir in der Gemeinſchaft GOttes ſtehet, nach dem gemein- ſchaftlichen Glauben V. 6.) ſo wolleſt du ihn, als mich ſelbſt (als mein eigen Hertz v. 12.) an- nehmen.
Anmer-
F f 3
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[229/0231]
v. 13. 17. an den Philemonem.
auch zuvorderſt ſuchen ſeines Sinnes zu werden;
wie Paulus vom Oneſimo ruͤhmet!
V. 13. 14.
Denn ich wolte ihn bey mir behalten,
daß er mir an deiner ſtatt dienete (wie ich
dir denn dieſes zutraue, daß, wenn du zu Rom
waͤreſt, du ſolches nicht unterlaſſen wuͤrdeſt) in
den Banden des Evangelii (die auch JEſu
Chriſti ſind V. 1. 9.) aber ohne deinen Wil-
len wolte ich nichts thun, auf daß dein gu-
tes nicht waͤre genoͤthiget, ſondern frey-
willig.
Anmerckungen.
1. Man erkennet hieraus, daß Oneſimus
muͤſſe ein leibeigner Knecht des Philemonis gewe-
ſen ſeyn; wie man ohne das aus dem Alterthum
derſelbigen Zeiten und Laͤnder weiß. Denn
Paulus eignet Oneſimum dem Philemoni alſo zu,
wie es dieſelbige Knechtſchaft mit ſich brachte.
Und alſo bezeuget er damit, daß die Verbindung
in welcher Oneſimus gegen den Philemonem
ſtunde, an ſich ſelbſt durch das Chriſtenthum nicht
ſey aufgehoben worden. Daß aber der Stand
der Leibeigenen daburch gar ſehr verbeſſert wor-
den, das ſiehet man daraus, daß Paulus Oneſi-
mum als einen lieben Bruder, ja als ſein eige-
nes Hertz, will aufgenommen wiſſen; wie er
denn auch ohne Zweifel aufs liebreichſte iſt aufge-
nommen worden.
2. Jn den Wercken der Liebe iſt nichts beſ-
ſers, als die Freywilligkeit: als welche auch
von ihrer reinen evangeliſchen Qvelle zeuget; da
hingegen alle gezwungene Wercke nur ſind aͤuſſer-
liche, und keine recht gute Wercke.
3. Es hat uͤber Paulum eine beſondere
Gnade GOttes gewaltet, daß er in ſeiner Ge-
fangenſchaft zu Rom nicht ſo hart gehalten iſt,
daß andere Chriſten nicht waͤren zu ihm gelaſſen
worden. Ja es iſt ihm eine ſolche Freyheit gelaſ-
ſen, daß er zwar einen gewiſſen Krieges-Knecht
zur Wache ſtets um ſich gehabt, auch mit der Ket-
te gegangen; aber doch hat wohnen, und in ſei-
ner Wohnung lehren duͤrfen, was und wie er nur
ſelbſt gewolt. Man ſehe hievon Lucam, der in der
Ap. Geſch. 28, 16. 30. 31. alſo ſchreibet: Paulo
ward erlaubet zu bleiben, wo er wolte,
mit einem Krieges-Knechte, der ſein huͤte-
te. Paulus aber bliebe zwey Jahr in ſei-
nem eigenen Gedinge, und nahm auf alle,
die zu ihm einkamen; predigte das Reich
und lehrete von dem HErrn JEſu mit aller
Freudigkeit unverboten.
4. Man halte dagegen das Verfahren des
itzigen Roms, und ſehe zu, ob ſie mit einem ein-
tzigen, als einem Ketzer tractirten Zeugen der
Wahrheit, ſo gelinde umgehen, als das alte Rom.
Es iſt demnach das antichriſtiſche Rom zehen
mal aͤrger als ehemal das heydniſche war. Von
der Redens-Art, Paulo in ſeinen Banden an
des andern ſtatt dienen, ſehe man auch Phil.
_, 30. und von der Freywilligkeit in Beweiſung
der Liebe 2 Cor. 9, 7.
V. 15. 16.
Vielleicht aber iſt er darum eine Zeit-
lang von dir kommen, daß du ihn ewig
wieder haͤtteſt (oder er mit dir ewig ſelig wuͤr-
de, da einer von dem andern nimmermehr ge-
ſchieden wird.) v. 16. Nun nicht mehr als einen
(bloſſen) Knecht, ſondern mehr denn einen
Knecht, einen lieben Bruder, ſonderlich
mir, wie vielmehr aber dir beyde nach dem
Fleiſche (nach dem aͤuſſerlichen Zuſtande deiner
Familie oder Hausgenoſſen, davon er ein Glied
iſt) und in dem HErrn (JEſu Chriſto, wel-
cher dieſen Namen mit dem Nachdrucke des Na-
mens Jehovah etliche hundert mal im neuen Te-
ſtamente fuͤhret; ſintemal er mit dem Hebraͤiſchen
Worte Jehovah durch und durch in den Schrif-
ten des alten Teſtaments benennet wird: dafuͤr
die Griechiſchen Interpretes das Wort κύριος
gebrauchen: daher deſſen ſo vielfaͤltiger Gebrauch
im neuen Teſtamente koͤmmt.)
Anmerckungen.
1. Mit dem Worte vielleicht ſiehet der
Apoſtel auf die ſonderbare Providentz GOttes,
nach welcher GOtt die Bosheit des Oneſimi zu-
gelaſſen; aber ſie zum heylſamen Zweck mit dem
wuͤrcklichen Erfolg gerichtet hatte. Nun war
zwar dieſer Erfolg gewiß: Paulus aber gebrauchet
doch das Wort vielleicht in Anſehung des vor-
hergehenden Zuſtandes und der boͤſen That des
Oneſimi, als dabey man einen ſo geſegneten Aus-
gang eher wuͤnſchen, als hoffen konte.
2. Es erweiſet ſich darinnen nach der be-
ſtaͤndigen Erfahrung eine rechte Tieffe der goͤtt-
lichen Weisheit und Guͤte, daß das zugelaſ-
ſene Boͤſe oft zu ſo vielem Guten dienen muß. Wie
man ſonderlich an dem Exempel Joſephs ſiehet.
Manchem muß ſein aͤuſſerſter Verfall zu ſo viel
eherer und beſſerer Auferſtehung gereichen.
3. O wie wohl ſtehet es in einem Hauſe, wenn
HErr und Frau nebſt dem Geſinde mit einander
im HErrn ſtehen und GOtt fuͤrchten? Phile-
mon und Appia werden nun ſo viel mehrere Er-
qvickung am Oneſimo uͤberkommen haben, ſo viel
groͤſſer vorher ihr Kummer ſeinet wegen geweſen
war, daß er ſich ſo gar nicht zum Chriſtenthum
beqvemen wollen, daß er vielmehr die Suͤnde ſei-
nes Unglaubens mit der Suͤnde des Diebſtals
gehaͤuffet hatte, und entlaufen war. Und da ſie
ſeine Bekehrung mehr gewuͤnſchet, als gehoffet
hatten, ſo iſt ohn Zweifel ihre Freude uͤber ihn ſo
viel groͤſſer geweſen. Wie gehet die ſuchende
Gnade dem Suͤnder nicht nach?
V. 17.
So du mich nun haͤlteſt fuͤr deinen
Geſellen (κοινωνὸν, fuͤr den, der gleicher Gnade
GOttes mit dir theilhaftig iſt, und mit dir in der
Gemeinſchaft GOttes ſtehet, nach dem gemein-
ſchaftlichen Glauben V. 6.) ſo wolleſt du ihn,
als mich ſelbſt (als mein eigen Hertz v. 12.) an-
nehmen.
Anmer-
F f 3
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Lange, Joachim: Des Apostolischen Lichts und Rechts. Bd. 2. Halle, 1729, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht02_1729/231>, abgerufen am 23.11.2024.
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